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Die Diktatur der Schildkröte

Meine erste Veranstaltung fand in sehr kleinem Rahmen mit lediglich zehn Gästen statt. Ich hatte beschlossen meinen dreißigsten Geburtstag nicht wie sonst üblich nur im Kreise der Familie zu feiern, sondern mir zum ersten Mal in meinem Leben auch eigene Geburtstagsgäste einzuladen. Für die Familienfeier hatte ich mir wieder schöne Unannehmlichkeiten für meinen Bruder und meine Schwester ausgedacht, die ihnen eine Teilnahme an meiner Feier leider unmöglich machten. Ein Geschenk, das ich mir seit Jahren immer selbst bereite. In Südamerika grassierte eine furchtbare Rinderseuche und für meine Schwester hatte ich einen hungrigen Heuschreckenschwarm über die Kanaren umleiten lassen. Neben der Abwesenheit meiner Geschwister genieße ich an diesem Tag ganz besonders die uneingeschränkte Aufmerksamkeit meiner Familie. Den dreißigsten Geburtstag gedachte ich jedoch besonders außergewöhnlich zu begehen. Genau aus diesem Wunsch entstand die Idee zu alldem, was später folgen sollte.

Die vergangenen Tage waren heiß und trocken gewesen, davor bitterkalt und nass und meine Schildkröten lagen mehr oder weniger lethargisch auf dem Rasen. Einige hatten sich in den Blumenbeeten verkrochen, die in breiten Bändern unser Anwesen durchziehen. Andere blieben stur in ihrem klimatisierten Reptilienhaus und genossen eine Massage. Nachdem ich mir den dritten Espresso mit Zitrone hatte servieren lassen, wichen meine hämmernden Kopfschmerzen und wurden von einer ungeheuren Unruhe abgelöst. Drei ganze Wochen lang hatte ich bunte Magazine durchstöbert, Zeitungen sondiert, das Internet durchforstet und einige Sendungen im Fernsehen verfolgt. Ich war damals noch ungeübt und diese Arbeit bereitete mir einige Mühen. Dennoch: Ich war bereit. Ein beachtlicher Stapel Ausdrucke lag auf meinem Schreibtisch und wartete darauf vor meiner Jury ausgebreitet zu werden. Ich gestehe, ich war ein wenig aufgeregt und musste mich beherrschen um meine Enttäuschung über die mangelnde Begeisterung meiner gepanzerten Freunde nicht zu zeigen. Meine eigene Euphorie drohte kurzzeitig zu schwinden, als ich so ganz alleine und unbeachtet mit meiner Fotoauswahl auf dem Rasen stand. Ich hatte meinen weißen Borsalino aufgesetzt und schwitzte bereits nach wenigen Minuten in meinem dazu perfekt passenden hellen Anzug.

Nach mehreren Stunden, drei Kilo Karotten, etlichen Brotfrüchten und geduldigem Zureden, gelang es mir schließlich wenigstens ein kleines Grüppchen meiner Riesen für diese Aufgabe zu begeistern und zur Mitarbeit zu animieren. Die Tiere blieben dennoch recht unschlüssig vor den bunten Blättern stehen und wogen gemächlich ihre Köpfe hin und her. Auch der Einsatz eines großen, silbernen Standventilators schien kaum Schwung in die Tiere zu bringen. Aber die ausgebreiteten Fotos, die ich mit Steinen beschwert hatte, begannen im Wind zu flattern. Diese Bewegung und das dabei entstehende Geräusch schien die ganze Sache endlich doch interessant zu machen.

Als erste konnten sich Lady Di, Uwe Barschel, Johannes Paul I, J.F. Kennedy, Olof Palme und Fräulein Nittribitt jeweils für einen Vorschlag begeistern: einen bärtigen Theologen, der die These vertrat, dass die Welt kurz vor ihrem Untergang stehe. Ich liebe solche Gäste, die vom ersten Moment an die Stimmung drücken. Des Weiteren für einen Wissenschaftler aus dem Bereich der Genforschung, der angeblich einen Weg gefunden hatte, den Prozess der menschlichen Hautalterung zu verlangsamen. Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich hier etwas nachgeholfen hatte. Das Thema Hautalterung interessierte mich damals neuerdings ganz persönlich. Wie die Dame, die es durch besonders viele Schönheitsoperationen zum Weltrekord und zu einem enorm grotesken Gesicht gebracht hat, ihren Weg ins Schildkrötenmaul finden konnte, ist mir allerdings immer noch rätselhaft. Vermutlich wurde ihr Bildnis vor Schreck gefressen. Dafür ging die vierköpfige Herrenstaffel des finnischen Triathlonverbandes ganz klar auf Lady Di’s Kappe. Die vier blonden Hünen in schwarzen Neoprenanzügen mit den neonbunten Streifen hatten sie sofort magisch angezogen. Die vier finanzierten sich ihren Sport über Modelverträge und waren in fast jedem Magazin zu bewundern. Ich hatte dennoch bewusst dieses Foto gewählt und nicht eines auf dem die Herren nichts als ihre Sixpacks und Slips tragen. Ihre Nominierung bedeutete allerdings, dass wir noch drei weitere Tiere zur Teilnahme überreden mussten.

