Читать книгу Der achte Beauftragte - Renato Baretic - Страница 6
ОглавлениеAm schmalen Uferstreifen standen ungefähr zwanzig Menschen unter Regenschirmen vor einer kleinen Reihe betagter, niedriger Steinhäuschen. Einer löste sich von der Gruppe, fing das Seil, das Tonino ihm zuwarf, geschickt auf und legte es um einen alten Poller aus Stein. Siniša wusste nicht so recht, was er tun sollte, und hob seine Bierdose ein wenig in die Höhe, als wolle er jemandem zuprosten. Wie von einem Dirigenten angeleitet, hoben sich im selben Augenblick alle schwarzen Regenschirme am Ufer ein wenig in die Höhe. Angenehm überrascht hob Siniša seine Dose noch einmal hoch, sogar ein wenig höher, doch dieses Mal erwiderte niemand seine Geste.
»Tonino, lebt ihr alle in den paar Häuschen?«, fragte Siniša leise.
»Nein, um Gottes willen, das ist doch bloß der Hafen. Das Dorf liegt da oben, dahinter.«
»Dahinter?«
»Langsam, du wirst schon noch alles begreifen. Jetzt geh von Bord und pass auf, dass du nicht ausrutschst.«
Siniša trat auf die Bugspitze, stieß sich mit dem linken Bein ab und sprang geschickt ans nasse Ufer, direkt neben den Mann, der aus der Gruppe herausgetreten war, um ihnen zu helfen. Er klopfte ihm souverän auf die Schulter und lächelte ihn an, um sich dann mit demselben Lächeln an die anderen zu wenden:
»Guten Tag, gute Leute!«
»Benvenout, Signor Beautrotto«, antwortete einer ohne zu zögern, und die anderen nickten mit den Köpfen. »Benvenout ouf dous Drittchen, dous Stontir, dous Lacrima della Pietra!«
Obwohl er kaum etwas verstand, begriff er aufgrund des Tonfalls, dass es sich um einen höflichen Willkommensgruß handelte.
»Besten Dank«, sagte er und ließ einen schelmischen Blick über alle Versammelten wandern. »Ich habe den Eindruck, dass wir uns ausgezeichnet verstehen werden … Ich werde freilich etwas Zeit brauchen, um Ihren Dialekt und Ihre Sitten kennenzulernen, aber ich verspreche Ihnen, dass ich fleißig und schnell sein werde. Natürlich wird das kaum ohne Ihre Hilfe gehen, aber ich denke, dass es im beiderseitigen Interesse liegt, diese Situation schnellstens in den Griff zu bekommen … Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich sofort damit anfangen. Warum nennen Sie mich zum Beispiel alle ›Beautrotto‹? Erst Tonino während der Fahrt und jetzt auch Sie. ›Beautrotto‹ hört sich irgendwie Italienisch an, aber es klingt auch etwas von einem schönen Trottel mit. Halten Sie mich etwa für einen Trottel?«
Die Inselbewohner blickten sich ernst an, und Tonino, der mit seinem Zeitungsbündel vom Boot ans Land sprang, sagte:
»Mal langsam, Herr Beauftragter. Hier handelt es sich offensichtlich um ein Missverständnis. Beautrotto hat mit einem Trottel nichts zu tun, ganz im Gegenteil. Wir haben nur das Wort ›Beauftragter‹ ein wenig verkürzt, das war ja für uns alle ein neues Wort, und so wurde daraus ›Beautrotto‹. Sehen Sie sich das Wort doch mal genauer an, es bedeutet einfach Beauftragter im Dialekt von Drittchen, ganz ohne irgendeine böse Absicht.«
Siniša blickte ihm tief in die Augen, aus denen nur Unschuld und Ehrlichkeit sprachen. Allerdings überraschte ihn der offizielle Ton Toninos. Offenbar wollte auch er ein wenig Autorität wahren. Das sollte ihm vergönnt sein, er würde hier sowieso viel mehr als einen gewöhnlichen Dolmetscher abgeben. Die Stille dauerte zu lange an, und Siniša spürte, dass alle Blicke auf ihn gerichtet waren. Er wusste, dass er etwas sagen musste, und er wusste auch, dass davon, was er sagte, das weitere Verhalten dieser durchnässten Heuchler abhängen würde.
»Nun gut, da bin ich ja erleichtert«, sagte er endlich und bemühte sich, dass ihm sein Lächeln nicht vom Gesicht rutschte. »Sind wir mit dem Protokoll am Ende? Was hast du gesagt, wo ist das Dorf?«
Er duzte Tonino, um dessen Autorität nicht noch anwachsen zu lassen.
»Da oben … Wie soll ich sagen, hm, hinter der Anhöhe da …«
»Wunderbar, lass uns vor Anbruch der Nacht dort sein.«
»Woullens Osolo?«, fragte ihn im selben Augenblick einer aus der Gruppe, der mit der linken Hand an einem Esel zog und mit der rechten auf ihn zeigte. Aus dieser Pantomime erschloss sich Siniša der Sinn der Frage.
»Nein danke, ich kann zu Fuß gehen. Es ist ja hoffentlich nicht so weit …«
Keiner antwortete.
Der Weg führte am Meer entlang und war nur auf dem ersten kurzen Abschnitt mit Steinen gepflastert. Danach wurde er zum Pfad und war haargenau so breit, dass zwei Menschen dicht nebeneinander herlaufen konnten. Siniša, vor dem nur noch der mit seinem Gepäck beladene Esel lief, drehte sich um und überlegte, dass das Empfangskomitee, das da paarweise hinter ihm herlief, wie eine Schulklasse aussah, die sich auf dem Pflichtteil ihrer Abiturfahrt befand. Aber wer war der Klassenlehrer? Er oder der Esel? Oder dieser Bauer, der neben dem Esel herlief und seinen Regenschirm über den Sattel und Sinišas Reisetaschen hielt? Oder war er selbst der Esel?
»Achte mal auf die Macchia und die niedrigen Büsche zu unserer Rechten«, überraschte ihn Toninos Geflüster. »Gewiss wirst du bemerken, dass sie sich in einer logischen Ordnung befinden und dass sie sorgfältig gepflegt sind. Sie versperren nämlich dem Unbefugten den Blick auf diesen Pfad.«
Zwei, drei Schritte später blieb Siniša zum ersten Mal stehen und sah sich gründlich um. In der Tat, das niedrige Gebüsch am Wegesrand, in dem nur hin und wieder ein verkümmertes Bäumchen stand, verdeckte von der Meerseite her vollständig den Blick auf den Pfad. Doch noch neugieriger machte ihn die Bucht selbst. Vom Boot aus hatte er das nicht wahrgenommen, aber von hier aus wirkte die Bucht von Drittchen wie ein Binnensee, vollständig von Land umgeben. Dort, wo das Land am flachsten war, im Nordwesten, wenn es überhaupt Nordwesten war, konnte man unter den niedrigen Wolken den gleichmäßigen, blassrötlichen Widerschein des weit entfernten Leuchtturms sehen.
»Du meine Güte! Ihr habt euch aber fein versteckt, was?«, fragte Siniša Tonino. Der zuckte nur mit den Schultern und verzog den Mund zu einem etwas dümmlichen Grinsen.
