Читать книгу Prinz Schamyls Brautwerbung - Richard Henry Savage - Страница 5
Erstes Kapitel.
ОглавлениеIm Kasino der Garde-Ulanen. — Soldaten. — Drohendes Kriegsgewitter. — Ein fürstlicher Judas.
„Suleiman Effendi hurra!“
Die Gläser klangen zusammen, die Wände dröhnten von den Hochrufen der Gardeoffiziere, und der Schaumwein floss in Strömen.
Im Kasino der kaiserlichen Garde-Ulanen, dieser Teufelskerls, die es selbst in dem tollen St. Petersburg an Liebenswürdigkeit und Genussfähigkeit allen zuvorthun, geht es anerkanntermassen am lustigsten zu. Heute gaben sie dem Hauptmann Suleiman, der sich, während er als Militärattaché der türkischen Gesandtschaft zugeteilt gewesen war, alle Herzen gewonnen hatte, ein kleines Abschiedsfrühstück. Etwa ein Dutzend der kühnen, liebenswürdigen Ulanen umgaben den lustigsten kleinen Türken, der je einen Tschibuk geraucht hat.
Es war eine inhaltschwere Zeit. Draussen wirbelte der Schnee in grossen wolligen Flocken hernieder, und mit lustigem Schellengeklingel flogen die Troïkas dahin, denn die Kaiserstadt an der Newa hatte den Höhepunkt ihrer winterlichen Herrlichkeit erreicht.
Die innere Rastlosigkeit der eroberungslustigen Moskowiten äusserte sich vorderhand erst in einer ganz besonders lustigen und belebten Saison. Es war nämlich im Jahre 1876, und die Konstantinopeler Konferenz quälte sich an der endlosen Aufgabe ab, der elastischen Karte der Türkei eine neue Form zu geben.
In der Stadt des grossen Peter war die „Elite“ der Armee versammelt, die Luft allüberall mit einem gewissen „Pulvergeruch“ erfüllt, und jedes Gespräch drehte sich um die Mobilmachung. War erst dieser jetzt herniederfallende Schnee wieder geschmolzen, so sollte die Erde erbeben unter den Tritten der Legionen des weissen Zaren. Im Augenblick aber herrschte im Speisesaal des Ulanenkasinos nur die herzlichste Gastfreundschaft, und über die reichbesetzte Tafel und die verschiedenfarbigen Gläser weg, durch dichte Rauchwolken hindurch lächelten schöne, mutige Gesichter dem lustigen Türken Suleiman freundlich zu.
Gar bald kam wohl der Augenblick, wo seine Gesandtschaft — mit hohler slavischer Höflichkeit hinausbekomplimentiert — ihre Schritte nach dem Bosporus zurücklenken musste, und schon hatte Hauptmann Suleiman den Befehl erhalten, sofort persönlich in Konstantinopel Bericht zu erstatten, da er dem türkischen Kriegsministerium eine Fülle der mannigfaltigsten, wichtigsten Nachrichten geben konnte.
Während seiner dreijährigen diplomatischen Verwendung in Petersburg hatte sich Suleiman eine Menge Freunde erworben, denn er war ein lustiger Mann mit munteren, strahlenden Augen, ein vorzüglicher Reiter, ein beherzter Bonvivant und ein entzückender Wirt.
Bei gar vielen glänzenden Festen hatte sein rotes Fez einen leuchtenden Mittelpunkt gebildet, und gelassen pflegte er den Wein von Schiras hinunterzustürzen und den von Röderer zu schlürfen. Auch verstand er es, Cigaretten zu drehen, Anekdoten zu erzählen und mit der jeunesse dorée der Garde um die Wette die zierlichen Knöchel der Mitglieder des unerreicht dastehenden Petersburger Balletts zu kritisieren, denn wenn Suleiman auch selbst nie tanzte, so war er doch mit den üppigen Priesterinnen Terpsichores aufs genaueste bekannt und zählte zu den ständigen Besuchern hinter den Coulissen der grossen Oper.
Kurzum, er war ein ganz moderner Türke und pflegte alle Verfehlungen gegen den Islam, die sein lebenslustiges Naturell verschuldete, mit frommem Sinn als Opfer zu betrachten, die er als Diplomat gar nicht umhin konnte, den „Interessen“ seines Vaterlandes zu bringen. Einzelne bei dem Gedanken an die bevorstehende Heimkehr dennoch auftauchende Gewissensbisse ertränkte er in dem alle Sorgen brechenden Wein und flüsterte dazu ehrfurchtsvoll: „Maschallah! Bismillah!“
In dem Kreis der Ulanenoffiziere war er sehr beliebt, denn gar manchem flotten moskowitischen Reiter hatte er den oder jenen in den Ebenen Armeniens erlernten Kunstgriff gelehrt. „Jeder Zoll ein Soldat,“ sagten sie von ihm.... „Aber ein Türke! Ein Türke!“
Suleiman erhob sein Glas und rief in dem ihm gleich einer zweiten Muttersprache geläufigen Französisch den Segen Allahs auf diesen liebenswürdigen Kreis von Kriegern herab.
