Читать книгу ihr name ist avalon - Rose Kirschbaum - Страница 4

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Kapitel 1

Es begann an einem kalten Samstagmorgen im Februar 2015. Da sah ich erstmals seinen Blick neben mich gerichtet. Er war in Lauerstellung und fixierte einen Punkt, den ich nicht sehen konnte. Doch was ich sehen konnte, gefiel mir nicht, denn die Stimmung war angespannt und ich hatte keine Erklärung. Ich weiß jedoch, dass Tiere anders sehen, anders hören und in Welten blicken können, die den meisten Menschen verborgen sind. Langsam wurde mir klar, es musste jemand im Raum sein, der mir unsichtbar, jedoch für meinen Kater sichtbar war. Also begab ich mich auf die Suche nach dem Wer? Ich hatte das Gefühl, dass Er mir nicht wohlgesonnen war, was mir dann doch Angst machte. Aus meinem bisherigen schamanischen Weg hatte ich Erfahrung mit Ritualen und wollte daher auf diese Weise mehr erfahren. Ich bereitete alles sorgfältig vor. In einem Kreis am Boden stellte ich vier Kerzen – für jede Himmelsrichtung eine und jeweils in einer anderen Farbe – legte meine sorgfältig und mit Liebe getrockneten Kräuter in die Mitte, stellte daneben meine Weihrauchschale und entzündete die Räucherkohle. Ein Glas mit Wasser mit einem Schuss selbstgemachtem Lavendelhydrolat (wird bei einer Wasserdestillation gewonnen) fand auch seinen Platz. Nun legte ich die klärende, reinigende, bittere, weibliche, erdige Myhrre auf die Kohle – die drei Gaben der Erkenntnis (Gold, Weihrauch und Myhrre) in den Lehren Zarathustras und Rudolf Steiners, stehen für Denken, Fühlen und Wollen - setzte mich achtsam auf den Boden und bat um Schutz in diesem nun für mich heiligen Raum und öffnete mich für den inneren Blick. In Verbindung zu den Elementen, meinen Ahnen und meinen unsichtbaren Begleitern bat ich um Einlass in diese andere Welt mit der Bitte um Antwort.

Doch es war alles sehr dunkel, verschwommen und ich verstand, dass meine Angst etwas zu erfahren, mit dem ich vielleicht nicht umgehen konnte, mich hemmte. Ich ersuchte dieses Wesen, das nun sehr real geworden war, die Wohnung zu verlassen und auf dem Balkon seinen Platz einzunehmen. Nun war die Stimmung besser, mein Kater entspannter und ich erleichtert, denn ich wollte schlafen gehen und morgen musste ich wieder früh raus. Wenn ich schon nicht wusste Wer, so war wenigstens alles ruhig. Doch der Frieden hielt nur ein paar Tage.

Dann stand „Er“ wieder neben mir und es begann von vorne bzw. wurde es noch schlimmer. Denn mein Kater Bärli hatte auf einmal epileptische Anfälle. Und zwar immer nur, wenn ich zuhause war und auch nachts. Dann richtete er seinen Blick neben mich und veränderte sich. Dies machte mir natürlich noch mehr Angst.

Ich informierte mich in alle Richtungen – auch bei einer Tierärztin -, doch kam ich nicht weiter. Also versuchte ich seine Anfälle rechtzeitig abzufangen, was hieß, wenn ich merkte, er veränderte sich, dann musste ich ihn sofort ganz fest an mich drücken, denn sonst begann er zu laufen, rauf und runter, fiel irgendwann steif um und schlug mit dem Körper auf und ab, was ein furchtbares dumpfes Geräusch von sich gab. Er begann dann zu schwitzen, verlor Harn und war am Ende sehr geschwächt. Wenn er unter der Couch zu liegen kam, dann verhakten sich seine Krallen im Stoff und nicht selten wurden sie ihm gezogen und lagen dann neben seinem Körper. Die blutigen Pfoten zeigten dann deutlich seinen Kampf, der nur kurz dauerte, doch von einer solchen Intensität war, die mich verzweifeln ließ. Nachts konnte ich kaum mehr schlafen, denn ich musste ihn unbedingt in meinen Arm bekommen, bevor er zu laufen begann. Wenn ich ihn an mich drückte, schwitzte und versteifte er sich, er zitterte und verlor seinen Harn nach wie vor, doch beruhigte er sich schneller wieder. Er begann Gewicht zu verlieren und fraß nur noch wenig. Nun kam meine Angst um meinen geliebten Kater zu allem anderen noch dazu. Die Kinder versuchte ich so gut wie möglich davon fern zu halten, doch erging es ihnen natürlich ähnlich wie mir.

