Читать книгу Perry Rhodan 2336: Das Wunder von Terra - Robert Feldhoff - Страница 6

3.

Оглавление

5. Januar 1345 NGZ

Luna Levitator kam geschlossen zum Goshun Space Port, mit einem Charterflug vom Mond zur Erde. Spielerfrauen waren nicht dabei, nach einer ehernen Regel von Altes-Eisen-Alderfarn: keine Frauen beim Turnier. Solari störte es am wenigsten, weil er ohne Beziehung war.

Sie hatten in der Vorrunde die Sahara City Rangers als Auftakt-Gegner, dann Tropical Venus City und die New London Sharks. Ein machbares Tableau, fand Solari – auch wenn Levitator in den Wett-Büros auf Platz dreißig von zweiunddreißig lag. Die richtig guten Teams wie Nordstern Terrania oder Asia Delhi warteten frühestens im Viertelfinale.

Alderfarn hatte sie im Training mehrfach zu Fuß um das halbe Mare Imbrium gehetzt, in Raum-Monturen mit Mikro-Gravitator, und Junior Solari spürte kaum noch seine Beine.

Die letzte Woche, bis das Turnier begann, stand nun Erholung auf dem Plan. Solari freute sich auf sieben Tage Regeneration im Hotel Galactic. Im Landeanflug blickte er über den von Regenschauern gepeitschten See. Weit im Südwesten verbarg sich die Solare Residenz, verdeckt von der Wetterfront. Von dort lenkte Perry Rhodan den Kampf gegen die Terminale Kolonne.

Solari schnappte seinen Beutel mit Handgepäck und sprang aus dem Shuttle. Normale Erdschwerkraft, wie in Luna City, die Atmosphäre enthielt ähnlich viel Sauerstoff, nur der Geruch war in der Hauptstadt der Menschheit anders, nicht mehr künstlich, sondern bitter-würzig. Ein öliges Gemisch aus Schwebestoffen wurde mit dem Regen aus der Luft gewaschen.

Der Tross aus Mannschaft, Trainerstab und Betreuern schob sich in den Regen. Funktionäre schleppten Ballnetze, für das unvermeidliche Empfangskomitee.

»Heute ist der letzte Regentag!«, erklärte Alderfarn, als sie durch den Regen stapften. »Ab morgen macht die Wetterkontrolle Sonnenschein, und die Temperaturen steigen. Regen gibt's nur während der Halbfinale!«

D'Accuzu rief von hinten: »Wenn wir so weit kommen, Trainer, kann's meinetwegen auch hageln!«

»Recht hat er«, kommentierte Totmacher leise. »Auch wenn er ein Großmaul ist. Auf dem Mond regnet es Meteoriten, was kümmern uns die paar Tropfen hier!«

Solari setzte sich an die Spitze. Er folgte den Bodenmarken, die den Weg zum nächsten Laufband zeigten. Goshun Space Port war vertrautes Gelände, Levitator hatte oft Punktspiele gegen Nordstern oder Solar Terrania bestritten. Unter einem transparenten Dach trugen die Bänder sie zum Hafenausgang.

Ein Rudel Presse nahm die Mannschaft in Empfang: Fliegende Kamera-Roboter umkreisten den Kader wie Bienen, und Solari hatte im selben Moment die Schlagzeile des Abends vor Augen: »Levitator im Regen nass gemacht – Mond-Touristen ohne Chance?« Major a. D. Alderfarn schob kühl eine Kamera beiseite, die seinen Blick nach vorn versperrte. Betreuer drängten die Presseleute ab, doch die Kameras blieben auf Nahkontakt.

Eine Meute Nordstern-Fans postierte sich am Ausgang, in Schach gehalten von der Polizei. Die meisten trugen scharlachrote Spielertrikots. Ihr Sprechgesang klang nicht aggressiv, sondern spöttisch: Die Underdogs vom Mond waren willkommen – als Punkte-Lieferanten. Der Levitator-Pressechef verteilte Trikots als Gastgeschenke, vor laufenden Kameras, und Totmacher donnerte ein Netz Bälle unter die Decke der Halle, die von johlenden Nordstern-Fans gefangen wurden.