»Ist das dort das Licht von einem Leuchtturm?« Siniša zeigte mit dem Finger in die Richtung. Tonino starrte den Widerschein auf den niedrig hängenden Wolken an und zuckte ein wenig mit seinem Kopf nach hinten. Sein Gesicht nahm augenblicklich den Ausdruck eines Kindes an, das zum ersten Mal ein faszinierendes Bild sieht.
»Siehst du es? Das rötliche Licht da hinter dem Berg«, fragte Siniša weiter. »Hallo, Tonino, hier spricht die Erde … Hey!«
»Lossense, Beautrotto, Tonino issschou … Es wird schou, wie immor«, wandte sich der Mann an ihn, der ihn am Ufer begrüßt hatte.
Siniša holte tief Luft und stieß sie kräftig aus, bevor er sagte:
»Mein Herr, ich verstehe kein Wort. Wie ich sehe, ist mein Dolmetscher zu einem Felsen erstarrt. Ich erinnere daran, dass ich seit zehn Stunden unterwegs bin und zu müde, um mich an den heiteren Inselbräuchen zu beteiligen. Was zum Teufel geschieht hier eigentlich?«
Das Gesicht des Bauern verkrampfte sich zu einer angestrengten Grimasse, eine Anstrengung, die nötig war, um etwas zu sagen, was dieser Beautrotto verstehen konnte:
»Allen Tag – geht es – Tonino – sou. Doch in feif Minuts is passe. Nating!«
»Wie, er erstarrt für fünf Minuten? Er erstarrt und schaltet sich sozusagen ab?«
»Jes.«
»Und dann kommt er zu sich und alles ist beim Alten?«
»Pasitiv.«
Die anderen Bauern bekräftigten jeden Satz ihres Sprechers mit heftigem Kopfnicken.
Zum ersten Mal seit beinahe zwanzig Jahren fiel Siniša wieder ein Junge ein, der ungefähr in der fünften Schulklasse in sein Wohnviertel gezogen und schon im nächsten Sommer wieder fortgezogen war. Mit ihm war etwas Ähnliches geschehen, und beim ersten Mal war es am schlimmsten gewesen. Sie spielten damals vor der Schule Fußball und hatten den Neuankömmling ins Tor gestellt. Genau in dem Augenblick, in dem er ein wenig nach vorne hätte laufen sollen, erstarrte er. Die ganze Mannschaft schrie ihn an, weil der Ball an ihm vorbei ins Netz rollte, doch er bewegte sich keinen Millimeter. Ein verrückter Junge, den die Kinder Fisch nannten und der für die gegnerische Mannschaft spielte, begriff die Lage als Erster und begann, um den Ziegelstein, der als Pfosten diente, herumzudribbeln. »Tor … Tor … Tor … Und noch ein Tor …«. Alle anderen Jungen waren erschrocken, nur der Fisch kickte den Ball. Nach seiner Rechnung stand es schon 32:1, als der Kleine unter die Lebenden zurückkehrte. Er stand verwirrt da, schaute alle an und wiederholte nur: »Wat is passiert? Wat is passiert?« Der Arme! Seitdem war er ein- bis zweimal in der Woche in seine autistischen Gruben gestürzt, später sogar jeden Tag. Gerade als er und die ganze Schule sich daran gewöhnt hatten, kam der Sommer und der Kleine zog mit seinen Eltern fort; wie es hieß, nach Slowenien, des Klimas wegen. Siniša hatte sich seitdem vielleicht zwei- oder dreimal an ihn erinnert. Und nun war ausgerechnet der Doppelgänger des Jungen seine einzige Verbindung zur mehr oder minder logisch geregelten Welt.
»Was tun wir jetzt? Kommt er wirklich in fünf Minuten zu sich oder holt er sich eine Lungenentzündung?«
»Noi kounnen go, er koumschou hinter ouns …«
»Und was, wenn er zu schlafwandeln beginnt und ins Meer fällt?«
»Dount bi afrejd. Er mouvt nie, nichmol for oun Haar.«
»Hmm … Wenn ich Sie richtig verstanden habe, schlagen Sie vor, dass wir weitergehen, und er kommt hinterher, sobald die Starre vorbei ist?«
»Pasitiv!«
Siniša versuchte, das Zeitungsbündel von Toninos Schulter zu nehmen, um wenigstens seinen Schatz vor dem Regen zu retten, doch die Finger des Unglücklichen umklammerten – blau vor Anstrengung – die Schnur.
»Na gut, dann lasst uns gehen«, sagte Siniša.
Hundert Meter weiter bog der Pfad hinter dem Berghang nach links ab. Toninos Platz neben Siniša und hinter dem Esel übernahm der dubiose Chef des Empfangskomitees. Er war vielleicht schon siebzig, klein und breit, mit unverhältnismäßig großen Händen, in einem einigermaßen gut erhaltenen schwarzen Anzug und mit abgenutztem Hut. Auf Siniša wirkte er wie ein sizilianischer Don alter Schule. Wer weiß, dachte er, vielleicht hat der Alte innen an der Haustür zwei abgesägte Doppelflinten hängen, gesichert, aber immer geladen … Der Regen ließ nach und der Wind wurde, nachdem er die Richtung gewechselt hatte, immer kälter. In der Kurve blieb Siniša noch einmal stehen und drehte sich um. Tonino stand noch genauso da wie zuvor, einem Denkmal ähnlich, dem Denkmal eines legendären Helden, der für alle Zeiten über den Frieden und die Sicherheit der Bucht wacht.
»Du lieber Gott …«, murmelte Siniša mehr für sich selbst und warf dann seinem Sizilianer einen Blick und ein Lächeln voller Mitleid zu. Dieser antwortete mit einem identischen Lächeln und mit einem kurzen, schwachen Schulterzucken, legte dann seine dicke Hand auf Sinišas Rücken und schob ihn behutsam nach vorne.
»Go …«
Siniša erwartete, dass hinter der Kurve die ersten Häuser zu sehen sein würden, doch da war nur die Fortsetzung des Pfades, der nun in einen engen Pass zwischen zwei Hügeln eingehauen war. Er führte nur bis zur nächsten Kurve, leicht ansteigend. Siniša verspürte plötzlich das starke Bedürfnis, auf diesen hundert Metern mit jemandem zu reden, wenn es sein musste, auch auf Suaheli.
»Hat dieser Pfad einen Namen? Eine lokale Bezeichnung?«
»Pfad no«, antwortete der Eingeborene, blieb kurz stehen und zeigte mit einer Armbewegung auf den linken, höheren Hügel, den sie gerade hinter sich gelassen hatten. »Aba hieris Vorder Mur und dourtis, ouf dis Soit, Hinter Mur. Frant Wol – Sekend Wol …«
»Ah so! Das hier ist also die Vordere Mauer und das ist die Zweite Mauer. Entschuldigen Sie, aber Sie sprechen auch eine Art Englisch, oder nicht?«
»Stralisch.«
Stralisch, Stralisch, wiederholte der Regierungsbeauftragte für sich und versuchte sich zu erinnern, wo er das schon gehört haben konnte und was es bedeutete.
