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Die Verleihung
Оглавление„Ein unglaublicher sonniger Tag und passend zu dem aufregendsten Ereignis des Jahres“. Die Reporterin im Fernsehen lächelte breit in die Kamera, während im Hintergrund der geschmückte Veranstaltungsort, in seiner vollen Pracht, alles in dieser Straße übertraf. Es war wieder soweit und der Großteil der Welt machte nichts Anderes als in allen Nachrichten, Zeitungen und Onlineforen darüber zu diskutieren wer welches Kleid tragen und wer mit wem da sein würde. Im Laufe der Zeit ist die Preisverleihung zum Volksfest geworden, welches jedem Menschen auf dieser Welt zur Verfügung stand. Allein das Internet wurde in den Tagen derart von Bildern und Gerüchten überflutet, dass in den Onlineredaktionen rund um die Uhr gearbeitet werden musste. Nichts war den Menschen wichtiger als die Schönen und Reichen, die Berühmten unserer Zeit und all ihr Handeln. Wer kaufte sich was bei wem und was würde es kosten? Das sind alles Dinge die Peter nicht verstehen konnte. Ein müdes Kopfschütteln, mehr nicht. Während er in der Straßenbahn stand und mit anhören musste wie zwei junge Frauen sich darüber unterhielten, wer wohl der heißeste Typ auf dem roten Teppich sein würde. „Also ich finde ja den Glenn echt süß, der hat so tolle Augen“. Sagte die Eine und ihre Freundin gab Antwort darauf. „Das war ja klar, du stehst ja immer auf diese Schönlinge aber vergisst dabei, dass der Gute mit der schönsten und begehrtesten Frau der Welt zusammen ist“. “Ach, das ist doch auch nur eine blöde Zicke! Die hat doch auch schon alles und jeden im Bett gehabt“. Mit diesem Satz und einem höhnischen Lächeln beendeten die beiden Frauen ihr Gespräch und stiegen aus. Peter atmete gut und tief durch, er griff mit der freien Hand wieder nach seiner Zeitung. Stellenangebote zu blättern war eigentlich nicht sein Ding, was aber sollte er machen. Er musste sich eine neue Arbeit suchen. Seine letzte Anstellung ist diversen Kürzungen zum Opfer gefallen und so blieben, bei der derzeitigen Lage, die Möglichkeiten eher klein. Stellenabbau um das Unternehmen zu retten. Innerlich musste er dann doch darüber lachen. Vor allem wem man bedenkt, dass sein Abteilungsleiter einen Firmenwagen fuhr der sicherlich mehr als zweckmäßig war. Nun da er einer derjenigen Leute war, die weder verheiratet waren noch ein Kind hatten, war sein Name natürlich oben auf der Liste der zu entlassenen Leute. Dazu kam das er nicht wirklich Freunde hatte, an der richtigen oder notwendigen Position innerhalb des Unternehmens. Sein Leben war aber nicht immer so. Es gab zuvor eine Zeit in der er, so glaubte er es damals, alles hatte was man sich nur wünschen kann. Eine Frau, ein Auto, eine Zukunft und die Aussicht auf eine große Karriere. Es ist schon erstaunlich wie schnell alles in tausend kleine Stücke zerbrechen kann. Jetzt war er arbeitslos, geschieden und wohnte in einer mittelgroßen Wohnung in der Stadt. Sein Fahrzeug musste er verkaufen und dass meiste was er besaß ist feilgeboten worden, um die Schulden und Rechnungen zu bezahlen. Dennoch war er nicht in ein tiefes schwarzes Loch gefallen. Nein, er hatte sich fest vorgenommen alles wieder zu regeln und weiter zu machen. Das Einzige was er ganz sicher nicht wollte, war eine Frau. Irgendwie war ihm nach der bitteren Erfahrung nicht danach, sich wieder in eine anstrengende Beziehung zu begeben.