Alderfarn winkte erst Morg D'Accuzu heran, dann holte er Solari dazu. »Ihr zwei nehmt die Reporter. Bleibt eine halbe Stunde und macht Entertainment. Erzählt den Leuten, dass Levitator wegen der Terminalen Kolonne zwei Wochen Trainingsausfall hatte, verstanden? Wegen der Belagerung.«

D'Accuzu schaute überrascht. »Trainingsausfall? Das wäre das erste Mal seit …«

»Sagt es genau so!«, ordnete Alderfarn an. »Stell dir vor, Morg, du hättest Training geschwänzt und brauchtest jetzt eine Ausrede. Tu so, als wäre es dir rausgerutscht! Die anderen Teams müssen nicht wissen, dass wir in Bestform nach Terrania kommen. – Wenn ihr fertig seid, kommt ins Hotel nach. Und Morg: Keine Abstecher, keinen Ausflug, oder du fliegst gleich mit dem nächsten Shuttle wieder nach Hause. In sieben Tagen geht es gegen Sahara City, die sind technisch überlegen. Wir kompensieren das mit Kraft und Kondition – wenn jeder hundert Prozent bringt.«

Alderfarn wandte sich um und blickte über die Reihen seines Kaders. »Also gut, Herrschaften, weiter geht es! Wir werden im Hotel erwartet!«

Trainer, Mannschaft und Betreuer liefen zu dem Gleiterbus, der bereitstand.

Solari tauschte finstere Blicke mit D'Accuzu, bis die Journalistenmeute sich um die zwei Spieler gesammelt hatte.

»Neun-Uhr-Nachrichten für Albion3D«, drängte ein Reporter, den Solari auf den ersten Blick nicht leiden konnte. »Du sollst ja schlecht in Tritt sein, heißt es, Junior! Bis zum ersten Gruppenspiel bleiben acht Tage. Wie will dich der Trainer in Form bringen?«

*

6. Januar 1345 NGZ

Am kommenden Morgen – die Mannschaft hatte ein leichtes Training absolviert – setzten sich Solari und Toto Ambest aus dem Hotel ab. Es war die letzte Chance für einen Ausflug, denn nach der Vorrunde war kein öffentlicher Auftritt ohne Menschenauflauf mehr denkbar. Es sei denn, sie trugen Biomasken.

Das Personal schleuste sie durch den Hintereingang, vorbei an Fans und Journalisten, die den Eingang belagerten. Selbst ein Team vom Mond hatte in der Großstadt Tausende Anhänger, nicht gerechnet die Schlachtenbummler aus Luna City, die mit einem Charter-Raumer in der Nacht auf dem Crest Space Port gelandet waren. Hotel Galactic lag im Atlan Village, nicht weit entfernt vom Magellan-Stadion, in dem das Eröffnungsspiel stattfand.

Solari und Ambest trugen Sonnenbrillen, bei strahlend blauem Himmel. In Freizeitkleidung streiften sie durch die Straßen des Village, unerkannt, obwohl Totmachers Charakterschädel eigentlich nicht zu übersehen war. Fünfhundert Meter vom Hotel war Fußball kein Thema mehr.

Sie wählten ein Straßencafé, tranken Saft und sahen dem Strom der Passanten zu. Es war kühl, aber in der Sonne auszuhalten. Eine Atmosphäre von Bedrücktheit umfing sie, zuerst kaum merklich, dann so fassbar wie die Gespräche, die sie hörten. Menschen warfen beklommene Blicke zum Himmel. Auch wenn man den Kristallschirm, der das System umgab, bei Tag nicht sehen konnte. Auch wenn es keine aktuelle Auskunft gab, was mit den Traitanks der Kolonne geschah.

