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Kapitel 5

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Keuchend sprang Kit von der Bank auf. Er stöhnte und presste sich eine Hand auf die Lippen.

„Was habe ich getan?“, fragte sich Sue, die plötzlich am ganzen Körper zitterte. „Warum habe ich das getan?“

Sie sah entsetzt auf. Blut tropfte von Kits Unterlippe und sickerte zwischen seinen Fingern hindurch.

Es glänzte schwarz im Mondlicht.

„Sue?“, krächzte Kit heiser. Er wirkte völlig überrumpelt. „Was ...?“

„Es tut mir Leid!“, stieß Sue hervor. Sie sprang auf. Ihr Herz klopfte wie verrückt. „Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Es tut mir so Leid!“

Kit streckte die Hand nach ihr aus, aber Sue schob sich an ihm vorbei. Sie begann zu rennen. Sie wollte nur noch weg hier. Weg!

Sie schluckte hart. Einmal. Zweimal. Schmeckte Kits Blut. Heiße Tränen liefen ihr über die Wangen.

„Warum habe ich das getan?“, fragte sie sich immer wieder. „Wie konnte das passieren?“

Ein entsetzlicher Gedanke ließ sie erschauern. Sie hatte es genossen, richtig genossen, so fest zuzubeißen.

Der Portier blickte auf, als Sue atemlos in die Lobby des Hotels gerannt kam. Sie wandte das Gesicht ab und eilte zum Fahrstuhl.

Hastig drückte sie auf den Knopf und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Eine Spur von Kits Blut blieb darauf zurück. Wieder durchfuhr sie ein Schauder.

„Sue!“, rief Caroline bestürzt, als sie ins Zimmer gestürmt kam. „Was ist passiert?“

„Ich kann es ihr nicht erzählen“, dachte Sue und ließ sich auf ihr Bett sinken. „Wie soll ich ihr erklären, was geschehen ist?“

Caroline zog den Gürtel ihres blauen Frotteebademantels um ihre schlanke Taille fest und ging zu Sue hinüber. „Was ist passiert?“, wiederholte sie und legte ihr eine Hand auf den Arm. „Du bist ja ganz kalt, Sue. Und du ... du weinst ja.“

Sue schluckte. „Ich muss zu Dr. Moore, Caroline“, stieß sie hervor. „Irgendwas stimmt nicht mit mir.“

Carolines blaue Augen nahmen einen besorgten Ausdruck an. „Hattest du wieder eine von diesen Halluzinationen?“

„So was Ähnliches.“ Sue konnte sich nicht überwinden, ihr die Geschichte zu erzählen.

„Wieder so brutal?“

„Ja!“, rief Sue. „Noch schlimmer als sonst. Ich muss unbedingt zu Dr. Moore – gleich morgen. Er ist der Einzige, der mir helfen kann!“

„Dann musst du nach Shadyside fahren“, sagte Caroline. „Wir sprechen mit Billy, wie du am besten hinkommst. Mach dir keine Sorgen. Er wird das verstehen.“

„Aber unsere Proben!“, protestierte Sue.

„Wir treten nicht vor acht Uhr auf“, erinnerte Caroline sie. „Du hast also massig Zeit, um hin- und wieder zurückzufahren.“

Sue sah Caroline dankbar an.

„Du zitterst ja“, sagte Caroline. „Hör zu, ich wollte gerade unter die Dusche, aber du solltest zuerst gehen. Das wird dich aufwärmen.“

In der winzigen Duschkabine stellte Sue das Wasser so heiß es ging. Der brühend heiße Strahl wärmte ihre Haut, aber die Erinnerung an den Kuss im Park ließ sie wieder frösteln.

Als sie aus der Dusche kam, wickelte sie sich in ihren langen gelben Bademantel. Im Spiegel wirkten ihre dunklen Augen riesengroß in dem blassen Gesicht. Ihre Hände zitterten immer noch, als sie sich mit dem Kamm durch die Haare fuhr.

Nachdem Caroline in dem dunstigen Bad verschwunden war, lief Sue unruhig im Zimmer auf und ab. Die Sache ließ ihr keine Ruhe. Ihr Herz klopfte wie verrückt.

Dann fiel ihr Blick auf ihren Gitarrenkoffer. „Vielleicht hilft es mir, wenn ich ein bisschen spiele“, dachte sie.

Sie holte die Gitarre heraus und setzte sich ans Fußende ihres Bettes. Durch das Fenster konnte sie den Mond sehen. Eine bleiche Scheibe am nächtlichen Himmel.

Ihre Finger glitten über die Saiten. Da die Gitarre nicht an den Verstärker angeschlossen war, klang es ziemlich dumpf. Aber das machte nichts. Sue konnte die Noten ganz deutlich in ihrem Kopf hören, das war das Wichtigste. Zu Anfang waren es nur ein paar weiche Akkorde, aber noch keine Melodie.

Doch als sie zum Mond aufsah, hörte sie sie auf einmal in ihrem Kopf. Eine Melodie – und dann den Text dazu. Ohne das kleinste Zögern und ohne einen einzigen Moment nach der richtigen Note zu suchen, sang sie ihre neue Komposition.

Bad moonlight, so kalt und weiß,

bad moonlight, fühl mich wie Eis,

bad moonlight, fühl mich so seltsam innerlich.

Bad moonlight, bin ich noch immer ich?

Bad moonlight, so kalt und weiß,

bad moonlight, fühl mich wie Eis,

bad moonlight, fühl mich so seltsam innerlich.

Bad moonlight, bin ich in deinem Schein noch ich?