Die Stimmung der Jury war mittlerweile gestiegen und hatte so einige Schläfer aus den Beeten angelockt. Petra Kelly, Gert Bastian und Marilyn Monroe ließen sich zum Glück nicht lange bitten. Ebenfalls mit in die Endauswahl kam der Alleinerbe eines Chemiekonzerns. Ein Foto aus dem Forbes Magazin: Ein vollschlanker Brillenträger, dessen glänzender Schädel eine unglaubliche Anziehungskraft auf meine Schildkröten ausübte. Fast hätten sich Johannes Paul I und Uwe Barschel dabei gegenseitig verletzt. Zum Glück lag ein junger Autor und Umweltaktivist mit einer ähnlichen Frisur direkt daneben. Er hatte in der näheren Vergangenheit keine Gelegenheit ausgelassen, sein eben erst erschienenes Werk zu bewerben. Ich kann gar nicht mehr sagen, aus welchem der Magazine ich sein Foto entnommen habe. Er war in allen abgedruckt. Olof Palme entschied sich zuletzt noch für eine junge Schauspielerin, auf die ich d

urch eine Tanzshow im Fernsehen aufmerksam geworden war. Sie war mir durch ihr unglaubliches Temperament, mit dem sie das Publikum mitgerissen hatte, aufgefallen. Olof hatte vermutlich gleich gespürt, dass ich an der Dame näher interessiert war. Übrigens nicht nur wegen ihres Temperaments. Sie hatte auch optisch einiges zu bieten. Diese Augen! Auf jeden Fall eine gute Wahl der Jury! Und eine vielversprechende Gästeschar. An diesem Abend orderte ich einen neuen hellen Anzug und einen neuen Borsalino bei meinen Lieferanten. Durch das Knien auf dem Rasen und meine körperliche Anstrengung hatte meine Nachmittagsgarderobe sehr gelitten. Sie war gänzlich ruiniert. Aber das war es mir wert!

Die Einladungen lies ich auch damals schon durch einen Boten überbringen. In der Öffentlichkeit. Erfahrungsgemäß beeindruckt diese Geste am stärksten. Eine Absage erscheint den Gästen sofort ausgeschlossen. Selbst, wenn ihre eigene Geburtstagsfeier oder eine dringend notwendige Schönheitsoperation geplant ist. Alle Termine werden sofort verschoben, wenn eine schwarze Limousine hält und ein hünenhafter Bote meine Einladung überreicht. Damals hatte ich noch nicht diese schöne Idee mit der Palladium-Karte. Meine ersten Einladungen waren schlichte goldene Quadrate mit einer geprägten Schildkröte auf der einen und den Koordinaten des Veranstaltungsortes und dem Datum auf der anderen Seite. Sie waren sehr klein und daher eingebettet in ein schwarzes ziegenledergebundenes Etui. Ich habe alle Einladungen übrigens auf dem Rücken des Etuis nummeriert und auch bei der Palladium-Version führe ich diese Tradition fort. Ich liebe Traditionen.

Für die umwerfende Idee, die Einladung der Triathlonstaffel während einer großen Pressekonferenz an deren Manager übereichen zu lassen, muss ich mir im Nachhinein noch auf die Schulter klopfen. Ein wirklich brillanter Einfall. Typisch für mich. Man konnte auf den Pressefotos sehr gut das große, handgeschriebene T. als Absender auf dem Kuvert erkennen, das ich damals einführte. Die Klatschspalten verwandelten sich in brodelnde Gerüchteküchen und übertrafen sich gegenseitig in abstrusen Spekulationen. Wie viele Lügen man aus den wenigen Buchstaben des Alphabets doch generieren kann. Das Überreichen der sechs weiteren Einladungen war danach ein Leichtes. Egal an welchem Ort und zu welcher Tageszeit. Die Presse berichtete davon. Sie lauerte darauf. Ich selbst las von angeblichen Gästen die mir völlig fremd waren. Doch man war sich einig: Hier schien etwas ganz Außergewöhnliches vor sich zu gehen und einige Auserwählte durften ein Teil davon sein. Meine kleine Tänzerin erreichte ihre Einladung nach dem Finale ihrer Show. Sie hatte gewonnen. Alles wurde live übertragen. Ich hatte Tränen in den Augen!