Solari hob sein Kom-Armband ans Ohr und rief Nachrichten ab: »… tagt Rhodan seit dem Vortag mit dem Krisenstab an Bord von PRAETORIA. Der Aufmarsch der Traitanks außerhalb des Solsystems ist vorerst zum Stillstand gekommen. Weitere Flottenaufmärsche können jedoch nicht ausgeschlossen werden, melden informierte …«

»Irgendwas über die Meisterschaft?«, fragte Ambest von der Seite.

»Nur das Übliche.«

Solari winkte einem Kellner zum Zahlen. Seit dem Hyperimpedanz-Schock von 1331 NGZ, der alle Syntrons unbrauchbar gemacht hatte, kassierten Menschen wieder persönlich und nicht mehr irgendwelche Maschinen. Zumindest hier, im Touristenzentrum.

Ein mehrfacher Donnerknall tönte plötzlich von Osten: Niemand erschrak, außer Ambest und Solari. Menschen auf der Straße legten die Hände über die Augen, schaulustig, als Schutz gegen das Sonnenlicht. Hinter einem Glasturm tauchte eine Staffel von sieben Flugobjekten auf, die in Keilformation über das Atlan Village zogen. Die Maschinen sahen aus wie historische Jagdflugzeuge, mit gewaltigen Lufteinlässen an den markierten Schnauzen, mit Stummelflügeln und offenen Cockpits.

»Wow!«, machte Toto Ambest. »Was für ein Krawall! Wer genehmigt so was?«

»Keinen Schimmer«, antwortete Solari, den Kopf in den Nacken gelegt.

Die Flugobjekte zogen holografierte Werbebanden hinter sich: Freitag, 11. Januar 1345 – Magellan-Stadion Terrania – Roter Sand Mars-Port VS. Sydney Kangorooh

»Das sind die Terrania Lunatics!«, kämpfte eine Stimme gegen den Lärm. Solari blickte zur Seite und sah den Kellner, den er eben gerufen hatte. »Studenten von der Universität Terrania, die promoten in der Stadt die Meisterschaft! Ein Höllenlärm, aber warum nicht, die Leute lieben es. Rhodan ist der Schirmherr, nicht wahr? Dann wollen wir für unser Geld was sehen! Momentan sind die Flieger die Attraktion im Village. Sie proben über dem Stadion, und dann kommen sie zurück zur Universität, weil sie da ihre Werkstatt haben. – Es heißt, dass die Lunatics ihr volles Programm nur beim Auftakt und beim Endspiel fliegen.«

Junior Solari sah die Blicke der Menschen, platt gedrückte Nasen an den Scheiben des Glasturms gegenüber, und die Bedrücktheit wich für Sekunden kindlichem Staunen.

»Moment mal«, warf der Kellner plötzlich ein, die Augen schmal wie Schlitze, »euch beide kenne ich! Aus dem Trivid, richtig? Ihr seid Fußballer!« Er schnippte mit den Fingern und blickte aufgeregt. »Ich seh mir jedes Spiel im Trivid an, wir haben sogar Karten fürs Endspiel, und verflucht nochmal, die waren schwer zu kriegen! – Ihr seid von Asia Delhi, stimmt's? Tolles Spiel neulich im Himalaja …«

Einer der Lunatics-Piloten legte seine Maschine auf die Seite, donnerte im Messerflug über die Straße und winkte mit ausgestrecktem Arm. Eine alte, primitive Fliegerbrille schützte seine Augen.

Der Kellner schrie: »Krieg ich Autogramme?«

Solaris Blick folgte der Maschine, bis sie hinter den Türmen der Stadt nicht mehr zu sehen war. »Klar! Aber zuerst zahlen wir mal!«

*

Nachmittags war Training, auf einem Platz hinter dem Galactic-Komplex, den das Hotel eigens für Luna Levitator als Fußballfeld hatte richten lassen. Der Rasen war kein stumpfes Kunstprodukt, sondern echt – gut fürs Ballgefühl, weil auch in den Stadien echter Rasen lag. Trainer Alderfarn ließ die Mannschaft aufwärmen und stretchen; der Schwerpunkt lag auf Übungen für Schnellkraft. Keine große Sache also.

