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Prolog

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Es wäre dumm, sich über die Welt zu ärgern.

Sie kümmert sich nicht darum.

Marcus Aurelius

Die Zeit, die der Gegenwart nachfolgt, wird von den meisten Menschen als die Zukunft bezeichnet. Die Zeit, die der Demokratie nachfolgt, wird meiner Meinung nach die Digikratie, also eine Art digitalisierte Demokratie.

Unsere Welt entwickelt sich immer schneller. Das bringt eine Reihe von Vor- und natürlich auch von Nachteilen mit sich. Der Mensch hat sich von einem Beerensammler zu einem Informationssammler evolviert. Dabei haben wir eine Welt erschaffen, die inzwischen zu komplex für das menschliche Gehirn geworden ist. Deshalb sind die Digitalisierung und die Automatisierung unumkehrbar. Diese Errungenschaften werden unser gewohntes Gesellschaftsbild grundlegend verändern. Es ist anzunehmen, dass genauso wie die Veränderungen in den Zeiten der Aufklärung, auch die Digitalisierung der Gesellschaft viele Opfer fordern wird. Wenn wir unseres Wirtschaftssystems erhalten wollen, muss der Mensch der künstlichen Intelligenz weichen. Aber nicht nur unser Wirtschaftssystem wird sich ändern. Das stetig anwachsende unsinnige Sicherheitsbedürfnis, wird uns noch viele Freiheiten berauben, wenn wir auf die neu entstandene Sicherheitsindustrie und den zu Unrecht propagierten Sicherheit-Megatrend weiterhin so fügsam hören.

Längst werden wir unter dem Vorwand der allgemeinen Sicherheit dank der Gesichtserkennungssoftware auf Schritt und Tritt beobachtet und überwacht. Algorithmen analysieren unser Verhalten und versuchen herauszufinden, ob wir potenzielle Gewalttäter werden können.

Jeder, der die Geschichte der Menschheit kennt und sich mit der menschlichen Psyche auf irgendeine Art und Weise beschäftigt hat, wird so wie ich an dieser Stelle einfach behaupten, ja, der Mensch ist von Natur aus gewalttätig, dazu brauchen wir keine überteuerte Überwachung und keine Software, die uns irgendwelche unzuverlässige Resultate präsentiert. Unzählige Kriege und Grausamkeiten wurden bereits von den Menschen begangen, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Menschheit damit je aufhören könnte.

Aufhören sollen wir hingegen mit der unsinnigen Bespitzelung, denn gerade diese Überwachung und Freiheitsberaubung macht viele Menschen erst wütend und gewalttätig. Somit werden nicht zum ersten Mal die Maßnahmen, die zur Prävention vor Gewalttaten dienen sollen zu der Hauptursache und zum Auslöser für neue Gewalttaten.

Ein weiteres Thema, dass uns in der Zukunft sehr intensiv beschäftigen wird, ist der Klimawandel. Das Klima hat sich im Laufe der Zeit öfters verändert, davon zeugen die Übergänge zwischen den tropischen Perioden und den Eiszeit-Perioden. Durch das menschliche Zutun wird die Umwelt leider nicht für manche Tierarten erträglicher. Wir verschmutzen die Luft, das Wasser, den Boden ober auch das Weltall. Wir vernichten viele Ressourcen und betreiben unersättliche Ausbeutung an Rohstoffen. Und die meisten von uns fürchten mehr den Untergang der Wirtschaft als den Untergang unserer Umwelt.

Was bringt uns aber tatsächlich die Zukunft? Und wie weit wird die Überwachung und die Umweltzerstörung gehen? Kann man sich überhaupt auf die Zukunft vorbereiten? Und wird unsere Zukunft eher utopisch, oder dystopisch orientiert?

Wagen wir einen kurzen Blick in eine in meiner Fantasie entstandene Zukunft.


Als ich aufgestanden bin und den von der Sozialversicherung vorgeschriebenen Morgensport absolviert habe, dürfe ich das Frühstück einnehmen. Die Zusammenstellung der Speisen und Getränke haben die Algorithmen übernommen, damit ich ausreichend mit Energie und Abwehrkräften für den Beginn des Tages versorgt bin. Die Toilette hat aus den regelmäßigen Morgenstuhlgang alle lebensnotwendigen Daten und Werte automatisch an dem virtuellen Hausarzt und an die Versicherung übermittelt.

Danach gehe ich zu der nahegelegenen Bushaltestelle. Ein autonom fahrender Minibus bleibt an der Bushaltestelle stehen. Er hat mich bereits beim Verlassen des Hauses geortet und mein Weg vorhergesagt. Für die Identifizierung der Fahrkarte wird mein Gesicht gescannt. Für den Fall, dass ich kein Ticket besäße, würde mir das Fahrzeug den Eintritt mittels Stromschranken verweigern. Der Bus bringt mich zu der überdimensionalen Harmoniehalle, wo jeder Bürger, der das bedingungslose Grundeinkommen bezieht und keiner anderen Beschäftigung nachgeht, über das Schicksal der Gesellschaft politisch mitentscheiden darf. Die Bewältigung der massiven Umweltprobleme steht am Programm.

