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Finding Europe Der Kampf mit den Zombies

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Text: Jonas Rest @JonasRest

Die Konferenz beginnt mit Zombies. Mit den Themen, die wie Untote immer wieder hochpoppen seit die re:publica vor neun Jahren als Bloggertreffen mit einigen hundert Gleichgesinnten gestartet ist. Inzwischen ist sie zur wichtigste digitale Gesellschaftskonferenz in Deutschland geworden. Die immergleichen Zombie-Themen verfolgen die re:publica aber weiterhin. „Es ist ein bisschen wie bei bei Täglich grüßt das Miurmeltier“, sagte der Re:publica-Mitgründer und Netzaktivist Markus Beckedahl bei der Eröffnung.

Da ist etwa die anlasslose Massenüberwachung durch die Vorratsdatenspeicherung. Über die wurde schon auf der ersten re:publica diskutiert, erinnert Beckedahl. Das Bundesverfassungsgericht stoppte sie schließlich. Nun versucht die Bundesregierung sie unter neuem Namen wieder einzuführen - obwohl jeder Beleg der Wirksamkeit bei der Terror-Abwehr fehlt. „Unsere Eltern würden nicht akzeptieren, dass viele Wochen gespeichert wird, mit wem sie wann am Zaun geredet haben, wem sie beim Einkaufen getroffen haben oder mit wem sie beim Kaffeekränzchen zusammensaßen. Aber in der digitalen Welt soll das alles gespeichert und protokolliert werden.“ Beckedahl bekommt tosenden Beifall, als er fordert: „Wir brauchen einen Ausstieg aus der Totalüberwachung.“

Der nächste Zombie: Die Abschaffung der so genannten Netzneutraliät: So nennt man das Prinzip, nach dem alle Datenpakete gleichberechtigt durch das Internet geleitet werden. Ein Verbot von Überholspuren im Internet also, damit nicht alle gedrosselt werden, die sich die Maut-Spuren nicht leisten können. Gerade mal ein Jahr ist es her, dass es Netzaktivisten gelungen war, eine Kampagne aufzubauen, die letztlich das Europäische Parlament dazu brachte, mit überwältigender Mehrheit für klare Regeln zur Netzneutralität zu stimmen. Doch nun ist die Gefahr der Drosselung schon wieder auf dem Tisch. Die Bundesregierung hat auf Druck der Telekom-Konzerne beim EU-Rat durchgesetzt, dass über die Befürwortung der Netzneutralität durch das Europäische Parlamentes noch einmal verhandelt wird.


Markus Beckedahl; Foto: Yannic Hannebohn

Ein Ablauf, der auch zeigt: Sobald es um was geht, wird es es kompliziert - und entschieden wird meist auf EU-Ebene. „Die Rahmenbedingungen für das digitale Leben werden vor allem in Brüssel gemacht“, sagt Beckedahl. Auch deshalb heißt die Konferenz in diesem Jahr „Finding Europe“ - es geht auch darum, auf europäischer Ebene Gegenstrategien zu entwickeln.

Dabei gehe es längst nicht mehr um die Mobilisierung der vielzitierte Netzgemeinde, sagt Beckedahl später bei einem Vortrag, den er „Die Netzgemeinde ist am Ende” genannt hat. Ins Internet zu schreiben, wie es hier viele nennen, definiert keine Szene mehr - die ganze Gesellschaft schreibt inzwischen ins Internet, wenn sie Facebook, Instagram oder Whatsapp nutzt. 80 Prozent der Bevölkerung sei im Internet, sagt Beckedahl. „Die Netzgemeinde ist die Gesellschaft.“

Dass somit auch die Re:publica zur Gesellschaftskonferenz geworden ist, macht bei der Eröffnung Blogger- und Re:publica-Mitgründer Johnny Häusler deutlich. Er vergleicht die deutsche Mauer mit der Abschottung der europäischen Grenzen und sagt: „Wir sind wieder von Mauern umgeben.“ Mauern, die sehr viel weitläufiger und sehr viel höher seien - und tödlicher: „An diese Mauern sind in den letzten wenigen Jahren mehr Menschen gestorben als in den 28 Jahren an der deutschen Mauer.“ Der Unterschied sei aber auch: „Bis heute warten wir vergeblich auf Politikerinnen und Politiker , die den Abriss dieser Mauer fordern.“

re:publica Reader 2015 – Tag 1

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