Читать книгу Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 49

4.

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Die „Fidelity“, Easton Terrys hatte auf Zeichen von Ben Brighton die Spitze übernommen, da die „Hornet“ durch ihren zersplitterten Bugspriet nicht mit vollen Segeln fahren konnte.

Bens Bruder Roger hatte sich um die Takelung des Vormastes gekümmert. Fockstag, Vorstengestag und Vorbramstag mitsamt dem Sprietmastbackstag waren durch den Kanonenschuß der „Louise“, der den Bugspriet abgeknickt hatte wie einen Kienspan, zerstört worden. Roger Brighton hatte bereits alles in die Wege geleitet, daß das Rigg erneuert werden konnte, aber erst einmal mußte der Bugspriet wieder in Ordnung sein.

So fuhr Ben am Vormast nur die Fock, was bei achterlichem Wind allerdings nicht viel brachte.

Bis auf die Männer, die an Land gewesen waren, befand sich alles an Deck. Al Conroy scheuchte die Männer an den Culverinen hin und her. Sämtliche Geschütze wurden überprüft, die Brooktaue und Geschütztaljen nachgesehen und die Ladegeräte gereinigt und griffbereit zurechtgelegt. Die Grummets neben den Geschützen wurden mit Kugeln aufgefüllt, die Zündlöcher mit Bohrern gesäubert.

Als es nichts mehr zu beanstanden gab, ließ Al die Männer exerzieren, bis Luke Morgan knurrte: „Nun ist es aber genug, Al. Sonst sind wir fix und fertig, wenn es in Gefecht geht.“

„Was sollen denn Hasard und die anderen sagen, die die ganze Nacht durch marschiert sind, während ihr geschnarcht habt wie besoffene schottische Bauern, he?“

„Sie ruhen sich ja jetzt aus“, sagte Luke. „Oder willst du, daß wir vor Müdigkeit umfallen, wenn die anderen wieder aufwachen?“

Al Conroy nickte. Er wußte, daß Luke recht hatte. Vielleicht war es nur der bevorstehende Kampf, der sie alle ein bißchen nervös werden ließ.

Ben Brightons Kopf schob sich über die Balustrade zum Achterdeck.

„Was ist denn das für ein Hämmern unter Deck?“ fragte er.

Als Conroy hob den Kopf. Jetzt hörte er es auch. Es hörte sich an, als schlage jemand mit einer Axt auf Holz herum.

„Ferris Tucker“, murmelte Al.

„Der sollte doch schlafen!“ rief Ben.

Al grinste zu ihm hoch.

„Du kennst doch Ferris, oder?“ fragte er Ben Brighton. „Wenn an seinem Schiff etwas nicht in Ordnung ist, findet er keinen Schlaf, und wenn er vorher Wochen durch die Gegend marschiert ist. Er wird einen neuen Bugspriet zurechtzimmern, und dein kleiner Bruder wird ihm dabei helfen.“

Ben Brighton zuckte mit den Schultern. Er wußte, daß Al Conroy wahrscheinlich recht hatte.

Er drehte sich um, als er ein Schott knarren hörte. Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Fast hatte er es sich gedacht. Auch der Seewolf hatte in seiner Kammer nicht den rechten Schlaf gefunden. Nach drei Stunden war er wieder auf den Beinen. Er sah zwar noch ein bißchen müde aus, doch seine Augen waren klar.

Er ging zur Backbordseite hinüber und schaute auf die „Fidelity“, die etwa zweihundert Faden vor ihnen segelte.

„Holen wir auf?“ fragte Hasard, als Ben Brighton neben ihn trat.

Ben schüttelte den Kopf.

„Die Kerle haben keine schlechten Schiffe“, sagte er. „Und sie sind nicht so stark beschädigt, wie ich gedacht habe.“

Hasard lauschte.

„Was ist das für ein Hämmern unter Deck?“ fragte er, und als er das Grinsen auf Bens Gesicht sah, fuhr er selbst fort: „Ferris?“

Ben nickte.

„Der kann es in seiner Koje noch weniger aushalten als du“, erwiderte er.