Dank der kontinuierlichen Waldabholzung bildet sich kein Regen über die Wälder. Die Bäume haben die warme Luft gehalten und langsam über sich hinweg abgelassen. Wenn eine Kaltluftfront vorbeikam, ist es dank der Vermischung der kalten und warmen Luft mittels Kondensation zu Niederschlägen gekommen. Nun sind die meisten Bäume wegen der unersättlichen menschlichen Gier und Dummheit abgeholzt. Ohne Baumwurzeln wird das Wasser nicht im Boden gehalten. Der immer stärker werdende und häufiger wehende Wind wird von den fehlenden Bäumen nicht angehalten. Es drohen schädliche Umwelt-Katastrophen. Die andauernde Trockenheit hat Großteil der Ernten vernichtet. Es will einfach kein Regen kommen. Die Grundwasser-Reserven werden knapp. Die Seen trocknen aus. Trinkwasser wird zu Mangelware. Die Erde erwärmt sich, die Sonnenstrahlen werden unerträglich. In der Stadt gibt es kaum einen Schatten.

Alle Bürger werden zu einer Abstimmung aufgefordert. Die Algorithmen haben nicht viele Vorschläge. Der unterbreitete Vorschlag, schein alternativlos zu sein. Es ist an der Zeit, dass wir das benachbarte Asien überfallen und einnehmen, sonst werden wir verhungern und verdursten. Die Algorithmen liefern auch schonende Argumente für diese von der Künstlichen Intelligenz erdachte Lösung. Die Asiaten verfügen über die meisten Trinkwasser-Quellen, wollen uns aber nicht helfen und sie wollen auch keine Flüchtlinge aufnehmen. Es ist sehr wahrscheinlich die Retourkutsche für unsere Ablehnung der asiatischen Flüchtlinge anfangs 21-sten Jahrhunderts während der Nahostkrise in Syrien, Irak, Iran und Afghanistan.

Ich verweigere die Abstimmung. Die digitale Assistentin nennt mich feige und versucht mich umzustimmen. Ich verlasse die Harmoniehalle, nach dem ich absichtlich ungültig abgestimmt habe. Ich gehe durch die menschenleeren Straßen. Die Glasfassaden der riesigen Betonpaläste reflektieren die prahlende Sonne. Es ist unerträglich heiß. Ich schwitze und werde kurzatmig. Ich sehe sehr helles Licht auf mich zukommen.

Es war die Morgensonne, die mich jeden Tag sanft aus dem Schlaf weckt. Ich erwache schwitzend aus diesem Albtraum.


Auch wenn diese Geschichte nur aus einem Traum entstanden ist, so könnte sie durchaus zu Realität werden. Wir Menschen und vor allem die gierigen Machthaber entscheiden so gut wie nie vorausschauend. Aber waren wir Menschen schon immer so?

Die alten Völker haben die Natur besser verstanden und sie dementsprechend ehrfürchtig und respektvoll behandelt. Sie wussten bereits damals, dass wir ein Teil der Natur sind. Der moderne Mensch ist mit vielen Dingen beschäftigt und benutzt dabei mutmaßlich seinen Verstand. Er entdeckt, erfindet und optimiert so ziemlich alles, auch die Natur, weil er glaubt, es besser zu wissen. Natürlich ist unsere Natur nicht perfekt, aber muss sie das sein? Und ist es für den Menschen besser, wenn er alles überdenkt und optimiert, oder geht es uns besser, wenn wir einfach nur auf unsere eingeborenen Instinkte hören und dem Fortschritt vernachlässigen bzw. umdefinieren?

Sollen wir also ab sofort umdenken und alles auf die Rettung unserer Natur setzen? Müssten wir dann nicht auf so viele Errungenschaften und Annehmlichkeiten verzichten? Und ist der Mensch überhaupt noch im Stande die Natur zu retten?

Ich bin mir nicht sicher. Das Einzige, was ich weiß ist, dass sich die Natur gut selbst schützen kann, auch vor der Menschheit. Wir sollen also nicht die Natur schützen, damit wir die Artenvielfalt erhalten, sondern wir müssen die Natur schützen, weil sie unser einziger Lebensraum ist. Wenn wir also als Spezies überleben wollen, müssen wir uns vor allem vor uns selbst schützen!

Die von der Wirtschaft oft kritisierten Umweltaktivisten und Tierschützer sind also ironischerweise Philanthropen! Wie passend, denn der Mensch ist ja unterm Strich nichts anderes als ein angeblich zivilisiertes Tier!


Digikratie

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