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Die Geschichte der O
ОглавлениеDas viertklassige Sadismus- und Verzweiflungstheater von Constance und Bob nahm einen ziemlich banalen Anfang. Sie kriegte die Warzen als Erste. Das waren Feigwarzen in der Scheide.
Im Vollrausch war sie fremdgegangen, ein One-Night-Stand mit einem Anwalt in mittleren Jahren, der ihr Buch kannte. Er hatte der gerade als Romanschreiberin gescheiterten Dreiundzwanzigjährigen erzählt, dass ihm ihr Buch gefiel, und sie fühlte sich sehr mies, weil das Buch zwar ein Kritiker-, aber kein Verkaufserfolg und sie deshalb gezwungen war, wieder arbeiten zu gehen.
Darum stieg sie mit dem Anwalt ins Bett und fing sich Warzen in der Scheide ein.
Sie erinnerten an ein Büschel ekliger Horrortrip-Pilze. Sie mussten mit einer elektrischen Nadel weggebrannt werden:
Eine Rosskur folgte der nächsten Rosskur dicht auf den Hufen.
Als sie entdeckte, dass sie die Warzen hatte, schlug sie Bob vor, die Ehe zu beenden. Es war ihr so peinlich. Sie dachte, das Leben habe keinen Sinn mehr.
„Bitte ...“, sagte sie. „Ich kann nicht mehr mit dir leben. Ich hab so was Schreckliches gemacht.“
„Keine Chance!“, sagte Bob und war so lieb zu ihr, obwohl er alles über den Seitensprung wusste, und er nahm alles in seine superkompetenten Hände, wie es seine Art war ... damals.
Sie konnten zwei Monate keinen normalen Sex haben, so lange dauerte es, bis die Warzen aus ihrer Scheide gebrannt waren, und manchmal, wenn sie vom Arzt und seiner elektrischen Nadel nach Hause kam, setzte sie sich einfach hin und fing an zu weinen.
Bob tröstete und umsorgte sie und richtete sie wieder auf, streichelte ihr übers Haar, drückte sie, flüsterte: „Du bist meine Frau. Ich liebe dich. Bald ist alles vorbei“, bis sie aufhörte zu weinen.
Weil ihnen der gute alte Sex verwehrt blieb – Feigwarzen werden von einem Virus ausgelöst und durch Geschlechtsverkehr übertragen – mussten sie was anderes machen, und das taten sie auch.
Sie hatten wirklich Spaß am gemeinsamen Sex. Bob freute sich, wie schön sein Glied in Constance’ Scheide passte, und sie freute es auch. Sie pflegten Witze über erotische Rohrverlegung zu reißen. Beide waren sie verrückt nach dem guten alten Sex. Eines Tages lieh jemand Bob ein Exemplar von der Geschichte der O. Er las sie. Es ist ein Sadomaso-Schauerroman, der ihn irgendwie erregte, weil er ihn so abgefahren fand. Beim Lesen kriegte er immer eine schwache Erektion.
Als er mit dem Buch fertig war, gab er es Constance zu lesen, denn sie war neugierig.
„Wovon handelt es?“, fragte sie.
Sie las es, und es machte sie auch irgendwie an.
„Es ist irgendwie sexy“, sagte sie.
Eine Woche, nachdem sie es beide gelesen hatten, waren sie eines Abends ziemlich angeheitert und spielten ihre speziellen Sexspielchen, weil ihnen der normale Geschlechtsakt versagt blieb.
Meist hobelte sie ihn oder verkehrte mit ihm oral, und er polierte sie klitoral mit der Hingabe eines Diamantenschleifers, bis sie kam. Er hätte bei Tiffany arbeiten können.
Sie lagen im Bett, ziemlich blau, als er sagte: „Warum spielen wir nicht die Geschichte der O?“
„Okay“, sagte Constance lächelnd. „Welche Rolle soll ich spielen?“