Derweil in Übersee:
„Eine eigene Familie“. Sagte Caroline während die beiden sich fertig machten. Sie saß vor dem Spiegel im Schlafzimmer und war dabei sich herzurichten, während ihr Freund durch die Fernsehkanäle flog und abwesend antwortete. „Was ist mit Familie“? Caroline drehte sich auf dem Stuhl um und wiederholte Ihre Worte. „Ich spreche davon, dass wir eine Familie gründen, unsere eigene Familie. Du, ich, ein Kind“, schloss sie ihren Satz und wartete auf eine Antwort. Glenn starrte immer noch auf den Bildschirm und alles was von ihm kam war keine Antwort für sie. „Der Wahnsinn, dieses Jahr haben die sich selbst übertroffen. Seitdem die Veranstalter das Ereignis im Internet anbieten, ist wirklich die Hölle los. Für den live stream sind so viele USER registriert, das neue Server gemietet wurden“. Caroline atmete durch und sammelte sich einen Moment bevor sie wieder etwas sagte. „Glenn, verdammt ich rede mit dir. Könntest du einen Moment mal diese Kiste ausmachen und zuhören“! Etwas verdutzt über diese Angriffslust zuckte er zusammen. Er schaltete das Gerät ab und drehte sich um. Danach machte er die zwei Schritte zu ihr hinüber. Er ging in die Hocke, um auf ihre Augenhöhe zu kommen und begann mit Caroline zu sprechen. „Du hast von Familie gesprochen“. Caroline war im Tonfall etwas verärgert. „Ja, das habe ich. Ich habe über unsere Familie gesprochen, über eine eigene Familie die ich gerne mit dir zusammen haben möchte. Ich spreche von fester Bindung und Zukunft und glücklich sein“. Sie hielt während ihrer kleinen Ansprache seine Hände und wartet auf seine Reaktion. Glenn schaute Caroline an, mit dem Versuch eines kleinen Lächelns, um dann überlegt zu antworten. “Liebling, das haben wir doch schon gehabt, woher sollen wir die Zeit nehmen? Wir haben doch beide so viel zu tun und sind zu sehr mit unserer Arbeit beschäftigt. Außerdem sind wir doch glücklich und es fehlt uns an nichts“. Er glaubte, dass seine Worte beschwichtigend genug waren und wartet keine Antwort von ihr ab. Er setze Caroline einen Kuss auf die Stirn und ging aus dem Schlafzimmer. Caroline war etwas fassungslos und sah im nach, wie er den Raum verließ. Sie drehte sich zurück zum Spiegel, nur um festzustellen das ihrem Spiegelbild Tränen im Gesicht standen. Ihr Lächeln machte den gesenkten Mundwinkeln Platz. Jedes Mal, wenn sie versucht mit Glenn darüber zu sprechen, hatte er die Flucht ergriffen. Einige Male hatte er das Thema einfach verschoben oder mit einer unzähligen Sammlung von Argumenten niedergerungen. Sie war jetzt Anfang 30. Sie konnte auf eine lange und gute Karriere als Schauspielerin zurücksehen. Ein Leben um das sie die meisten Menschen mehr als beneideten und doch stellte sie immer mehr fest das es nicht alles war. Vielleicht machte Caroline sich auch einfach nur etwas vor. Caroline putze sich die Nase und wischte sich das Gesicht sauber. Ihr Makeup konnte sie von vorne beginnen. In einer Sache hatte Glenn Recht, dachte sie sich beim Herrichten. Alles was sie wollte, hatte sie wirklich nicht erreicht. Immer hatte Caroline gehofft mehr erreicht zu haben aber bis jetzt waren ihre Erfolge nicht so groß wie sie hoffte oder sich erträumte. Sie nahm einen tiefen Atemzug und machte sich für den Abend fertig.
Zwei Stunden später saßen Caroline und Glenn in der Limousine und befanden sich auf dem Weg zur Verleihung. Es war sehr still auf dem Weg. Die einzigen Sätze die geteilt wurden waren die Übereinstimmung, dass dies eine wunderbare Veranstaltung sein würde und das die Feier danach sicher alles in den Schatten stellen könnte. Caroline blickte aus dem Fenster und betrachtete die Menschen und die Geschäfte am Straßenrand. Langsam zog die Welt an der Scheibe des Fahrzeuges vorbei, während der Fahrer einen Weg durch die überfüllten Straßen der Stadt suchte. Caroline betrachtete eine Mutter, welche gerade versuchte ihre zwei Kinder in ihr Auto zu bekommen. Sie musste lächeln bei dem Anblick. Der Sohn hatte wohl eindeutig anderes im Sinn, als dass was seine Mutter wollte und Caroline stellte sich einen Moment lang vor das sie es war, welche sich damit abmühte, ihren Sohn zu bändigen. „Das ist die richtige Einstellung“. Sage Glenn als er Carolines Lächeln sah. „Das ist meine Kleine wie ich sie kenne und schätze“. Führte er weiter aus. „Ja sicher doch“. Begann Caroline ihre Antwort und wurde vom Klingeln, von Glenns Mobiltelefon, unterbrochen. „Entschuldige Liebes aber da muss ich ran“ und hatte dann das Gespräch auch schon angenommen. Caroline legte ihren Kopf zur Seite und blickte wieder aus dem Fenster. Sie fühlte sich müde und überhaupt nicht in Stimmung für irgendeine Art von Veranstaltung. Dr. Bienner sagte ihr immer wieder sie sollte sich ausreichend Ruhepausen gönnen und Zeit für sich allein in Anspruch nehmen. Allerdings stellte sich das schwierig da. Filmpremieren und Interviews, dazu noch die Überseetermine.