»Ah, Australisch! Stralisch – Australisch! Habe ich Recht? Sehen Sie, ich bin nicht einmal eine halbe Stunde hier und mache schon Fortschritte!«, quasselte er und wunderte sich selbst über sein Brabbeln. Der Alte nickte ernst mit dem Kopf, und das ermutigte Siniša, weiter munter drauflos zu plappern.
»Aj Siniša!« Er schlug sich auf die Brust und legte dann seine Hand auf die Schulter seines Gesprächspartners. »End ju?«
»Mi Bartul«, antwortete dieser auf der Stelle. »Bart.«
»Bart! Bart Simpson!«, scherzte Siniša laut und bereute es im selben Augenblick. Bartuls Gesicht versteinerte, als wäre der Blitz eingeschlagen.
»Negetiv. Bart Nassfuß«, nuschelte er und beschleunigte seinen Schritt.
Den Rest des Weges erklommen sie schweigend. Und dort, wo sich die Vorder Mur und die Hinter Mur wie zwei Riesenschamlippen vereinigten, erstarrte Siniša so wie kürzlich Tonino. Rechts unterhalb der Biegung des Pfades erstreckte sich ein Tal wie auf einer kitschigen Postkarte. Eine breite Dorfstraße zog sich hindurch, mit Steinen gepflastert und vom Regen glänzend. An den sanften Berghängen entlang dieser Straße standen Steinhäuser in zwei, drei geordneten Reihen, rechts und links jeweils ungefähr dreißig vorwiegend einstöckige Häuser. An beiden Enden der Hauptstraße befand sich je eine kleine Kirche ohne Turm, nur mit kleinen, niedrigen Glockentürmchen über den Portalen. Das ganze Dorf war von Steinmauern umgeben, und vor diesen Mauern wuchsen alle möglichen Pflanzen. Auf dem linken Abhang, der nach Süden lag, gab es Weinreben, und …
»Uff, ihr seid ja nicht viel weiter gekommen«, hörte der erstarrte Siniša in seinem Rücken eine bekannte Stimme in bekannter Sprache. Ganz durchnässt und außer Atem lächelte ihn Tonino an wie ein Kind. Eine nasse Haarsträhne hing über seine Nase und klebte an ihr fest.
»Und, was sagen Sie, Herr Beauftragter? Beeindruckend, nicht wahr?«
»Oh ja, ja … Es sieht wunderbar aus. Und du? Geht es dir gut?«
»Kein Problem, kein Problem«, beeilte sich Tonino verlegen zu versichern. »Ich werde es Ihnen schon noch erklären, aber glauben Sie mir, es gibt wirklich kein Problem … Und das Dorf sieht so aus …« Tonino warf das nasse Zeitungsbündel auf den Boden und legte seine leicht gekrümmten Handflächen zusammen, als wolle er sein Gesicht waschen.
»Ihr habt zwei Kirchen?«, fragte Siniša, weil er nicht wusste, was er sonst sagen sollte.
»Ja«, antwortete Tonino prompt; alle Anzeichen seiner Benommenheit waren verschwunden. »Der Heilige Eusebius und der Heilige Polion, wie in der nordkroatischen Stadt Vinkovci. Nur dass die beiden dort eine gemeinsame Kirche haben, und hier hat jeder seine eigene. Heileusebi und Heilopoli.«
»Heileusebi und Heilopoli …«, wiederholte Siniša nach einigen Sekunden der Stille. Er spürte, wie ihn eine plötzliche Müdigkeit überwältigte, begleitet von einem inneren, unsichtbaren Schüttelfrost, wie jedes Mal nach einer langen und anstrengenden Reise.
»Ich glaube, dass ich für heute genug habe«, sagte er. »Wo bringt ihr mich unter? Ich muss mich gut ausschlafen, damit wir uns morgen an die Arbeit machen können.«
»Bei mir natürlich, wie es sich für einen echten Beauftragten gehört. Sie werden gut zu Abend essen, es sich gemütlich machen …«
»Nein, werde ich nicht, Tonino. Ich werde mich nur hinlegen und schlafen. Bring mich einfach hin und erzähl mir nichts mehr, bitte.«
Die letzten Worte sprach Siniša langsam aus, kalt und warnend. Er spürte, wie der »wahre Siniša« von ihm Besitz ergriff. So nannte ihn Źeljka, wenn ihn, was manchmal geschah, Anfälle schrecklicher Nervosität und Wut überkamen, plötzlich und intensiv. Der »wahre Siniša« hatte ihm nie besondere Sorgen gemacht, bis ihm Źeljka diesen Namen gab, eine halbe Stunde, nachdem er das Hemd zerrissen hatte, das sie gegen seinen Willen bügeln wollte. Er begann, über diesen Dämon in sich selbst nachzudenken, er suchte nach der Stelle, an der sich das Glöckchen befand, das ihn herbeirief, aber alles, was er mit seinem Verstand begreifen konnte, war die Erkenntnis, dass der »wahre Siniša« im Augenblick seines Auftretens mit dem irrationalen und starken Verlangen verbunden war, sofort und ehe man noch mit den Fingern schnippen konnte, allein zu bleiben. Angesichts der Gestalten, mit denen er in den letzten Jahren zusammen gewesen war, war das nicht weiter verwunderlich. Verwunderlich war nur, dass der »Wahre« auch Macht von ihm ergreifen konnte, wenn er sich in angenehmer Gesellschaft befand. Mit der Zeit lernte Siniša, den »Wahren« so lange zu zügeln und zu kaschieren, bis es ihm gelang, allein zu bleiben, doch dann war er in der Regel zu erschöpft, um an beiden Fronten den Sieg zu genießen.
Jetzt und hier erschien es ihm so, als würde er sich auf dieser sinnlosen, überflüssigen Insel mitten in der Adria ganz allein besser fühlen als in der Gesellschaft dieser immer düstereren Gestalten und ihrer verhängnisvollen Begrüßungszeremonie. Auf dem leichten Abhang beschleunigte er entschlossen seine Schritte und überholte den Esel und seinen Führer, während der langbeinige Tonino schweigend versuchte, Schritt zu halten. Nachdem er den ersten der vielen glatt polierten Steine betreten hatte, mit denen die Hauptstraße gepflastert war, rutschte er leicht aus und blieb stehen. Rechts von ihm lag das Kirchlein und vor ihm die kleine Loggia. Er drehte sich auf den Fersen um, und noch in der Drehung sagte er mit entschlossener Stimme:
»Meine Herren …«
Die Herren und Tonino waren jedoch ganze fünfzig Schritte hinter ihm zurückgeblieben. Sie wurden nicht von einem »wahren Siniša« getrieben und gingen weiterhin in ihrem eintönigen Rhythmus. Von hier unten betrachtet, undeutlich unter dem dunkel gewordenen Himmel, sahen sie aus wie ein dicker schwarzer Wurm, der langsam in Sinišas Richtung kroch und die Steinchen auf dem Pfad unter sich zermalmte. Ein riesiger, träger Wurm mit einem winzigen Eselsköpfchen …
»Meine Herren«, begann er von neuem, als der Esel friedlich stehen geblieben war, den Kopf hängen ließ und einen Meter von ihm entfernt einmal schnaubte. »Morgen ist Sonntag. Wann ist bei Ihnen hier der Gottesdienst? Ich frage deshalb, weil ich gerne alle nach dem Gottesdienst hier …«
Tonino hüstelte direkt neben seinem Ohr.