Mein Fest sollte im Garten unseres Anwesens stattfinden. Ein ebenso schöner wie praktischer Veranstaltungsort. Ich hatte mir alles haarklein ausgemalt und tagelang meine Vorstellungen von am Ende entnervten Handwerkern umsetzen lassen. Sogar meine Cousinen mussten mich zwischenzeitlich bei der Umgestaltung unterstützen. Im Rosengarten mit dem Wasserspiel in der Mitte leuchteten hunderte kleine Kerzen. In seinem Wasser hatten wir Diamantstaub aufgelöst, so dass sich wundervolle Lichteffekte ergaben. Die angrenzende große Rasenfläche war akkurat auf eine Höhe von 2,00 cm gemäht und wurde bis zur mit Steinfliesen belegten Terrasse von großen, mit Helium gefüllten Luftobjekten erleuchtet. Sie alle hatten die Form von Wolken, in denen ich unterschiedliche Schildkröten erkennen konnte. Bei der Generalprobe am Vorabend war alles perfekt. Alles sah so schön aus, dass ich am ganzen Körper Gänsehaut bekam und meine Kopfhaut kribbelte. Ich hätte schreien können vor Freude. Die Speisen waren unglaublich köstlich, der Champagner eisgekühlt und die Kellner trugen khakifarbene Ensembles mit langen schwarzen Schürzen. Die Mitglieder des Streichquartetts, das ich mir zur Untermalung des Aperitifs gewünscht hatte und der von Kopf bis Fuß tätowierte Discjockey, der im weiteren Verlauf des Abends für Stimmung sorgen sollte, harmonierten bestens. Unsere Hauptakteure, die Schildkröten, fühlten sich sichtlich wohl und erkundeten das Gelände, als würden sie es zum allerersten Mal sehen. Es versprach ein wundervolles Fest zu werden.

Trotz meiner Vorfreude auf den nächsten Tag, überkam mich eine betäubende Müdigkeit, die mir sofort die Augen schloss, nachdem sie mir die Beine unter meinem Körper wegknicken hatte lassen. Nur mit Mühe erreichte ich noch meine Schlafstätte. Vielleicht waren dabei aber auch die halbe Flasche Barolo, Jahrgang 96 und die unzähligen Gläser Whisky nicht unbeteiligt, die ich vor Begeisterung über den zu erwartenden Abend innerhalb von 30 Minuten ausgetrunken hatte. Mein letzter Gedanken galt der Hoffnung die Getränke würden mir das Aufstehen am nächsten Tag nicht erschweren.

Als ich am nächsten Morgen erwachte war es mir sofort klar. Ich konnte es hören. Rauschen. Dieses gleichmäßige Prasseln auf dem Dach. Wir hatten ein Problem. Ich hatte ein Problem und zwar mit dem Wetter. Der gestern noch duftig blaue Himmel hatte sich in eine dunkelgraue Wand verwandelt, aus dem sich nicht nur eimerweise, sondern wie aus einem großen Brausekopf kaltes Wasser auf die Erde ergoss. Die Kerzen schwammen, der Rosengarten ließ die wassernassen Köpfe hängen. Mein wunderbarer englischer Rasen hatte sich in kürzester Zeit in eine Sumpflandschaft verwandelt, in der braune, ehemals mit Helium gefüllte, schlaffe Säcke trieben.

Mein erster Gedanke war: Tot stellen. Ein probates Mittel, das ich schon oftmals erfolgreich eingesetzt hatte. Von meinen Schildkrötenfreunden übernommen, hatte es mich in meiner Kindheit viele male davor bewahrt, mein Zimmer oder weit Schlimmeres aufräumen zu müssen. Mein zweiter Gedanke war: In zwölf Stunden kommen meine Gäste. Wir müssen umdisponieren. Dieser Dauerregen machte einen Umzug ins Erdgeschoss des Anwesens unumgänglich. In diesem Moment erwies es sich als glückliche Fügung, dass die Schildkröten-Jury nur zehn Gäste ausgewählt hatte. Nachdem ich eine gefühlte Ewigkeit mit dem Familienrat diskutiert hatte, wurde mir die uneingeschränkte Unterstützung meiner Verwandtschaft zu Teil. Gemeinsam machten wir uns daran, Diele, Speisezimmer, Salon und den Wintergarten in einen einzigartigen, etwas verwinkelten Festsaal zu verwandeln. Es wurden Türen ausgehängt. Treppen in Rampen verwandelt, Möbel verschoben und teilweise ganz weggeräumt, um ausreichend Bewegungsfreiraum für die Riesenschildkröten und ihre Reiter sicherzustellen. Die handwerklichen Fähigkeiten meiner Angehörigen waren mir bis dahin völlig unbekannt gewesen und ich hatte das Gefühl, dass diese hektische Vorbereitung uns dennoch alle näher zusammen brachte. Meine Cousinen konstruierten in Windeseile einen kleinen Springbrunnen im Wintergarten, der mit mehreren Lieferwagen voller Seidenblumen bald als Rosengarten erblühte. Dank eines üppigen Restes des Diamantstaubes verbreitete dieser Springbrunnen nach kurzer Zeit ebenfalls wundervolle Lichteffekte. Die hunderten von Kerzen taten ihr übriges. Der vormals kühle gläserne Anbau erstrahlte nun als funkelnder Zauberwald. Zu guter letzt schwebten meine Heliumwolken fast lautlos angetrieben von Elektromotoren von Raum zu Raum. Großmutter hatte die nassen Überreste aus dem Garten aufgesammelt, sie gewaschen, getrocknet und daraus neue Wolken genäht, in denen nun die Schildkröten noch viel besser zu erkennen waren. Vater hatte wortlos für die nötige Heliumbefüllung gesorgt und Cousin Toni die Motoren beigesteuert. Ich hatte vor Rührung einen dicken Kloß im Hals. Zur Probe surrten die Luftgefährte durch den Salon und stupsten sich dabei gelegentlich gegenseitig an. Für Streichquartett und Discjockey fanden wir hervorragende Plätze auf dem Ess- und dem Wohnzimmertisch. Zum Schutz der Oberfläche hatten wir einfach einige der dicken Seidenteppiche darauf ausgelegt, die im gesamten Haus den Boden bedecken. Einzig das Küchenzelt blieb unverändert. Ihm konnte der Regen nichts anhaben und die Kellner mit ihren langen Schürzen gelangten von dort bequem und vor allem trocken ins Gebäude.