Ich wusste, alleine komme ich nicht weiter, also machte ich mich auf die Suche nach einer Schamanin in meiner näheren Umgebung. Ein guter Freund von mir, der Heilpraktiker im nahen Bayern ist, empfahl mir A., die dafür die Richtige zu sein schien. Ich war aufgeregt als ich sie anrief und ihr mein Anliegen schilderte und sagte, dass ich glaube, ich habe es mit einem Monster zu tun, der meinen Kater Schaden zufügt, doch ich glaube, es hat mit mir zu tun und Bärli übernimmt dies für mich. Ich wusste aus früheren Erfahrungen, dass Tiere und Pflanzen die Menschen abschirmen und Krankheiten übernehmen.

Doch sie wusste sofort wovon ich sprach und so war es eine große Erleichterung, dass ich gleich am nächsten Tag kommen konnte. Nachdem ich mich in ihrer Praxis niedergelassen hatte und wir darüber gesprochen hatten, erklärte sie sich bereit, sich darauf einzulassen. Vorher riet sie mir noch, ihm einmal täglich rohes Rindfleisch zu füttern. Dies brauche er ganz dringend, damit er wieder zu Kräften kommt. Nachdem er eine Hauskatze ist und keine Mäuse fängt, schien mir das auch logisch, denn Mäuse werden ja auch nicht gekocht, bevor sie gefressen werden.

Bei der Sitzung kam raus, dass Es kein Monster ist, sondern jemand aus dem Reich der Anderswelt, den ich von einer meinen Reisen „mitgenommen“ hatte, indem ich ihm angeblich während eines Rituals angeboten hatte, mich um ihn zu kümmern. Nachdem ich mein Versprechen nicht gehalten hatte, wollte er auf sich aufmerksam machen. Ich hatte jedoch nicht reagiert und so wurde Er agressiv und griff mich an. Diese Angriffe hatte mein Kater abgewehrt .

Nun konnte ich mich erinnern, dass ich auf meiner Israelreise bei einem Tanz während einem Ritual eine sehr intensive Erfahrung mit den Wesen in dem Berg hatte, an dem wir dieses Ritual feierten. Angeblich fühlte Er sich sehr verloren und ich bot ihm ein zuhause an. Nur leider konnte ich mich nachher nicht mehr daran erinnern, da ich in dieser sogenannten realen Welt meine Antennen wieder woanders hin lenkte.

Als ich es zuordnen konnte, hatte ich natürlich ein noch schlechteres Gewissen. Wenigstens wusste ich, dass meine Vermutungen richtig waren. Also erklärten wir der erdnahen Seele, dass ich mich nicht daran erinnern kann und wir nun gemeinsam versuchen wollen eine Lösung zu finden. Die Lösung war, ich gab ihm einen Platz in meiner Wohnung – vorerst.

Wenigstens war ich einen Schritt weiter und das gab mir wieder Zuversicht. Zuhause erklärte ich meinen Kater, dass es nun ein neues Familienmitglied gibt. Doch dieser war schon so traumatisiert, dass von einem friedlichen Zusammenleben keine Rede war. Er hatte nach wie vor seine Anfälle, doch nicht mehr täglich. Immerhin. Doch Lösung war es keine. Also erklärte ich unserem neuen Zimmergenossen, dass es leider so nicht funktioniert. Was noch dazu kam, waren nun meine vermehrt intensiven Träume, die so real waren, dass ich beim Aufwachen nicht wusste, auf welcher Seite der Realität ich mich befand.