Schon wurde auf dem Bahnhof der Zug rangiert, der ihn in fliegender Eile nach Odessa befördern sollte, von wo er zu Schiff über das Schwarze Meer nach den romantischen Gestaden des Goldenen Hornes zu fahren beabsichtigte. Bis ins tiefinnerste Herz hinein fühlte sich der Moslem erschüttert: wusste er ja doch nicht, ob er die tapferen Ulanen nicht nächstens in den Sumpfniederungen der Donau oder auf den Steppen Armeniens wiedertreffen würde.
Für seine russischen Freunde hing die Entscheidung darüber vom Kriegsglück, für Suleiman Effendi vom Kismet ab.
In seinen Augen glitzerte es verdächtig, als er die Hände, die sich ihm wieder und wieder entgegenstreckten, zum letztenmal schüttelte, nachdem schon im Laufe des Morgens allerlei Andenken, hier ein Cigarettenetui, dort ein schöner Dolch 2c., wie sie sich gute Kameraden beim Abschiednehmen überreichen, ausgetauscht worden waren....
Nun meldete der feierliche Haushofmeister des Kasinos, dass Suleimans Schlitten vorgefahren sei, und der junge Türke bahnte sich seinen Weg nach der Thüre mit dem letzten, herzlichen Zuruf: „Au revoir, mes frères! Bonnes chances aux braves! Vivent les Ulans!“
In der hochgewölbten Halle des grossen Kasinos blieb er stehen, schlang seine Arme um einen auffallend grossen jungen Mann, der ihm das Geleite gab, und flüsterte ihm einige türkische Worte ins Ohr.
Mit wildem Schellengeläute rasten die drei schwarzen Orloffs davon, und Suleiman war „en route“.
Im Rauchzimmer des Kasinos sassen die Offiziere zusammen und schwelgten im Genusse der den Russen so unentbehrlichen Cigaretten. In dem ganzen glänzenden Kreis war indes nicht einer mit Mohammed Ahmed Schamyl zu vergleichen, der schweigend eintrat und sich niedersetzte, während ihm die letzten Worte Suleimans noch in den Ohren klangen.
Aus Prinz Schamyls dunkeln Augen brach ein Strahl warmer Zärtlichkeit, als er von Paul Platoff, seinem alten Kameraden vom Pagenkorps, einem flotten Hauptmann der reitenden Gardeartillerie, eine Cigarette nahm.
Schamyl war das einzige Mitglied des Ulanenkasinos, das zugleich russischer Offizier und geborener Mohammedaner war.
Stolz und anmutsvoll in Haltung und Wesen, hatte sich Ahmed Schamyl den ganzen Reiz der wilden Berge Cirkassiens bewahrt, zwischen dessen schneegekrönten Firnen er seine ersten Lebensjahre verbracht hatte.
Als jüngster Sohn des grossen, kriegerischen Sultans Schamyl von Daghestan hatte er bei Hofe und im Feld ein bewegtes Leben geführt und in seinen siebenundzwanzig Jahren gar mancherlei erlebt.
Mit der grossen, geschmeidigen Gestalt, der dunkeln Hautfarbe und den feurigen, blitzenden Augen sah der ritterliche junge Major in der prächtigen Uniform der kaiserlichen Leibwache gar schön und stattlich aus, und es bedurfte weder der silbernen Kartusche und des von Juwelen strotzenden Dolches, den er im Gürtel trug, noch des „Chaska“ in seiner reichen Scheide und des hübschen astrachanischen Turbans, um den gezähmten Prinzen vom Kaukasus zu kennzeichnen.
Während Platoff und seine Freunde sich für den Sieg der russischen Waffen im bevorstehenden Krieg verbürgten, träumte sich Ahmed Schamyl in eine bewegte, von den von Tag zu Tag sich näher heranwälzenden Rauchwolken der Schlachtfelder verhüllte Zukunft hinein.
Der Abschied von dem kleinen Suleiman, dessen Gesandtschaft ihre Pässe so gut wie in der Tasche hatte, war dem ausländischen Krieger des Zaren nahe gegangen.
Aus ferner Vergangenheit tauchte die Erinnerung an den Tag in ihm auf, wo er sich als neunjähriger Knabe an seinen gewaltigen Vater schmiegte, als dieser stolz herniederschritt von seinem Adlerhorst „Aul Gunib“, um sich dem ritterlichen Fürsten Bariatinsky zu übergeben und damit den dreissigjährigen erbitterten Krieg gegen Russland zu Ende zu bringen.
Zwischen damals und heute lag die im Pagenkorps und in der Kadettenanstalt verlebte Zeit — lange bevor er gelernt hatte, den geistvollen Hofdamen im Winterpalast leidenschaftliche Worte ins Ohr zu flüstern! — und doch war ihm alles so gegenwärtig, als sei es erst gestern gewesen.
