Читать книгу Liebe ohne Widerruf - Reinhold Stecher - Страница 13
Auch ihr müsst einander
die Füße waschen
ОглавлениеBeim Letzten Abendmahl kam es also trotz der tiefen Ergriffenheit des Meisters zu diesem lächerlichen und peinlichen Rangstreit der Jünger. Nun, wie hat Christus darauf reagiert? – Lesen wir weiter:
„Da stand er vom Mahl auf, legte sein Obergewand ab, nahm ein Linnentuch und band es sich um. Darauf goss er Wasser in eine Schüssel und fing an, den Jüngern die Füße zu waschen. Und mit dem Tuch, mit dem er umgürtet war, trocknete er sie ab. Und danach sagte er zu ihnen:
„Versteht ihr, was ich euch getan habe? Ihr ruft mich Meister und Herr – und mit Recht sagt ihr das, denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, müsst auch ihr einander die Füße waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr tut, wie ich euch getan habe. Der Knecht ist nicht größer als sein Herr und der Abgesandte nicht größer als der, der ihn gesandt hat. Wenn ihr das wisst – selig seid ihr, wenn ihr danach handelt!“
Was muss das für ein Mann sein, der auf so viel Egoismus und Eitelkeit so vornehm reagiert! Überlegen wir es uns gut – es ist Gott der Allmächtige, der hier schweigend mit der Waschschüssel hantiert! Die Allmacht neigt sich zu den schmutzigen Füßen, weil die Menschen die verbildeten Köpfe zu hoch tragen! Es genügt völlig, wenn wir den Blick auf diesem Bild ruhen lassen, das in zweitausend Jahren nichts von seiner Größe eingebüßt hat.
Was Er tut, ist wahrhaftig nichts Besonderes. Es gäbe – gemessen an unserer tüchtigen Art, Weltprobleme zu meistern – für einen Welterlöser zwanzig Stunden vor Seinem gewaltsamen Tod sicher bedeutendere Dinge zu tun, als schmutzige Füße zu waschen. Was wäre nicht noch alles zu sagen und festzulegen und zu ordnen! Wie vieles wäre noch durchzuführen! Die Gutgesinnten von Jerusalem waren an jenem Abend zweifellos viel zu wenig geschult, organisiert und zu einer einheitlichen Aktion eingesetzt. Aber die kostbaren Minuten verrinnen – und der Sohn Gottes, dem dies alles zu bewerkstelligen sicher ein Leichtes gewesen wäre, wäscht Füße – ohne Hast und Aufregung, sicher sorgfältiger, als es damals die Sklaven zu machen pflegten.