Nach zehn Stunden vereinender und vereinter Arbeit war endlich alles bereit und ich einmal mehr schweißgebadet. Nicht nur von der körperlichen Anstrengung, sondern auch von der nervlichen Belastung. Meine Wut hatte sich zwar ruhig verhalten, doch meine stundenlange Angst vor ihr und das wachsame Auge, das ich auf sie werfen musste, hatten mindestens genauso viel Kraft gekostet. Noch eine Stunde bis die Gäste eintreffen würden. Es blieb mir gerade noch Zeit, mich frisch zu machen und mich in meinen dunklen Anzug zu hüllen. Meine Abendgarderobe hatte ich bereits zurechtgelegt. Armani, Armani, Armani, Armani, Armani. Anzug, Hemd, Weste, Schlips und Schuhe. Alles maßangefertigt. Eine meiner Lieblingskombinationen.

Meine Familie war sicht- und hörbar erleichtert, dass alles zu meiner Zufriedenheit vollendet war. »Und ganz ohne Wutausbruch. Dein Vater und ich sind so stolz auf dich, mein Junge.« Mutter hauchte mir einen Kuss auf die Wange. Während meine Onkel, Tanten und Cousins das Werkzeug vom Rücken der Schildkröten wegräumten und einem wieselnden Reinigungsteam das Feld überließen, wünschten sie mir noch einen schönen Abend und zogen sich dann in ihre Privaträume in den oberen Etagen und Nebenflügeln zurück. Großmutter tätschelte noch liebevoll meine Wange und Mutter steckte seufzend mit einer Haarnadel eine letzte große rosarote Seidenblume fest. Es war offensichtlich, dass die beiden gerne mitgefeiert hätten. Ich selbst wünschte mir in diesem Moment nichts mehr als ein paar Stunden Schlaf. Und Ruhe. Mir war nach allem anderen als Feiern zumute. Einzig die Schildkröten waren gelassen wie immer. Wir hatten sie gleich nachdem die letzten störenden Möbel entfernt worden waren, mit kleinen wendigen Gabelstaplern ins Gebäude bringen lassen, um ihnen genug Zeit zur Eingewöhnung zu geben. Sie schienen mit der neuen Situation sogar sehr zufrieden zu sein und bewegten sich neugierig durch die ihnen bis dahin unbekannten Räumlichkeiten.

Die Feier selbst war großartig. Soweit ich mich erinnern kann. Einzigartig. Mit vielen anrührenden Momenten. Schon die Ankunft der Gäste hätte nicht theatralischer inszeniert werden können. Die Presse war rechtzeitig mit den entscheidenden Informationen über den Veranstaltungsort infiltriert worden. Statt wie befürchtet im Dickicht gegenüber dem Eingang zu lauern, hatten sich die Fotografen ein weißes Zelt direkt vor dem Tor errichtet. Der Regen war so dicht, dass selbst das beste Teleobjektiv versagte. Hier half nur noch eine maximale Minimierung des Abstandes. Direkter Mannkontakt. Die ankommenden Gäste wurden mit Blitzlichtgewitter, Applaus und lauten Rufen begrüßt. Nachdem sie sich winkend, lächelnd, posierend und Luft-Küsschen werfend präsentiert hatten, wurden sie von unseren leicht bewaffneten Sicherheitsleuten und großen Schirmen ins Haus eskortiert. Dort erwartete ich sie bereits mit leiser musikalischer Untermalung des Streichquartetts und einigen Gläsern »Methuselah«. Der Name erschien mit passend. Und das Getränk dem Anlass angemessen: Ein Champagner Cristal Brut von 1990.