Dann sah Ahmed Schamyl im Geist die Leiche seines erhabenen Vaters vor den heiligen Altären des grossen Mohammed in Medina aufgebahrt.
Seine Mutter.... Ach, seine Mutter! Vielleicht zuckte durch die immer näher heraufziehende Kriegswolke einmal ein Strahl des Lichtes und erhellte ihm das Bild der lieblichen Frau, die wie ein wesenloses Schemen, als „weisse Dame“ durch seine Kinderträume zog.
Trotz der lustigen Kameraden, die ihn umgaben, wurde der Geist des edlen Cirkassiers im Speisesaal seines Regiments von sonderbaren Einbildungen gequält und verfolgt.
Der Mann, der ihn vor wenigen Minuten verlassen hatte, war seinem Herzen sehr teuer, denn er hatte Suleiman, dessen Vater als Pascha in Erzerum lebte, schon vor Jahren während einer kurzen militärischen Lehrzeit im Kaukasus in Tiflis kennen gelernt, und manch fröhlicher Jagdtag an den Ufern des wogenden Kura, manch glückliche Stunde, in der sie gemeinsam den Sagen Georgiens, Armeniens und Anatoliens gelauscht, hatte eine Freundschaft gefestigt, die sie freudig erneuten, als Suleiman in diplomatischer Sendung als Hauptmann des Generalstabs nach St. Petersburg kam. Und nun hatte ihn sein türkischer Kamerad wiederum verlassen.
Wohl schlürfte Ahmed Schamyl aus dem Liebesbecher des Regiments, aber sein Herz war schwer, und Suleimans letztes Flüstern klang ihm noch immer in den Ohren.
„Wir wollen Brüder sein und bleiben, Ahmed — selbst wenn wir uns mit dem Schwert in der Hand, auf dem Schlachtfeld gegenüberstehen sollten!“
Also mussten sich alte Freunde als junge Feinde gegenübertreten, sobald die Kriegsfahne wehte!
Suleimans Klinge sollte im Strahl des Halbmondes blitzen, und er, Ahmed, der Sohn eines grossen Herrschers und Propheten, der der Moslem der Moslem gewesen war, musste seine unbändigen Cirkassier unter dem Zeichen des griechischen Kreuzes ins Feld führen und für den Zaren kämpfen!
Aus diesen Gedanken schreckte ihn die heitere Anrede Paul Platoffs auf, der munter zu ihm sagte: „Speise bei mir, Ahmed, dann wollen wir heute abend die Zigeuner singen hören — es sollen einige neue Schönheiten angekommen sein.“
Schamyl nahm die Aufforderung gerne an — alles schien ihm besser als die geräuschvolle Kannegiesserei um ihn her.
Die Unterhaltung wurde nämlich immer leidenschaftlicher und hitziger geführt, und von allen Seiten sprachen die angehenden Generäle aufeinander ein und erörterten und lösten im Handumdrehen alle diplomatischen Schwierigkeiten der aufregenden, ereignisreichen Gegenwart.
„Konferenz in Konstantinopel,“ „Alliierte Mächte,“ „Bismarck“, „Englische Flotte,“ „Balkanpässe,“ „Ignatiefs Politik,“ „Gortschakoffs Forderungen“ — diese abgerissenen Worte klangen aus dem Klappern der Würfel und dem Stimmengewirr an Ahmeds Ohr.
Schamyl betrachtete durch die Rauchwolken hindurch ernsthaft die Gesichter seiner Kameraden, während sie sich über die ungelöste orientalische Frage stritten. Durch Blut konnte sie vielleicht gelöst werden, ja, aber nicht durch Worte! Er bahnte sich einen Weg durch die befreundete Schar, griff nach Mantel, Säbel und Turban und fuhr mit Platoff in dessen Schlitten nach der Artilleriekaserne.
Lässig warf sich der trübgestimmte Prinz in der Wohnung seines Freundes auf einen mit köstlichem Pelzwerk bedeckten Diwan und betrachtete sinnend seinen russischen Herzensfreund.
Aller Wahrscheinlichkeit nach mussten die leichten Batterieen Pauls zur schweren Artillerie der zum Einfall ins feindliche Gebiet bestimmten Donauarmee stossen, denn obwohl nichts Näheres bekannt war, errieten doch die Eingeweihten die Pläne so ungefähr.
Er selbst, Schamyl, war ja nichts weiter als ein sturmverwehtes Blatt — wohin würde er wohl getrieben werden? Niemand vermochte diese Frage zu beantworten.
„Ahmed,“ begann Platoff, „ich habe ein ernstes Wort mit dir zu reden. Ich habe heute bei den Galitzins ein Gerücht vernommen, das mich durchaus nicht angenehm berührte.“
„Nun und ...?“ sagte der Cirkassier langsam, indem er mächtige Wolken aus seinem Tschibuk blies.