„Gut“, sagte Hasard. „Laß Terry weiter vorweg segeln. Ich gehe Ferris zur Hand, damit wir bald unseren neuen Bugspriet montieren können. Falls irgend etwas Besonderes passiert, gib mir sofort Bescheid. Hat Terry irgendwas signalisiert? Vermutet er einen bestimmten Plan der Piraten?“

„Der eiskalte Hund rührt sich nicht“, sagte Ben gepreßt. „Selbst wenn er etwas vermuten würde, bindet er es uns bestimmt nicht auf die Nase.“

Der Seewolf erwiderte nichts. Er wußte, daß Ben recht hatte. Mit einem Mann wie Easton Terry war eine Zusammenarbeit unmöglich. Ein Mann, der sich für den Nabel der Welt hielt, war für eine Teamarbeit unbrauchbar. Dabei waren sie auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen. Das erste Gefecht, das sie siegreich hatten beenden können, hatten sie noch gegen vier überraschte Gegner gewonnen. Jetzt aber wußten die Piraten Bescheid und würden nur im stärkeren Verband noch einmal angreifen.

Der Seewolf war in Gedanken versunken, als er den Niedergang zur Kuhl hinunterstieg und durch die Luke unter dem Achterdeck ins Hauptdeck kletterte.

Ferris Tucker und Roger Brighton arbeiteten bei Lampenlicht, das durch die Bewegungen des Schiffes schwankte und seltsame Schatten an die Wände warf.

Ferris Tucker schaute auf und grinste Hasard an.

„Auch schon ausgeschlafen?“ fragte er.

Der Seewolf nickte. Er packte mit an, als Ferris den Hobel an den neuen Sprietmast setzte. Eine Weile sah er den schwitzenden Männern bei der Arbeit zu, dann sagte er zu Ferris: „Wir haben noch keine Gelegenheit gehabt, über das zu sprechen, was du bei den Piraten erlebt hast. Erzähl mal. Vielleicht fällt uns dabei irgend etwas auf, was uns der Lösung näherbringt, wer die Kerle sind.“

Ferris Tucker hob die breiten Schultern.

„Ich habe ein paar Namen verstanden“, erwiderte er, „aber die haben mir nichts gesagt.“

„Welche Namen?“

„Servan zum Beispiel.“

„Noch nie gehört“, sagte Hasard. „War er der Anführer?“

„Keine Ahnung“, erwiderte Ferris. „Ich hatte das Gefühl, als ob die Kerle mehrere Anführer hatten. Da waren zwei, die eigentlich gar nicht zu ihnen paßten. Aber sie haben die Piraten zu dem Waffenversteck in der Fischerhütte geführt.“

Hasard fluchte unterdrückt.

„Habe ich mir doch gedacht!“ stieß er hervor.

„Was hast du dir gedacht?“ fragte Ferris, der mit seiner Arbeit fortfuhr.

„Daß die Piraten in der Fischerhütte irgend etwas gesucht haben: nämlich Waffen.“

„Habt ihr die Steinplatte neben dem Kamin nicht gefunden?“ Ferris hob überrascht den Kopf.

Hasard schüttelte den Kopf. „Wir wollten nicht zuviel Zeit verlieren. Schließlich waren wir hinter den Kerlen her, um dich zu befreien.“

„Der eine der beiden, die die Piraten zur Fischerhütte führten, heißt Le Testu, der andere Montbars“, sagte Ferris. „Ziemlich wüste Kerle. Wenn es keine Piraten waren, dann sicher andere Verbrecher.“

Die Namen sagten Hasard auch nichts.

„Der Kerl, den die anderen Le Testu nannten, war ein merkwürdiger Kauz“, fuhr Ferris Tucker fort.

„Wieso?“

„Na, er beschimpfte mich, ich sei ein verräterischer englischer Hurensohn“, sagte Ferris, „und später in der Fischerhütte hat er gesagt, daß er mich wegen meines Verrates wie ein Schwein aufhängen lassen würde.“

Der Seewolf grinste.

„Und das hast du alles verstanden?“

„Und ob!“ erwiderte Ferris Tucker stolz. „Ich habe schließlich einiges auf der ‚Mercure‘ gelernt.“

„Reisen bildet“, warf Roger Brighton grinsend ein.

Hasard begann nachzudenken. Was hatten Ferris Tuckers Worte zu bedeuten? Wieso nannten sie ihn einen Verräter?