Solaris Form wurde täglich besser. Er war verletzungsfrei, hatte in den Testspielen mal auf dem Platz gestanden, mal nicht. Doch die Zeit arbeitete für ihn. Junior Solari gehörte in die Mannschaft, denn ein Team, das aus Kämpfern und Arbeitern bestand, brauchte einen Künstler, sonst war es seelenlos, und Solari verließ sich darauf, dass Alderfarn das ebenfalls wusste. Alderfarn hatte den Titel vor vier Jahren geholt, und er hatte Levitator dieses Jahr in die Endrunde gebracht. Wenn jemand vom Fußball Ahnung hatte, dann der Major.

Nach Trainingsschluss maß ein Medo-Rob die Körperwerte.

Alderfarn ließ den Kader antreten. Mit tief gerunzelter Stirn äugte er von einem zum anderen, ohne Worte, und studierte den Ergebnisbogen. Solari wartete neben Toto Ambest, die Flasche Elektrolytsaft in der Hand, und erwischte sich, wie er nervös von einem Fuß auf den anderen trat.

»Und?«, drängte D'Accuzu schließlich, als er die Spannung nicht mehr aushielt. »Wie steht mein Wert?«

»Du solltest nach dem Durchschnittswert der Mannschaft fragen«, rückte Alderfarn zurecht. »Auf dem Platz spielen zehn, nicht einer.«

»Wenn mir in der achtzigsten Minute die Lunge wegfliegt, Trainer, bin ich damit auch allein.«

Alderfarn blickte auf seine Folie. »Also gut: Du liegst an Position eins, Morg. Hinter dir ist Totmacher, eure Werte sind praktisch identisch, Totmacher ist ein paar Kilo schwerer. Dann klafft eine Lücke. Aber keine Sorge, unser erstes Vorrundenspiel ist am Samstag, bis dahin tut sich noch was. Luft für hundert Minuten hat bei uns jeder.«

»Auch für 'ne Verlängerung?«

Solari registrierte, dass Alderfarn zögerte. »Verlängerung ist Kopfsache. Daran kannst du nichts ändern, das kann man nicht messen.«

Morg D'Accuzu drehte sich aufreizend langsam – bis er direkt auf Solari blickte. »Was ist mit unserem Genius? Wie lange hält der durch?«

Alderfarn musterte seine Nummer sechs mit der Kälte eines Generals, bis D'Accuzu nervös wurde und zu Boden blickte. »Junior liegt im unteren Mittelfeld. Er ist kein Grätscher und kein Renner. Für seine Art Spiel sind alle Voraussetzungen da. Wenn er spielt, ist er bestens …«

Hoch über den Köpfen lohte mit einem Mal ein Lichteffekt, bei Tageslicht heller als die Sonne. Alderfarn stockte mitten im Satz, Totmacher zuckte zusammen und fuhr herum. Solari suchte mit Herzklopfen den Himmel ab – und stellte fest, dass die Ursache irgendwo beim Handelshafen Point Surfat lag. Ein startendes Raumschiff mit ungewöhnlicher Triebwerkstechnik. Nicht die Terminale Kolonne.

»Zwei Stunden trainingsfrei, Herrschaften!«, verkündete Alderfarn. »Heute Abend pünktliches Erscheinen, wir bestreiten ein Testspiel! Morg, das gilt auch für dich!«

*

Das Spiel gegen den Fünftligisten, der Monggon FC hieß, begann kurz vor Sonnenuntergang. Albion3D und andere Sender filmten für die Morgenmagazine. Auf den Rängen froren tausend Zuschauer; die meisten waren Levitator-Fans vom Mond, und sie hatten ihren Schlachtruf mitgebracht: »Kämpfen, Junior, kämpfen!« Einer wie Totmacher hätte die Typen einzeln rausgegriffen und vertrimmt, wie es sich gehörte. Solari blieb nichts übrig, als wegzuhören.