„Echt merkwürdig“, dachte Sue, nachdem der letzte Ton verklungen war. „So leicht hab ich noch nie einen Song komponiert. Es war fast wie Zauberei.“

„Mann, dieses Lied ist ja irre!“, rief Caroline aus dem Bad. „Wann ist dir das denn eingefallen?“

„Gerade eben. Einfach so. Ich musste nicht mal dran arbeiten. Gefällt’s dir wirklich?“

„Gefallen? Ich finde es super! Es ist das beste Stück, das du jemals geschrieben hast!“ Caroline grinste. „Bad moonlight – klingt echt gruselig!“

Gruselig war es wirklich, dachte Sue. Ihr wurde schlagartig klar, dass der Mond an ihrem komischen Gefühl schuld war. Und an dieser Kälte in ihr.

Aber warum? Was war am Mondlicht so böse und unheimlich?

„Ich sag mal eben den anderen Bescheid, damit sie es sich auch anhören können.“ Caroline zog sich das feuchte Handtuch vom Kopf und schnappte sich den Telefonhörer.

Wenige Minuten später drängte sich der Rest der Band in dem kleinen Zimmer. Dee trug einen Bademantel, aber die anderen waren angezogen. Joeys Klamotten sahen so zerknittert aus, als hätte er darin geschlafen.

„Hoffentlich hast du uns auch was zu bieten“, sagte er gähnend. „Ich hatte gerade einen tollen Traum, als ihr angerufen habt. Da waren diese beiden Mädchen ...“

„Joey, das interessiert niemanden“, schnitt Billy ihm das Wort ab.

„Warte, bis du den Song gehört hast“, sagte Caroline und nickte Sue zu.

Sue zupfte einen Anfangsakkord und legte los. Als sie fertig war, blieben alle reglos sitzen und sagten kein Wort.

Dann begann Billy langsam zu klatschen, und die anderen fielen ein. Joey pfiff und trampelte mit den Füßen. Mary Beths grüne Augen funkelten vor Begeisterung. Nur Dee hielt sich zurück.

Kit drückte Sues Schulter. „Das Lied ist der Hammer“, sagt er. „Wahnsinn!“

„Danke, Kit“, murmelte Sue unbehaglich. Als sie aufblickte, sah sie den dunklen Fleck auf seiner Lippe. Peinlich berührt und schuldbewusst wandte sie sich ab.

Dee starrte Kit an. „Wie hast du es denn fertig gekriegt, dich am Mund zu schneiden?“, fragte sie ihn. „Mal wieder Bierflaschen mit den Zähnen geöffnet?“

„Ich bin beim Rasieren abgerutscht“, antwortete er beiläufig und schaute dabei nicht zu Sue.

Dee sah ihn scharf an. „Du rasierst dich abends?“

„Hab’s heute Morgen nicht geschafft“, murmelte Kit und strich sich vorsichtig über die Lippe.

Dee schüttelte misstrauisch den Kopf.

„Oh, Mist“, dachte Sue unglücklich. „Dee ist wirklich hinter Kit her. Jetzt hat sie noch einen Grund mehr, mich zu hassen.“

„Ich hab eben zwei linke Hände“, seufzte Kit.

„Hey, nennen wir uns doch einfach Bad Moonlight!“, rief Caroline plötzlich. „Das ist der perfekte Name für unsere Band. Was meint ihr?“

„Klingt irgendwie unheimlich.“ Mary Beth hob eine Augenbraue und lächelte. „Aber mir gefällt’s.“

„Und was ist mit dir, Dee?“, fragte Caroline.

Dee zuckte mit den Achseln. „Als ob es irgendwen interessieren würde, was ich denke“, schnaubte sie mit finsterem Gesicht.

„Mann, das ist ja super! Wir haben einen Namen“, rief Billy. „Jetzt kann ich dem Manager des Clubs sagen, wie er euch ankündigen soll. Und wo wir gerade vom Club sprechen“, fügte er hinzu, „um halb neun ist Probe. Und zwar morgens – nicht abends. Ihr solltet jetzt besser zusehen, dass ihr eine Mütze Schlaf bekommt.“

Die anderen gingen nach draußen, und Caroline folgte ihnen. „Ich werde nochmal mit Billy darüber reden, wie du morgen nach Shadyside kommst“, flüsterte sie Sue über die Schulter hinweg zu.

Allein im Zimmer, stellte Sue ihre Gitarre weg. Sie fühlte sich immer noch nervös. Sie kletterte ins Bett und schloss die Augen. Sofort sah sie Kit vor sich, auf dessen Lippe das Blut im Mondlicht schwarz schimmerte.

„Denk an etwas anderes“, redete Sue sich gut zu. „An irgendwas anderes.“ Sie drehte sich auf die Seite und stopfte sich das Kissen unter den Kopf.

„Bad Moonlight“, murmelte sie leise vor sich hin. Seltsam. So etwas hatte sie noch nie komponiert. War der Song wirklich so toll, wie Kit gesagt hatte?

Während sie noch darüber nachdachte, fielen ihr die Augen zu.

Ein lautes Heulen durchbrach die Stille.

Sue riss die Augen auf. Hatte sie das geträumt?

Sie wartete. Hellwach. Und lauschte.

Nein. Es war kein Traum gewesen.

Sue hielt den Atem an, als wieder das schreckliche Heulen draußen vor dem Fenster erklang.

„Was ist das?“, rief sie laut. „Woher kommt dieses grässliche Geräusch?“

Fear Street 57 - Mondsüchtig

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