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Montagnachmittag

Meg legte ihr Geschichtsbuch vor sich auf den Tisch und blickte sich in dem großen Stillarbeitsraum um, in dem die Schüler unter Aufsicht ihre Hausaufgaben machen sollten. Was war das für ein Lärm dahinten? Sie stellte fest, dass es nur Steve und sein Freund David aus dem Turnerteam waren, die auf einem der Tische komische Verrenkungen machten.

Ganz vorn im Raum stand ein kleines Pult für die Aufsicht, an dem im Moment niemand saß. Mrs Frankel kam immer zu spät, sodass Steve und David genug Zeit hatten, ihre Späßchen abzuziehen.

„Hi“, sagte Sue und winkte Meg flüchtig zu, während sie zu ihrem Platz in der Reihe hinter ihr ging.

„Hi“, antwortete Meg und durchwühlte auch schon ihre Tasche nach den Einladungskarten, die sie für die Party gekauft hatte.

„Dieser blöde Mathelehrer hat immer noch nicht kapiert, dass das Schuljahr schon fast zu Ende ist“, beschwerte sich Sue. „Er hat heute Morgen noch mal mit einer ganz neuen Unterrichtseinheit angefangen. Das wäre doch wirklich nicht nötig gewesen!“

„So ’n Pech“, murmelte Meg. Eigentlich wusste sie gar nicht, wo Sues Problem lag. Sie wusste nur, dass ihre Freundin die Schule, Mathe und allgemein jede Art von Arbeit hasste. Sue kam nie in den Hausaufgabenraum, ohne über irgendwas zu meckern.

„Wie findest du die?“, fragte Meg und hielt die Packung mit den Einladungskarten hoch.

„Was ist das?“, fragte Sue, während sie dunkelroten Lippenstift auf ihren vollen Lippen verteilte.

„Einladungskarten. Für Ellens Party. – Ist das eine neue Lippenstiftfarbe?“

„Ja, die hab ich in einer Zeitschrift gesehen. Wie findest du sie?“

„Sehr … äh … auffallend.“

„Meg, bist du sicher, dass diese Party eine gute Idee ist?“ Sue ließ den Lippenstift in ihre Tasche fallen und suchte nach einem Taschentuch.

„Keine Ahnung. Ich glaube schon. Es wäre doch nett, Ellen dadurch zu zeigen, dass wir sie immer noch mögen. Schließlich waren wir drei immer die besten Freundinnen. Und Ellen war so lange mit Evan zusammen, dass sie schon fast zu eurer Familie gehört hat.“

Meg bereute ihre Worte sofort. Sue warf ihr einen bitteren Blick zu. Sie tupfte sich mit dem Taschentuch die Lippen ab und sagte keinen Ton. Erst als Meg sich schon wieder umgedreht hatte, meinte sie: „Wie willst du denn Einladungen verschicken, wenn du noch gar nicht weißt, wo die Party stattfinden soll?“

„Ich hatte eine super Idee“, sagte Meg. „Du weißt doch, dass die Firma meines Vaters gerade das alte Halsey Manor Herrenhaus saniert hat. Er meinte, wir könnten dort feiern, wenn wir versprechen, hinterher alles wieder perfekt aufzuräumen.“

„Das alte Herrenhaus im Fear-Street-Wald?“, rief Sue überrascht. „Puh! Es ist aber ganz schön unheimlich da. Warum willst du denn …“

„Das Haus ist fast komplett renoviert worden. Von innen ist es so gut wie neu. Und überleg doch mal, wie cool es ist, wenn keine Erwachsenen in der Nähe sind.“

Ohne Erwachsene zu feiern, fand Sue auch gut. Aber nicht in der Fear Street. Während sie noch protestierte, kam Mrs Frankel in den Raum und forderte alle auf, ruhig zu sein und mit den Hausaufgaben anzufangen.

Meg drehte sich wieder zu ihrem Pult um und öffnete die Packung mit den Einladungskarten. Sie begann, die erste auszufüllen. Die Gespräche über Ellen brachten eine Flut von Erinnerungen zurück. Schöne Erinnerungen. Seit sie sich in der Grundschule kennengelernt hatten, hatten sie viele aufregende und glückliche Stunden miteinander verbracht.

