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Kapitel 2

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Der Wagen schoss über die Kante des steilen Abhangs. Weit unter ihnen konnte Sue die gezackten Felsen am Fuß des Berges ausmachen. Sie glitzerten im Mondlicht wie scharfe Messer.

Dann neigte sich der Kühler des Vans nach unten.

Sue wurde in ihrem Sitz nach vorne geschleudert und schrie gellend, als sie den Transporter genau auf die Felsen zusteuern sah.

Sie spürte einen heftigen Ruck, gefolgt von dem entsetzlichen Knirschen von Metall. Die Vorderräder des Vans streiften die Felsen. Die Windschutzscheibe zersplitterte. Glas flog durch den Wagen.

„Nein!“, schrie Sue laut auf. Sie beugte sich vor und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Der Transporter überschlug sich. Trudelte wie ein Spielzeugauto durch die Luft.

„In ein paar Sekunden sind wir alle tot!“, schoss es Sue durch den Kopf. Sie hielt sich die Augen zu und wartete auf den tödlichen Aufprall.

Eine Hand berührte sie an der Schulter, hielt sie fest und schüttelte sie sanft.

„Sue!“

Carolines Stimme.

Langsam blickte Sue auf. Ihre Freundin betrachtete sie voller Sorge. „Es ist alles in Ordnung“, sagte Caroline leise. „Beruhige dich.“

„Aber der Wagen ...“ Sue unterbrach sich. Sie spürte, dass der Van gleichmäßig auf der Straße dahinfuhr. Die Reifen surrten leise auf dem Asphalt. Sie warf einen Blick zur Windschutzscheibe. Das Glas war heil.

„Wir hatten gar keinen Unfall“, wurde ihr bewusst. „Es ist überhaupt nichts passiert. Ich hab mir das alles nur eingebildet. Aber es war so real, so entsetzlich real.“ Sue holte zitternd Luft. Ihr Herz schlug immer noch wie verrückt.

„Was ist passiert?“, fragte Caroline. „Was war los, Sue?“

„Der Wagen ist über den Abhang gestürzt!“, keuchte sie. „Joey hat so komisch geheult, und dann hat er die Kontrolle über den Wagen verloren. Ich hab gesehen, wie wir durch die Leitplanke gekracht sind und wie die Windschutzscheibe zersplittert ist ...“

„Kein Wunder, dass du so geschrien hast“, sagte Mary Beth leise.

Sue atmete noch einmal tief durch und blickte sich um. Billy und Kit waren jetzt hellwach und starrten sie an. Dee musterte sie ebenfalls mit gerunzelter Stirn.

Als Sue sich abwandte, begegnete sie Joeys von Schatten verdunkelten Augen im Rückspiegel. Er hatte die Brille abgenommen und grinste ein wenig beschämt. „Tut mir echt Leid“, sagte er. „Ich wollte niemanden erschrecken.“

„Das sollte dir auch Leid tun“, fuhr Dee ihn an. „Wir haben Glück gehabt, dass du uns nicht tatsächlich den Abhang runtergestürzt hast.“

Joey zuckte mit den Achseln. „Hey, ich hab mich doch entschuldigt! Aber was soll’s. Eigentlich ist der Mond an allem schuld.“ Er zeigte aus dem Fenster. „Ist beinahe Vollmond, seht ihr? Das macht mich immer ein bisschen wild.“

Sue blickte zum Nachthimmel hinauf. Der Mond schwebte tief und leuchtend über ihnen. „Kalt sieht er aus“, dachte sie schaudernd. „Wie Eis.“

Von hinten ertönte Billys leises Lachen. „Um dich wild zu machen, braucht man keinen Mond, Joey. Das ist echt nicht mehr nötig.“

„Das kann man wohl sagen“, murmelte Dee.

„Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist, Sue?“, fragte Billy.

Sie drehte sich in ihrem Sitz um. Billy und Kit sahen sie aufmerksam an.

Kits dunkelbraunes Haar verschmolz mit dem schattenhaften Halbdunkel im hinteren Teil des Wagens. Seine wasserblauen Augen mit den dichten schwarzen Wimpern waren besorgt zusammengekniffen.

Billy machte sich offenbar auch Sorgen. Sue merkte es an seiner gerunzelten Stirn. Wieder einmal fiel ihr auf, wie unverschämt gut er aussah – dunkelblonde Haare, durchtrainierter Körper und dann dieses süße Grübchen, wenn er lächelte.

„Ich glaube, ich bin okay“, sagte Sue zu ihm. „Es ... es tut mir Leid. Ich wollte euch nicht erschrecken.“

„Hey, kein Problem“, versicherte ihr Billy. „Wir sind schließlich ’ne Rockband, oder? Da müssen wir doch ein bisschen Gekreische aushalten.“

„Also, ich fand deinen kleinen Schrei ganz bezaubernd, Sue“, mischte Joey sich ein.

