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INTO THE WILD Lost in Emojis Lost in Translation: Nicht jede skurrile Spielidee aus Japan funktioniert auch in Europa. Kate Miltners Emoji-Karaoke am Mittwochabend hat das leider bewiesen.

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Speaker: Kate Miltner

Text: Julian Dörr

Die Boy-meets-Girl-Geschichte ist die Halsschlagader des Pop. Wie keine andere Kunst hat die Pop-Musik die tragische Liebesgeschichte zu einer massentauglichen Erzählform erhoben. Und damit ein Schema etabliert, an dessen angeblicher Vollkommenheit Generationen einsamer Teenager seit Jahrzehnten verzweifeln.

Die Band Journey saugte Anfang der Achtziger Jahre die stumpfe Verzweiflung der amerikanischen Vorstadt in sich auf und schenkte der Welt einen der schönsten Boy-meets-Girl-Songs überhaupt. "Don’t stop believing". Der Song ist bis zur Schmerzgrenze mit Klischees überladen: das Kleinstadt-Mädchen, der Großstadt-Junge, der Nachtzug, die offene Straße, die Erlösung. Aus diesem Grund eignet sich der Song besonders gut für Kate Miltners Emoji-Karaoke auf der Mainstage der re:publica.

Die Amerikanerin hat drei Freiwillige auf die Bühne gebeten. Die müssen innerhalb einer Minute einen vorgegebenen Songtext mit Hilfe der Emoji-Zeichen ihres iPhones "nachsingen". Was zunächst nach kurzweiligem Spaß klingt, verkommt vor spärlichem Publikum leider zu einer unverständlichen Veranstaltung. Auf der Leinwand hinter Miltner sammeln sich Smileys, Totenköpfe, Monde, Raketen und Luftballons. Je mehr Bildchen dazukommen, desto größer wird die Verwirrung im Zeichen-Dschungel der nonverbalen Kommunikation.

Sowohl Emojis als auch Karaoke stammen ursprünglich aus Japan, Heimat der skurrilsten Gameshows der Welt. Da pressen sich menschliche Tetrisblöcke in vorgegebene Formen, Leute rodeln auf Massagestühlen schneebedeckte Hänge hinab oder spielen Curling mit eingeölten Bikinimädchen. So befremdlich diese Ideen auf den westlichen Zuschauer im ersten Augenblick wirken, ihr Unterhaltungspotential entfaltet sich nichtsdestotrotz.

Doch nicht jedes japanische Unterhaltungsspiel funktioniert auch außerhalb des eigenen Kulturkreises. Nach einer halben Stunde Emoji-Karaoke ist das Spielprinzip klar, der Spaß hält sich jedoch in Grenzen. Stattdessen stellt sich ein Gefühl der Verlorenheit ein, eine Ahnung der Fremde, der Heimatlosigkeit. So muss sich Bill Murrays Charakter in Sofia Coppolas Lost in Translation gefühlt haben, in dieser wunderbar melancholischen Karaoke-Szene. Eine große Boy-meets-Girl-Geschichte.

Das Emoji-Karake kommt fand bereits an Tag 2 der re:publica um 21 Uhr statt, der Text erscheint aber wegen der vorangeschrittenen Uhrzeit der Veranstaltung erst im 3. eBook.

re:publica Reader 2014 – Tag 3

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