Doch wenn sie jetzt an Ellen dachte, wanderten ihre Gedanken unwillkürlich zu der Tragödie vom letzten Jahr zurück. Ellen und Evan waren schrecklich ineinander verliebt. Und dann war Evan von einem Moment zum anderen tot. Und alles hatte sich geändert.

Sicher, Evan konnte manchmal ganz schön verrückt sein. Eigensinnig und impulsiv wie er war, hatte er sich immer irgendwelchen Ärger eingehandelt. Aber er konnte auch sehr liebenswert sein, voller Spaß und Lebensfreude.

Sein Tod war immer noch unvorstellbar.

Meg sah sich in dem großen Raum um. So ziemlich jeder hier hatte mit dem tragischen Unfall oder mit Evan zu tun gehabt.

Sie sah von Gesicht zu Gesicht. Da war Sue, Evans Schwester. Sie schien einen Teil ihres Lebens verloren zu haben, als Evan starb. Früher hatte sie sich für alles begeistern können, war temperamentvoll und immer für einen Spaß zu haben gewesen. Evans Tod hatte dazu geführt, dass sie sich zurückzog und von ihren Freunden abkapselte. Sue schien sich dazu zu zwingen, niemanden mehr zu brauchen, damit sie durch einen Verlust nicht noch einmal so verletzt werden konnte.

Tony saß ziemlich weit hinten und schrieb eifrig etwas in ein Heft. Er und Evan waren die dicksten Freunde gewesen. Tony hatte Evan bewundert und zu ihm aufgesehen. Wegen Evans draufgängerischer Art, weil es ihm egal war, was die Leute von ihm dachten, und weil er einfach tat, worauf er Lust hatte. Tony wünschte sich, so zu sein wie Evan. Aber er hatte zu viele Komplexe, litt zu sehr darunter, nicht so viel Geld zu haben, und es war ihm viel zu wichtig, von den anderen akzeptiert zu werden. Tony hatte versucht, nach außen hin cool zu wirken, als er von Evans Tod erfahren hatte. Aber beim Begräbnis war er zusammengebrochen und hatte hemmungslos geschluchzt. Seitdem war er unberechenbar und launisch.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Raums saß ihr Cousin Brian. Mit seinem welligen blonden Haar, den blauen Augen und seinem Grübchenlächeln sah er aus wie ein Unschuldsengel. Aber Meg wusste, dass Brian ein seltsamer Typ war, der meistens für sich allein blieb. Er verbrachte den größten Teil seiner Zeit damit, Dungeons and Dragons zu spielen, mit seinem Freund Dwayne rumzuhängen und über die Krieger und Zauberer der vierten Ebene rumzufaseln. Und dafür interessierte sich Meg nicht die Bohne.

Brian und Evan waren nicht befreundet gewesen. Aber Brian war an diesem schrecklichen Tag auch im Fear-Street-Wald unterwegs gewesen. Er hörte den Schuss und kam angerannt. Hinterher erzählte er allen, er hätte Evan tot auf dem Boden gefunden, neben ihm Ellen, die nur weinte und kein einziges Wort herausbrachte.

Was hatte Brian damals allein im Fear-Street-Wald gemacht? Niemand wusste es. Aber Brian hatte sich durch Evans Tod ebenfalls verändert. Er schien sich noch mehr mit diesen seltsamen Fantasyspielen zu beschäftigen. Seine Noten, die bis dahin hervorragend gewesen waren, begannen sich zu verschlechtern.

„Ein Junge stirbt im Wald, und so viele andere Leben sind davon betroffen“, dachte Meg.

Sie wusste nicht, wen sie am meisten bemitleiden sollte. Vielleicht Ellen. Arme Ellen. Wenn sie Evan doch nur davon hätte abhalten können, in den Fear-Street-Wald zu gehen!

Es wurde gemunkelt, dass er wegen einer Wette die Nacht dort verbringen wollte. Aber mit wem hatte er gewettet? Er wollte es Ellen damals nicht verraten. „Ich brauch mal wieder ein bisschen Nervenkitzel“, sagte er, schnappte sich das Jagdgewehr seines Vaters – nur für alle Fälle – und stürmte los. Ellen bat ihn, das Gewehr nicht mitzunehmen. Doch er hörte nicht auf sie.