„Da fällt mir noch was ein“, sagte Ferris. „Auf dem Weg von der Hütte ins Fischerdorf haben sich dieser Le-Testu und Servan unterhalten. Dabei ist oft das Wort ‚Hugenotten‘ gefallen, und Le Testu sprach immer wieder von katholischen Hundesöhnen.“

„Du meinst, dieser Le Testu gehörte gar nicht zu den Piraten, sondern ist ein Hugenotte?“

„Kann sein“, murmelte Ferris. „Ich weiß aber nicht, wie uns das weiterhelfen sollte.“

Der Seewolf erwiderte nichts. In seinem Kopf begann sich ein Gedanke zu bilden, der ihn nicht wieder losließ. Hatten die Piraten diesen Le Testu eingeseift? Hatten sie ihm vorgelogen, daß sie ebenfalls Hugenotten wären, damit sie mit Waffen versorgt wurden? Warum sonst hatten sie Ferris Tucker als Verräter beschimpft? Ein Hugenotte würde niemals einen Engländer einen Verräter nennen, wenn dieser nicht mit den Spaniern zusammenarbeitete. Hatte das der Pirat Servan etwa behauptet?

„Ferris“, sagte er, „was waren dieser Le Testu und der Mann namens Montbars für Kerle?“

Ferris schaute Hasard überrascht an.

„Hab ich dir doch schon gesagt“, meinte er. „Wenn es keine Piraten waren, dann eben andere Halsabschneider. Wenn einer von den beiden hier bei uns an Bord wäre, würde ich jede Stunde nachschauen, ob mein Hammer, meine Axt und mein Dechsel noch an Ort und Stelle liegen.“

„Du meinst nicht, daß man sie vielleicht gegen die Piraten ausspielen und zu Verbündeten machen kann?“

„Diese Schnapphähne zu Verbündeten?“ rief Ferris. „Dann können wir uns unsere Hälse gleich selber durchschneiden!“

Der Seewolf erwiderte nichts. Ferris schien nicht begriffen zu haben, mit welchem Gedanken er gespielt hatte.

Die beiden Hugenotten befanden sich jetzt an Bord der Piratengaleone, und mit aller Wahrscheinlichkeit waren sie schon irgendwo unter Deck eingesperrt, denn die mit den Spaniern zusammenarbeitenden Piraten und die Hugenotten mußten Todfeinde sein.

Aber was nutzen mir die beiden Hugenotten, wenn sie Gefangene der Piraten sind? fragte sich Hasard. Er schüttelte den Kopf. Es hatte keinen Sinn, weitere Gedanken daran zu verschwenden. Er sah, daß Ferris Tucker mit der Arbeit am Sprietmast fertig war, und half ihm, die Stenge an Deck zu bringen.

Ferris Tucker war bereit, den neuen Bugspriet während der Fahrt anzubringen, aber Hasard verbot es. Er wollte keinen Mann durch einen Unfall verlieren.

Die beiden Piratenschiffe hatten den Abstand bisher ziemlich halten können, und das aufziehende Wetter war ihr Verbündeter.

Von der Sonne, die vor Stunden glutrot über der Küste aufgegangen war, war nichts mehr zu sehen. Dunkle Wolken hatten sich vor sie geschoben. Der Nebel begann, dichter zu werden, und der Wind hatte mächtig aufgefrischt. Gischtfahnen wehten über das Deck der „Hornet“.

Immer wieder verschwanden die Piratenschiffe in dichten Nebelfeldern, aber noch hatten die „Hornet“ und die „Fidelity“ sie nicht aus den Augen verloren.

Der Seewolf ließ zu Terry hinübersignaliseren, daß sie dichter zusammenbleiben sollten. Es dauerte eine Weile, bis Hasard Antwort erhielt, und er wußte, daß Terry sich wieder einmal schwertat, einen Befehl hinzunehmen. Aber das war ihm gleichgültig. Er hatte sich geschworen, mit Easton Terry keine Geduld mehr zu haben. Er mußte einsehen, daß nur einer das Kommando des Unternehmens haben konnte, und das war er, Philip Hasard Killigrew.

Seewölfe Paket 15

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