Die tiefe und dunkle Leere in ihrem Innern bediente sich an ihrer Kraftlosigkeit. Der längere Erholungsaufenthalt in den Bergen war eine Wohltat aber der Alltag hatte sie erneut eingeholt. „Ja, natürlich wollen die uns. Was denn sonst, immerhin sind wir begehrt“. Glenn sah beim Gespräch kurz zu Caroline, mit einem aufgesetzten Lächeln reagierte sie darauf. Für ihn war das genug Bestätigung dafür, dass es ihr gut ging. Im Laufe des Tages hatten sich unzählige Menschen am Theater versammelt. Der rote Teppich wirkte wie eine Minengasse zwischen zwei Länder. Zu beiden Seiten fanden sich die unterschiedlichsten Personen aller Berufe und Herkunft. Darunter Fans, Reporter und Fotografen. Der Blick von der Straße über den Teppich, bis zum Eingang, wirkte nicht wie eine Einladung. Bei der Anzahl von Blitzlichtern, die zu beiden Seiten aufleuchteten, hätte man meinen können, dass es sich um Flugabwehrfeuer handelte. Während die Ehrengäste sich langsam, von den bereitstehenden Reportern empfangen, von Insel zu Inseln geleitet wurden, fand ein Wechselspiel der Fahrzeuge statt. Immer öfter hielten die schwarzen Limousinen, am Beginn der roten Schlange, um für den Nachschub an Menschen zu sorgen. Das wirre Durcheinander von Wort und Gesprächsfetzen, sowie das ständige Dazwischen-bellen der Fotografen, war mehr ein Zeichen für Wahnsinn als für Ordnung und Plan. Das Fahrzeug von Caroline und Glenn steckte in eine Art Warteschleife und der Fahrer hatte Mühe sich mit seinen Kollegen zu einigen. Die Posten zur Einweisung waren auch etwas überfordert und so dauerte alles ein wenig länger als gewohnt. Noch bevor die beiden dazu kamen auszusteigen prasselte ein Blitzlichtgewitter nieder. „Die sind doch nicht ganz dicht“. Sprach Caroline leise vor sich her. Sie spürte wieder dieses unglaublich schwere Gewicht auf ihrer Seele. Als wenn ein Wesen voller Dunkelheit in der Mitte ihres Körpers nach allem greifen wollte was gut und frei war. Langsam kroch das schlechte Gefühl hoch und bemächtigte sich an ihr. Caroline wurde schlecht und am liebsten hätten Sie sich an Ort und Stelle übergeben. Der Gedanke an all die Menschen da draußen, die nur darauf warteten, dass es etwas zu sehen gab, machte Ihr Angst. Das Gefühl von tausend Augenpaaren auf ihr, an ihr und vor allen durch Caroline hindurch. Sie würde auf dem roten Teppich ganz allein sein und jetzt sehnte sie sich nach den Bergen. Monate lang hatte Caroline Zeit darüber nachzudenken, ob es einen Menschen gab der bereit war sie zu sehen, wie sie wirklich war und bereit wäre zu verstehen was wirklich in ihrem inneren vorging. Glenn ging es offensichtlich um einiges besser bei dem Anblick der Massen an Menschen. Wie ein kleines aufgeregtes Kind rutschte er auf seinem Sitz herum und betrachtete das Treiben vor dem Fenster des Fahrzeugs. Er bemerkte Carolines Griff in die Handtasche nicht. Schnell hatte sie ihre Tabletten herausgeholt, auf deren Etikett ihr Name und der des Arztes zu lesen waren. Die Anweisungen des Mediziners waren klar formuliert. Eine täglich und eine zweite auf akutem Bedarf. Leider nahm Caroline heute schon die dritte dieser Art. Sie schluckte die kleine Tablette trocken hinunter und die Packung verschwand in der Handtasche. Tränen stiegen ihr in die Augen und Carolines Atem war schwer aber tief, denn es würde etwas dauern bis das Medikament wirken sollte. Ihr ganzer Körper stand unter Stress und reagierte entsprechend verkrampft. Sie mochte es nicht, im Grunde noch nie und doch gehörte es einfach dazu sich öffentlich zur Schau zu stellen. Dazu kommt das Glenn sehr viel leichter mit der ganzen öffentlichen Aufmerksamkeit zurechtkam als sie. Caroline hatte keine Ahnung wie er das machte und seine Energie daraus zog. „Wir sind gleich da, freust du dich schon“? Fragte er während sich Caroline noch ein letztes Mal selbst prüfte. „Ja sicher, das wird ein schöner Abend“. Gab sie zurück. „Schatz, du bist für die wichtigste Auszeichnung der ganzen Branche nominiert und sagt nur ein schöner Abend!“. Glenn beugte sich vor und hielt ihre Hände. „Das wird die Nacht der Nächte und mit Sicherheit die Belohnung für deine harte Arbeit über die Jahre“. Seine Augen leuchteten bei seinen Worten und Caroline antwortete mit einem kleinen Lächeln. Wir sind da sagte der Fahrer und Momente später öffnete sich die Tür der Limo. Das Blitzlichtgewitter hagelte ohne Vorwarnung auf die Insassen des Fahrzeugs nieder. Caroline hatte sofort das Gefühl zu erblinden und bekam Schwierigkeiten die Augen richtig zu öffnen. Glenn stieg als Erster aus und hatte sich in die geöffnete Tür gestellt. Gekonnt blieb er einen Moment stehen und überließ es den Fotografen ihre einseitige Arbeit zu machen. Er drehte sich zur Seite und reichte Caroline die Hand. Langsam stieg sie aus dem Fahrzeug.