Sie ging nach Hause, machte sich aber entsetzlich viele Sorgen. Deswegen kehrte sie zur Fear Street zurück und suchte im Wald nach ihm. Dort hörte sie den Schuss, den tödlichen Schuss, der alles veränderte. Ellen folgte dem Knall, bis sie schließlich Evan fand, der mit dem Gesicht nach unten auf der Erde lag. Sein linker Schuh hatte sich in einer Baumwurzel verfangen.

Er war bereits tot. Offensichtlich war er über die Wurzel gestolpert, und dabei musste das Gewehr losgegangen sein.

Ein paar Minuten später tauchte Brian auf und fand die beiden. Obwohl er selbst unter Schock stand, schaffte er es, Ellen aus dem Wald zu bringen und Hilfe zu holen.

Ein tragischer Unfall. Ellen war nicht in der Lage gewesen, mit irgendjemandem darüber zu reden. Nicht einmal mit ihren besten Freunden. Kurz darauf war ihre Familie weggezogen. Und niemand hatte seitdem etwas von ihr gehört – bis jetzt.

„Vielleicht können wir alle wieder gute Freunde sein“, dachte Meg optimistisch.

„Meg! Meg!“ Eine Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

Sie sah auf. Mrs Frankel hatte sie gerufen. „Das muss ja ein wirklich spannendes Kapitel sein, das du da liest. Ich habe dich schon ein paarmal aufgerufen.“

Meg spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde. Sie wusste, dass sie jetzt knallrot anlief. „Entschuldigung.“

„Im Sekretariat liegt eine Nachricht für dich. Das hatte ich ganz vergessen, dir auszurichten.“

Meg ließ die Einladungskarten auf dem Tisch liegen und ging mit hochrotem Gesicht zur Tür. Wer hatte eine Nachricht für sie hinterlassen? Kam sie von ihren Eltern? War jemand krank geworden?

Sie machte die Tür hinter sich zu und joggte den Flur entlang. „Hi, Meg. Hast du schon gehört, dass Gary mit Krista Schluss gemacht hat?“ Das war Lisa, die auf dem Flur herumlungerte.

„’tschuldige, Lisa. Ich ruf dich nachher an“, antwortete Meg. „Ich hab’s ziemlich eilig.“ Lisa schien sich zu wundern, dass sie keine Lust hatte, sich den neuesten Klatsch anzuhören. Aber Meg lief einfach weiter zum Sekretariat.

Als sie außer Atem und mit einem nervösen Gefühl im Bauch eintrat, saß niemand am Empfangstresen. „Ist jemand hier?“, rief sie. Keine Antwort. Schließlich tauchte die Schulsekretärin aus einem der hinteren Büros auf. Sie war erstaunt, Meg dort zu sehen.

„Man hat mir gesagt, hier wäre eine Nachricht für mich“, sagte Meg.

Die Sekretärin schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. Sie sah einen Stapel rosafarbener Mitteilungszettel durch, die auf ihrem Schreibtisch lagen. „Nein. Für dich ist nichts dabei.“

„Sind Sie sicher?“, hakte Meg nach. „Mrs Frankel hat mich hierhergeschickt.“

„Tut mir leid. Da muss es sich wohl um ein Missverständnis handeln.“

„Ein Missverständnis. Ah, ja. Das wird’s wohl sein. Danke“, sagte Meg. Sie drehte sich um und verließ den Raum. Eigentlich war sie erleichtert. Denn wenn im Sekretariat eine Nachricht auf einen wartete, bedeutete das selten etwas Gutes. Aber warum hatte sie jemand dorthin bestellt, wenn es gar keine Nachricht gab?

Meg blieb bei Lisa stehen und unterhielt sich ein paar Minuten mit ihr. Sie hatte es nicht besonders eilig zurückzukommen. Jetzt würde sie sowieso nichts mehr von ihren Hausaufgaben schaffen. Und die Einladungen konnte sie auch nach der Schule schreiben.

„Was machst du heute Nachmittag?“, fragte sie Lisa. „Hast du Lust, rüberzukommen und mir ein bisschen bei den Einladungen zu helfen?“

„Ich kann nicht“, sagte Lisa, während sie einen Stift in die Luft schnipste und wieder auffing. „Wir haben ein Redaktionstreffen für die neueste Ausgabe der Schülerzeitung. Schließlich warten alle schon sehnsüchtig darauf, oder?“ – Aber ich helfe natürlich trotzdem gerne bei den Partyvorbereitungen“, fügte sie hastig hinzu.