Die Monggon-Verteidiger standen fix wie Fahnenstangen. Solari spielte, wie er wollte, aber Solari war für Insider ein Star, und keiner der Monggon-Spieler versuchte, in seine Knochen zu treten; was auch gesünder war, solange Totmacher Ambest mit ihm auf dem Platz stand.

Mit acht zu null gingen sie vom Feld. Als das Flutlicht erlosch, sah Solari zum Himmel auf: Die Sterne fehlten, weil der Kristallschirm das Licht der Galaxis nicht passieren ließ. Stattdessen überspannte ein düsteres Glimmen die Nachtseite der Erde. Die hellen Punkte, die über den Horizont zogen, waren Kugelraumer auf Patrouille, gewaltige Einheiten der ENTDECKER-Klasse. Terras Flotte zeigte sich.

Sie schenkten die Trikots an ihre Gegenspieler und duschten in den Kabinen des Monggon FC. Solari wurde mit Totmacher und Alderfarn zur Pressekonferenz geladen. Im Vereinsbistro war eine Bühne aufgestellt, vier Stühle und ein Tisch mit Akustik-Set. Der Pressechef des Levitator führte sie zu ihren Plätzen.

Die Journalisten saßen schon. Zwei Dutzend – unglaublich, für ein Trainingsspiel in Monggon! –, teils mit Kamerateam, ein Aufwand, den Solari für maßlos überzogen hielt. Die Meisterschaft trieb Blüten. Je gedrückter das Befinden unter Belagerung, desto schriller der Medien-Hype.

»Ich grüße euch zur Levitator-Pressekonferenz«, sprach der Pressechef in ein unsichtbares Feld, das seine Worte aufnahm und verstärkte. »Wir haben ein nettes Spiel gesehen, einen sportlich fairen Gegner, wir bedanken uns beim Monggon FC für die Aufnahme und für das Bistro. Die anwesenden Damen und Herren der Presse werden nun gebeten, ihre Fragen …«

Pressefragen waren stets dieselben. Solari wünschte sich ins Galactic zurück, zu Niederschwerkraft-Pool, Sauna und Zimmer-Ruhe – bis er in zweiter Reihe die Journalistin bemerkte. Sie war eine Göttin mit kastanienbraunem Haar, samtbrauner Haut und strahlend blauen Augen. Die objektiv zu lange Nase zog Solari an wie Honig einen Bären. Eine Strähne fiel in ihr Gesicht, während sie Notizen auf einen Block Folie kritzelte. Solari sah ihr dabei zu. Der Kerl neben ihr schien kein Ehemann oder Freund zu sein, sondern lenkte per Funk die Holo-Kameras. Ihre Kleidung war ein dunkles Kostüm mit einem Cape aus Segeltuch. Ihr Gesicht wirkte intelligent, es war das Gesicht einer Frau mit Selbstbewusstsein, nicht ebenmäßig, sondern ein Charakter.

Als sie aufsah, begegneten sich ihre Blicke. Solari schaute rasch zur Seite, und er schämte sich, weil er sich hatte erwischen lassen. Trotzdem achtete er nur auf sie.

Schließlich gab sie Handzeichen. Der Pressechef rief: »Bitte, die Dame in der zweiten Reihe …«

Ihr Blick ging an Solari vorbei zum Trainer. »Catalina Tampa, Albion3D«, begann sie. »Major Alderfarn, vor vier Jahren holte Nordstern Terrania die Meisterschaft. Du bist daraufhin zum Mond, nach Luna City, und kommst mit einem Außenseiter-Team zurück. Die Wetten stehen schlecht. Dazu tragen die Gerüchte der letzten Tage bei – Levitator sei schlecht in Form, heißt es. Denkt ein Trainer dennoch an den Titelgewinn? Träumt ein Trainer?«

Solari registrierte mit Staunen, dass Alderfarn geschmeichelt war. Major – obwohl es streng genommen Major a. D. hieß, Major außer Dienst.

