Читать книгу re:publica Reader 2014 – Tag 2 - re:publica GmbH - Страница 6

INTO THE WILD Gemeinsam, statt einsam Die Designforscherin Gesche Joost präsentiert Ideen, wie Menschen nicht mehr länger vom Internet ausgeschlossen werden.

Оглавление

Speaker: Gesche Joost

Text: Felix Hütten

Es funktioniert! Taubblinde Menschen können seit wenigen Wochen an der digitalen Welt teilnehmen. Das war lange anders: Taubblinde – also Menschen, die weder sehen, noch hören – kommunizieren über ein Morse-Alphabet. Sie tippen mit den Fingern in die Handflächen ihrer Gesprächspartner. Doch die sogenannte Lorm-Sprache hat zwei gravierende Nachteile: Die wenigsten Menschen beherrschen das Lorm-Alphabet – taubblinde Menschen kommunizieren so gut wie ausschließlich unter sich. Zudem basiert das Lorm-Alphabet auf körperlichem Kontakt – Taubblinde sind von jeglicher Online-Kommunikation ausgeschlossen.

Genau das wollen Gesche Joost und ihr Team ändern. An der Berliner Universität der Künste leitet die Professorin das Design Research Lab. Die Ideen ihrer Arbeitsgruppe drehen sich um gesellschaftliche Herausforderungen, man könnte auch sagen: Um Offline-Probleme, um Alltagssorgen. Die Frage ist: Wie kann das Internet helfen, diese Probleme zu lösen? Gesche Joost’ Antwort lautet: Partizipatives Design.

Niemand dürfe vom Internet ausgeschlossen werden, mahnt Gesche Joost. "Ich sehe eine tiefe digitale Spaltung und ich sehe das sehr kritisch", sagt sie. Am Beispiel von taubblinden Menschen zeigt Joost, wie es der Designforschung gelingt, die digitale Kluft zu überwinden: Mit ihrem Team entwickelte sie einen mit Drucksensoren bestückten Handschuh, der die Lorm-Berührungen des Kommunikationspartners registriert und in digitalen Text codiert. Per Bluetooth wird der Text an Smartphones gesendet und somit einem breiten Publikum zur Verfügung gestellt. Mit dem Handschuh haben Taubblinde erstmals die Möglichkeit mit Menschen zu kommunizieren, die das Lorm-Alphabet nicht verstehen. Und das an jedem Ort der Welt, via Twitter, Facebook – oder offline im Café.

Die Designforscherin Joost steht für Vernetzung, für ein Internet der Chancen. Sie steht für Barrierefreiheit und Inklusion – online gedacht. "Ich denke komplett pragmatisch", sagt Joost. "Wir müssen weg von tollen Ideen, die nicht funktionieren."

Mit dem Handschuh bewegen sich Joost und die Designforschung an der Schnittstelle zwischen Form und Funktion. Joost selbst bezeichnet sich als "Forscherin zur Mensch-Maschine-Interaktion" – mit dem Ziel, zwischen den Sphären zu vermitteln und zusammenzubringen, was auf den ersten Blick nicht zusammen passt. Dieser Aufgabe widmet sich Joost seit März auf höchster politischer Ebene: Als Internetbotschafterin der Bundesregierung berät sie die EU-Kommission in Fragen der digitalen Agenda. Es geht um das Ziel, allen Bürgern einen Zugang zum Netz zu ermöglichen. Egal ob jung oder alt, stumm, taub oder blind.

re:publica Reader 2014 – Tag 2

Подняться наверх