Zuerst die Schuhe mit ihren Riemchen und daraufhin ein langes und schönes Bein. Bis zum Erscheinen des Kleides und dem Rest von ihrem Auftritt hätte man mit Sekunden, mit einer Zeitlupe vergleichen können. Ihr schlanker Körper wurde durch das weiße Abendkleid perfekt betont und im Licht der Umgebung sowie der aufblitzenden Momente, wirke sie wie aus einem Märchen. Ihre blonden langen Haare untermalten die zwei funkelnden blauen Sterne, diese wunderschönen Augen und das Bild einer wahr gewordenen Fantasie. Mit der Perfektion und der Makellosigkeit eines Diamanten, leuchtete und strahlte sie über Allem. Mit lauten Rufen ihres Namens erhofften sich die Fotografen ein perfektes Bild dieser atemberaubenden Schönheit.
Caroline ließ ihr Seidentuch von den Schultern, über den freien Rücken in die Ellenbogen fallen, ehe sie den Arm von Glenn ergriff, den er ihr bereits bereitgehalten hatte. Einige Sekunden gewartet und die ersten Schritte auf dem roten Teppich wurden gemacht. Die erste Insel mit Kamera und Reporter wartete schon auf die beiden. „Einen schönen guten Abend“. Begann die Frau mit dem Mikrophon in der Hand. „Schön, dass sie da sind“. Glenn übernahm als erster das Sprechen. „Es ist immer wieder eine Freude an diesem Ereignis teilnehmen zu dürfen“. Ohne ein Warten auf Caroline legte die Frau wieder los. Das Licht der Kamera war viel zu hell und die Geräuschkulisse im Hintergrund viel zu durcheinander. Caroline fühlte ein Brennen im Inneren. Am liebsten würde sie einfach weitergehen und vielleicht sogar den ganzen Weg im Spurt zurücklegen. Bei diesem Gedanken musste sie einfach grinsen. Was wäre das wohl für einen Anblick. Ihr weißes Kleid weht hinter ihr her und wie ein Blitz vorbei an Fotografen und Menschen, entlang des roten Teppichs. Dennoch half es nichts. Dieses schnöde, Frage und Antwortspiel, es gehörte eben dazu. Allerdings machte es die Sache nicht leichter zu wissen, dass alle Medienvertreter dieselben Fragen stellen würden. Sicherlich sind die Formulierungen anders gewählt aber der Fokus des Interesses blieb immer dasselbe. Glenn legte seinen Arm um ihre Hüfte und zog Caroline an sich. Er brachte Caroline und seine Person in eine gute Position vor die Kamera aber das war ihr egal. Sie genoss die Nähe zu ihm und es tat ihr gut. Caroline erwiderte sein Handeln und legte ihren Arm, mit einem breiten Lächeln, um ihn. „Sie sind ja ein so wunderbares Paar“. Begann die Reporterin. “Da muss natürlich gleich die Frage her wann sie beide den Vorhaben zu heiraten“. Auch wenn sie wusste, dass diese Frage kommen würde so war dies ein kalter Eimer Wasser. Caroline hätte nicht damit gerechnet gleich als ersten diese Frage zu hören. Das brachte ihre Gedanken ein wenig aus dem Konzept. Eine Antwort zu geben blieb ihr erspart, da Glenn das Gespräch übernahm. „Im Moment steht das noch hinten an und wir beide sind auch so sehr glücklich miteinander. Wir haben noch viele Projekte vor uns. Dazu kommt das der Abend heute im Vordergrund steht“. Glenn hatte ein Talent was den Umgang mit dem Fernsehen und die Zeitungen betraf. Das war einer der Dinge die ihn auszeichneten. Caroline lächelte gekonnt ins Fernsehbild und ergänzte Glenns Aussage mit „Ja, es gilt noch einiges zu klären und es läuft uns ja nichts weg“. Zufrieden mit dieser Antwort ging es gleich weiter mit den Fragen.