»Hm … Es gibt keinen Gottesdienst«, sagte er leise.
Der »wahre Siniša« zielte mit einem irren Blick nach ihm.
»Ihr habt keinen Gottesdienst? Sonntags habt ihr keinen Gottesdienst?«
»Haben wir nicht«, zuckte Tonino mit den Schultern, als wäre ihm das peinlich.
»Zwei Kirchen habt ihr in diesem … Zwei Kirchen, aber keinen Gottesdienst? Und was macht euer Pfarrer?«
»Wir haben keinen. Ich werde es dir erklären.«
Der »wahre Siniša« trompetete zum Angriff, und seine Kavallerie stürmte im Galopp von allen Seiten heran. Der achte Beauftragte der Regierung rief mit vorgetäuschtem Mut seine Truppen zusammen:
»Okay, ihr habt keinen Gottesdienst! Ich möchte, dass morgen um elf alle hier erscheinen, in dieser Loggia oder meinetwegen davor! Wir haben viel zu tun, und ich glaube, es ist am besten, sofort zu beginnen. Morgen um elf. Und – danke für den Empfang. Ich weiß, dass wir gut zusammenarbeiten werden. Gute Nacht.«
Die Kolonne begann augenblicklich auseinanderzugehen, begleitet von kurzen, dahingemurmelten Abschiedsgrüßen.
»Wo schlafe ich?«, fragte Siniša Tonino.
»Bei mir, wie ich schon gesagt habe.«
»Führ mich hin, mein Vergil.«
Das Krähen eines Hahns weckte ihn auf. Erschrocken setzte er sich im Bett auf, für kurze Zeit überzeugt, dass er noch immer in dem Häuschen in Dubrava war. Geblendet von dem Licht, das durch das Fenster fiel, zog er vorsichtig die Augenlider hoch: Zusammengewürfelte Möbelstücke und uneben verputzte, frisch gestrichene Wände verkündeten mit stummer Boshaftigkeit: »Nein, nein, Meister, das hier ist nicht Dubrava …«
»Mein Gott, warum nur ist es nicht Dubrava«, stöhnte er und zog sich die Decke über den Kopf. Die nächste halbe Stunde wälzte er sich in dem weichen, durchgelegenen Bett von der einen auf die andere Seite und versuchte, in halb wachem Zustand, wenigstens die erste Ecke des Puzzles zusammenzufügen. Gestern Abend war er wie hypnotisiert gewesen, da er sich auf den Kampf mit dem »wahren Siniša« hatte konzentrieren müssen. Er war die Hauptstraße entlang gegangen, und dann hatte ihn Tonino durch die sich dahinschlängelnden Gassen hierher geführt, in dieses Zimmerchen in der ersten Etage. Er hatte nur seine Hose und die Socken ausgezogen, sich unter die kalte Daunendecke verkrochen und – die Versammlung!
Für wieviel Uhr hatte er die Versammlung vor der Kirche einberufen? Für elf? Jetzt war es sieben, das war gut, denn er konnte noch ein bisschen schlafen. Doch plötzlich verspürte er einen Harndrang, der von einer Sekunde auf die andere immer schmerzhafter wurde. Gestern Abend hatte er seine volle Blase völlig vergessen. Er warf die Decke von sich, stellte die Füße auf den zerschlissenen Teppich und stand auf. Aus den knarzenden Bodendielen stieg die Kälte bis an seine Leisten empor.
»Ach du Scheiße!«
Er erinnerte sich an ein weiteres Detail von gestern Abend. Während er abwesend seine Hose ausgezogen und im Kopf wiederholt hatte: Verschwinde, verpiss dich endlich, hatte ihm Tonino an der Tür erklärt, dass die Toilette unten im Erdgeschoss sei, aber dass sich »im Falle äußerster Not ein Nachttopf unter dem Bett befindet, direkt am Fußende des Bettes«. Siniša öffnete die Tür einen Spalt breit, vernahm von unten gedämpftes Geschirrklappern und schloss sie schnell wieder. Er holte den Emailletopf unter dem Bett hervor, schob ihn an die richtige Stelle und legte los.
»Ha!«, rief er aus, als das kalte Metall die Unterseite seiner Eichel berührte. »Ha, verflucht …«, wiederholte er, als der Rand des Nachttopfs an seinen Oberschenkel kam.
Begleitet von Zuckungen und häufigen Unterbrechungen, war dieses Wasserlassen das unangenehmste, das er bisher erlebt hatte. Gegen Ende hatte er sich damit abgefunden und warf einen Blick aus dem Fenster. Das hellblaue Viereck war derart schön, dass es ihn vollends wach machte. Man sah nichts als Himmel, nur oben rechts zitterte in leichter Brise der mit feiner Spitze verzierte Zipfel eines Lakens oder einer Tischdecke oder was immer draußen von der Hauswand hing. Nur dieses Fleckchen Weiß störte die perfekte blaue Geometrie von Himmel und Fenster. Eigentlich störte es gar nicht, sondern machte, indem es verschämt ins Bild flatterte, diese Komposition zeitloser Milde nur noch schöner. Siniša spürte, wie ihn eine plötzliche Wonne erfasste, die man nur teilweise auf die Tatsache zurückführen konnte, dass er soeben den letzten Tropfen seines poetischen Inneren in den Nachttopf entleert hatte. Er stellte das volle Gefäß vor sein Bett und ging zum Fenster, voller Sehnsucht nach dieser nicht definierbaren, tief in ihrem Wesen mediterranen Szene, nach diesem Panorama, das ihm durch seine Schönheit Mut für das ganze Leben verleihen und sich wie ein Siegel in seine Erinnerung einprägen würde.
»Ja, leck mich doch am Arsch, was ist das denn für eine Scheiße?!«, flüsterte er, als er die Dächer des Dorfes von Drittchen erblickte: Alle, soweit er sehen konnte, waren mit Solarzellen gedeckt! Das war ihm gestern im Dunkeln schon so vorgekommen. Da hatte er diese idiotische Fata Morgana jedoch sofort verworfen, weil er sie seinem nervlichen Zustand und seiner Müdigkeit zugeschrieben hatte.
Tonino stand vor dem Spülbecken aus Stein und wusch einen Teller ab. Am Tisch saß ein alter Mann mit grimmigem, faltigem Gesicht in einem Rollstuhl und aß langsam und lustlos mit einem Löffel Brot, das in Milchkaffee schwamm. Die schwarze Hornfassung seiner alten Brille wurde am rechten Glas mit einem Stückchen Pflaster zusammengehalten.
»Guten Morgen«, begrüßte Siniša die beiden mit aufgesetzter Herzlichkeit.
»Oh, danke gleichfalls, Beauftragter«, entgegnete Tonino heiter. »Hast du es geschafft, deinen Geist und deinen Körper zu stärken, um die bevorstehenden Aufgaben besser bewältigen zu können? Setz dich, frühstücke mit uns.«
»Danke, aber ich konnte morgens noch nie etwas essen.«
Erst jetzt bemerkte ihn der Alte und zeigte das durch ein Zucken der Augenbraue über dem Pflaster.
