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Intermezzo IV 6. Juli 2026

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Das Forschungsschiff »Ocean Turtle«, eine gigantische Konstruktion, die knapp 400 Meter lang und 300 Meter breit war, bestand aus zwölf Decks, auch Ebenen genannt.

Zum Vergleich: Das größte Kreuzfahrtschiff der Welt, die »Oasis of the Sea«, war kleiner und hatte achtzehn Decks – die »Ocean Turtle« vermittelte also einen Eindruck von noch größerem Luxus. Da sie aber nicht dem Vergnügen, sondern der Meeresforschung diente, ergab es Sinn, dass die verschiedenen Geräte zur Beobachtung und Analyse zusätzlichen Raum benötigten. Asuna jedenfalls würde sich mit Sicherheit nicht über die zusätzliche Kopffreiheit beschweren.

Das erste Deck unterhalb der Wasserlinie war das Schwimmdeck, das zweite direkt darüber das Maschinendeck und auf den Decks drei bis acht waren die verschiedenen Forschungsbereiche untergebracht: Meeresbiologie, Tiefseeressourcen, Plattentektonik und so weiter. Auf den Decks neun und zehn befanden sich die Kabinen, das elfte diente der Entspannung: Sportanlagen, Trainingsräume und ein Pool, und auf dem zwölften und obersten Deck waren Radar, Antennen und Beobachtungspunkte untergebracht.

Offiziell gehörte die »Ocean Turtle« JAMSTEC, der japanischen ozeanischen Forschungs- und Entwicklungsorganisation, aber das war nur die halbe Wahrheit. Da das Schiff von einem inländisch produzierten Atomreaktor angetrieben wurde, hatte es mit Unterstützung des Militärs gebaut werden müssen und wurde auch jetzt, wo es operabel war, permanent von Soldaten bemannt.

Außerdem stand der Hauptschacht – die Säule aus einer Komposit-Aluminiumlegierung, die durch das Zentrum des Schiffs verlief – vollständig unter der Verwaltung des Militärs. Dort wurden streng geheime Forschungen betrieben, die nichts mit Meeresforschung zu tun hatten. Sie replizierten neugeborene Seelen und züchteten sie in einer virtuellen Umgebung, um die erste echte künstliche Existenz zu schaffen: Projekt Alicization.

Montag, 6. Juli 2026, 7:45

Nach einem Besuch bei Kazuto Kirigaya (Kirito), der sich immer noch im medizinischen Bereich des oberen Schachts erholte, frühstückte Asuna Yuuki zusammen mit Dr. Rinko Koujiro, einer Expertin auf dem Gebiet der Full-Dive-Technologie, in der Lounge auf Deck elf.

Es war kein luxuriöses Kreuzfahrtschiff, aber das Essen vom Büffet war ziemlich gut – nicht dass Asuna sich beschwert hätte, nicht, wenn Oberstleutnant Seijirou Kikuoka sie mit einem Fingerschnippen in die Brig hätte werfen lassen können, falls es so etwas hier überhaupt gab.

Ihr gegenüber spießte Rinko mit ihrem Messer ein weißes Stück frittierten Fisch auf und begutachtete es. »Glaubst du, dass sie den Fisch hier gefangen haben?«

»Ich … ich weiß nicht …«, erwiderte Asuna und betrachtete den Fisch auf ihrem eigenen Teller. Sie steckte sich ein Stück in den Mund. Der blasse Fisch war weich und krümelig, aber saftig. Er war offensichtlich sehr frisch, aber sie wusste nicht, ob man auf offener See einfach eine Angelrute auswerfen und etwas fangen konnte.

Asuna legte ihr Messer hin und griff nach ihrem Glas Eistee, während sie sich nach links wandte, um aus dem Fenster zu blicken. Die ruhige Meeresoberfläche war dunkel und glatt, kein Fischerboot war zu sehen und schon gar keine Fische.

Wenn sie darüber nachdachte, wusste sie nur, dass die »Ocean Turtle« irgendwo zwischen den Izu-Inseln lag, die sich von Nord nach Süd über einen weiten Bereich des Ozeans erstreckten. Hachijojima lag im Zentrum des Archipels und die Insel selbst war gute dreihundertzwanzig Kilometer von Tokyo entfernt.

Wenn sie ihr Handy frei hätte benutzen können, hätte sie einfach ein Kartenprogramm öffnen können, um ihre genaue Position zu bestimmen, aber aus Gründen der Sicherheit war es ihr nicht gestattet, sich ins WLAN des Megaschiffs einzuloggen. Sie konnte immer noch ihre gespeicherte Musik hören, was besser war, als das Handy ganz abgenommen zu bekommen, aber es war frustrierend, ein Smartphone zu haben, es aber nicht nutzen zu können, um sofort Informationen abzurufen. So frustriert war sie nicht mal während SAO gewesen, als sie überhaupt keine Möglichkeit gehabt hatte, im Internet zu recherchieren oder Nachrichten aus der realen Welt zu empfangen.