Es machte mir auch sehr zu schaffen, dass ich ihn als ein Monster empfand, das er ja nicht war. Er war eine verlorene Seele auf der Suche nach Heimat. Ins Licht wollte er nicht gehen, dazu war er noch nicht bereit. Aufgrund der Träume bekam ich langsam eine Vorstellung davon, was dieses Monsterhafte war. Er war eingebettet in ein Kollektiv von verlorenen geschundenen Seelen, die alle ähnliches erlebt hatten. Und all diese hatte er mit im Gepäck und das machte ihn so riesig. Ich denke, wir kennen das Gefühl z.B. wenn wir trauern, dann befinden wir uns in einer Glocke aus Schmerz und fühlen uns mit denen verbunden, die diesen Schmerz auch schon erfahren haben; dasselbe gilt selbstverständlich für alle Gefühlswelten. Und bei ihm war es die Glocke der Folter.

In meinem letzten Traum vor der Erkenntnis war es so deutlich, dass es mich noch heute frösteln lässt: ich sah ein junges asiatisches Mädchen mit langen schwarzen Haaren an eine Bretterwand genagelt. Die Bretterwand war noch ganz neu und das Holz hell und unberührt. Sie hang dort breitbeinig, nackt und genau in der Mitte, den Mund verbunden. Dann begann der Mann, der vor ihr stand, mit einem scharfen Messer Linien in ihren Körper zu „zeichnen“. Wie ein Künstler, der auf einer Leinwand malt. Das Blut rann herunter und er machte weiter und weiter und weiter. Ständig versuchte ich im Traum ihn daran zu hindern, doch ich konnte mich nicht bewegen. Ich blickte an mir herunter und bemerkte, dass ich angebunden und mir der Mund geknebelt war. Ich erkannte mich als Mann und in dem Mädchen meine Tochter. Es zerriss mir das Herz und ich sah das Blut aus ihr langsam herausrinnen und dass sie ohnmächtig wurde. Ich konnte nichts tun und musste zusehen, wie sie zu Tode gefoltert wurde.

Endlich wachte ich auf und mir wurde klar, dass auch diese Kinderseele gefoltert wurde und dass es viele Menschen gab, die ähnliches erlebt hatten. Einerseits selbst gefoltert zu werden, andererseits zusehen zu müssen, wie ein geliebter Mensch gefoltert wurde. Nun verstand ich, denn es ging auch um das morphogenetische Feld der Gefolterten. Wahrlich ein Monsterprojekt. Nun musste ich also meinen Blick nochmals ausdehnen.

Bei mir in der Wohnung war das nicht möglich. Schließlich war ich geschieden, hatte zwei Jugendliche in ihren Zimmern, die pubertierten, einen Ganztagesjob, der mir zwar gut gefiel, doch war ich abends müde, wenn ich um halb sechs nach Hause kam. Dann ging es mit der Hausarbeit zuhause weiter, Bärli hatte seine Anfälle, ich schlief kaum, da ich Angst hatte, er könnte wieder einen Anfall haben und nach fünf Wochen war ich am Ende.

In vielen Gesprächen mit Freunden und nach langen Überlegungen kam ich zu der Lösung, das Seelchen, es war ein Knabe, könnte eine Heimat im Untersberg finden. Ich wusste um die Kräfte und Geheimnisse dieses mir sehr vertrauten Gesellen und vertraute darauf, dass es dort einen Platz und eine Aufgabe für ihn gab. Die erdnahe Seele beharrte auch ständig darauf, er könne noch etwas beitragen. Was genau sagte er mir nicht. Seitdem ich wusste, wer er war, konnten wir halbwegs miteinander kommunizieren, wenn ich mich auf ihn einstellte. Er war damit einverstanden und so organisierte ich ein Ritual am Untersberg mit der Intention, dieser möge ihn aufnehmen und eine Aufgabe für ihn haben.