„Es betrifft deinen Bruder, den Prinzen Ghazi,“ fuhr der Artillerist fort.
Schamyls Stirne umwölkte sich bei diesen Worten; in der Tiefe seines Herzens war er sich der bitteren Wahrheit wohl bewusst, dass er keinen wirklichen Bruder besitze; denn Jamal-Eddin, der Erstgeborene der Söhne des grossen Schamyl, lag tot und begraben unter dem Triebsand der fernen armenischen Wüste. Mit fanatischer Ueberzeugung war er dem Glauben Mohammeds treu geblieben und gestorben, als der frömmste Türke, der je dem aus reinen Höhen zu den Gläubigen herniederklingenden Ruf der Muezzin gelauscht hat. Der junge Gardeoffizier bewahrte indessen nur eine verschwommene Erinnerung an diesen Bruder, denn als ihr kriegerischer Vater im Jahre 1859 von seinem uneinnehmbaren Horst herniederstieg und sein tapferes Schwert für immer in die Scheide stiess, hatte Jamal-Eddin, für den ein goldener Käfig keine Reize hatte, den besiegten Krieger nicht nach Kaluga, seinem Aufenthaltsort im Lande des weissen Zaren, begleitet.
Gar wohl entsann sich Ahmed noch des glänzenden Hofhaltes, in dessen Mitte der alte Beherrscher des Kaukasus die Zeit seiner Verbannung aus dem romantischen Lande des „fünfunddreissigjährigen Krieges“ verlebte.
Sechs lange Jahre waren nun vergangen seit dem Tag, wo der stolze gefangene Held beim Zaren als letzte Gunst die Erlaubnis nachsuchte, sich seines hohen Alters wegen nach Arabien begeben und am Grab des Propheten, in der heiligen Stadt, sterben zu dürfen.
Sein Bruder! Dann handelte es sich also um Ghazi Mohammed, den Gardeoffizier, der nur dem Namen nach sein Bruder war.
„Was ist mit meinem Bruder?“ fragte der fürstliche Jüngling in kaltem Ton.
„Mehrere Generalstabsoffiziere waren da und stöhnten über den bevorstehenden Feldzug, weil es ihnen gar schwer ankommt, sich so plötzlich von den lieblichen Sirenen der Gesellschaft und — des Ballettes losreissen zu müssen,“ berichtete Platoff spöttisch. „Es war auch von deinem Bruder die Rede, und ich fing einige Worte auf. Der alte Lazareff sagte, er werde mit keinem Kommando betraut werden.“
„Und warum nicht?“ fragte Schamyl scharf, indem er in die Höhe fuhr.
„Weil seine Beziehungen zu der Gräfin Nadja Vronsky allzu bekannt sind.“
„Nun und ...?“ Schamyls Augen blitzten, als er diese Frage stellte.
„Ich weiss nicht, wo Vronsky sie aufgelesen haben mag — er ist tot und begraben, der arme Kerl! Aber sie kam irgendwoher aus dem Balkan und soll nun, wie ich höre, die hauptsächlichste Helfershelferin des türkischen Chargé d’affaires bei all seinen Ränken sein — ein ganz gefährliches Frauenzimmer.“
Wie ein gefangener Tiger schritt Schamyl im Zimmer auf und ab, während Platoff gelassen fortfuhr: „Ich hielt es für geboten, dich von dem zu unterrichten, was vorgeht, denn leicht könnten auch deine Aussichten auf ein selbständiges Kommando dadurch beeinträchtigt werden.“
„Wie meinst du das, Paul?“
„Man sagt,“ erwiderte Platoff, „die Türken wollen uns mit einem allgemeinen Aufstand im Kaukasus in den Rücken fallen, und der Sohn des grossen Schamyl, der dafür zum Oberpascha in Armenien ernannt werden solle, sei zum Befehlshaber der aufständischen Moslems ausersehen.“
Ahmeds Augen sprühten Funken, als er zischte: „Also behaupten sie, er wolle desertieren und dem Zaren die Treue brechen! So lautet ja wohl die Lüge?“
„Genau so, Ahmed,“ erwiderte Platoff freundlich; „ich war der Ansicht, dass du es sofort erfahren müssest. Du vertraust mir doch, Prinz?“
„Bis in den Tod, Paul,“ erwiderte Schamyl, während er mit den leichten Schritten eines Wolfes aus der Ukraine das Zimmer durchmass.
Schweigen herrschte in dem Gemach, bis die tiefen, dröhnenden Klänge der Riesenglocken der St. Isaakskirche die Stille unterbrachen. Es war ein Festtag, deren zweiundfünfzig im Verein mit ebensovielen Sonntagen eine angenehme Abwechselung in das moskowitische Jahr bringen, was ein Meisterzug der russischen Tyrannei ist.
