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Der Ursprung des Shaolin Kempo

Shaolin Kempo, auch unter der Bezeichnung Quanfa bekannt, stammt der Überlieferung nach ursprünglich aus Indien. Es gibt Wandmalereien und auch schriftliche Überlieferungen aus alter Zeit, die als Beleg für diese These gelten können.

Einer chinesischen Legende zufolge kam im Jahre 523 – zur Zeit der ­Liang-Dynastie (506-550) – ein Mönch namens Ta Mo (sanskrit: Bodhidharma, jpn.: Daruma) aus Indien nach China. Er wollte die Lehre Buddhas verkünden und ließ sich im Norden Chinas in dem in der Provinz Henan gelegenen Shaolin-Kloster (jpn.: shorinji) nieder. Hier meditierte er mehrere Jahre und unterwies seine Schüler zur körperlichen Ertüchtigung in Gesundheitslehre und Selbstverteidigung. In diesem Zusammenhang ist die Rede von »18 Freihandübungen« und »24 Muskelspielen«.

Im Zusammenspiel unterschiedlicher Kulturen, Religionen und Philosophien entwickelte sich in der Folge eine einzigartige Kampfkunst. Im Lauf der Jahrhunderte wurde das ursprüngliche System Ta Mos von anderen großen Meistern ständig erneuert und ergänzt: Zunächst entstanden weitere 72, später 170 Bewegungsformen.

Auch die Gewaltherrschaft der Dynastien förderte die Entwicklung und Verbreitung der Shaolin-Techniken: Die Menschen wurden unterdrückt, und ihnen war jeglicher Waffenbesitz verboten. Man traf sich daher im Geheimen und ersann die verschiedensten Selbstverteidigungstechniken. So erreichte die Kampfkunst in China eine hohe Blüte und bildete auch die Grundlage für eine Vielzahl anderer Kampfkünste in Ostasien.

Bodhidharma. Holzschnitt von Yoshitoshi.

Die Entwicklung des Shaolin Kempo

Dschero Khan Chen Tao wurde 1928 als Sproß eines uralten Adelsgeschlechts in der Mongolei geboren. Aufgrund von Bürgerkrieg und japanisch-chinesischen Auseinandersetzungen mußte er schon in der Kindheit seine Heimat verlassen und wurde von einem holländischen Militär adoptiert. Auf diese Weise erhielt er den Adoptivnamen Gerald Karel Meijers, welchen er aus staatsrechtlichen Gründen auch später beibehielt. Er lebt heute in den Niederlanden.

G. K. Meijers entwickelte eine eigene Kampfkunst, die er »Shaolin Kempo« nannte. Seinen Angaben zufolge wurde dieses System wesentlich durch seine Erfahrungen mit chinesischen und japanischen Kampfkünsten beeinflußt.

Der Kontakt zu Chinas Kampfkünsten ergab sich durch mehrere Aufenthalte in verschiedenen chinesischen Klöstern während seiner Kinder- und Jugendzeit. Die Verbindung zu den japanischen Kampfkünsten ist auf Begegnungen mit Karate- und Kempo-Meistern wie Gogen Yama­guchi, Meister des Goju ryu, und Nakano Michiomi (»So Doshin«), Gründer des Shorinji Kempo, zurückzuführen.

Die Bezeichung »Shaolin« wählte G. K. Meijers einerseits in Anlehnung an den von ihm erlernten nordchinesischen Kampfstil »Chuan Su«, andererseits in bezug auf die in den dortigen Provinzen synonym gebräuchliche buddhistische Bezeichnung für den sogenannten harten Stil.

Die Bezeichnung »Kempo« würdigt den großen Einfluß philosophischer und meditativer Aspekte verschiedener japanischer Karate-Stile, insbesondere des Shorinji Kempo.

Verbreitung und Organisation des Shaolin Kempo

Shaolin Kempo wurde 1956 durch G. K. Meijers, 10. Dan Shaolin Kempo, in Europa eingeführt. Er gründete und leitete in den Niederlanden den »Eerste Nederlandse Kempo Bond (ENKB)«. Mitte 1962 eröffnete er seine erste private Kampfschule.

