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DAS DRAMA UM MARIA GORTALES

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Jack war ein Seemann, er war sogar Kapitän des Kreuzers FLY AWAY und hatte sich mit seiner Frau ein wunderbares Anwesen in Ensenada gekauft. Beide stammten aus Dallas, es zog sie aber nun zum Pazifik, nah ans Wasser eben. Ihr Anwesen strahlte in herrlichem Weiß, die Mauern um das Anwesen herum waren in hellblauer Farbe gehalten.

Constanze Miller, Jacks Ehefrau, besaß das Computer-Unternehmen COMICOM. Gerade zu Zeiten des Internetbooms war sie mit ihrem Team unwahrscheinlich erfolgreich gewesen. Heute hatte sie einen festen Kundenstamm, Ferrari, Porsche, Rolex – für die Millers ein ganz gewöhnlicher Lebensstil.

Vor zwei Monaten hatte sich die neue Hausangestellte Maria Gortales vorgestellt, eine junge Frau mit gutem Ordnungssinn. Lediglich, dass sie versuchte, Mr. Miller schöne Augen zu machen, störte Mrs. Miller, aber, ach nein, daran war gar nicht zu denken.

Eines Tages bemerkte Stan Colbey, dass eine negative Front gegen COMICOM aufgebaut wurde. Gab es unzufriedene Kunden oder handelte es sich um Konkurrenz? Der Leiter der Computerfirma übergab das Problem der hausnahen Detektei. Für die Millers noch kein Grund zur Besorgnis. „Konkurrenz eben“, sagte Constanze in einem ärgerlichen Ton.

Diverse Drohbriefe hatte es ja auch schon einmal gegeben, erstaunlicherweise auch in der heutigen Post. Mrs. Miller verabschiedete sich von ihrem Ehemann und fuhr in Richtung Dallas zum Hauptsitz der Firma. In einer Konferenz wollte sie mit den Führungsspitzen, der Detektei und der Polizei den Fall erörtern.

Jack nahm sich eine etwas längere Auszeit, er konnte sich so etwas erlauben, denn ein Teil der Reederei war im Familienbesitz. Er freute sich immer über Maria, sie war fröhlich und erzählte jeden Tag, was in der Stadt so los war. Mit ihrem niedlichen Sprachfehler klang sie sehr sexy. Aber Jack kannte natürlich die Grenzen. Dafür liebte er seine Frau zu sehr, man konnte sagen, abgöttisch.

Heute Morgen erschien Maria Gortales in einem recht kurzen Röckchen, der Ausschnitt ließ ebenfalls tief blicken. Mr. Jack Miller korrigierte die junge Frau und verlangte eine andere Bekleidung. Er ging in der Zwischenzeit unter die Dusche. Maria aber zog sich nicht um, sondern kam völlig unverhüllt ins Bad.

Jack blieb in seiner überlegenen Art ruhig, viele Situationen hatte der gut aussehende Kapitän und Eigner schon bewältigen müssen. Er zog seinen Morgenmantel an, legte den seiner Ehefrau Maria Gortales um und führte sie aus dem Bad.

„Maria“, sagte Jack Miller, „Sie haben bei uns eine sehr gute Stellung, Sie sind fleißig, Sie sind ehrlich, wir geben Ihnen einen hohen Monatslohn, Ihre gesamte Familie ist dadurch versorgt, ich bitte Sie, machen Sie keinen Fehler!“

„Aber ich liebe dich“, flehte Maria Gortales.

„Maria“, erwiderte Jack, „es wird eine Verliebtheit, vielleicht eine Art der Bewunderung sein, aber die Liebe zu meiner Frau Constanze ist über viele, viele Jahre gewachsen. Am Anfang sagt man schnell ‚Ich liebe dich!‘ und dann wächst die Liebe täglich, sie nimmt immer mehr zu, immer mehr erkennt man gleiche Interessen, Vorlieben, mehr Vertrauen wird aufgebaut und dann, ja dann kommt der Tag, an dem man die Liebe an einem einsamen Ort erleben will, alles andere ist völlig egal. So war und ist es bei meiner Constanze und mir. Ich drücke Ihnen ganz fest die Daumen, dass auch Sie das erleben dürfen. Sie sind gerade neunzehn Jahre, alles kann passieren!“

„Aber ich muss dich lieben“, sagte Maria Gortales mit leiser Stimme.

Tage später kam Mrs. Miller zurück. Aufgeregt sagte sie zu ihrem Ehemann: „Was ist mit dem Ferrari passiert?“

„Ich habe nichts bemerkt“, wunderte sich Jack. „Maria ist auch schon zwei Tage nicht erschienen. Seltsame Anrufe habe ich erhalten!“

„Jack, mein Darling“, sagte Constanze leise, „wir werden erpresst. Die Polizei kommt gleich. Die Experten haben die Internetangreifer verfolgt, es ist das Haus, in dem Maria Gortales wohnt. Es werden wohl ihre Brüder sein. Was sie wollen, hat die Detektei noch nicht herausgefunden!“

Die Polizei erschien. Der Ferrari war mit Benzin übergossen worden. Der Zünder hatte aber nicht funktioniert. Im Haus fanden die Beamten versteckte Kameras. Maria Gortales war zum Mitmachen gezwungen worden. Jetzt erst verstand Jack Miller den Satz: „Aber ich muss dich lieben.“

Die Bande wurde verhaftet. Maria aber kam damit nicht zurecht. In ihrem Abschiedsbrief, den man neben ihrem Leichnam fand, stand:

Liebes Ehepaar Miller,

ich wollte das nicht, ich liebe Sie beide wie meine Eltern. Sie sind wunderbar. Sie sind ein Traumpaar. Ich hätte Ihnen nie wehtun können. Ich wurde von meinen Brüdern dazu gezwungen. Ich bitte um Verzeihung.

Maria Gortales

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