“Wie steht es um die Nominierung? Erwarten sie den Preis heute Abend“? Die Frage ging direkt an Caroline und passte perfekt zu dem vorbereiteten Katalog an Antworten des PR-Beraters. Er hatte wirklich gute Arbeit geleistet und alle eventuelle Themen aufgelistet und Antworten vorgefertigt. Deshalb gingen ihr die Antwort auch über die Lippen, ohne eine Mühe zu haben. „Natürlich erhoffe ich mir diese Ehrung, wie alle anderen auch. Jede Nominierte hat den Preis verdient“. Glenn grätschte verbal dazwischen. „Sie ist immer so bescheiden. Wir sind uns ganz sicher, dass Sie heute Abend die strahlende eine sein wird“. Glenn schloss ihren vorgefertigten Satz. Tief in ihrem Inneren hoffte Caroline diese Auszeichnung nicht zu bekommen. Sie hatte Angst davor, Angst vor dem was damit verbunden war. Natürlich hat sie, wie alle anderen auch, ihr Leben lang darauf hingearbeitet aber seit dem Zusammenbruch spürte sie eine Distanz zu all dem Trubel der Branche. Der Rest des Weges, entlang des roten Teppichs, war wie erwartet. Immer wieder dieselben Fragen mit den dazu passenden Antworten. Teilweise ergänzt durch Kommentare zur Kleidung und Designer oder die Nachfrage zu Details ihres letzten Films. Dazwischen immer wieder Posieren. Der wirklich kritische Moment sollte aber noch kommen. Kurz vor Ende, wartete der Moment mit den Fotos von allen Seiten. Dort würde sie allein sein. Ganz allein mit all den Blicken auf ihr.
Ausgeliefert und präsentiert. Wie ein Stück Vieh auf dem Markt oder wie eine Ware in der Auslage. Natürlich dauerte diese Sache nicht lange aber es konnte einem so vorkommen.
„Frau Derenne, entschuldigen sie bitte einen Moment“. Es riss Caroline förmlich aus ihren Gedanken und eine Sekunde brauchte es schon damit sie erfassen konnte wie die Lage um sie herum war. Stück für Stück begriff ihr Verstand die Umgebung. Glenn redete angeregt mit Bekannten und Kollegen, weshalb sie einige Schritte weg von ihm war und ganz klar alleinstand. Nach einem kurzen Umsehen konnte sie die Quelle der Stimme ausmachen. Caroline schaute in das Gesicht der bekanntesten und härtesten Journalistin der Stadt. Sophia van de Meer war eine holländische abstammende, einem Alptraum entsprungener Medienteufel und der Fluch der ganzen Filmbranche. Sie sah mit Ende 50 immer noch unverschämt gut aus und ihre Kleidung hätte es jederzeit mit den Designern auf dem roten Teppich aufnehmen können. Kurz um, die Frau war eine Plage. „Frau Derenne, schön sie hier zu sehen. Ich freue mich das sie ein wenig Zeit für mich haben“. Die zuckersüße Stimme von Sophia van de Meer, eindeutig übertrieben, war ein Vorbote dafür, dass nichts Gutes bei dem Gespräch heraus kommen könnte. Caroline wollte nicht mit dieser Frau sprechen und bisher hatte sie es auch erfolgreich vermieden ihr in die Arme zu laufen. Allein die Tatsache das Sophia die Einzige war die alle mit dem Nachnamen ansprach, machte klar um was für einen Menschen es sich handelte. Caroline atmete durch und machte die paar Schritte zu ihr hinüber. “Ebenso einen schönen guten Abend Sophia, welch Freude dich hier zu treffen“. Caroline setzte zu ihren Worten ein wunderbar wirkendes aber unechtes Lächeln auf. “Wie immer voller Tatendrang oder? „Ach meine liebe Caroline, du weißt doch, dass die Neuigkeiten nicht auf sich warten lassen“. Bekam sie von ihr zurück. Dass die zwei Frauen sich nicht grün waren, war ohne weiteres zu erkennen. „Nun du siehst ja sehr erholt aus und es scheint als wenn dir die Monate in der Betreuung sehr gut getan haben. Um ehrlich zu sein überrascht es mich, dass du wieder so schnell an