Meine Gäste hatten sich alle mehr oder weniger an die in der Einladung genannte Uhrzeit gehalten. Alles lief wie von mir geplant und nach einer kurzen Begrüßung und dem Aperitif konnte ich bereits die Spielregeln erklären. »Aufstehen verboten«: Wie ein kleines Kind hatte ich mich auf die Reaktion meiner Gäste gefreut. Ein Raunen ging durch das Grüppchen. Hochgezogene Augenbrauen, Kichern, Schulterzucken. Kein hämisches Grinsen. Niemand machte sich lustig. Meine Wut schnurrte wie ein Kätzchen. Ich geleitete meine Gäste persönlich zu ihren Schildkröten und wünschte uns allen einen schönen und erlebnisreichen Abend. Sie sollten noch sehen was sie erwartete: Es zeigte sich schnell, dass sich ganz ohne mein zutun, die von mir erhofften Konstellationen ergaben. Die beiden Herren mit den ähnlichen Frisuren und den gegensätzlichen Meinungen zum Thema Natur und Umwelt befanden sich bald im herrlichsten Disput – obwohl ihre Schildkröten reichlich Abstand zwischen sich ließen. Die Rangelei zwischen Johannes Paul I und Uwe Barschel bei der Jury-Auswahl hing den beiden immer noch etwas nach. Sie hielten sich gegenseitig im Auge und auf Distanz. Großmutters Wolken wurden von der Situation magisch angezogen. Fast wirkte es, als hätten sie ein Eigenleben entwickelt. Vielleicht war es aber auch eine statische Aufladung durch die hier freigesetzte Energie. Sie ballten sich zu einer kleinen Gewitterfront über den Köpfen der Streithähne zusammen und surrten im Chor. Die beiden Gäste hatten sich ganz offensichtlich »gesucht und gefunden« und überschütteten sich schon nach wenigen Stunden und einigen Flaschen Wein mit Vorwürfen und Beschimpfungen. Der Streit schien den Kontrahenten sehr auf den Magen zu schlagen. Oder wenigstens den Appetit zu zügeln. Nur von den ersten Vorspeisen hatten beide gekostet. Seit die Auseinandersetzung hitziger und ihr Gespräch lauter geworden war, hatten sie alle gereichten Köstlichkeiten rundweg abgelehnt und dies nur mit Rotwein ausgeglichen. Um so lautstarker war ihr Disput im gesamten Erdgeschoss hörbar. Auch die Schildkröten wurden unruhig. So dick ihre Panzer sind, so zart sind ihre Seelen. Für Uwe Barschel wurde die Situation schließlich so unangenehm, dass er sich umdrehte und davon marschierte. Bei diesem Manöver hätte sein Passagier, der Erbe des Chemiekonzerns, beinahe das Gleichgewicht verloren, denn er stand mittlerweile kerzengerade auf dem Rücken des Tieres und gestikulierte wild mit den Armen. Er konnte sich gerade noch an der Wand abstützen und ließ sich dann schwer atmend wieder auf seinen zugewiesenen Platz nieder. Der zurückgelassen Autor starrte den beiden wütend hinterher. In der Zwischenzeit hatte ich nebenan im Salon ein sehr interessantes Gespräch mit dem Fachmann über Hautalterung. Er erwies sich als hervorragender Gesprächspartner, der beseelt von seinen Forschungen erzählte und seiner Enttäuschung vom mangelnden Interesse der Wirtschaft zum Ausdruck brachte. Dabei stopfte er sich – wie zum Trost – alles in den Mund, was man ihm reichte. Die Speisen waren allerdings auch wirklich delikat: Ich hatte sie nach meinen eigenen Vorlieben ausgewählt. Sämtliche Delikatessen wurden auf kleinen Tellern, Schalen, Spießen oder Löffeln gereicht. Es gab Langustine mit eingelegter Wassermelone und Gartentomate, Jakobsmuschel-Sandwich mit zweierlei Spargel, Seppioline mit lauwarmen Eigelb gefüllt und Sauce Mignonette, Rotbarbe mit Meerrettich-Bohnensalat, Sorbet von der Zitronenverbene mit Camparigranitée, mariniertes Spanferkel mit Räucheraal und Dörrpflaumen, Medaillion vom Rehrücken mit Trompetenpilzen und Pfifferlingen und zuletzt verschiedene Desserts aus Champagner, Pfirsich und Waldbeeren sowie Löwenzahneis auf Mandelcrostini mit Rhabarbergelee. Bei allen Kombinationen handelt es sich um Gerichte, die ich zu für mich besonderen Anlässen bereits genossen hatte und die ich auch heute noch mit diesen Momenten verbinde.