Ahmed legte seine Hände auf Pauls Schultern und sagte: „Komm, Platoff, ich will dir vertrauen! Ich bin im Begriff, diesen Mann aufzusuchen, aber ehe ich es thue, will ich dir mein Herz ausschütten, denn ich bedarf deines Rates.“
„Setze dich, Ahmed, und vertraue mir, was du magst,“ antwortete Paul, den des Prinzen trostloser Blick und der seiner Ehre angethane Schimpf mit tiefstem Mitleid erfüllten, denn beide Söhne Schamyls trugen den Rock des Zaren. Noblesse oblige — ein Schamyl konnte ein Krieger sein, doch ein Verräter und Deserteur — nimmermehr! ...
Nachdem er eine Weile sinnend das Haupt in die Hand gestützt hatte, richtete Ahmed sich auf und sprach leise wie zu sich selbst: „Ich bin nicht wie ihr andern. Mein Vater war ein grosser Krieger, Priester, Herrscher und offener Empörer. Auf den schimmernden Firsten der stolzen Höhen des unbesiegten Daghestan hatte er das Licht erblickt, und er kämpfte um sein eigenes Land. Während vierzig langer Jahre hallte der Donner der Kanonen und das Krachen der Gewehrsalven durch die lieblichen Thäler Cirkassiens. Viermal trieb er grosse russische Invasionsheere zurück und vernichtete sie beinahe völlig. Als er aber von Gunib herniederstieg und Bariatinsky sein Soldatenwort verpfändete, da wurde die Ehre der Familie mitverpfändet. Zar Nikolaus hat Wort gehalten und Kaiser Alexander ebenfalls. Mein Vater hat wie ein König gelebt, und schliesslich wurde ihm auch noch gestattet, zu gehen und wie ein Prophet auf heiligem Boden zu sterben.“
Platoff nickte zustimmend.
„Du weisst, Paul, dass dieser so viel ältere, düstere, rotbärtige Mann und ich nichts miteinander gemein haben. Der Zar hat uns gleich den Söhnen regierender Herrscher erziehen lassen, uns an seinen Hof genommen und uns unser persönliches Vermögen erhalten. Ein Schamyl wenigstens wird treulich unter unsrer Fahne kämpfen! Ich muss die Ehre der Familie retten!“
Schamyls Augen glühten vor Wut.
„Gott sei Dank, Ahmed, du sprichst wie ein Mann,“ rief Paul freudigen Herzens.
„Ich habe meine Mutter nie gekannt,“ fuhr Ahmed in weichem Tone fort; „ein jeder der drei Söhne Schamyls wurde von einer andern Mutter geboren. Manchmal denke ich, dass man ein Geheimnis vor mir bewahre, Paul. Ich bin dunkel wie ein Georgier, und mein Vater hatte helles Haar und helle Augen.
„Seit Jahren schon hat sich Ghazi fern von mir gehalten und eigentlich sind wir uns seit unsres Vaters Tod ganz fremd geworden. Ich glaube, dass er um das Geheimnis meiner Geburt weiss, mich aber furchtbar hasst und deshalb schweigt. Er hat überhaupt für niemand ein Herz. Mein Vater hatte oft mystische Träume und geriet in wilde Verzückungen und alle seine dunkeln Geheimnisse starben mit ihm. Natürlich hatte er nach türkischer Sitte mehrere Frauen — das wirst du wohl wissen?“
Platoff nickte bejahend, und Ahmed fuhrt fort: „Vielleicht habe ich meine Loyalität von der schwächeren Seite geerbt — wer weiss, vielleicht von einer russischen Mutter!“
Träumerisch blickte Ahmed vor sich hin: seine Gedanken flogen in die Ferne, zurück nach dem alten pontischen Reich, wo die stolzen Höhen des Ararat und Kasbek mit ihren riesigen silbernen Firnen bis in den blauen Himmel hineinragen, der auf ihnen zu ruhen scheint.
„Hast du noch nie daran gedacht, den alten Sergeanten Hassan einmal gründlich vorzunehmen?“ fragte Paul.
Ahmed schreckte aus seinen wachen Träumen auf.
„Vergebens!“ erwiderte er. „Hassan ist ein störrischer alter Mann — halb Heide, halb Moslem. Als er nach meines Vaters Tod von Medina zurückkehrte, trat er in meinen persönlichen Dienst. Ich bin überzeugt, dass er alles weiss, denn er focht zwanzig Jahre lang an meines Vaters Seite; er muss, wie ich glaube, auch meine Mutter gekannt haben, denn auf seinen Armen trug er mich an einen unsrer Zufluchtsorte. Bei dem Jagdausflug, den ich nach meinem Austritt aus dem Kadettenhaus in den Kaukasus unternahm, zeigte er mir wohl den Schauplatz von meines Vaters Thaten, wollte ich ihn aber ausfragen, so brummte der Sergeant: ‚Ich habe auf des Sultans Amulett geschworen!‘ und weiter war nichts aus ihm herauszubringen.“
„Aber jetzt befindet er sich doch in deiner Gewalt!“ rief Paul lebhaft.