die Arbeit gehst". Sophias Worte waren wie ein Schlag in das Gesicht oder wie ein kalter Lappen im Nacken. So direkt und unverfroren konnte wirklich nur ein Mensch sein. Caroline hatte zwar schon den ganzen Abend erwartet das sie darauf angesprochen wird und entsprechend wurde sie auch vom PR-Berater vorbereitet aber diese Art und Weise hebelte einfach alles aus. An der Stelle, an der sich andere Medienvertreter zurückgehalten haben, schlug Sophia mit voller Wucht zu. Caroline steckte ein fühlbarer Kloß im Hals und ihr Herz, sowie ihr Puls, rasten. Sie konnte keinen echten Gedanken fassen oder gar einen der vorbereiteten Antworten von sich geben. Sie sollte auch keine weitere Chance dazu bekommen. „Ist ja auch für heute Abend nicht weiter wichtig. Offensichtlich hat sich die Erholung gelohnt und deine Energie und Kreativität ist zurück“. Sophia sprach ohne Caroline die Möglichkeit zu geben darauf zu antworten. „Verdammt noch mal“! Ging es Caroline durch den Kopf. Wie konnte die Frau einfach so eine der vorbereiteten Antworten zitieren? Gut Sophia war schon sehr lange im Geschäft und durchaus hätte sie erahnen können was die Antwort sein würde und dennoch war die wortwörtlich Wiedergabe des Textes erschreckend. Caroline hatte keine Möglichkeit darüber nachzudenken. Die nächste Attacke ließ nicht auf sich warten. „Wie steht es den um die Beziehung zu Glenn Fielder“? Muss die Öffentlichkeit weiter darauf warten das sich mehr bei euch beiden tut als nur Bilder vom gemeinsamen Ausgehen“? Die Frau war unerbittlich. Gnadenlos jagte sie das Messer dort hinein wo es am meisten weh tat. Ohne jedes Anzeichen der Reue oder peinlicher Berührung der Fragen, machte Sophia einfach weiter. “Frau Derenne, könnte es nicht sein das aufgrund ihres Zustandes eine Vertiefung der Beziehung nicht möglich ist“. Was glaubt diese Frau wer sie ist. Caroline war kreidebleich im Gesicht. Sie konnte kein Wort sagen und war wie erstarrt. Was Caroline jetzt brauchte war ein Rettungsanker. Irgendetwas das sie einfach vor dieser furchtbaren Frau, mit ihren Fragen schützte. „Nein, ganz und gar nicht und die Trennungsgerüchte, wie sie selbst sehen können, sind weit übertrieben. Wir sind glücklich und Caroline geht es sehr gut. Wir freuen uns auf den Abend heute und werden diesen gemeinsam genießen“. Unterbrach Glenn die Jagt von Frau van de Meer. Er stellt sich demonstrativ neben seine Gefährtin und hielt sie im Arm. Da Sophia nicht gerade für ihre menschliche und zurückhaltende Art bekannt war, bereitet Glen sich auf den Gegenangriff vor. „Ach Herr Fielder, schön, dass sie da sind. Ich dachte schon ich finde Frau Derenne alleine vor“. Der Sarkasmus in Sophias Stimme war nicht zu überhören und arbeitete wie ein Schwerthieb. “Oh, keine Sorge Frau van de Meer. Wenn es etwas Neues und für sie lebenswichtiges zu berichten gibt werden wir nur sie umgehend anrufen. Dann sollte ihnen auch nichts entgehen“. Glenn stand dieser Frau in Sachen Sarkasmus und Direktheit in nichts nach und er ließ Sophia das auch spüren. Jetzt da Glenn an ihrer Seite war fühlte sich Caroline um einiges gefasster und stärker. Momente wie diesen erinnerten sie daran warum sie so für ihn fühlte. Glenn schloss mit den Worten “Einen schönen Abend noch“ und führte Caroline am Arm weg aus der Gefahrenzone. “Tut mir leid Liebling, ich hätte wissen sollen, dass dies passiert“. Sagte Caroline und suchte den Blick zu Glenn. „Ach vergiss es. Die war, ist und wird immer ein Biest sein. Jeder weiß das und mit Sicherheit sogar Sophia selbst“. Glenn gab ihr diese Antwort ohne ihren Blick zu erwidern.