»Eine gute Frage«, überlegte Alderfarn. »Ein Team, das sich für die Endrunde qualifiziert, kommt mit derselben Chance wie jedes andere. Umfragen schießen keine Tore. Wettquoten verhindern keine. Ich schicke eine Mannschaft auf den Platz, die gewinnen kann, egal gegen welchen Gegner. Um die Frage zu beantworten: Ja, ich denke an den Titel. Ich plane bis zum Endspiel im Stadion der Sterne. Träumen dürfen meine Spieler.«

Freundliches Gelächter.

»TTC-Trivid!«, unterbrach die nächste Stimme. »Man weiß, dass Levitator den heißen Teil der Vorbereitung im Mare Imbrium absolviert hat. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit! Nun hören wir Gerüchte, es habe stattdessen zwei Wochen Trainingsausfall gegeben, wegen der Blockade der Kolonne. Es heißt, die halbe Mannschaft habe sich in die Bunkerbuchten nach Terra begeben.«

Alderfarn starrte maskenhaft. »Ich kommentiere das nicht. Wieso sollte die Blockade zu Trainingsausfall führen? Bunkerbuchten gibt es auch auf Luna.«

»Also kein Dementi?«

»Keinen Kommentar. Das ist ein Unterschied.«

Catalina Tampa rief: »Nochmal für Albion3D, diesmal an Junior Scholari …«

»Solari!«, korrigierte der Pressechef.

»Solari, selbstverständlich. Weitere Gerüchte sind über deine Verfassung im Umlauf. Der Sportteil der News schreibt von Knieproblemen. Was ist dran? Sehen wir dich Samstag auf dem Platz, oder schont man dich für die Zwischenrunde?«

Solari spielte Alderfarns Spiel mit: »Selbstverständlich bin ich dabei. Die Sache mit dem Knie ist problematisch, klar, obwohl mir aus der Vorbereitung Zeit fehlt. Trotzdem hoffe ich, gegen die Sahara City Rangers reicht es. Zumindest eine Halbzeit.«

»Und auf welchen Spieler im Turnier gibt der Profi besonders Acht?«

Solari lachte. »Auf die Levitator-Spieler natürlich! Aber im Ernst, der Star wird diesmal Van Zeldern sein, der Spielmacher von Nordstern Terrania. Der mit den Sternenschuhen, falls ihr davon gehört habt.«

Der Rest der Fragen galt Ambest: Die Journaille titulierte ihn offen als »Totmacher«, und Solari konnte sich ausrechnen, dass der Spitzname Stoff für Schlagzeilen liefern würde, sobald das Turnier im Gang war. Ambest mit seinem Kahlkopf, vorzugsweise verschrammt, gab ein prima Motiv ab. Solari erinnerte sich an Fotos mit Biomol-Verband und Blut, kurz nach Abpfiff eines Matches, und an die Schlagzeile: »Totmacher überlebt Attentat!«

Dann gingen die Fragen aus.

Der Pressechef rief: »Luna Levitator hat einen Imbiss vorbereiten lassen, an dem die Spieler Ambest und Solari als Delegation der Mannschaft teilnehmen. Die Damen und Herren Journalisten sind eingeladen. Major Alderfarn lässt sich entschuldigen, er wird im Hotel erwartet. Wenn ich bitten darf, die Snacks stehen bereit.«

Solari sah überrascht zum Trainer, und Alderfarn nickte unmerklich. Für Solari und Totmacher hieß das, der Abend war frei. Bis auf diesen Imbiss.

Er vermerkte, dass sich Catalina Tampa plus Techniker in die Schlange am Buffet reihten.

*

Totmacher schaufelte sich den Teller voll Zeug, das unter Garantie den Diätplan sprengte. Ein lärmender Pulk sammelte sich um ihn, Fragen und Antworten flogen hin und her. Fehlte nur noch Bier. Reporter trugen aber gern Augenlinsen-Kameras, die Fotos wären durch die Presse gegangen, und das wusste Ambest.