„Wohl wahr,“ entgegnete Ahmed, „aber er liebt mich und wollte nicht in Ghazis Dienste treten, obwohl er diesem das heilige Amulett übergab, das mein Vater in fünfzig Schlachten getragen hat.
„Mein Vater und König war ein mystischer Seher. Du kennst ja die düstere Macht, die er über seine Krieger und Gläubigen ausübte. Er hinterliess für Ghazi einige mit arabischen Zeichen beschriebene Papierstreifen, die seine letzten Wünsche enthielten, und sandte ihm das geweihte Amulett, auf das seine Anhänger einstens den schrecklichen Eid der alten Feueranbeter schwuren, und dazu die mündliche Botschaft: ‚Denke daran!‘
„Ghazi, mein hartherziger Bruder, ist zwanzig Jahre älter als ich, und wenn ich über diese Dinge mit ihm zu sprechen versuchte, so drehte er sich auf dem Absatz herum und rief: ‚Ich habe dir nichts zu sagen!‘ Ich glaube, er jagt einer schattenhaften Krone nach. Der alte Hassan aber ist mir ein treuer Diener gewesen, und es kommt mir sonderbar vor, Paul, dass er noch immer zu mir hält, denn wie du weisst, bin ich nicht mohammedanisch.“
Bei diesen Worten bekreuzte sich Paul, und Ahmed fuhr fort: „Der alte Hassan ist ein strenggläubiger Mohammedaner und erfüllt den letzten Befehl des sterbenden Propheten Schamyl aufs genaueste; gleichwohl dient er dessen christlichem Sohn und weigert dem Haupt unsres einst königlichen Hauses, dem russisch erzogenen Mohammedaner, dem Prinzen Ghazi, den Gehorsam.
„Ich bin nur neugierig, lieber Paul,“ schloss Ahmed traurig, „ob mich die mir bestimmte Kugel findet, ehe es mir gelungen ist, dies Geheimnis zu ergründen — der Krieg bricht aus, sobald das Gras auf den Ebenen des Südens zu sprossen beginnt.“
„Prinz,“ erwiderte Paul Platoff, „deine Verlassenheit schmerzt mich tief, aber für den Augenblick haben wir von deiner Pflicht zu reden. Du musst diesen Knoten lösen! Suche Ghazi auf, sorge wenigstens, dass er den Namen Schamyl nicht entehrt, lass ihn nicht zum Deserteur werden. Denke an deine Pläne, an dein eigenes Kommando, an deine Aussicht, militärischer Oberbefehlshaber im Kaukasus zu werden!
„Du hast soeben edel und männlich gesprochen, Ahmed Du allein kannst den Namen Sultan Schamyls vor Entehrung schützen; mit diesem Namen hat er dir eine so königliche Erbschaft hinterlassen wie die der Habsburg, der Hohenzollern, ja sogar der Romanoff — die Erbschaft des Ruhms!“
„Ich danke dir, Paul,“ rief Ahmed, „noch heute abend werde ich Ghazi aufsuchen! — Wo ist er am sichersten zu finden?“
„Da sitzt gerade der Haken! Der türkische Chargé, Gräfin Nadja Vronsky und Prinz Ghazi Mohammed Schamyl bilden ein Verschwörertriumvirat. Dort kannst du nicht hingehen! Wir hatten eben erst Hauptmann Suleiman zum Frühstück bei uns — bedenke, wie leicht auch du verdächtigt werden könntest — nur nicht allzuviele türkische Beziehungen!“
„Das ist wahr,“ erwiderte Ahmed finster, „wir leben ja in dem eisigen Lande des Zweifels und des Misstrauens. Nach Tisch fahre ich in meinem Schlitten vor und lasse ihn herausrufen. Du sollst alles erfahren.“
Paul Platoffs Haushofmeister meldete, dass das Essen aufgetragen sei, das sich als ein Meisterstück seiner Art erwies, denn Platoff, der einer alten Bojarenfamilie entstammte, war eine „rara avis“ — von vornehmer Herkunft, und doch kein Fürst, ein Russe, und doch kein Verschwender.
Ahmeds Gesicht heiterte sich wieder etwas auf, während er mit seinem Freund die Aussichten des bevorstehenden Feldzuges besprach. Nicht nur Bulgarien, Serbien, Bosnien, die Herzegowina und das Vorrücken an der Donau wurden in Erwägung gezogen, sondern auch die Komplikationen am Schwarzen Meer, der grosse asiatische Kampf im Kaukasus, in Anatolien, Georgien und Armenien wurden eifrig und gründlich besprochen.
„Diesmal nehmen wir Kars, Batum und Erzerum, und behalten es dann aber auch,“ prophezeite Ahmed.