Mein an Genen forschender Gesprächspartner und ich kamen sehr schnell darin überein, dass ich zukünftig seine Forschungen finanziell unterstützen und mich um die nötigen Kontakte zur Wirtschaft kümmern würde. Dieses Gespräch wurde abrupt beendet, als eine Servicekraft, die uns zuvor von einigen leergeputzten Tellern befreit hatte, mit ihrer Schürze das Hinterbein meiner Schildkröte streifte. Erschrocken gab sie einen fauchenden Zischlaut von sich, bäumte sich auf und marschierte mit mir davon. Schildkröten sind an dieser Stelle sehr empfindlich. Ich hatte aber vergessen das Personal darüber zu informieren und beschloss daher von einer Abmahnung oder finanziellen Nachverhandlungen abzusehen. Nur kurz flackerte meine Wut auf. Einen winzigen Moment. Dann verschwand sie wieder und lies mich und mein Adrenalin zurück. Ich war gespannt, was mich erwarten würde:

Durch diesen Zwischenfall trug mich mein gepanzerter Sitzplatz langsam über eine Rampe in ein weiteres Zimmer und ich fand mich somit unverhofft direkt neben meiner kleinen Tänzerin wieder. Die junge Dame hatte zuvor mit den vier Sportlern geflirtet und Lady Di und Marilyn Monroe nutzten mein Eintreffen in der Runde dazu, sich mit ihren Passagieren in eine romantische Ecke des funkelnden Wintergartens zurückzuziehen. Sogar Petra Kelly und Gert Bastian folgten ihnen mit drei surrenden Wolken im Schlepptau, so dass die vier Triathleten ganz unter sich waren.

Das gab mir Gelegenheit für einen ungestörten Plausch, bei dem ich erfuhr, dass die Tänzerin in Wahrheit Sängerin und Schauspielerin war und sich Melody X nannte. Der Champagner hatte ihr Temperament voll zum Erstrahlen gebracht. Sie bewegte sich mittlerweile völlig unbeschwert auf dem Rücken ihrer Schildkröte. Die Vorführung ihrer erfolgreichsten Schrittfolgen, Hüftschwünge und Drehungen aus der Fernsehshow wirkten trotz Alkoholisierung und der außergewöhnlichen Lage sehr anmutig. Ich genoss ihre Darbietung sehr. Eine ganz wundervolle Frau. Ihre Schönheit konnte nichts trüben. Nicht einmal, dass sie bei einer besonders gewagten Pirouette mit dem 12 cm langen Absatz ihres Stiletto im Wandgemälde stecken blieb und dabei die Schlacht von Waterloo zerstörte. Eine Beschädigung, die meine Familie und mich seither an diesen unvergesslichen Abend erinnert. Genauso, wie eine besonders große Perle an einer weiteren Haarnadel meiner geliebten Mutter.

Nach diesem Malheur erhob ich mich ebenfalls und forderte Melody zum Tanz auf. Wir wagten sogar einen improvisierten Tango zusammen, was auf dem Rücken zweier Schildkröten gar nicht so einfach ist. Steh-Tango. Aber sehr ausdrucksstark. Ich hatte noch tagelang Rückenschmerzen davon. Der Discjockey spielte für uns, was auch immer wir uns wünschten. Irgendwann sank das Fräulein in meine Arme und schlummerte ein. Ganz Gentleman, deckte ich die Schlafende mit meinem Jackett zu, anstatt ihre Lage auszunutzen. Sie hatte sich wie eine Katze auf dem Panzer ihres Reittieres zusammengerollt. Olof schien zu verstehen – und brachte seine Passagierin in eine ruhige Ecke des Salons. Ich hingegen wurde weitergetragen während der Regen unaufhörlich gegen die Scheiben prasselte.

Der bärtige Theologe, von dem ich mir eigentlich flammende Vorträge über den Weltuntergang erwartet hatte, saß sanft lächelnd neben der runderneuerten OP-Beauty Königin. Sein Lächeln hatte dabei jedoch auch noch etwas anderes. War es Debilität oder Schwachsinn. Meine Erinnerung daran ist hier sehr nebulös. Was mir meine Erinnerung jedoch glasklar wiedergibt ist die Szene, in der er ihre Hand hielt. Ein für mich überraschendes Ergebnis. Geradezu schockierend. Enttäuschend. Auch von der Dame mit dem Schönheitswahn hatte ich mir etwas anderes erwartet. Die beiden schienen sich wortlos zu verstehen und versanken immer tiefer in den Augen des Gegenübers. Beängstigend harmonisch. Ich war froh in dieser Gesellschaft nicht mehr Zeit verbringen zu müssen. Ihre Schildkröten verhielten sich entsprechend zurückhaltend. Rosemarie Nitribitt hielt die Augen geschlossen und hatte den Kopf fast eingezogen. Ich war froh, dass sie das Gesicht ihrer Besucherin nicht sehen konnte, über das ihr doch schon bei der Jurierung einen solchen Schrecken eingejagt hatte. Und John F. Kennedy ertrug ungerührt alles um ihn herum. Er ignorierte die Gäste und widmete sich statt dessen ganz den Resten des Menüs, das ihm eine ganz außerordentlich reizende Servicekraft zukommen lies. Er genoss diese Sonderbehandlung sichtlich. Zwischen den Gängen verfolgte sein Blick gedankenverloren die surrenden Wolken an der Zimmerdecke. Diese spezielle Dame arbeitet übrigens mittlerweile für mich und meine Schildkröten. Es ist sehr schwierig gutes Personal zu finden. Da gilt es jede Gelegenheit zu nutzen!