Solari blieb abseits. Er wählte Sushi, Salat und Pasta, nahm seinen Mut zusammen, drängte weg vom Buffet und stellte sich an den Tisch, wo Catalina Tampa und ihr Techniker saßen.

»Verzeihung, ist hier frei?«

Der Techniker hob erschrocken die Brauen, sagte aber nichts.

Tampa deutete auf den Platz gegenüber. »Bitte. Wir dachten, die Prominenz hat Extraplätze.«

Solari setzte sich. Er sog diskret die Luft ein und roch ihr Parfüm, eine unauffällige Note, die an Orangen erinnerte. »Wahrscheinlich gibt's wirklich einen Extratisch, auch wenn wir uns über die Sache mit der Prominenz streiten könnten. Aber welchen Sinn macht es, uns hier abzuladen, und dann reden wir nur mit dem Pressechef?«

Sie blickte aufmerksam und lachte. »Also dann … Wie war nochmal die Sache mit dem Knie und der Verletzung?«

Solari grinste dünn. »Der Trainer scheint mich für brauchbar zu halten, sonst hätte er jemand anders mit zum Turnier genommen.«

»Ist das ein offizielles Dementi?«

»Welche Geschichte ist denn die bessere?«

»Die mit der Verletzung«, entschied sie.

»Dann bleiben wir dabei.«

Catalina Tampa kritzelte auf den Folienblock, den sie vor sich liegen hatte. Keine Notizen, wie Solari im ersten Moment befürchtet hatte, sondern sie malte vor sich hin, während sie mit ihm sprach.

Solari leerte seinen Teller. Er holte Tee und Sushi nach, weil sein Mund trocken wurde, und als er wieder bei Catalina Tampa saß, stand der Techniker auf, entschuldigte sich mit »Terminen« und verschwand.

Solari wusste, dass das seine Chance war, dass er jetzt reden musste. Obwohl er mit den Füßen besser war als mit dem Mund.

»Albion3D, habe ich das richtig im Kopf?«, fragte er schnell, bevor das Schweigen peinlich wurde.

»Genau richtig. Im Moment ist das der größte Sender im System. Müsste man eigentlich auch auf dem Mond empfangen können.« Sie lächelte amüsiert, so als wisse sie genau, dass er eigentlich um ihre Interkom-Nummer bitten wollte.

»Das ist auch so. Nur dass ich dich da noch nie gesehen habe.«

»Ich stehe ja nicht vor der Kamera. Ich mache Berichte. Zum Beispiel über Fußballspieler. Und über alles andere, was eben so anfällt, man muss in meinem Job flexibel interessiert sein.«

»Tja … Ich weiß eigentlich nur über Fußballspielen richtig Bescheid. Jetzt bin ich zum zwanzigsten Mal in Terrania, und ich habe nichts erlebt außer Hotels und Stadien. Ziemlich traurig, stimmt's?«

»Ziemlich. Du hast noch nie die Residenz gesehen?«

»Nicht einmal von weitem.«

»Aldebaran Area? – Crest Lake City? – Das Ellert-Mausoleum? – Happytown?«

Solari schüttelte für jede Frage den Kopf.

Sie lächelte wieder, und der Ausdruck in ihren Augen bereitete ihm Herzklopfen. »Hör zu, Junior, es hat mich gefreut, aber wir haben gleich Redaktionskonferenz. Ich muss leider los.« Tampa erhob sich, fingerte in ihrer Tasche und brachte eine Visitenkarte zum Vorschein, Speicherkristall auf Karton. »Falls du mal wieder in der Stadt bist oder falls eure Mannschaft früh aus dem Turnier fliegt … Nicht, dass ich euch das wünsche, aber dann rufst du mich einfach an, und ich zeige dir unsere Stadt.«

»Danke.« Verblüfft nahm er die Karte und schob sie in seine Tasche.

Sie zwinkerte mit den Augen – und verschwand Richtung Ausgang, nicht ohne ein letztes Winken.

