Читать книгу Einführung in die Religionspädagogik - Reinhold Boschki - Страница 9

Leitbegriff ‚Transformation‘

Оглавление

Transformation des Religiösen

Soziologische Studien über Religion und Religiosität in unserer Gesellschaft zeigen, dass Religion nicht einfach verschwindet, aber dass sie sich radikal verändert (s.u. 4.1 und 4.2). Nicht vollständige Säkularisierung ist zu diagnostizieren, sondern radikale Transformation des Religiösen. In bestimmten Tendenzen der Gegenwart kann eine neue Hinwendung zu religiösen Themen, Vorstellungen und Handlungen entdeckt werden. Religiöse Motive tauchen an zahlreichen, auch ganz überraschenden Stellen, wie beispielsweise in der Werbung, in Filmen, im Internet, auf YouTube oder in der Musikszene auf, doch sind es nicht viel mehr als ‚Spuren des Religiösen‘, die unverbindlich und unverbunden in die Gegenwartskultur einfließen (u.a. Höhn 2015; 2007; Körtner 2006). Auf der anderen Seite ist Religion im öffentlichen Diskurs und in der Politik höchst aktuell, sei es durch die Präsenz anderer Religionen in Europa, insbesondere des Islam, sei es durch die religiöse Aufladung machtpolitischer Konflikte in vielen Teilen der Erde. Radikaler, oft gewalttätiger religiöser Fundamentalismus macht über die Medien fast jeden Tag von sich reden.

Dennoch kann keineswegs von einer ‚Wiederkehr der Religion‘ gesprochen werden, sondern nur von einer radikalen Veränderung (Transformation), die mit den Stichworten Säkularisierung (wörtl. ‚Verweltlichung‘), Enttraditionalisierung, Entkirchlichung und Entchristlichung umschrieben werden können. Sie hängen eng zusammen mit der Transformation der Gesellschaft im Ganzen, die als Übergang zur „flüchtigen Moderne“ (Bauman 2003) bezeichnet werden kann. Das Christentum muss sich in diesem transformatorischen Prozess völlig neu kontextualisieren („Rekontextualisierung“: Boeve 2007; ausführlich: Bergold/Boschki 2014, 73–117; Boschki 2016b).

religiöse Suche

Religion zeigt sich auch in der Biografie der einzelnen Menschen. Schon Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene fragen nach dem Sinn ihres Daseins, nach dem Geheimnisvollen im Leben, überlegen, ob mit dem Tod alles vorbei ist, sind dankbar, wenn sie wenigstens bruchstückhaft Liebe, Schönheit, Freundschaft erfahren. Nicht wenige fragen über den Alltag hinaus, transzendieren also das Alltägliche. Dabei knüpfen sie mehr oder weniger bewusst an den religiösen Fragen an, die in der Geschichte und in den Kulturen der Menschheit höchst unterschiedlich beantwortet worden sind und beantwortet werden. Die wichtigste Charakterisierung für Zeitgenossen, die über sich hinaus fragen, ist die der religiösen Suche.

Religiöse Bildung reagiert auf die Transformation des Religiösen (JRP 2014); sie hat ihre Begründung einerseits in der individuellen Suche und den persönlichen Fragen der Menschen, andererseits in den Notwendigkeiten einer sich rasant verändernden Gesellschaft, in der Religion bzw. Religiosität sowohl öffentlich wie auch privat vorhanden ist. Religionspädagogik reflektiert diese Lern- und Bildungsprozesse, sie will Menschen unterstützen, die religiös auf der Suche sind, und die Gesellschaft befähigen, mit Religion(en) kompetent umzugehen.

Einführung in die Religionspädagogik

Подняться наверх