»Bitte, darf ich bekannt machen … Mein Vater, Tonino Langfuß, hier is ounsor nouvo Beautrotto.«
Der alte Tonino sah ihn jetzt mit beiden Augen an, aber wieder nur eine Sekunde lang, und senkte dann wortlos den Blick in die Schale vor ihm. Seinem Sohn war das sichtlich unangenehm, doch Siniša zog die ausgestreckte Hand gleichgültig zurück und zuckte mit den Schultern.
»Tonino, wo kann ich mich waschen und ein wenig zurechtmachen?«
»Oh, entschuldige! Da vorne. Ich zeige es dir.«
Fünfzehn Minuten später kam der Beauftragte in die Küche zurück, gewaschen, rasiert, wohlriechend und innerlich schrecklich wütend auf die beiden Toninos.
»Möchtest du wenigstens einen Kaffee?«, kam der Jüngere ihm zuvor, obwohl Siniša gerade eine Frage nach den Dingen, die er im Bad gesehen hatte, stellen wollte. »Mokka, Espresso, Milchkaffee?«
»Ach Gott … Espresso, am liebsten mit ein, zwei Tropfen Milch.«
»Wir haben nur Schafs- und Ziegenmilch. Auf der Insel Drittchen gibt es nämlich keine Kühe.«
»Egal welche Milch.«
Hier die Ziegenmilch und dort das Badezimmer mit feinster italienischer Keramik. Solarzellen und eine Spüle aus Stein. Ein Nachttopf und dieser alte Nörgler in einem brandneuen Rollstuhl. Eine uralte Brille, die von einem Pflaster zusammengehalten wurde, und ein auf Hochglanz polierter Krankenhauslifter, um gelähmte Patienten in die Badewanne befördern zu können. Vakuumverpackter Kaffee, Marke »Lavazza«, in einem Küchenschrank, der so aussah, als würde er jeden Moment auseinanderfallen. Am frühen Morgen waren das einfach zu viele Kontraste, zu viele Unstimmigkeiten für Siniša. Seine Gedanken waren wirr, einer jagte den anderen. Er versuchte sie mit gelegentlichem Blinzeln zu beruhigen, aber es gelang ihm nicht. Merkwürdigerweise fühlte er sich rein physisch ausgezeichnet. Ausgeruht, beschwingt, vollkommen bereit für einen Tag voller Aufgaben – die ihm nicht mehr so klar vorkamen wie gestern. Außerdem war sein Wille, diese Aufgaben zu lösen, nicht mehr so stark wie gestern. Ähnlich war es ihm auch vor einem halben Jahr ergangen, als er das Rauchen aufgegeben und die erste Abstinenzwoche überlebt hatte: Sein Körper war voller Tatendrang gewesen, aber sein Gehirn, unfähig, die Prioritäten des Tages in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen, hatte nur wiederholt: »Zünde dir eine an, dann fällt dir alles sofort wieder ein!« Zünde dir eine an? Hier hätte er das ja tun können: Das Rauchen hatten er und Željka nämlich an dem Tag aufgegeben, als ihnen der Chef gesagt hatte, sie sollten mit dem Qualmen aufhören, zumindest in der Öffentlichkeit. Und hier gab es sowieso keine Öffentlichkeit. So wie es wahrscheinlich auch keine Zigaretten gab: Man rauchte bestimmt Macchia und diverses Gestrüpp.
Als würde er seine süchtigen Gedanken lesen, zog der alte Tonino eine Packung weißer Marlboro und ein dunkel gewordenes Benzinfeuerzeug, eins von denen, die man einst »Straßenkumpel« genannt hatte, aus der Tasche seines Pullovers. Er holte langsam eine Zigarette heraus, klappte die Schachtel zu und schob sie schweigend über den Tisch, ganz nah an Siniša heran. Mit einem geschickten Fingerzucken brach er präzise den Filter der Zigarette ab und steckte sie dann gemächlich in seine Zigarettenspitze. Schließlich zündete er die Zigarette an, nahm einen Zug bis auf den Grund seiner Lunge und schob dann auch das Feuerzeug über den Tisch. Als hätte Siniša nie aufgehört zu rauchen, überkam ihn der Wunsch nach einer Zigarette, aber im selben Augenblick meldete sich sein Politikerinstinkt und verbat ihm, nach der Schachtel zu langen. Dieser alte Miesmacher trickste ihn nicht aus! Schau dir nur mal an, wie er durchs Fenster guckt, als wäre ihm alles egal – der miese Provokateur!
Tonino stellte hilfsbereit einen Aschenbecher vor seinen Vater auf den Tisch und übersetzte das Angebot:
»Nimm ruhig eine, wenn du rauchen möchtest.«
»Nein danke, ich möchte nur Kaffee.«
Einen angenehmen Geschmack hatte Siniša schon immer in eine innere Geometrie übersetzt. Ein guter Wein hatte immer die Form einer Ellipse – in dieser oder jener Farbe. Der frische grüne »Kristall-Salat« war – richtig angemacht – ein gleichseitiges Dreieck, Gavrilović-Salami ein rechtwinkliges Dreieck und warmer, aromatischer Kaffee ein rotierender Kreis, wie ein Rad ohne Speichen. Der Kaffee, den er gerade geschlürft hatte, rief in ihm das Bild von zwei konzentrischen Kreisen hervor, die sich langsam und harmonisch drehten, jeder in seine eigene Richtung. Der äußere war nur der Kaffee, frisch, von hoher Qualität und duftend, und der innere …
»Tonino, hast du Ziegenmilch in den Kaffee getan?«
»Schafsmilch. Von einem jungen Schaf.«
»Mann, der Kaffee ist genial.«
Während er versuchte, sich ein passendes Kompliment einfallen zu lassen, überkam ihn wieder der Wunsch nach einer Zigarette, aber dann begriff er: Diese beiden wollten ihn verführen, sie versuchten aus irgendwelchen Gründen, ihn frühzeitig auf ihre Seite zu ziehen. Nein, nein, Jungs, so geht das nicht. Er kippte den Rest des Kaffees hinunter und sprang auf.
»Tonino, zeig mir vor der Versammlung das Dorf.«
»Gerne! Mit dem größten Vergnügen! Gedulde dich bitte nur fünf Minuten, damit ich mich auch ein wenig zurechtmachen kann. Nimm doch noch einen Kaffee, da ist noch welcher in dem Espressokännchen, Milch ist auch da. Ich komme gleich zurück.«
Er verschwand für eine Viertelstunde und erschien dann mit nassem, gekämmtem Haar und in einem alten schwarzen Anzug mit viel zu kurzen Hosenbeinen in der Tür. Siniša hatte in der Zwischenzeit gar nicht versucht, mit dem Alten zu kommunizieren. Er hatte sich entschlossen, darauf zu warten, dass der Gegner als Erster seine Schwachstellen entblößte. Und als Banderas (dieser Gedanke war der erste, der ihm in den Sinn kam: »Schau dir den mal an – Antonio Banderas!«) endlich in der Küchentür stand, war der Beauftragte schon mit seinen dünnen Abstinenzlernerven am Ende. Er überlegte gerade, wie er es anstellen könnte, dem Alten eine Zigarette zu stibitzen, ohne dass der es merkte.