Jetzt war der Moment da. Der Moment den sie am wenigsten mochte und am liebsten ganz ausblenden würde. Die Fotos am Ende des Teppichs und vor dem Eingang zum Gebäude. „Ok, Schatz, jetzt noch ein paar Fotos und danach sind wir drin“. Flüsterte Glenn ihr zu. Er berührte sie an den Schultern. “Ja, ich weiß“. Gab Caroline wieder und atmete, so tief sie konnte durch, ehe sie in Position ging und sich der Flut der Bilder auslieferte. Caroline setzte ihr bestes und schönstes Lächeln auf und streckte ihren Körper in eine gerade Position, um mehr Haltung zu haben. Das Rufen und Blitzen begann ohne weiteres. Es war schwer zu entscheiden in welche Richtung oder auf welche Art zu posieren war. So viele Stimmen, die all ihre Namen riefen. Sie begann sich furchtbar alleine zu fühlen. Die Menschen auf der anderen Seite verschwammen und wurden zu Schemen ohne Gesicht. Ihr Blutdruck stieg und ihr Herz machte das Doppelte an Schläge. Wie auf einer Insel stand sie in mitten des Meeres, entgegen der warmen Temperatur wurde ihr kalt und schwer, an ihrem Rücken kroch etwas entlang. Ein Gefühl das wie ein Raubtier sich bereit machte anzugreifen. Die Hände nass vor Schweiß und die Muskeln verkrampft. „Danke das reicht“ sagte Caroline zu den Fotografen. Sie hob die Hand wie ein Verkehrspolizist, der zum Stopp aufforderte. „Danke und einen schönen Abend noch“. Es waren die Worte zur Verabschiedung ehe sie sich in den Eingangsbereich rettete. Hinter der Tür war es das erste Mal diesen Abend das Caroline sich erleichtert fühlte. Ein Gefühl frei zu sein und die Anspannung hinter sich zu lassen. Jetzt konnte sie ein wenig Ruhe mitnehmen. Glenn folgte ihr kurz darauf, legte seine Hand auf ihren Rücken und sprach. „Alles ok bei dir, Schatz? Caroline nickte nur kurz und er fuhr weiter fort. "Das hast du gut gemacht aber jetzt wollen wir den Abend wirklich einmal genießen“. Caroline machte den Versuch eines Schmunzeln. „Ja, das ist eine wunderbare Idee Glenn und ich brauche jetzt auf jeden Fall etwas zu trinken“ antwortete Caroline und griff nach seiner Hand. Die beiden liefen gemeinsam durch die Eingangshalle zum Empfang.
Wieder einmal zeigte sich das die Macher genau wussten was diese Taten. Die Veranstaltung hatte einen perfekten Ablauf und so war die Begeisterung der Gäste und Zuschauer zu Hause, am Fernseh- sowie die unzähligen am Computer weltweit, eine klare Sache. Ein Preis nach dem anderen wechselten die Hände. Eingeführt von Reden und unterbrochen von den Showeinlagen. So interessant alles gestaltet war, umso ermüdender empfand Caroline den Abend. Letzten Endes war es immer dasselbe und nur die Akteure änderten sich von Mal zu mal. Nach so vielen Jahren im Filmgeschäft hatte sie einfach schon zu viel gesehen und mitbekommen. Caroline ließ sich schon lange nicht mehr zu leicht begeistern. Ihre Kategorie, in der sie nominiert war, rückte jede Minute näher. Caroline war sich immer noch nicht sicher ob sie wirklich gewinnen wollte. Wie aus einem anderem Universum betrachtete sie den Redner beim betretend er Bühne. Er präsentierte die nominierten Frauen, die sich auf der Leinwand wiederfanden und zog langsam die Karte aus dem Umschlag. Der Redner sagte den Namen und Caroline fand ihr Gesicht auf der Leinwand wieder. Sie hatte gewonnen. Die Hölle brach los und Begeisterung begann als Welle durch den Saal zu gleiten. Die Botschaft war noch nicht ganz angekommen. Mit sehr zögerlicher Reaktion war Caroline klar was gerade passierte. Die Hände vor dem Mund, mit Tränen im Gesicht stand sie auf. Glenn nahm sie sofort in den Arm und drückte sie fest an sich. Er gratulierte ihr und küsste sie. „Du hast es geschafft mein Schatz, ich wusste es“. Er drückte sie fest, so dass ihr fast die Luft wegblieb. Alle um sie herum sind aufgestanden und applaudierten. Caroline brauchte einen Moment, um vorbei an den vielen Menschen zu kommen. Der Weg zum Podium war nicht allzu weit aber sie hatte das Gefühl zu rennen. Als sie am Podium ankam und den Preis überreicht bekam hatte sie immer noch nicht erfassen können was gerade geschehen war. „Ich bin überwältigt und so unglaublich, also Danke. Es setzte noch ein weiterer Regen des Applauses ein. „Es ist etwas Besonderes hier zu stehen und diese Ehrung entgegenzunehmen. Ich möchte mich bei allen Menschen bedanken die mir immer zur Seite standen und mir auf meinem Weg geholfen haben. Ich danke meinen Eltern und auch dir Glenn. Vielen