Asuna spülte ihren Ärger mit ihrem Eistee hinunter und versuchte, auf andere Gedanken zu kommen. Ihre Wut über den fehlenden Internetzugang war einfach nur ein Symbol für ihren grundsätzlichen Mangel an notwendigen Informationen.

War das, was Seijirou Kikuoka und Takeru Higa ihr gestern über ihr Projekt erzählt hatten, wirklich die volle Wahrheit? Umgaben ihr Testuniversum, Underworld, weitere Geheimnisse, die sie noch nicht enthüllt hatten? Und hatte Schwester Natsuki Aki die Wahrheit gesagt, als sie behauptet hatte, dass Kazuto morgen in STL-Einheit 4 aufwachen würde?

Die ersten beiden Fragen waren eine Sache, aber sie musste ihre Zweifel über Letzteres beiseiteschieben. Sie musste jetzt zuversichtlich sein. Am 7. Juli würde sich Kazutos beschädigtes neuronales Netzwerk regeneriert haben und er würde aufwachen. Asuna musste am selben Abend einen Helikopter nach Tokyo besteigen, aber wenigstens würde sie Zeit haben, mit ihm zu sprechen. Sie würde den Körper berühren können, der sich geopfert hatte, um sie zu beschützen.

Der Gedanke an diesen Moment gab ihr eine gewisse innere Stärke. Sie aß weiter und fragte Rinko: »Weißt du, wo genau sich dieses Schiff befindet? Ich habe nur gehört, dass es zwischen den Izu-Inseln liegt.«

»Ehrlich gesagt, genauer weiß ich es auch nicht …« Rinko hatte ihren Fisch aufgegessen und griff in ihre Manteltasche, um ihr Handy herauszuholen, bis ihr einfiel, dass sie sich ohnehin nicht mit dem Internet verbinden konnte. Sie verzog das Gesicht. »Ich bin mir sicher, Higa meinte, dass wir hundertsechzig Kilometer westlich von Mikurajima seien … oder war es Miyakejima?«, überlegte sie und wandte sich dann dem Fenster zu, das für ein Schiff verhältnismäßig groß war. Asuna folgte ihrem Blick und betrachtete wieder die blauschwarze Wasseroberfläche.

Hinter ihnen schien die Morgensonne durch die Fenster, was bedeutete, dass sie nach Westen blickten. Wenn es stimmte, dass die »Ocean Turtle« im westlichen Gebiet der Izu-Inseln lag, könnten sie weder Mikurajima noch Miyakejima sehen und schon gar nicht die japanische Hauptinsel Honshu.

Während ihr Blick von rechts nach links schweifte, konnte Asuna ein Staunen nicht unterdrücken. Dort draußen glitzerte etwas in der Morgensonne, das sie beim letzten Mal nicht bemerkt hatte. Etwas Künstliches und Schmales weit draußen auf See – ein Schiff. Ohne zu wissen, wie weit es entfernt war, war es schwer zu beurteilen, wie groß es tatsächlich war, aber es wirkte sehr groß.

»Rinko, sieh mal«, sagte sie, legte ihr Messer hin und deutete in die entsprechende Richtung.

Die andere Frau kniff die Augen zusammen und murmelte: »Das ist ein Schiff. Und höchstwahrscheinlich … nicht das Fischerboot, das unser Frühstück gefangen hat …«

»Nicht? Woher weißt du das?«

»Dafür ist es zu groß und die Farben sind zu gedeckt. Außerdem … hat es einen Haufen Antennen.«

Rinko stand auf und ging zum Fenster. Asuna schloss sich ihr an. Sie hatte keine Sehschwäche, allerdings ließ der Dunst, der vom Wasser aufstieg, das ferne Schiff undeutlich und verschwommen erscheinen. Doch in der Tat schien der Mast in der Mitte des Schiffs eine Reihe runder Satellitenschüsseln zu tragen. Er erinnerte an den gewaltigen Antennenmast, der sich aus dem obersten Deck nicht weit über ihnen erhob. Das Design des Schiffs wirkte kantig, nicht wie ein Fischerboot, eher wie ein Transportschiff oder …

»Ein Kriegsschiff …?«, flüsterte Asuna.