»Jetzt musst du ein wenig auf mich warten«, sagte er. »Ich gehe nach oben, meine Jacke und meinen Notizblock holen.«
Als sie etwas später hinter der ersten Ecke verschwunden waren, fragte er Tonino:
»Du hast da oben meinen Nachttopf geleert und ausgewaschen?«
»Was meinst du? Ach das … Ja, das war ich, wer denn sonst? Wir drei sind die einzigen Hausbewohner.«
»Tonino, das war mein Nachttopf. Ich meine, die Verpackung gehört dir, aber der Inhalt ist von mir. Ich hätte das früher oder später alleine gemacht, so kommt es mir wirklich blöd vor, ich meine …«
»Reg dich doch nicht wegen Kleinigkeiten auf. Was meinst du denn, was ich tagaus-tagein mit meinem Vater mache? Wer leert alle naselang seinen Topf unter dem Sitz aus? Und er konsumiert auch noch Bier wie ein Verrückter!«
»Okay, aber wir kennen uns gerade mal einen halben Tag, und du hast meinen Nachttopf geleert, mein Bett gemacht … Ich komme mir ziemlich blöd vor. Lass uns eine Sache klären: Wenn ich dich nicht darum bitte und nicht nach dir rufe, komm nicht in mein Zimmer, solange ich bei euch bin. Okay?«
Tonino schwieg ein paar Sekunden.
»Okay, wenn du es so wünschst. Sag mir nur, ob dir der Blick aus dem Fenster heute früh gefallen hat? Dieser Unterrock in der leichten Brise …«
»Was für ein Unterrock?«
»Gestern Abend habe ich den alten Unterrock meiner Mutter, einen schneeweißen, aus dem Fenster im Dachgeschoss gehängt, damit du ein schönes Bild vor Augen hast, wenn du morgens die Augen öffnest.«
Siniša blieb stehen.
»Tonino, sag mal, treiben dein Alter und du jeden Beauftragten in den Wahnsinn?«
»Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst. Falls du den Unterrock meinst: Dieser Gedanke kam mir erst gestern in den Sinn, als du auf dem Boot geschlafen hast. Ich habe ihn für keinen deiner Vorgänger aufgehängt. Um ehrlich zu sein, habe ich ihn seit dem Tod meiner Mutter nie aus der Truhe herausgenommen.«
»Mein Gott, mein Gott, mein Gott … Okay, okay, alles klar. Danke für die Aufmerksamkeit, ich bin wirklich gerührt, aber tu das nicht mehr. Und jetzt zeig mir bitte die Sehenswürdigkeiten von Drittchen. Wir können zum Beispiel mit diesen Solarzellen auf den Dächern beginnen.«
Anderthalb Stunden später trat der achte Regierungsbeauftragte auf der Insel Drittchen nicht vor die versammelten Einwohner, sondern vor den Altar der leeren Kirche des Hl. Eusebius. Volle fünfzehn Minuten nach dem vereinbarten Termin hatte sich draußen, wo man sich verabredet hatte, noch niemand blicken lassen. Und nicht nur die Loggia, sondern der ganze Place (der Name der Hauptstraße war nur ein Bruchteil dessen, was Siniša während des Morgenspaziergangs von Tonino gelernt hatte) war leer, noch leerer als der Kopf des Beauftragten, aus dem alles, was früher gewesen war, und alles, was er an diesem Morgen gelernt hatte, wie geschmolzenes Blei in die Beine geflossen und zwischen Schuhsohlen und Steinplatten hart geworden war. Niemand war zur Versammlung erschienen! Damit hätte er natürlich von vornherein rechnen müssen, dieser Ort war ja nicht umsonst zur Richtstätte aller seiner sieben Vorgänger geworden, aber andererseits … Es war ein Boykott epischen Ausmaßes, das schlimmste Ereignis in Sinišas gesamtem Politikerleben, niederschmetternder sogar als die Affäre, die ihn hierher gebracht hatte. Es war wohl schon einmal vorgekommen, dass zu einem seiner Vorträge oder zu einer Pressekonferenz nur zwei Leute erschienen waren, die sich verirrt hatten oder zu kommen gezwungen worden waren, aber das hier war eine ganz neue Erfahrung. Und nach all dem, was er in den letzten anderthalb Stunden von Tonino gehört hatte, wirkte es noch schrecklicher.
»Irre!«, rief er, als er sich vom Altar zu Tonino umdrehte, der in dem kleinen Türrahmen des Kircheneingangs stehen geblieben war, eine schlaksige Silhouette im Gegenlicht. »Ihr seid alle irre«, fügte der Beauftragte leiser hinzu. »Du auch, genau wie all die anderen. Was macht ihr hier eigentlich? Was wollt ihr hier eigentlich aufbauen? Eine Utopie, ein Arkadien, was für einen Scheiß?«
Tonino hüstelte kurz:
»Ähm, die Kirche …«
»Was für eine Kirche? Ihr habt keinen Priester, keine Messe, dieser Typ da oben auf dem Bild ist eindeutig der Heilige Georg, es sei denn, Eusebius war in seiner Jugend ein Ritter, der es später bereut hat! Wovon redest du, Mensch?!«
»Wie soll ich sagen, hm, auch das ist eine lange Geschichte. Das hier ist tatsächlich ursprünglich die Votivkirche des Hl. Georg gewesen, aber im sechzehnten Jahrhundert, wenn ich mich nicht irre …«
»Ach, lass mich doch in Frieden! Du und deine Geschichten. Und das Weihwasser hier – die Tatsache, dass es stinknormales Meerwasser ist, hat sicher auch eine lange Geschichte?«
»Ich kann sie zu diesem Anlass auch kürzen. Vielleicht hast du gehört, dass in den konservativen katholischen Gegenden am Meer der Priester nach Ostern das Meer segnet. Wir aber haben keinen Pfarrer hier auf der Insel, und das schon seit beinahe sechzig Jahren. Wir haben also keine befugte Person, die normales Wasser segnen könnte. Doch wenn du dich an das antike Sprichwort erinnerst, nach dem man ›einen Finger in das Meer hält, um so mit der ganzen Welt verbunden zu sein‹, dann ergibt sich, dass das einzige gesegnete Wasser auf dieser Insel das Meerwasser ist. Also …«
Siniša zuckte hilflos mit den Schultern.
»Logisch. Alles sehr logisch. Aber das bedeutet nicht, dass ihr alle zusammen nicht total verrückt seid. Du bist mir zwar sympathisch, aber du bist auch vollständig verrückt.«
»Ich versuche nur, hilfsbereit zu sein. Auf dieser Insel wirst du garantiert keinen zweiten finden, der das ist. Es klingt vielleicht abgedroschen, aber ich bin dein einziger Freund, zumindest vorerst.«
Mitten ins Herz getroffen, hakte sich der Beauftragte bei seinem Übersetzer ein, führte ihn aus der Kirche und setzte ihn in die nächste Ecke der Loggia.