„Fahr, Joey“, kommandierte Billy. „Fahr einfach nur.“ Er beugte sich vor. „Beachte ihn gar nicht“, flüsterte er Sue gut verständlich zu. „Wir haben ihn wegen seiner Muskeln in die Band geholt, nicht wegen seines Gehirns.“

„Das hab ich genau gehört!“ Joey tat so, als wäre er beleidigt.

Sue zwang sich zu einem Lächeln. Sie wusste, dass die anderen versuchten, sie aufzuheitern.

Es funktionierte.

Aber nicht hundertprozentig.

Wenn doch nur endlich diese furchtbaren Wahnvorstellungen aufhören würden.

Sue legte den Kopf zurück und schloss die Augen.

„Fühlst du dich besser?“, flüsterte Caroline ihr zu.

„Ein bisschen“, antwortete Sue. „Ich wünschte nur, ich wüsste, was mit mir los ist. Warum habe ich ständig diese schrecklichen Halluzinationen?“

„An dieser hier ist ganz klar Joey schuld“, sagte Caroline und strich sich eine Strähne ihrer langen blonden Haare hinter die Ohren. „Er ist viel zu schnell gefahren. Alle wissen, wie nervös du beim Autofahren bist. Ich meine ... seit dem Unfall deiner Eltern.“

Sue spürte einen Kloß in ihrer Kehle. Das passierte jedes Mal, wenn sie an ihre Mutter und ihren Vater dachte. Vor fast drei Jahren hatte Mr Verona nachts die Kontrolle über seinen Wagen verloren. Das Auto hatte eine Leitplanke durchbrochen, war über den Rand eines steilen Abhangs geschossen und auf die Felsen zwanzig Meter darunter geprallt.

„Es geschah auf einer Straße wie dieser“, dachte Sue. „Und in einer Nacht wie dieser. Klar und trocken. Bei hellem Mondlicht.“ Und das war keine Einbildung.

Ihre Eltern waren tatsächlich gestorben.

Sie waren aus dem Auto geschleudert worden, und die Felsen hatten sie wie scharfe Klingen aufgeschlitzt.

„Nein!“, verbesserte sich Sue im Stillen. „Tante Margaret hat nicht gesagt, dass sie aufgeschlitzt worden sind. Sie hat mir nie irgendwelche Einzelheiten erzählt. Diesen Teil muss ich mir ausgedacht haben.“

Sie hatte sich das Schlimmste ausgemalt.

„Ich kann immer noch nicht verstehen, wie das passieren konnte“, flüsterte Sue Caroline zu. „Dad war es gewohnt, nachts unterwegs zu sein. Und er war ein unheimlich vorsichtiger Fahrer.“

Caroline schüttelte mitfühlend den Kopf. „Deine Halluzinationen haben nach dem Unfall angefangen, oder?“

Sue nickte. Diese Halluzinationen waren wie schreckliche Albträume. Nur, dass sie dabei nicht schlief. Sie war hellwach – und wie gelähmt vor Entsetzen.

„Hast du mit Dr. Moore darüber gesprochen?“, fragte Caroline.

Sue seufzte. „Frag mich lieber, worüber ich nicht mit ihm gesprochen habe!“

Sie ging seit dem Unfall zu Dr. Moore. Der Psychologe versuchte, ihr dabei zu helfen, ihren Wahnvorstellungen auf den Grund zu gehen. „Sobald wir herausfinden, was die Ursache dafür ist, Sue“, hatte er zu ihr gesagt, „werden sie aufhören.“

Sue seufzte. Sie hatte eher das Gefühl, dass es immer schlimmer wurde. Immer realer. Immer grausamer.

„Ich bin sicher, dass er dir helfen kann“, sagte Caroline. „Gib dir ein bisschen Zeit.“ Sie lächelte Sue aufmunternd an.

Wenige Minuten später bog Joey auf den Hotelparkplatz ein. „Letzter Halt!“, verkündete er. „Das Luxushotel von Midland. Und gleich gegenüber: der Rocket Club. Und heute Abend präsentiere ich Ihnen: die Band ohne Namen. Schwingt die Hufe, Leute!“

Alle gähnten und reckten sich, bevor sie aus dem Transporter kletterten.

Mondlicht überzog die Straße mit einem schimmernden Glanz. Sue stieg nach Caroline aus. Ihr Lächeln verblasste. Sie fröstelte und presste ihre Reisetasche fest an die Brust.

„Irgendwas stimmt nicht“, dachte Sue. „Ich ... ich fühle mich so komisch ...“ Sie spürte, wie eine seltsame Kälte in ihr hochkroch. Irgendetwas passierte mit ihr. Irgendetwas Schreckliches.

Als sie sich umdrehte, sah sie, dass Caroline sie geschockt anstarrte.

„Caroline!“, flüsterte sie, am ganzen Körper zitternd. „Was passiert mit mir? Was ist das?“

Fear Street 57 - Mondsüchtig

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