Im weiteren Verlauf des Abends wurden mir zwei Mitglieder der Triathlonstaffel entgegen getragen. Ihr Zustand war bemerkenswert. Sie hingen quer über den Panzer ihrer Schildkröten. Ein Mitleid erregender Anblick. Einer der beiden hatte mit den Resten eines Langostini-Spießes seine blonde Mähne in eine Art Hochsteckfrisur verwandelt. Die Staffel schien ihr Treffen im Wintergarten für ein Trinkgelage genutzt zu haben. Möglicherweise hatte sich ein Wettstreit entwickelt. Völlig haltlos hatten sie sich über den servierten Champagner hergemacht. Dass sie auch die gereichten Speisen nicht verschmäht hatten, konnte man an ihren bunt verkleckerten Oberhemden sehen, die ihnen aus den Hosen gerutscht waren. Dies ermöglichte zwar einen Blick auf ihre wohlgeformten Muskeln, verbesserte aber in keiner Weise den Gesamteindruck. Die anderen beiden Teammitglieder saßen auf den ihnen zugewiesenen Plätzen und sangen aus vollen Kehlen. Es waren wohl mir bis dahin unbekannte skandinavische Trinklieder. Über ihren Köpfen surrten die schildkrötenförmigen Heliumwolken von Großmutter.Der Springbrunnen funkelte und warf Millionen von Lichtpunkten auf das Blütenmeer. Die Szenerie war mittlerweile auch noch in romantisches Mondlicht getaucht, das durch die große Fensterfront schien. Der Regen hatte etwas nachgelassen und Lady Di und Marilyn Monroe betrachteten fasziniert ihre Passagiere. Ihre Augen waren gebannt auf die schwankenden Sportler gerichtet. Es sah fast so aus, als hätten sich die beiden in ihre attraktiven Gäste verliebt. Die beiden Beaus hatten ihre Schlipse gelockert und die obersten Hemdknöpfe geöffnet, so dass ihre gut trainierten Oberkörper sichtbar wurden. Ich versuchte meine beiden Damen durch heftiges Winken auf mich aufmerksam zu machen. Vergeblich. Sie beachteten mich gar nicht. Auch mein Versuch, durch Bestechung des Servicepersonals die Tiere mit Brotfrucht-Leckereien zu locken, blieb wirkungslos. Lady Di und Marilyn Monroe wollten ihre Gäste ganz für sich behalten. Stattdessen landete ich unversehens im Handgemenge zwischen dem Erben des Chemiekonzerns und dem schreibenden Umweltaktivisten. Hier hatte sich ganz offensichtlich das alte Sprichwort bewahrheitet, dass sich Gegensätze anziehen. Wie von unsichtbaren Magneten bewegt waren die beiden wieder aufeinander gestoßen. Ich konnte mir allerdings des Eindrucks nicht erwehren, dass hier auch meine Freunde Uwe Barschel und Papst Johannes Paul I nicht ganz unbeteiligt waren. Ich meinte sie kichern zu hören. Wie auch immer. Im Lösen von Problemen anderer Menschen bin ich Spezialist und die Streithähne beendeten sehr schnell ihr Gerangel. Eine Entschuldigung lehnten sie aber rundweg ab. Beide fühlten sich im Recht. Beide wollten ihren Zwist lediglich für die Dauer der Party unterbrechen. Meine hochgezogene Augenbraue behielt ich daher noch eine Weile bei. Meine Wut warf einen kurzen Blick durch meine Augen auf die Szene und zog sich dann schnell wieder zurück. Sie verkroch sich irgendwo in meinem Bauch, als sich Johannes Paul I langsam und bedächtig in Bewegung setzte. Wie gesagt. Schildkröten sind sehr feinfühlig. Besonders auf meine Gefühle nehmen die Tiere große Rücksicht. Und nachdem der Autor in Richtung Ausgang abtransportiert worden war, konnte ich mich noch in Ruhe mit dem vollschlanken jungen Mann unterhalten. Er erzählte von seinem Erbe und der schwierigen Situation, der er sich nun im Unternehmen ausgesetzt sah. Sein Vater hatte die Firma einst aus dem Nichts aufgebaut und mit strenger Hand als Patriarch geführt. Der Sohn genoss derweil seinen Sonderstatus als Juniorchef. Er kümmerte sich ausschließlich um Themen, die ihn interessierten und in denen er zweifelsohne brillierte. Von der neuen Aufgabe ein Unternehmen zu führen, fühlte er sich insgeheim überfordert. Die erfahrenen Manager rebellierten gegen ihn und drohten damit, das Unternehmen zu verlassen. Er war dankbar für meine Ratschläge und schien erleichtert, in mir endlich jemanden gefunden zu haben, der sich um die Lösung seiner Probleme kümmern wollte. Mein Fachgebiet! Ich war in Hochstimmung!