Wie es der Zufall sollte, war gerade ein Freund, den ich von meiner schamanischen Ausbildung her kannte, mit seiner Freundin, einer Maori Heilerin, in Österreich. Ihn reizte der Untersberg schon lange und so erklärten die beiden sich bereit, das Ritual zu gestalten. Eine Freundin kam auch noch mit.

Wir suchten den mir vertrauten Platz auf und mit ganzer Hingabe gestalteten wir das Ritual. Nach Beendigung sah ich ihn ein erstes und letztes Mal schemenhaft auf der gegenüberliegenden Seite im Berg verschwinden, mit einem zarten Lächeln auf seinen Lippen.

Zuletzt dankte mir noch meine Maori Schwester dafür, dass ich dies alles auf mich genommen hatte. Dass sich meine Seele bereit erklärt hatte, diesen Weg zu gehen. Sie versicherte mir auch, dass, wenn ich nicht fähig gewesen wäre, dies aufzulösen und zu heilen, ich diese Aufgabe nicht bekommen hätte.

Also war mein schlechtes Gewissen nur von Nachteil gewesen, weil es mich blind gemacht hatte und ich mich verurteilt hatte, ohne das Ganze zu sehen. Ich hatte mich für meinen angeblichen Fehler gegeißelt und dabei hatte ich doch alles richtig gemacht. Es ging nie darum, es allein schaffen zu müssen, sondern Erfahrungen zu machen. Zu erkennen, dass ich nicht alleine war, dass es Menschen gab, die mir helfen konnten. Es ging darum, immer den nächsten Schritt zu kennen und das hatte ich hinbekommen. Sehr schmerzhaft zwar, doch erfolgreich.

Ich war nun wirklich geschafft. Ein Monsterprojekt das im Nachhinein gesehen, doch gar nicht so schwer hätte sein müssen. Hätte ich früher meine Träume mehr miteinander in Verbindung gebracht, mich mit weniger Angst sondern mit mehr Vertrauen herangewagt, nach dem Ritual in Israel mich nicht gleich wieder auf diese Seite der Welt eingelassen, sondern mehr reflektiert etc etc ….

Auf der Fahrt nach Hause ließ die Anspannung nach. Ich fuhr sehr vorsichtig, da ich noch zu aufgewühlt war und blieb deshalb vor einer uneinsichtigen Kreuzung stehen, um mich zu vergewissern, dass wirklich niemand kam. Doch die Dame in dem Auto hinter mir reagierte anders, nämlich gar nicht und fuhr mir hinten auf. Es geschah genau gegenüber der Blutbank vom LKH Salzburg. Meine Freundin und ich schauten uns an und konnten es nicht glauben – wie treffend.

Mein altes Auto hatte Totalschaden, ich bekam von der Versicherung das Geld, was sich zu investieren nicht mehr lohnte. Es fuhr ja noch, nur war der Kofferraum nicht mehr zu gebrauchen. Aber es gab ja eine Rückbank, das reichte.

Als ich also endlich zuhause ankam und nach oben in die Wohnung ging, erklärte ich meinem Bärli, dass es gelungen sei.

Von diesem Tag an hatte er keinen epileptischen Anfall mehr. Sechs Wochen hatten wir die Hölle auf Erden. Das ist nun viele Jahre her. Sein rohes Rindfleisch bekommt er immer noch und ist es ihm das Wichtigste überhaupt. Er war am Rande des Todes und ist nun ein großer starker Kater mit vielen Eigenheiten. Vor allem aber ist er mein ganz großer Held. Manchmal ärgere ich mich über ihn und schimpfe ihn, doch das, was wir gemeinsam erlebt hatten, verbindet uns über viele Leben hinweg.

Oft verbinde ich mich noch mit dem Untersberg und grüße meinen Freund, nicht selten unter Tränen, die mich glücklich machen.

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