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1. Einführung: Zum Strukturbegriff

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Wenn im Zentrum der vorliegenden Abhandlung der „Wandel der Familienstrukturen“ steht, ist es zunächst notwendig, auf den Begriff der „Struktur“ einzugehen, zumal dieser gleichzeitig den Aufbau und das methodische Vorgehen der folgenden Abhandlung bestimmt.

Mit dem Begriff „Struktur“ (Ordnung, Bauart) bezeichnet man in der Soziologie ein Beziehungsnetz von relativer Stabilität und Konstanz zwischen ausgewählten Elementen. Wesentlich für den Strukturbegriff ist aber nicht nur das Vorhandensein oder die bloße Anordnung von Elementen, sondern in welcher bestimmten Ordnung und in welchem Zusammenhang sie untereinander stehen.

Ferner ist zu bedenken, dass wir soziale Strukturen selbst nicht erkennen können, sondern wir müssen ihr Vorhandensein lediglich aus ihrer Wirkung auf das Handeln der Individuen erschließen.

„Struktur“ ist keine Begriffskategorie eines bestimmten wissenschaftstheoretischen Paradigmas, vielmehr wird der Terminus sowohl in mikro- als auch in makro-soziologischen Ansätzen verwendet, in marxistischen und phänomenologischen, in verhaltens- und systemtheoretischen. In der folgenden Abhandlung wird der Begriff „Struktur“ mit einer rollen- und systemtheoretischen Perspektive verbunden, d.h. die Strukturelemente sind identisch mit sozialen Rollen; und mit „System“ wird der Bezugsrahmen einer Struktur bezeichnet. Damit ist der Systembegriff dem Strukturbegriff übergeordnet.

Auf den Familienbereich übertragen, bedeutet hier eine Analyse der Struktur, dass das System „Familie“ im Hinblick auf die familialen Rollen, die Art und Weise, wie diese zueinander geordnet sind und in welcher Beziehung die familialen Rollenträger stehen, zu beschreiben ist. Strukturwandel bezieht sich auf die Frage, ob diese genannten Dimensionen im zeitgeschichtlichen Vergleich als identische oder als veränderte zu skizzieren sind.

Bisher konnte sich keine der verschiedenen Varianten von Systemtheorien – trotz intensiven wissenschaftlichen Diskurses – als allgemein anerkannt durchsetzen. Die folgende Analyse steht in keiner Tradition einer bestimmten Systemtheorie. Mit der Verwendung des Begriffes „System“ bzw. „systemtheoretische Perspektive“ soll hier lediglich eine Forschungsstrategie zur Systematisierung der vielen empirischen Befunde über familiale Wandlungsprozesse angekündigt und ferner das erkenntnisleitende Interesse betont werden, nämlich nicht nur Veränderungen der Familie selbst zu beschreiben, sondern auch die interdependenten Beziehungen zu familialen Out-Systemen, vor allem zum Bildungssystem, sollen analysiert werden. Denn wer den Systembegriff verwendet, kündigt gleichsam an, dass er das, was er nunmehr als System bezeichnet, als einen komplizierten Wechselwirkungszusammenhang vieler Elemente auffasst, denen er im Einzelnen durch eine differenziertere Analyse nachgehen will. Die gewählte Gliederung der vorliegenden Abhandlung folgt dieser systemtheoretischen Sichtweise.

Im ersten Kapitel wird zunächst nach den konstitutiven Merkmalen des Systems „Familie“ im Vergleich zu denen von anderen sozialen Systemen gefragt und nach der – auf theoretischer Ebene möglichen – Vielfältigkeit von Familienformen heute. Schließlich wird diese theoretisch mögliche Pluralität von unterschiedlichen Familienformen mit ihrer quantitativen Verbreitung in der Bundesrepublik Deutschland konfrontiert. Die folgenden Kapitel thematisieren dann weitere innerfamiliale Wandlungsprozesse, vor allem zeitgeschichtliche Veränderungen in den familialen Rollen und den Interaktionsbeziehungen zwischen den Mitgliedern familialer Systeme, und schließlich die veränderten interdependenten Beziehungen zu familialen Außensystemen. Insgesamt wird hier Familie als ein „relative closed system“ (im Sinne von Reuben Hill) gesehen, das von externen Faktoren zwar beeinflusst werden kann, aber nicht im Sinne einer uni-linearen Wirkungskette. Den familialen Systemen werden gewisse Eigendynamiken zugeschrieben: Gleiche extern induzierte Veränderungen (wie z.B. Konflikte am Arbeitsplatz, Schichtarbeit) können zu unterschiedlicher interner Verarbeitung führen. Alle zeitgeschichtlichen familialen Veränderungsprozesse werden jeweils an entsprechender Stelle – und nicht kapitelmäßig gesondert – im Hinblick auf ihre Folgen für die Erziehung und Bildung geprüft.

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