Vergnügt leerte Platoff sein Glas und sagte: „Das ist richtig, lieber Freund, der Kaiser braucht einen Weg nach Baku und —“
„Turkestan,“ vollendete Schamyl in düsterer Ahnung des künftigen unvermeidlichen Riesenkampfes, „in dem Russland und England auf Tod und Leben miteinander ringen werden, um das Herz Asiens, um Persien und Indien.“
„Du solltest in deiner Heimat dienen, Ahmed,“ bemerkte Platoff nachdenklich, „du kennst die Grenze so gut.“
„Ich kenne jede Schlucht und jedes Thal vom grossen Pass des Elbrus und von See zu See, so weit sich unsre Adler schwingen werden — denn diesmal müssen wir in Trapezunt Halt machen.“
„Warum das?“ rief Platoff.
„England,“ erwiderte der Cirkassier kurz und bündig.
„Koste einmal diesen Chambertin,“ befahl der Artillerist gastfreundlich, „ich will dir einen Toast vorschlagen.“
Fragend sah ihn Ahmed an, und mit schelmischem Lächeln erwiderte Paul: „Maritza, die Rose von Tiflis, soll leben!“
„Da stimme ich von Herzen mit ein!“
Beiden war die Prinzessin Maritza wohl bekannt; unter all den vornehmen Schönheiten in dem Katharinenstift war keine der blühenden georgischen Erbinnen der Tochter des grossen Hauses Deschkalin zu vergleichen gewesen.
Unter dem Schutz der Gattin des Gouverneurs von Transkaukasien und in Begleitung zweier gleichaltriger, lieblicher Standesgenossinnen war diese kaukasische Schönheit nach Petersburg gesandt worden.
Glücklicher Ahmed! Während ihres kurzen Aufenthaltes im Gefolge der Kaiserin hatte auch er Dienst im Palast gehabt und sich zum Aerger der übrigen eleganten Gardeoffiziere mit der strahlenden Schönheit in ihrer nahezu vergessenen Muttersprache unterhalten.
Während er den vollen, weichen Chambertin schlürfte, sah Ahmed im Geist Maritzas dunkle, im Glanze unvergleichlicher Schönheit leuchtende Augen blitzen.
„Ach, das Mädchen mit den Sternenaugen weilt nun in weiter Ferne, Paul, und am Hof des Vizekönigs von Tiflis gibt’s viele galante Herren!“
Allerdings war die unvergleichliche Georgierin, mit russischer Anmut ausgestattet, zum Entzücken der dortigen vergnügungssüchtigen Gesellschaft nach dem grossen Hauptquartier an der Grenze von Russland, Persien und der Türkei zurückgekehrt.
„Besitzt sie nicht einige der ehemaligen Herrschaften deines Hauses, Ahmed?“ fragte Paul.
„Das will ich meinen,“ erwiderte Ahmed lachend; „mein lieber Junge, die Deschkalin gebieten heute über den bei weitem grössten Teil unsres Landes vom schwarzen Grat des Dariel bis zu den Rosengärten des sonnigen Tiflis. Mein königlicher Vater hielt das Land mit vierzigtausend gepanzerten Reitern — immerhin ein kräftiger Besitztitel! — Dank der Grossmut des Kaisers haben wir jetzt Reichtümer genug, aber an Grund und Boden besitzt das Haus Schamyl in dem Lande seiner Väter nichts mehr als das alte Felsennest Gunib und die romantischen Wildparke um Dargo!“
Während sie bei Cigarren und Likören ihren Kaffee schlürften, erwogen die beiden Offiziere die Möglichkeit eines türkischen Aufstandes im Kaukasus.
„Wenn Ghazi sich dem Kaiser gegenüber treulos erweist, so ist es leicht möglich, dass du, Ahmed, statt in die Berge deiner Heimat in die Sümpfe der Dobrudscha geschickt wirst. Der Kaiser kann nicht alles wissen, indes ist nicht sehr wahrscheinlich, dass man dem einen Bruder die grössten Vertrauensstellungen überträgt, wenn man den andren als Ueberläufer und Verräter erkannt hat.“
„Ach, Paul, es ist zu traurig,“ rief Ahmed und rang die Hände, „aber selbst einen solchen Bruder vermag ich nicht im voraus anzugeben. Und kann ich für mich selbst eine Loyalität geltend machen, die noch nie erprobt worden ist? Aber,“ setzte er mit blitzenden Augen hinzu, „das Schlachtfeld wird sie bezeugen! ...“
„Ich möchte dir raten, nichts zu thun, um deinen mohammedanischen Halbbruder davon abzuhalten, dass er sich jetzt davonmacht, Ahmed,“ bemerkte Platoff bedächtig, während er forschend das edle Antlitz des jungen Ulanenoffiziers betrachtete.
„Warum?“ fragte Ahmed in tiefem Ton.