Das rauschende Fest endete schließlich um acht Uhr morgens. Der Regen hatte sich bis dahin wieder erholt und stürzte sich ausgeruht vom Himmel auf alles darunter. Nur wenige Pressevertreter hatten bis zum Ende in ihrem Zelt ausgehalten und konnten die Abfahrt der teilweise deutlich angeschlagenen Gäste verfolgen. Vorsichtshalber hatte ich auch dort reichlich Champagner ausschenken lassen. Die schlechte Sicht und der Alkohol sorgten für eine sehr fantasievolle Berichterstattung.

Die Veranstaltung kann man als über alle Maße erfolgreich bezeichnen. Nicht nur für mich privat, weil Melody und ich uns nähergekommen waren und blieben, sondern auch geschäftlich. Ich erteilte wenige Tage später einen Forschungsauftrag an den Wissenschaftler. Auch mit dem Erben des Chemiekonzerns kam ich sehr schnell ins Geschäft. Zum einen wegen der Unterstützung bei der Führung des Unternehmens und der Produktion eines Mittels gegen Hautalterung – zum anderen zum Schutz vor dem Autor, der sich gar nicht mehr beruhigen wollte. An diesem Abend hatte sich zwischen den beiden Männern eine wunderbare Feindschaft entwickelt. Die von uns professionell betreut werden musste. Ich konnte wirklich zufrieden mit mir sein. Ich hatte für unser Unternehmen einen treuen Geschäftspartner und neuen Klienten gewonnen.

Die Presse tat ein Übriges, um den Mythos um meine Partys aufzubauen. Gut informierte Quellen, die namentlich nicht genannt werden wollten, berichteten von wirtschaftlichen Verbindungen, die geschlossen wurden und davon, dass Menschen nach dem Besuch meiner Veranstaltung ihr gesamtes Leben änderten. Eine Schlagzeile lautete beispielsweise: Mr. T bewirkt Wunder! Der darunter stehende Artikel begann mit den Zeilen: Der berühmte Weltuntergangs-Prediger verliebt sich bei der Abendveranstaltung des geheimnisvollen Mr. T in die populäre OP-Schönheit. Er hat angekündigt sein Leben zu ändern und will zukünftig als Mental-Trainer arbeiten. Der Verfasser wünschte ihm dabei viel Erfolg. Mir persönlich hat die Headline sehr gut gefallen.

Erst nachdem einige Tage später die Überreste dieser eindrucksvollen Veranstaltung weitgehend beseitigt wurden und wieder etwas Ruhe eingekehrt war, begann ich weitere Pläne zu schmieden. Beflügelt von den genannten Erfolgserlebnissen und unterstützt von meinen Schildkröten beschloss ich aus diesem Fest ein wiederkehrendes Veranstaltungsformat zu entwickeln. Unser Stammhaus sollte zukünftig jedoch davon verschont werden. Dieses Versprechen musste ich meiner Mutter geben. »Beim Leben unserer Schildkröten«. Ich wollte daher zukünftig mit stets wechselnden Gästen an unterschiedlichen Orten auf der ganzen Welt feiern. Erst nach diesem Gelöbnis nahm sie die Perlen-Haarnadel von mir an. Und dieses Versprechen gab ich ihr gerne. Als Geschäftsmann, der auch im Logistikbereich tätig ist, stellen Transportaufgaben jeglicher Art schließlich für mich keine Herausforderung dar. Egal ob Riesenschildkröten, Weinfässer, Champagner-Kisten, Pyrotechnik oder Schwarzgeld.

Cousin Toni hatte mich am nächsten Tag zur Seite gezogen und mir einige Fotos vorgelegt, die im Laufe des Abends entstanden waren. Wie sie in seine Hände gekommen waren wollte er mir zwar nicht erzählen. Er war aber überzeugt davon, dass keiner der dargestellten Personen diese Motive in den Händen der Presse sehen wollte. Alle Aufnahmen zeigten meine Gäste aus einer eigenartigen Perspektive und in unschönen Situationen. Ich fragte mich wie sie wohl entstanden sein mochten. Toni schien meine Frage bereits zu ahnen. Mit einer wegwischenden Geste beendete er meine Gedanken. »T. glaube mir. Das ist alles nur zur Sicherheit der Familie geschehen! Aber man weiß ja nie, wozu man dieses Material noch brauchen kann. Schau dir doch die Fotos einfach in Ruhe an. Du hast doch immer so verrückte Ideen. Und auch wenn dir nichts dazu einfällt: Ich möchte einfach nur, dass du weißt, dass diese Fotos existieren.« Mein Cousin ist ein sehr umsichtiger Mensch. Ganz unvermutet hatte sich für mich und meine Partys eine neue Nebenerwerbsquelle ergeben. Ich liebe ihn dafür. Ich muss Toni unbedingt einen neuen Skorpion für sein Terrarium besorgen.


Die Diktatur der Schildkröte

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