»Gut, mein einziger Freund, wie auch immer. Verzeih mir, wenn ich dich beleidigt habe, es war nicht meine Absicht, aber all das, was du mir erzählt hast, und dann noch dieser totale Boykott … Komm, sag mir, was werden wir jetzt tun? Ich bin ja neu hier, und du hast sicher Erfahrungen mit solchen Situationen.«
»Ehrlich gesagt: Wenn du jetzt durch das Dorf gehen würdest, um dich zu erkundigen, warum niemand gekommen ist, würden dir gewiss alle sagen, dass es ein Missverständnis gewesen sei und dass sie es so verstanden hätten, als sollte das Treffen um elf Uhr abends stattfinden. Darauf solltest du dich aber nicht einlassen. Würdest du nämlich tatsächlich ein Treffen eine Stunde vor Mitternacht einberufen, dann würden sie dich für geisteskrank erklären, für unzurechnungsfähig, und danach würden sie jede weitere Initiative von dir ignorieren. Und das so lange, bis du wirklich unzurechnungsfähig geworden bist. Wie der dritte Beautrotto. Oder der vierte. Warte mal – der dritte oder der vierte?«
Tonino verfiel tief in Gedanken und versenkte sich in die Analyse dieses Dilemmas, als wäre es schicksalhaft.
»Tonino … Tonino, hey! Ist doch egal, welcher es war, hey! Ach du Scheiße, es hat dich doch wohl nicht schon wieder erwischt … Tonino! Verfluchte Scheiße …«
Die Kuppe seines Zeigefingers an die Nasenspitze gelegt, starrte Tonino unentwegt auf die Steinbank auf der anderen Seite der Loggia, vielleicht sogar darüber hinaus. Auf seinem Gesicht war ein wehmütiges Lächeln eingefroren.
»Das darf doch wohl nicht wahr sein! Was soll denn das jetzt wieder?«, murmelte Siniša verzweifelt und lief in der Loggia auf und ab.
Er blickte auf die Uhr. Als wäre das noch wichtig! Zehn Minuten bis Mittag. Was hatte dieser Simpson gestern noch gesagt, wie lange dauerte das bei Tonino? Fünf Minuten? Zehn Minuten? Na und – auch wenn es fünf Stunden dauerte, was würde das denn ändern? Während er so hin- und herlief, bemerkte er aus dem Augenwinkel, dass sich im Bildausschnitt etwas bewegte: Wie in einem Zeichentrickfilm versuchte ein gebeugter älterer Mann, auf Zehenspitzen unbemerkt über den Place zu gelangen, und zwar genau in dessen Mitte.
»Stehengeblieben!!!!«, rief Siniša und warf einen schnellen Blick zu Tonino, der nicht einmal zuckte. Die Comic-Gestalt blieb kurz stehen, sah sich um und richtete sich dann auf, um ihren Weg mit normalem Gang fortzusetzen, ohne Siniša zu beachten. »Hey! Stehen geblieben oder ich schieße!«, brüllte der Beauftragte und rannte aus dem Schatten in die Sonne. Ein Teil seines Verstandes wunderte sich dabei maßlos über den anderen: »Oder ich schieße?! Punkt zwölf Uhr mittags, jetzt habe ich dich erwischt, Punkt zwölf Uhr mittags«, dachte er, während er mit schnellen Schritten zu dem stocksteif stehengebliebenen Bauern eilte.
»Wo gehst du hin? Wo gehst du eigentlich hin, wenn du hörst, dass ich dich rufe?«, fragte er den Unglücksraben wütend, als er einen Schritt vor ihm zum Stehen gekommen war. »Was ist, bist du etwa mit dem armen Schlucker da oben verwandt? Du bist ja genauso steif geworden! Wohin du gehst, habe ich gefragt! Könnte es sein, dass du zur Versammlung der Einwohner willst?«
»Noi woule onli to go …«
»Noi-noi, woule-woule! Du ju parlare Kroejschn?«
Der Bauer nickte erschrocken.
»Super! Dann sag mir jetzt erst mal, ob du gestern auch bei dieser Bande warst, die mich empfangen hat?«
Der Alte schüttelte den Kopf. Siniša sah ihm tief in die Augen und erwartete, dass er zumindest einen Funken Gerissenheit erkennen würde, eine Spur Schläue, mit der der Alte nach einer Schwachstelle bei ihm suchte, um ihn hereinzulegen und zu demütigen. Aber er sah nichts. Wäre der Unselige nur ein wenig schlauer gewesen, hätte er den Place auf Nebenstraßen umgangen, statt auf Zehenspitzen mitten über die Hauptstraße zu laufen. Und hätte er einen Streich geplant, würde er doch nicht so vor Angst zittern. Nachdem der Beauftragte nachgedacht hatte, sagte er mit versöhnlicher Stimme:
»Und, was haben sie gesagt – wann ist heute das Treffen vor der Kirche?«
»Ei-, eine Ora vor der Midneit …«
»Wie immer beim ersten Mal, oder?«, heuchelte Siniša Freundlichkeit und legte dem Bauern eine Hand auf die Schulter.
Der nickte erleichtert, zufrieden darüber, dass sich die Dinge anscheinend günstig entwickelten.
»Wie heißen Sie, mein Herr? Mein Name ist Siniša Mesnjak, Beauftragter der Regierung der Republik Kroatien auf Ihrer Insel.«
»Zani … Langfuß Zani«, antwortete der Alte nach kurzem Zögern und griff nach der ausgestreckten Hand.
»Mister Zani, das Treffen war für elf Uhr vormittags anberaumt, vor einer Stunde. Und es wird morgen zur gleichen Zeit am gleichen Ort stattfinden. Wenn Sie mich wieder verarschen, werde ich die Spezialeinheiten der Polizei holen und Sie alle auf dieser Insel wegen Bedrohung der Verfassungsordnung der Republik Kroatien verhaften lassen. Das können Sie allen weitersagen. Morgen um elf. Um – elf – Uhr – vor– mit – tags. Das ist für Sie und Ihresgleichen die letzte Gelegenheit. Sonst werde ich alles den entsprechenden Stellen melden, und Ihre Idylle wird endgültig dahin sein. Okay? Sie können jetzt gehen.«
Zani drehte sich schnell in die Richtung um, aus der er gekommen war, und eilte sich bekreuzigend davon. Als er in der engen Gasse verschwunden war, ging Siniša langsamen Schrittes zum Heileusebi zurück. In einem Film wäre eine solche Szene von Musik untermalt worden, die die baldige Rache des Gerechten ankündigen würde.
»Der dritte!«, rief Tonino, richtete sich plötzlich auf und sah sich um. »Es war doch der dritte!«
»Hier bin ich, Tonino. Sag mal, bist du zufällig mit einem gewissen Zani Langfuß verwandt?«
C:/My Documents/NOTIZEN/Notiz 001.doc
Foundeischn! So ungefähr nennen sie das. Die Stiftung des alten Bonino, der als Kind nach Australien ausgewandert ist, reich geworden im Bergbau. Schrecklich reich, Millionen. Die Rechtsanwälte, sie sagen hier Avokadi, kümmern sich um das Geld. Einmal in der Woche – am Freitag – kommen zwei Schnellboote aus Italien: Bier, Mehl, Zucker, alles. Solarzellen und andere Dinge fürs Haus. Natürlich auch Zigaretten, Tee, Kaffee … Und australische Renten. Den Laden betreibt die Genossenschaft. Alles billig, günstig, das Geld geht an die Italiener, alles Schmuggler. Das Geld kreist, fließt in die Foundeischn zurück. Allen geht es gut. Zwei Kirchen, kein Priester, sie beten alleine. Wann es ihnen passt. Ansonsten eine wunderbare Insel. Wenn man sie alle aussiedeln könnte, dann wäre es ein Genuss!