„Bring’ es heute abend noch zum Klappen! Du bist nicht im stand, ihn zu zwingen, dass er Treue halte, also lass ihn laufen. Der Krieg wird nicht vor einem Vierteljahr erklärt, und wenn er jetzt geht, kannst du deine Unschuld beweisen; desertiert er aber im letzten Augenblick, so sind deine Aussichten wenigstens für diesen Feldzug zerstört.“
„Paul, ich danke dir!“ Mit diesen Worten sprang Ahmed auf und versprach, wieder zu kommen, um Bericht zu erstatten.
In den blitzenden dunkeln Augen des Ulanen lag, als er mit den Schritten eines kriegerischen Bergbewohners die Treppe hinabeilte, ein Ausdruck, der für Ghazi nicht viel Gutes verhiess.
Die Schlittenglöckchen bimmelten, ein Schatten huschte am Fenster vorüber, und mit Sturmeseile flog Schamyl dieser traurigen Unterredung entgegen.
„Ein tapferer Kamerad,“ sagte Paul vor sich hin, während er in einem leichtfertigen französischen Roman blätterte; „ich glaube, das wird eine stürmische Scene geben. Welch ein Verhängnis!“
Wieder liess der Artilleriehauptmann seine Augen über den anscheinend abgedroschenen Inhalt seines Romans gleiten, dann schleuderte er den Band seinem Hund zu und rief: „Basta! Ich wollte, ich könnte noch einmal mit der lieblichen Maritza, der Rose von Tiflis, die Mazurka tanzen. Guter Gott, was für Augen!“ Platoff griff nach einer Cigarette und schloss träumerisch die Augen. Welch ein Ränkeschmied doch dieser Ghazi war!
„Bei St. Wladimir — ich hab’s! Ich durchschaue den Plan dieses Teufels! Schon hier verfolgte er Prinzessin Maritza mit Liebenswürdigkeiten; jetzt hofft er, die Herrschaft des Halbmondes werde sich bis über den Kaukasus ausdehnen, und wenn er diese Bewegung unterstützt, so kann er Pascha von Georgien werden. Soll er als unbeschränkter Gebieter über dies Zauberland herrschen und die Rose von Tiflis an der Brust tragen?“
Aufgeregt nahm Paul einen Schluck Wutki.
„Gewiss,“ sagte er vor sich hin, „ich muss Ahmed davor warnen! Er wird — er muss sie beschützen! Was für ein merkwürdiges Schauspiel würde es sein, wenn Sultan Schamyls Söhne in ihrem eigenen Lande um die schöne Rose von Georgien ihre Schwerter kreuzten!“
Platoff war ein hochherziger und bedächtiger Mann.
„Ich werde zu meinem Bruder Iwan gehen,“ überlegte er weiter, „und ihm die ganze Geschichte erzählen; dann kann er Fürst Gortschakoff mitteilen, wie treu und zuverlässig Ahmed ist, und das übrige wird sich der alte schlaue Fuchs schon selbst zusammenreimen. — Ja wohl, Ahmed muss in seinem eigenen Lande kämpfen! Heiliger Georg, welch ein Land für die Entfaltung der Artillerie!“ Damit verloren sich Platoffs Gedanken in den Rauchwolken noch ungeschlagener Schlachten.
Während Platoff rauchte und träumte, fuhr Ahmed mit zornerfülltem Herzen zu seines Bruders prächtigem Stadthaus, denn Ghazi Mohammed verschmähte es nicht, einen Luxus zu entfalten, der selbst auf die verschwenderischen Russen Eindruck machte.
Von dem kriechenden Dwornik erfuhr Ahmed, dass Seine Hoheit beim türkischen Geschäftsträger speise, und fuhr eilends nach dessen Palais, das er glänzend beleuchtet fand.
„Karten, Verschwörungen, Weiber und gemeines Ränkespiel!“ Ahmed knirschte mit den Zähnen. „Der alte Ben Schamyl herrschte als Sultan und hätte sich nimmermehr so tief erniedrigt!“
In der Sprache der Heimat schrieb der Major ein paar Worte auf eine Karte und übergab sie dem Dragoman, der sie unter tiefen Verbeugungen in Empfang nahm, weil er wohl wusste, dass der stolze Cirkassier auch nicht die kleinste Verzögerung dulden würde.
Mit dem Hut in der Hand kehrte er eilends zurück und meldete: „Der Prinz wird sofort kommen. — Salaam, Hoheit!“
Zwanzig Minuten lang fuhr Ahmed vor der Statue der grossen Katharina auf dem Newsky hin und her. Als er dann eine wohlbekannte Troïka herankommen sah, sprang er aus seinem Schlitten, und der Schnee auf dem Platz, wo die grosse Katharina, gleich einer bronzenen Göttin von ihren zahlreichen, in Stein ausgehauenen Liebhabern umgeben, im krystallhellen Sternenschein der Winternacht thronte, knirschte unter seinen hohen cirkassischen Stiefeln.
Ja, sein Bruder nahte sich ihm — sein Bruder und vielleicht auch sein Feind!