„Ellen und ich waren nicht besonders gut befreundet, aber ich hab sie immer gemocht.“

Sie unterhielten sich noch ein paar Minuten. Dann ging Meg zurück in den Stillarbeitsraum.

Mrs Frankel sah nicht einmal auf. Sie hatte den Kopf tief über die Arbeiten gebeugt, die sie gerade korrigierte. Meg setzte sich auf ihren Platz. Sie blickte sich einen Moment im Raum um, schaute auf ihre Uhr und dann auf den Tisch.

Die Partyeinladungen!

Irgendwer hatte sie in winzige Schnipsel zerschnitten. Wer tat so was Gemeines?

Meg fuhr herum und sah Sue an. Doch die blickte nicht mal von ihrem Buch auf.

„Hey!“

Endlich bemerkte Sue sie. Sie legte einen Papierschnipsel an die Stelle, wo sie aufgehört hatte zu lesen, und klappte das Buch zu.

„Sag mal, hast du gesehen, ob jemand an meinem Pult war?“

„Nein“, flüsterte Sue, den Blick auf Mrs Frankel gerichtet. „Aber ich war auch gar nicht hier. Ich hab mir dieses Buch aus der Bibliothek geholt und bin erst vor einer Minute zurückgekommen.“

Meg schaute sie prüfend an. Natürlich hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie ihre Freundin verdächtigte. Sie wusste, dass Sue nicht besonders glücklich über die Party für Ellen war, aber so was würde sie doch nie tun, oder?

Sie wollte Sue gerade die zerschnittenen Einladungskarten zeigen, als ihr plötzlich der seltsame Anruf wieder einfiel, den sie Samstagabend bekommen hatte.

War der komische Anrufer vielleicht hier mit ihr in diesem Raum? War es Sue?

Nein. Natürlich nicht. Was für eine blöde Idee!

Aber wer war es dann?

Sie sammelte die Schnipsel der Einladungskarten ein und schmiss sie in ihre Tasche. Dann suchte sie darin nach ihrem Stift. Noch zehn Minuten bis zum Klingeln. Sie konnte ja schon mal eine Liste all der Dinge machen, die sie noch für die Party besorgen musste.

Irgendwer gähnte lautstark und alle lachten. Als Meg ihr Ringbuch öffnete, klopfte es leise an der Klassentür. Eine Mitarbeiterin der Schulverwaltung kam herein, übergab Mrs Frankel einen Notizzettel und verschwand wieder.

„Meg, komm doch bitte noch mal zu mir nach vorne“, rief Mrs Frankel kurz darauf.

Was war denn jetzt schon wieder?

Sie klappte das Ringbuch zu und ging zu Mrs Frankels Pult. „Für dich scheint noch eine Nachricht im Sekretariat zu liegen“, sagte Mrs Frankel beunruhigt.

„Sind Sie sicher?“, fragte Meg.

„Was diese Schule angeht, kann man nie sicher sein“, erwiderte sie trocken. „Aber du solltest besser mal nachschauen gehen.“

Meg flitzte zum zweiten Mal den Gang hinunter. „Vielleicht hat die Sekretärin die erste Nachricht gefunden“, dachte sie. Und tatsächlich, als sie ins Sekretariat kam, hatte die Schulsekretärin einen langen weißen Umschlag für sie. „Ich nehme an, den hat jemand für dich hinterlassen“, sagte sie. „Ich habe ihn auf dem Empfangstresen gefunden. Aber ich habe nicht gesehen, wer ihn dort hingelegt hat.“

Meg dankte ihr und nahm den Umschlag mit in den Flur. Er war fest zugeklebt, und sie brauchte eine Weile, um ihn aufzureißen. Sie zog ein weißes liniertes Stück Papier heraus und faltete es auseinander.

Die Worte darauf waren in schlampigen Blockbuchstaben mit rotem Buntstift hingeschmiert.

Meg, ich beobachte dich. Vergiss die Party! Ich will dir nicht wehtun – zwing mich nicht dazu.

Fear Street 51 - Schuldig

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