Junior Solari sah unschlüssig zur Tür, die mit einem schnappenden Geräusch zufuhr, dann zum Buffet. Schließlich erhob er sich, räumte sein Geschirr ab und drängte in die Traube der Journalisten.

»Toto, wir müssen los!«, bestimmte er.

»Wohin?«

»Ins Hotel. Man nennt das Regeneration. Und wir haben Trainingsrückstand.«

Ambest zuckte die Achseln und machte sich frei.

Sie verließen das Stadion und riefen ihr Gleiter-Taxi. »Gut gemacht, Kleiner, tut mir Leid, aber mit denen hätte ich noch ewig gestanden. Jetzt kann's losgehen!«

»Nein. Ich will wirklich ins Galactic.«

»Bitte was?«

»Ins Hotel. Wir haben Samstag ein Spiel, und wir wissen beide, dass ich auf der Kippe stehe. Alderfarn verlässt sich darauf, dass wir zwei vernünftig sind. Deshalb hat er uns mitgenommen und nicht D'Accuzu.«

Eine tropfenförmige Kontur schwebte heran, ein Taxigleiter mit dem Werbe-Logo der Solaren Meisterschaft. Vor ihren Füßen ging die Maschine nieder und verhielt in Kniehöhe. Sie stiegen durch die geöffneten Schotten.

»Was ist mit dir bloß?«, schimpfte Ambest. »Wir haben quasi von oben verordnet frei, und du willst ins Hotel. Wenn du plötzlich schlechte Laune hast, lass das nicht an mir aus. Ich dachte, wir setzen uns noch irgendwo ins Village, nehmen ein Bierchen auf den Weg …«

»Keinen Alkohol. Ich bin Sportler.«

»Ich auch, na und? Okay, Vorschlag zur Güte: An der Waringer-Akademie geben die Terrania Lunatics heute Abend eine Flugshow. Dann sehen wir uns die doch an! Meinetwegen ohne Bier.«

»Toto, bitte. Ich muss hier raus und nachdenken.«

Ambest lachte boshaft. »Worüber? Du denkst beim Fußballspielen sowieso zu viel. Spielverderber.«

*

Solari knallte seine Jacke auf das Bett, schenkte sich Saft ein und trank dann doch nicht. Er aktivierte den Trivid-Projektor und wählte Albion3D: Nachrichten über den Belagerungszustand des Systems; vermeintliche Experten spekulierten über die Feuerkraft der Traitanks, Sensationen heischend, Ängste schürend.

Das Zimmer wurde ihm zu eng, doch wohin sollte er? Solari trat auf den Balkon, die Luft war kühl, der Blick über die Stadt Terrania atemberaubend. Am Himmel fehlten immer noch die Lichter. Früher hatten verliebte Männer ihrer Geliebten den Sternenhimmel erklärt. Solari fragte sich, was Paare heute taten.

Im selben Moment tönten schrille Worte von hinten.

Solari wurde bewusst, dass das Schreien vom laufenden Trivid-Projektor stammte: »… Zuschauer, dies ist live, ich wiederhole, dies ist live! Albion3D auf Sendung, direkt von der Front des Solsystems! Der entscheidende Angriff scheint unmittelbar …«

Solari sprang ins Zimmer zurück, mit einem Mal fassungslos, und starrte auf das Hologramm.

Der Kristallschirm glitzerte in Blau und Weiß. In den Hintergrund geblendet schwebten die Elemente PRAETORIAS, ein riesiger Stützpunkt im Raum, jetzt geteilt in seine 116 Würfelschiffe, jedes halb so groß wie der Mount Everest. Dahinter gestaffelt die Kugelraumer der Heimatflotte Sol.

Ein flackernder Effekt lief über die Schirm-Innenseite.

»… eröffnen in diesem Moment …«

Mitten in der Fläche aus Licht entstand ein dunkler, schwärender Fleck.

Perry Rhodan 2336: Das Wunder von Terra

Подняться наверх