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Vorwort zur siebten Auflage

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Das Ziel des Buches blieb – im Hinblick auf die neue Auflage – unverändert: Es will historisch vergleichend aufzeigen, was de facto – häufig entgegengesetzt zur öffentlichen Meinung – als neuartig in Bezug auf die heutigen Familienformen und die innerfamilialen Interaktionsprozesse identifiziert werden kann und welche Auswirkungen für den familialen Sozialisationsprozess daraus folgen bzw. folgen können. Um die Breite des familialen Wandels zu erfassen, ist es notwendig, möglichst viele Dimensionen des Familiensystems und familialer Problembereiche in die Analyse miteinzubeziehen. Hiermit wird gleichzeitig dem Leser bzw. der Leserin ein Überblick über die verschiedensten und vielfältigsten familiensoziologischen Themen vermittelt, was ein weiteres Ziel des Buches ist. Um eine vertiefende eigene Einarbeitung in bestimmte Themenbereiche – je nach Interesse – zu erleichtern, sind Hinweise auf diesbezügliche Literatur im jeweiligen Text angegeben.

Wie bei allen vorigen Überarbeitungen wurden auch bei dieser Neuauflage zwischenzeitlich neu eingeführte familienpolitische Maßnahmen und veränderte juristische Rahmenbedingungen einbezogen sowie viele neue empirische Forschungsergebnisse eingearbeitet. Hierdurch konnten manche der Ausführungen in den früheren Auflagen dieses Buches weiterhin belegt, ergänzt und differenzierter beschrieben werden, ohne aber dass hierdurch große inhaltliche Korrekturen vorgenommen werden mussten.

Ein Vergleich der jetzigen Auflage mit der ersten von 1994 zeigt zudem, dass in dieser Zeitepoche von 25 Jahren keine „revolutionären“ Veränderungen in Bezug auf den familialen Wandel zu konstatieren sind; Kontinuität überwiegt, wenn auch einige Trends sich verstärkt haben. Einige sollen im Folgenden aufgelistet werden:

Unter strukturellem Aspekt ist zunächst zu betonen, dass die Variabilität von Familienformen nur etwas zugenommen hat (die gleichgeschlechtliche Ehe ist nunmehr rechtlich erlaubt), dennoch überwiegt weiterhin quantitativ die biologische Zwei-Elternfamilie. In dieser Lebensform wächst auch noch heutzutage die weit überwiegende Mehrheit der Kinder in Deutschland auf. Unter dem Aspekt der Wertschätzung von Familienformen genießt die Kernfamilie, d.h. die Eltern-Kind-Einheit, auch gegenwärtig wie in der Vergangenheit die höchste Anerkennung in allen Bevölkerungsgruppen.

Nach der Kinderzahl in der Familie differenziert, hat die Ein-Kind- Familie in den letzten Jahren etwas abgenommen. Ihr Anteil betrug 1991 = 31 % und nunmehr = 26 %. Trotz der quantitativen Zunahme der Zwei-Kinder-Familie und der damit verbundenen etwas verlängerten Familienphase ist das Zusammenleben von Kindern und Eltern stärker als je zuvor zu einer transitorischen Lebensphase geworden, weil die Lebenserwartung von Männern und Frauen weiter gestiegen ist. Letzteres hatte ferner zur Folge, dass die Zahl der multi-lokalen Mehrgenerationen-Familien stark zugenommen hat. Diese erweisen sich weiterhin als soziale Netzwerke durch ihre Kontaktintensität und die Einlösung des Solidaritätsprinzips.

Die stärkste strukturelle Veränderung betrifft die Zunahme der außerfamilialen Betreuung von Klein-Kindern: der Anteil von Kindern unter 3 Jahren betrug 1991= 4 %, 2017 = 33 %. Immer noch überwiegt die Nachfrage bei weitem das Angebot trotz des inzwischen bestehenden Rechts auf einen Betreuungsplatz und trotz des Anstiegs der Anzahl der Betreuungsinstitutionen in den letzten Jahren.

Damit korrespondierend nahm – aus den unterschiedlichsten Gründen – vor allem auch die außerhäusliche Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kindern von einem bis einschließlich drei Jahren zu. Ihre Erwerbstätigenquote betrug 2006 = 41 %, 2017 = 58 %. Damit hat sich der gesellschaftliche Widerspruch verstärkt: Das „bürgerliche Familienideal“ genießt weiterhin breite öffentliche Zustimmung (vor allem die Nichterwerbstätigkeit von Müttern mit Kleinkindern) bei gleichzeitiger quantitativer Abnahme dieser Lebensform in der Realität.

Ein expliziter familialer Rollenwandel war mit dieser realen strukturellen Veränderung, der gestiegenen außerhäuslichen Erwerbstätigkeit der Mütter, nicht verbunden. Zwar hat der Anteil der „Hausfrauenehen“ stark abgenommen, aber der Ehemann und Vater ist hauptverantwortlich für die ökonomische Sicherstellung der Familie geblieben. Die Einnahmen aus der Erwerbstätigkeit der Ehefrau und Mutter werden als überwiegend notwendiger „Zuverdienst“ bewertet.

Keine Veränderungen gab es in diesem Zeitraum im Übergang von der Ehe zur Elternschaft. Weiterhin meistert die Mehrzahl der Eltern diesen Statusübergang; nur bei einer Minorität ist dieser Prozess mit ambivalenten Gefühlen begleitet. Auch das elterliche Erziehungsverhalten wird in den älteren und in den jüngsten empirischen Untersuchungen sehr ähnlich beschrieben. Dagegen gab es Verschiebungen in der Betonung bestimmter Erziehungsziele. Neben den in den 1990ziger Jahren genannten, werden gegenwärtig auch solche aufgelistet, die vor allem für die Anforderungen in der Arbeitswelt funktional sind.

Weiterhin besteht eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der Familie. Doch das Engagement der Väter und ihre aktive Beteiligung an der Pflege und Erziehung der Kinder sowie an den gemeinsamen Freizeitaktivitäten sind gestiegen. Zu betonen ist ferner, dass die Freizeitgestaltung und -verbringung heutzutage stärker der elterlichen Kontrolle unterliegt, einerseits weil viele Eltern ihre (Grundschul-)Kinder überhaupt nicht mehr allein im öffentlichen Raum belassen (statt mit ihnen diesen differenziert zu erschließen), andererseits ist durch die Verbreitung des Handys bzw. I-Phone’s eine stete Erreichbarkeit zwischen Eitern und ihren Kindern ermöglicht worden.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten: auch wenn die alleinige Festschreibung der Mütter auf den Innenbereich durch ihre zugenommene Erwerbstätigkeit gerade auch während des Kleinkind-Alters sich in den letzten 25 Jahren gelockert hat, ist gleichzeitig – aller Unkenrufe zum Trotz – kein „Untergang der Familie“, sondern im Gegenteil ein zunehmender Familismus zu konstatieren.

Ich möchte mich ganz besonders herzlich bei Herrn Prof. Dr. Michael Feldhaus bedanken, der – trotz seiner eigenen starken beruflichen Belastung – das überarbeitete Manuskript der 7.Auflage nochmals gelesen hat und der mir wichtige Korrekturhinweise gab.

Oldenburg, im September 2018 Rosemarie Nave-Herz

Familie heute

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