Um 1967 enstand auf Initiative von Hermann Scholz, 4. Dan Shaolin Kempo, in Deutschland (Kleve) die »Interessengemeinschaft Shaolin Kempo«. Hermann Scholz hatte Shaolin Kempo durch langjähriges Training bei G. K. Meijers in den Niederlanden erlernt.

Im November 1973 wurde der niederländisch-deutsche Verband »Chinese Wushu Association« ins Leben gerufen. G. K. Meijers zählte dabei zu den Gründungsmitgliedern.

Mitte der 70er Jahre schlossen sich die ersten deutschen Shaolin-­Kempo-Vereine offiziellen Fachverbänden wie dem Judo-Verband Nordrhein-Westfalen, der Karateunion Nordrhein-Westfalen und dem Karatebund Nordrhein-Westfalen, an. Durch Umstrukturierung des Judo-Verbandes Nordrhein-Westfalen entstand 1981 ein neues Verbandsgefüge im Budo-Bereich: Der »Dachverband für Budo-Techniken Nordrhein-Westfalen« (DVNW) wurde aus der Taufe gehoben.

Im Dezember 1981 wurde schließlich auf Initiative von Klaus Konrad der »Shaolin Kempo Verband Nord­rhein-Westfalen« (SKVNW) gegründet und dem »Dachverband für Budo-Techniken Nordrhein-Westfalen« (DVNW) angeschlossen.

Um auch Praktizierenden anderer chinesischer Kampfkünste eine Verbandsmitgliedschaft zu ermöglichen, wurde im April 1985 der bisherige Verbandsname in »Nordrhein-Westfälischer Shaolin Kempo/Kung Fu Verband« geändert. Im Februar 1988 erfolgte eine nochmalige Namensänderung in »Deutsche Wushu Federation Nordrhein-Westfalen« (DWF NW). Etwa sieben Monate später, im September 1988, wurde auch der zwischenzeitlich geschaffene Bundesverband »Deutscher Shaolin Kempo/Kung Fu Verband« in »Deutsche Wushu Federation e. V.« (DWF) umbenannt. Die DWF setzt sich aus Landesverbänden und weitestgehend autonomen Fachschaften unterschiedlicher Stilrichtungen zusammen – so auch der Fachschaft Shaolin Kempo.

Wushu ist der übergeordnete Begriff für alle chinesischen Kampf- und Selbstverteidigungskünste sowie für verschiedene gymnastische Bewegungsformen; einschließlich der Sportarten, die sich außerhalb Chinas unter dem Begriff Wushu verbreitet haben.

Am 03.10.1990 wurde schließlich von 35 nationalen Verbänden in Beijing (Peking), China, die »Internationale Wushu Federation e. V.« (IWUF) gegründet. Seitdem ist die »Deutsche Wushu Federation e. V.« (DWF) auch weltweit anerkannt.

Verbandsstruktur der Deutschen Wushu Federation e. V.

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Fotos 4 bis 9: Auch bei Meister Chong Jone Tang in Singapur konnten die Autoren traditionelle Kampfkunst trainieren. Die Fotos zeigen ihn beim Training mit einem gewöhnlichen Spazierstock. Noch mit 83 Jahren übte Meister Tang tagtäglich Wushu-Techniken. Fotos aus dem Jahre 1976.

Merkmale des Shaolin Kempo

Die Besonderheiten des Shaolin Kempo drücken sich in folgenden Merkmalen und Prinzipien aus:

1. Stände

Charakteristische Stände/Stellungen im Shaolin Kempo sind Nekoashi ­dachi (diese Stellung wird in zwei Varianten ausgeführt), Shorin zen­kutsu dachi und Kake dachi.

2. Wechselnde Standhöhen

Typisch für die Bewegungsabläufe des Shaolin Kempo sind die wechselnden Standhöhen, die den einzelnen Techniken Kraft und Dynamik verleihen sollen und der jeweiligen taktischen Situation angepaßt sind.

3. »Yin/Yang«-Prinzip

Das Shaolin Kempo ist ein System der wechselnden Verbindung von kraftvoller Dynamik und vitaler Gewandtheit. Darunter wird der auflösende Übergang von arretierenden Techniken zu fließenden, geschmeidigen Bewegungen nach dem polarisierenden Prinzip des chinesischen »Yin und Yang« verstanden.