Hinter ihr erklärte eine eifrige Stimme: »Das ist ein japanisches Schiff. Dieses Land besitzt keine Kriegsschiffe.«

Die beiden Frauen drehten sich um und standen einem Mann in einer reinweißen kurzärmligen Uniform gegenüber, der ein Frühstückstablett trug. Leutnant Nakanishi.

»Guten Morgen, Herr Nakanishi.«

»Guten Morgen.«

Der groß gewachsene Mann stellte sein Tablett auf einem nahen Tisch ab und verbeugte sich zackig. »Guten Morgen, Dr. Koujiro, Fräulein Yuuki.«

»Möchten Sie sich zu uns setzen?«, bot Rinko an.

Er schien darüber nachzudenken, und stimmte dann zu. Asuna und Rinko warteten, bis er sein Tablett herübergebracht hatte, bevor sie sich wieder setzten. Der Offizier gönnte sich ein militärisch-herzhaftes Frühstück: Eier, Speck und Salat türmten sich auf seinem Teller.

»Wie ist das Frühstück hier im Vergleich zur Armee?«, fragte Rinko – eine eher heikle Frage.

Nakanishi verzog das Gesicht und nahm seine Gabel. »Um ehrlich zu sein, ist es hier ein bisschen besser. Die Tomaten und Gurken werden zum Beispiel auf dem Schiff angebaut.«

»Was? Es gibt hier einen Garten?«, brach es aus Asuna hervor.

Der Offizier strahlte vor Stolz. »Ganz recht. Auf Deck acht. Es ist ein Experiment zur groß angelegten Meereslandwirtschaft.«

»Deshalb schmecken die Tomaten also so salzig«, scherzte Rinko.

»Wirklich?«, erwiderte er und schob sich eine Scheibe in den Mund.

Asuna konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. Sie nahm ihr Besteck wieder auf und aß weiter. Dann erinnerte sie sich an das Erste, was Nakanishi gesagt hatte.

Er hatte behauptet, dass Japan keine Kriegsschiffe hätte, aber das konnte nicht stimmen. Er war ein Offizier der Marine der Verteidigungsstreitkräfte, also musste er doch auf einem Kriegsschiff arbeiten … oder nicht? Oder war die Logik dahinter, dass die Verteidigungsstreitkräfte keine Armee im eigentlichen Sinne waren und deshalb auch keine »Kriegs«schiffe hatte? Dann musste das Schiff da draußen …

Erneut blickte Asuna aus dem Fenster und musterte die riesige, kantige Silhouette. »Wenn das kein Kriegsschiff ist, ist es dann … ein Verteidigungsschiff?«

»Fast. Die Schiffe der Verteidigungsstreitkräfte nennt man Begleitschiffe«, antwortete Nakanishi mit einem Grinsen. Auch er drehte den Kopf, um es zu betrachten. »Dieses Schiff ist unser letztes Allzweckschiff, die ›DD-127 Nagato‹. Bedauerlicherweise darf ich nicht enthüllen, warum es in diesem Teil von … hmm?« Er führte seine knappe Erklärung nicht zu Ende und lenkte ihre Aufmerksamkeit damit wieder auf das Schiff. Das graue Kriegs… äh, Begleitschiff änderte den Kurs. In weniger als zehn Sekunden hatte es sich so weit gedreht, dass sein Heck in Richtung der »Ocean Turtle« zeigte, und es tuckerte davon.

Nakanishi stand abrupt auf und wandte sich von den Frauen ab, um ein flaches Gerät aus seiner Tasche zu ziehen. Er drückte ein paar Knöpfe und hielt es sich dann ans Ohr, um hineinzuflüstern. »Hier ist Nakanishi. Es tut mir leid, Sie in Ihrer Pause zu stören, Oberstleutnant Kikuoka. Ich glaube, die ›Nagato‹ sollte uns erst in zwei Tagen um zwölfhundert Uhr verlassen, sie hat aber gerade nach Westen abgedreht … Ja, Sir, ich bin sofort da.«

Das Telefon noch in der Hand, wandte er sich ihnen wieder zu. Mit einem Mal war seine Miene ernst und angespannt. »Doktor, Fräulein Yuuki, ich fürchte, ich muss Sie verlassen.«

»Schon in Ordnung. Wir räumen den Tisch für Sie ab.«

»Ich danke Ihnen. Auf Wiedersehen«, sagte er mit einem Nicken und rannte dann praktisch aus der Lounge.

»Ich frage mich, was da los war …«

»Keine Ahnung«, erwiderte Asuna und blickte wieder aus dem Fenster.

Irgendwie machte sie der Anblick des im Dunst verschwindenden Begleitschiffs nervös. Asuna ballte wortlos die linke Faust.

Sword Art Online Novel - Band 13

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