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6./7. Januar 1345 NGZ, PRAETORIA

Perry Rhodan folgte dem Geschehen aus der Kernzelle von PRAETORIA.

Von der Sorge, die ihn beherrschte, ließ er sich nichts anmerken. Nach außen hin verkaufte er Zuversicht. Der Kristallschirm wurde permanent verbessert, mit Hilfe des Hyperkristalls Salkrit, das von der Charon-Wolke ins Solsystem gelangte. Und auf der Isla Bartolomé, einem Teil der Galapagos-Inseln, hatte der Nukleus der Monochrom-Mutanten Position bezogen – ein mächtiger Helfer, der den Schirm von innen stützte.

Ohne Salkrit und ohne den Nukleus Terra wäre längst Geschichte. So aber ging das Leben weiter. Solange die Menschheit existierte, hatten sie ihre Chance.

Die Zahl der Traitanks, die das Solsystem belagerten, stieg auf viertausend und weiter. Rhodan wusste, dass die Truppenstärke TRAITORS in der Milchstraße begrenzt war. Fragte sich, weshalb die Gegenseite so lange Zeit so viele Einheiten ohne Wirkung band. Vermutlich, überlegte Rhodan, um die Kapitulation des Solsystems zu erzwingen. Um die Menschheit in die Knie zu drücken. Wer lange genug den Tod vor Augen hatte, beugte vielleicht schließlich das Haupt.

Am Abend des 6. Januar stoppten sämtliche Blockade-Flüge rings um das Solsystem. Die Einheiten der Terminalen Kolonne strebten auf einen Sammelpunkt zu, dreieinhalb Lichtminuten von der Außenfläche des Schirms entfernt. Der Sammelpunkt lag gegenüber der Erde.

Rhodan ließ die Lage als Taktisches Hologramm vor seinen Sitz projizieren. »Heimatflotte Sol in Alarm versetzen!«, kommandierte er. »Sämtliche Einheiten werden als Abfang-Formation stationiert. PRAETORIA vollständig auf Kurs bringen!«

»Vollalarm für die Planeten?«, fragte Oberstleutnant Pasteur.

Rhodan dachte darüber nach. »Nein. Wir verschleudern nicht jedes Mal Milliarden Galax, wenn die Gegenseite ein Manöver fliegt.«

Die Schiffe der terranischen Flotte, PRAETORIA eingeschlossen, nahmen Kurs auf neue Positionen.

Um zwanzig Uhr Ortszeit Terrania eröffneten 484 Traitanks von über viertausend das Feuer auf den Schirm.

Lichtlose Flicken mischten sich ins Strahlen des Kristallschirms. Ein Phänomen wie eine Blitzentladung zuckte, Millionen Kilometer lang. Rhodan gruppierte seine Flotte als Halbkugel um den angegriffenen Sektor. Tat sich eine Lücke auf, standen sämtliche Einheiten in Geschützreichweite. Die gesammelte Feuerkraft vermochte nicht einen Traitank abzuschießen, das wusste Rhodan – es sei denn, die Einheit brach beschädigt durch. Doch alles war besser, als den Kampf nicht aufzunehmen.

»Messergebnisse!«, forderte er.

Das Taktische Hologramm erlosch. Stattdessen blickte Rhodan auf die Messdaten der Abteilung Ortung.

So gefährlich der Anblick von außen wirkte, so undramatisch war die objektive Sicht: Der Kristallschirm stand. Die Struktur war nicht im Ansatz gefährdet.

Nach zehn Minuten Dauerlast stellten die 484 Traitanks das Feuer ein. Der Verband jenseits des Schirms zerstreute sich in Minuten.

»Was sollte das jetzt?«, fragte Oberstleutnant Pasteur nach einer Weile.

