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DER KÖRPER IST EIN SELBSTREGULIERENDER MECHANISMUS

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Den Körper als eine Einheit verstehen heißt, ihn im Zustand von Gesundheit verstehen. Man muss lernen, die selbstregulativen Mechanismen zu erkennen und wahrzunehmen, indem man sie, wo es geht, aktiv beobachtet, ihnen zuhört und lernt, sie mit geschultem Tastsinn zu palpieren, wie sie im gesunden Zustand funktionieren.

Zu diesen selbstregulativen Mechanismen gehört ein in der gesamten Körperphysiologie lebenslang vorhandenes, von Natur aus unwillkürliches Mobilität- und Motilitätsmuster, das sich leicht palpieren lässt. Alle Mittellinienstrukturen, Flüssigkeiten, und Gewebe des Körpers bewegen sich rhythmisch abwechselnd in Flexion und Extension, während die paarigen Strukturen, Flüssigkeiten und Gewebe in der Flexionsphase in Außenrotation und in der Extensionsphase in Innenrotation gehen. Dieses Muster der inhärenten unwillkürlichen Bewegung läuft im gesunden Menschen 8–12 Mal pro Minute ab. Sowohl die Qualität dieser Bewegung als auch ihre mechanische Mobilität kann ein diagnostischer Hinweis auf die Vitalität der Patientin bzw. des Patienten sein und zeigt dann deren Gesundheitszustand. Ebenso kann es aber ein in Betracht zu ziehender Hinweis auf ein Traumen und/oder auf Krankheitszustände sein.

Der flüssige Anteil der rhythmischen Flexion mit Außenrotation, Extension mit Innenrotation ist eine innewohnende Fluktuation des Liquor cerebrospinalis, eine tidenartige Bewegung, die den ganzen Körper durchdringt. Der Liquor cerebrospinalis wird hauptsächlich von den Plexi choroidei in den Ventrikeln des Zentralen Nervensystems produziert, auf venösem Wege zurück in das Zirkulationssystem resorbiert und – was am wichtigsten ist – über die Kanäle des Perineuriums zurück ins lymphatische System resorbiert auch wieder den generellen Körperflüssigkeiten zugeführt. Das System aus Liquor und lymphatischer Flüssigkeit vollzieht also während eines jeden 8–12 Mal pro Minute ablaufenden Flüssigkeitsbewegungs-Zyklus innerhalb aller Körpergewebe einen rhythmischen Austausch, der in einem tidenartigen Muster des selbstregulierenden Funktionsablaufs erfolgt.

Es gibt eine weitere tidenartige Bewegung, die in der Körperphysiologie neben dem 8–12 Mal pro Minute stattfindenden Zyklus vorkommt. Diese zweite Tide durchdringt den gesamten Körper als eine massive, unwillkürliche Flexion mit Außenrotation und Extension mit Innenrotation in Geweben und Flüssigkeiten – ein Muster, das innerhalb von zehn Minuten etwa 6 Mal abläuft. Jeder rhythmische Zyklus dauert also ungefähr anderthalb Minuten. Diese Tide, die hineinkommt und herausebbt, kann mit Hilfe von Palpation in allen Körpergeweben wahrgenommen werden, falls sie sich manifestiert. Ich kenne ihren Ursprung nicht; ich spüre nicht, dass sie in jedem Patienten vorkommt, und ich induziere sie nicht, ihr rhythmisches Muster zu beginnen. Sie zeigte sich mir erstmals vor einigen Jahren, als ich einen Patienten behandelte und beobachtete, wie die 8–12 Mal pro Minute an- und abschwellende Tide ihre Arbeit im Patienten tat. Seitdem habe ich diese massive Tide oft beobachtet und kann berichten, dass sie nicht in jedem Patienten universell die gleiche ist, sie drückt sich in jedem Patienten individuell aus. Ich weiß nie, wann sie auftauchen wird, und ich weiß auch nicht, wohin sie zurückkehrt, wenn sie bei einem bestimmten Patienten aufhört zu arbeiten.

Es gibt Hunderte selbstregulierender Mechanismen in der Körperphysiologie, aber jetzt wollen wir uns mit der unwillkürlichen Mobilität der schnellen, 8–12 Mal pro Minute ablaufenden und der langsamen, innerhalb von 10 Minuten 6 Mal stattfindenden Tide befassen. Beide Tidenbewegungen können palpiert werden, wenn man einen trainierten Tastsinn entwickelt. Palpiert man das Vorhandensein dieser Tiden, sollte man das vorzugsweise als ein Beteiligter tun, so wie in der Quantenmechanik. Bei diesem Prozess stimmt sich der Behandler mit seinem sensorischen Input ein, um an der Bewegung der jeweiligen Tide teilzuhaben, während sie in der Physiologie des Patienten ihre Arbeit verrichtet. Beide Tiden sind sowohl im gesunden Zustand als auch bei Traumen und/oder Krankheit feststellbar. Die Qualität der Tidenbewegung variiert jedoch, je nachdem, ob ein gesunder, ein traumatisierter oder kranken Zustand herrscht, manchmal abhängig vom Problem nur lokal, manchmal als eine Gesamtkörpereinheit der Gewebefunktion.

Beide Tiden sind inhärente, innewohnende und unwillkürliche selbstregulierende Mechanismen, deren Hauptziel das Aufrechterhalten von Gesundheit ist. Sie sind Faktoren, die zu den Bemühungen des Körpers beitragen, sich im Falle von Traumen und/oder Krankheit selbst zu heilen. Der reziproke balancierte Austausch, der zwischen den Flüssigkeiten und Geweben des Körpers stattfindet, ist ein Resultat der schnellen und langsamen, ein Menschenleben lang ununterbrochen arbeitenden Tiden und wird durch sie verstärkt.

Rollin Becker - Leben in Bewegung & Stille des Lebens

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