Das erste Treffen: Arschkarte.
Am nächsten Tag ließ er sie zehn Minuten vor der Loggia warten und trat erst dann aus der schattigen Gasse heraus, langsam, cool, die Hände lässig in den Taschen. Er betrat den sonnigen, leeren Place. Aber dort, vor dem Heileusebi, war niemand! Vor fünfzehn Minuten hatte er Tonino zur Erkundung losgeschickt und ihm aufgetragen, er solle zurückkommen, wenn bis fünf nach elf niemand da sei. Und wenn mehr als zehn Bewohner gekommen seien, solle er bei ihnen bleiben.
»Was ist denn jetzt schon wieder …«, fragte er sich laut und breitete die Arme aus, um sie dann hilflos fallen zu lassen. »Das werdet ihr mir noch büßen …«
Er drehte sich langsam um und versuchte mit aller Kraft, laute Flüche zu unterdrücken. Doch dann entdeckte er vor dem Heilopoli, dem Heiligen Polion auf der anderen Seite des Place, eine Gruppe von etwa fünfzig Menschen. Alle starrten ihn ernst an.
»Gut«, sagte Siniša streng und blieb vor ihnen stehen. »Obwohl zu wenige gekommen sind, und zudem auch noch an den falschen Ort, wollen wir nun unser erstes Treffen beginnen. Falls es jemanden gibt, der es noch nicht wissen sollte: Ich bin der Beauftragte der Regierung der Republik Kroatien auf Ihrer Insel. Mein Name ist Siniša Mesnjak, aber der Name ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass ich der Beauftragte bin, dessen Aufgabe es ist, hier endlich die Einheit der lokalen Selbstverwaltung herzustellen, den Bezirk Drittchen, der vollständig mit der Verfassung und den Gesetzen unseres Staates in Einklang gebracht werden soll. Ich weiß nicht und ich möchte auch nicht wissen, warum meine Vorgänger daran gescheitert sind. Es interessiert mich nur, dass ich es schaffe und Sie dann so schnell wie möglich sich selbst überlassen kann, damit Sie so leben, wie sie möchten, aber eben mit einem demokratisch gewählten Bezirksrat und zwei gewählten Ratsmitgliedern in der Gemeinde Erstchen-Zweitchen.«
»Aba wourum?«, fragte jemand laut aus der Menge.
»Bitte?«
»Jemand hat die Frage gestellt, warum, weswegen«, sprang Tonino bereitwillig ein, zum ersten Mal in seiner Rolle als offizieller Dolmetscher.
»Warum? Weil es das Gesetz über die Verwaltung und lokale Selbstverwaltung für alle Bürger Kroatiens vorschreibt. Auch Sie sind Bürger der Republik Kroatien, deshalb müssen Sie Ihre Vertreter in der lokalen Regierung haben. Indem Sie diese Pflicht erfüllen, werden Ihnen auch zahlreiche Rechte zuteil, da Sie Ihre Interessen in den gemeinsamen Entscheidungsprozessen vertreten können.«
»Ouns geht es olso so buon!«, meldete sich wieder jemand aus dem Hintergrund.
»Uns geht es auch so gut«, flüsterte Tonino.
»Daran zweifle ich nicht«, fuhr der Beauftragte fort, »aber Sie brechen das Gesetz. Vielen geht es gut, wenn sie Gesetze brechen, aber früher oder später werden sie erwischt und bestraft. Wir wollen doch vermeiden, dass Ihnen das widerfährt.«
»Si, dis is no noutig.« Bart Nassfuß trat nun energisch aus der zweiten Reihe vor. »Aba es is also no noutig tu meik a Streit, to meik Parties, Lists, to meik an Erger con i nostri Nachbari, to dividere nostro Dourf! Ma che! Un wourum? To sit onli togeder con questi von Zweitchen, dat is veri matsch biga denn Drittchen, end de Loit meik alweis Kroch.«
»Warten Sie mal«, legte der Beauftragte los, noch bevor Tonino zu Ende geflüstert hatte. »Wir können hier auch bis heute Abend diskutieren, ohne etwas zu beschließen und zu tun. Ich verstehe, dass es Ihnen so besser gefällt, mit dieser Foundeischn und all diesen australischen Begünstigungen, die Ihnen die Italiener hierher schmuggeln, aber Sie müssen wissen, dass ich gekommen bin, um das Gesetz durchzusetzen, ein ganz gewöhnliches, banales Gesetz, das außer Ihnen in Kroatien niemand als störend empfindet. Ganz im Gegenteil, alle sind glücklich, dieses Gesetz zu haben und es umsetzen zu können. Also lassen Sie mich dieses Gesetz mit Ihnen gemeinsam umsetzen und fertig, dann können Sie leben wie bisher, nur zwei von Ihnen werden, nachdem wir lokale Wahlen durchgeführt haben, einmal im Monat nach Erstchen fahren und sich an der Arbeit des Gemeinderates Erstchen-Zweitchen beteiligen. Das ist alles.«
»Ma wat bringt for ous questo Gemeinderat?«, hörte man aus der Menge.
»Herrgott noch mal!« Siniša war der Verzweiflung nahe. »Sie haben doch sicher ein Infrastrukturproblem. Wasser, Strom, Kanalisation …«, zählte er auf, wobei ihm mit jedem Augenblick bewusster wurde, dass diese Eingeborenen kein einziges dieser Infrastrukturprobleme hatten.
»Und was für eine Anbindung ans Festland haben Sie hier? Haben Sie etwa eine Fähre? Und was, wenn einer von Ihnen plötzlich krank wird? Wäre es nicht toll, wenn Sie zum Beispiel einen Hubschrauberlandeplatz auf der Insel hätten?«
»Iven on Erstchen is no sowat, come soll es da noi? Wouzu dis? Noi hoben hier Muona, la Dottoressa of all Malaise! De Fähre is no gud!« Mehrere Stimmen hatten sich sofort zu Wort gemeldet.
»Half Zweitchen would kam tu ouns. Zweitchen gegen Drittchen – siks to to. Zero Points for ouns!«, meldete sich wieder Bartul.
»Mal langsam … Wenn ich es richtig verstehe, liegt das Problem in Ihrer Beziehung zu den Bewohnern von Zweitchen. Ich habe schon bei meiner Ankunft verstanden, dass Sie die nicht mögen und umgekehrt. Woran liegt das? Erklären Sie es mir bitte, und dann werden wir eine politische Lösung finden, die für beide Seiten annehmbar ist.«
»Ich habe es noch nicht geschafft, dir das zu erklären. Das ist nicht so einfach, es gibt unzählige Gründe für das Misstrauen«, sagte Tonino leise und mit besorgter Miene.