»Die Kolonne weiß, dass wir den Kristallschirm ständig verbessern. Sie wollten Messergebnisse, mit welcher Stärke wir derzeit arbeiten. Oder ob es physikalische Veränderungen gibt.«

»Wenn es nur um Messungen geht«, meinte Pasteur irritiert, »wieso beordern sie dann alle viertausend Schiffe an den Sammelpunkt?«

»Psychologie. Sie erzeugen Druck, weil sie hoffen, dass wir endlich Fehler begehen.«

»Aber das …«

»… werden wir nicht, nein.«

Perry Rhodan straffte sich und lächelte rätselhaft. Seine Rolle blieb dieselbe: Zuversicht verkaufen, den Glauben nähren, dass es eine Lösung gab.

*

Auf der Isla Bartolomé, dem Sitz des Nukleus der Monochrom-Mutanten, herrschte früher Abend.

Marc London hatte aus dem Kreuzer HOPE einen Trivid-Projektor ins Freie gebracht. London war kein echter Fußballfan, doch die Stunden währenden Vorberichte aus Terrania erfüllten ihn mit Begeisterung. Welche Freuden gab es sonst?

Am Trivid vorbei hatte er den Pinnacle Rock im Blick, die nadelförmige Erhebung am Ende der Halbmondbucht. An den Schotterhängen des Pinnacle Rock schwebte ein zwei Meter durchmessender Ball aus gelblich weißem Licht, der Nukleus der Monochrom-Mutanten. Jene körperlose Geistesmacht, der die Menschheit dieser Tage ihre Existenz verdankte.

Am Nukleus tat sich nichts. Aber das war normal.

Für den unbedarften Blick lag die Galapagos-Inselgruppe unberührt da, in Wahrheit sicherten Space-Jets weiträumig das Areal. Eine Glocke aus ENTDECKERN Typ II kontrollierte den Luftraum. Die am weitesten vorgeschobene Einheit schwebte stationär über dem Archipel; London musste nur aufblicken, und die gewaltige Kugel verdeckte mit der zehnfachen subjektiven Größe eines Vollmonds den Himmel über Galapagos. Das Kommando über die Truppen trug Mondra Diamond, eine Exagentin aus Perry Rhodans Umfeld.

TTC übertrug eben die tägliche Pressekonferenz von Nordstern Terrania, unterhaltsam, aber flach – als London einen fahlen Blitz vom Pinnacle Rock gewahrte. Nein, nicht vom Felsen, erkannte er, sondern vom Nukleus.

Marc London war sicher, dass die Kugel einen Blitz abgegeben hatte.

Warum? Weil irgendetwas geschehen war.

London schaltete den Projektor auf das Bordsystem der HOPE um, und er sah mit an, wie am Kristallschirm des Systems der Angriff der 484 Traitanks im Sand verlief.

London dachte an den Blitz.

Nach wenigen Minuten näherte sich vom Pinnacle Rock die Gestalt einer jungen Frau. Es war Fawn Suzuke, Londons Freundin, die einzige Frau, die in der Lage war, mit dem Nukleus zu kommunizieren.

Fawn blieb bei London stehen, und sie sah aus, als habe sie ein Gespenst erblickt. Was in gewisser Weise auch stimmen konnte, denn wer wusste schon genau, was das bedeutete, eine körperlose Geistesmacht.

»Der Nukleus hat zu mir gesprochen«, sagte sie dumpf. »Es darf nicht unbegrenzt so weitergehen. Sonst werden die Kräfte des Nukleus irgendwann erschöpft sein.«

»Was heißt irgendwann?«

Fawn Suzuke zuckte mit den Schultern.

»Hat der Nukleus überhaupt eingegriffen?«

»Nein, aber er war bereit, und allein das hält ihn ab, seiner eigentlichen Bestimmung zu folgen.«

»Die wäre?«

Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Liebster«, wisperte sie in sein Ohr, »und wenn ich es wüsste, ich würde es keinem Wesen verraten.«

Perry Rhodan 2336: Das Wunder von Terra

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