Dank“. Sie hielt ihren Preis in den Händen und lächelte in einem hellen Strahlen. Der tosende Applaus des Publikums wollte kein Ende nehmen. Mit einmal wurde ihr wieder eiskalt. Leere und Dunkelheit überkamen sie. Ein schweres drückendes Gewicht auf dem Herzen. Kalter Schweiß und das Gefühl in die Unendlichkeit davon zu gleiten. Die Erkenntnis traf sie schnell, direkt und hart. Von jetzt auf nachher hatte eine Frage Caroline im Griff. Es krallte sich wie ein Raubtier in sein Opfer. Andere Menschen wären bei diesem Gefühl sofort die Gesichtszüge entglitten und bei den Meisten hätte der Körper seinen Dienst eingestellt. Nicht aber Caroline, den Preis in ihren Händen, hielt sie nicht für umsonst und so konnte keiner erkennen was in ihr vorging. Mit ihrer ganzen Professionalität verschaffte sie sich einen kontrollierten Gang von der Bühne. Die Frage aber blieb und bohrte sich fest in ihren Verstand. Was jetzt mit meinem Leben? Sie schritt von der Bühne um sich zum Posieren für die Fotografen zu begeben. Mit der kleinen Trophäe in der Hand lächelte und strahlte sie für die ganze Welt. Sie sah aus als wenn es nichts gab das ihr mehr Freude bereitete als dieser Moment. Carolines Gedanken waren aber ganz andere. Ihre Sehnsucht und ihr Wunsch wurden mit einmal übermächtig. Da war sie. Am Gipfel angekommen. Bejubelt und bewundert von aller Welt. Beneidet um ihr Dasein. Was aber würde sie der Welt hinterlassen? Eine Hand voll Gold. Einige Stunden Bild und Ton welche vielleicht zu einem Klassiker werden würden. Es war alles Nichts, nichts von Bedeutung. Wenn sie alt sein würde. In einem Heim sitzend und warten, so würden keine Kinder oder Enkel da sein die sie besuchten. Niemandem dem sie von diesem Augenblick erzählen konnte und keine Kinderstimme die fragte ob man den auch so viel Eis essen durfte wie man wollte. Nichts, nur Stille war da in ihrer Vorstellung. Sie sah kein Bild von lachenden Kindern im Garten oder einem Mann an ihrer Seite. Angst, es war angst welche sich tief in ihr verankerte. Glenn war gut aber er war es nicht. Nur wer würde es denn sein?
Die Partys nach der Verleihung hatten Kultstatus. Wenn aber die Leute wüssten was wirklich dort abgeht, da war sich Caroline sicher, dann würde sich kein Mensch mehr dafür interessieren. Entweder wanderten trockene Alkoholiker mit ihrer Flasche Wasser umher und versuchten den Abend durchzustehen oder aber die betrunken machten Lärm wie auf einer gesetzlosen Schifffahrt.
Wenn die Kameras weg waren, keine Fotos gemacht wurden, wechselte das Bild sehr schnell von Glamour und Glanz zu einer Universitätsparty ohne Moral. Caroline hatte einmal echten Spaß dabei empfunden aber jetzt widerte sie das Alles nur an. Sie konnte sich noch gut daran erinnern wie sie selbst war. Wie viel sie getrunken hatte. Immer wieder. Es war einfach nicht mehr ihres. Der Geruch von Alkohol, Schweiß und Zigarren war unerträglich. Sie musste raus. Ein kleiner Vorgarten gab ihr die Möglichkeit einen großen tiefen Atemzug frische Luft zu nehmen. Glenn ließ sie einfach zurück. Er würde schon klar kommen. Mit dem kleinen Mann in der Hand stand sie da und schaute in die Sterne. Wie würde wohl ihr Leben in Zukunft aussehen. Was wartete dort noch auf sie? Caroline wusste es nicht aber sie hatte Hoffnung. Eine einsame Träne wanderte an ihrem Gesicht herunter. Sie löste sich von ihrer Schöpferin, um durch das Dunkel der Nacht, auf dem Steinboden, einfach zu zerplatzen. Glenn kam aus dem Trubel hinter ihr heraus. “Hey, was ist denn los Schatz. Willst du nicht Feiern.
Immerhin hast du heute gewonnen“. Er sah ganz nach 1,5 Promille aus und roch auch so. Caroline schüttelte den Kopf. “Schon gut, geh ruhig rein und amüsiere dich für mich mit. Ich komme schon nach“. Glenn richte sich auf, sah Caroline an aber konnte nichts sehen. “Ich verstehe, du möchtest deinen kleinen neuen Begleiter eine Weile allein genießen“. Caroline setzte ein gespieltes Lächeln auf. “Ja, genau Glenn du hast Recht, das ist es. Gehe ruhig wieder rein“. Er tat wie ihm geheißen aber ohne eine Verabschiedung. Die hatte Caroline auch nicht erwartet. Sie sah ihm nach bis er weg war. Es war kühl geworden. Caroline spürte den Windzug auf der Haut. Die Kälte war aber nicht annähernd so schlimm wie die Angst die sie begleitet. Erneut versuchte Caroline ein Bild vor sich zu sehen. Ein Bild von ihr mit Kindern. Diese Vorstellung wärmte sie von innen heraus.