4. Wettkampf

Das Messen der eigenen Fähigkeiten und Kräfte in der sportlichen Ausseinandersetzung im Rahmen eines leistungsorientierten Wettkampfs nimmt wie in vielen anderen Kampfsportarten neben den technisch-stilistischen Aspekten auch im Shaolin Kempo einen breiten Raum ein.

5. Kumite

Als Kumite werden festgelegte Übungen mit Partner bezeichnet. Sie beinhalten Verteidigungen gegen vorgeschriebene Angriffe mittels Kombinationen aus Ausweichbewegungen, Abwehr- und Kontertechniken. Man unterscheidet dabei zwischen den zehn »einfachen« Ippon-Kumite (auch die »zehn Verteidigungen« genannt) und den komplizierteren Kempo-Kumite.

Foto 10: Klaus Konrad mit Jodan mawashi geri.

6. Formen

Eine hohe Anforderung stellen im Shaolin Kempo die Formen dar. Sie sind festgelegte Kämpfe bzw. Verteidigungen gegen mehrere imaginäre Gegner, deren Angriffe aus unterschiedlichen Richtungen erfolgen. In den Formen kommt die Beherrschung der Techniken, der richtige Körpereinsatz und die Koordinierung komplexer Bewegungsabläufe zum Ausdruck. Charakteristisch für die Formen sind der dynamische Rhythmus, der Wechsel von Ausführungsgeschwindigkeiten und Standhöhen sowie eine angemessene Atmung. Man unterscheidet zwischen Schüler- und Meisterformen.

7. Selbstverteidigung

Ein weiteres Merkmal des Shaolin Kempo ist die Selbstverteidigung. Die Selbstverteidigungstechniken ermöglichen es, sich gegen die verschiedensten Angriffe wirkungsvoll zu wehren. Während bei Anfängern auf eine sinnvolle, effektive und situationsentsprechende Auswahl von einfachen Techniken Wert gelegt wird, wird bei Fortgeschrittenen eine ausgewogene Anwendung von Hebel-, Wurf-, Faust- und Fußtechniken gefordert.

8. Atmung

In allen Bereichen des Shaolin Kempo sind eine korrekte Atmung und ein guter Atemrhythmus wichtig. D. h., daß bei sämtlichen Techniken hinsichtlich Kraft, Energie und Kondition auf eine Atemtechnik geachtet werden muß, die dem Ablauf der Technik angemessen ist und sie sinnvoll unterstützt.

Ziele des Shaolin Kempo

Die primäre Zielsetzung des Shaolin Kempo ist seine breitensportliche Verbreitung als Selbstverteidigungssportart. Darüber hinaus kann sie aber auch – leistungsorientiert – als Wettkampfsportart betrieben werden.

Als Grundlage dienen die ursprünglichen Techniken des chinesischen Quanfa, d. h., die Anwendung von Schlägen, Tritten und Stößen mit Armen und Beinen in wechselnder Verbindung von kraftvoller Dynamik und vitaler Gewandtheit, teilweise ergänzt durch Hebel- und Wurftechniken.

Das zweite Ziel des Shaolin Kempo ist die Ausbildung körperlicher Fitneß sowie das harmonische Wechselspiel von Körper und Geist, das in der Schulung von Konzentrationsfähigkeit, richtiger Atmung und Charakterbildung zum Ausdruck kommt. Dies schließt die Entwicklung einer entsprechenden Ethik ein: die Bereitschaft zur Bildung und zu sozialem Verhalten.


Das Symbol des Drachens im Shaolin Kempo

In der heutigen Form des Shaolin Kempo finden sich nur noch sehr wenige ursprüngliche Elemente des chinesischen Drachenstils, so daß man kaum noch vom klassischen Drachenstil sprechen kann. Dennoch wird der chinesische Drache im Shaolin Kempo als Symbol für Kraft, Gewandtheit und Weisheit verwendet.

Foto 11

Foto 12

Foto 13

Fotos 11 bis 13: Die traditionelle Ausbildung in den Kampfkünsten zielte darauf ab, daß man zu jeder Zeit und unter allen Umständen auf unverhoffte Gefahr mit den zur Verfügung stehenden Mitteln reagieren konnte. Auf den 1976 entstandenen Fotos ist Meister Tang mit einem seiner Schüler zu sehen. Rechts im Bild auf Foto 13 ist der Autor Klaus Konrad zu sehen.

Shaolin Kempo

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