Читать книгу Das Dunkle Erbe - R.S. Volant - Страница 4
Falco
ОглавлениеFalco hatte Amanoue noch lange in seinen Armen gehalten, bis er ihn schließlich sanft zurück auf die Kissen bettete. Er deckte ihn sorgfältig zu, schnaufte tief durch und setzte sich auf den Stuhl, der neben dem Bett stand. Eine Weile beobachtete er ihn noch, dann stand er auf und verließ das Zelt. Draußen saßen seine vier Kameraden und blickten ihn fragend an. Sie hatten direkt unter dem großen Vordach des königlichen Zeltes ein Feuer entfacht, um die Flammen vor dem Regen zu schützen, der schon eine ganze Zeitlang fiel. „Und?“, fragte Mati, „wie geht’s ihm, ist er wach?“ Falco schüttelte den Kopf. „Nein, er schläft immer noch. Dabei hätte ich schon vor Stunden seinen Verband wechseln sollen.“ Er sah Brac an. „Hilfst du mir? Irgendjemand muss ihn stützen und er vertraut dir“, sagte er zu dem riesigen Soldaten mit dem gutmütigen Gesicht. „Ja, sicher! Das Wasser kocht schon ewig. Wir haben auch die Schüsseln ausgekocht, genauso, wie du es gesagt hast“, antwortete Brac zu ihm hin. „Willst du einen Becher heißen Wein?“ Er stand auf, schenkte, ohne auf Falcos Antwort zu warten einen Becher voll und reichte ihn seinem Hauptmann. „Danke, den kann ich jetzt brauchen!“ Falco nahm das dampfende Getränk entgegen und nippte vorsichtig daran. Er schnaufte tief durch und setzte sich neben Mati, seinem besten Freund. „Nun mach nicht so ein Gesicht“, sagte der. „Der Kleine kann doch nichts dafür!“ „Ach ja? Wenn er nicht wäre, würden wir hier nicht festsitzen! Gott weiß, wie lange!“, brummte Falco zurück. „Du weißt ja gar nicht, was für eine Verantwortung auf mir lastet! Was, wenn er stirbt? Denkst du allen Ernstes, dass seine Majestät mir einfach so vergeben wird? Sein kleines Kätzchen? Wenn dem Miststück was passiert, bin ich dran!“ Er trank einen größeren Schluck und stierte missmutig ins Feuer. Mati zuckte kurz mit den Augenbrauen und klopfte seinem Freund aufmunternd auf die Schulter. „Der Kleine ist zäher, als wir alle denken! Das hat er ja schon öfter bewiesen! Glaub mir, das schafft er schon und du bist ja nicht allein. Wir werden alle, unser Bestes tun und falls er doch stirbt, war es Gottes Wille, das hat auch Gregorius gesagt und der ist der beste Heiler, den ich kenne!“ „Hoffentlich, hast du recht“, knurrte Falco, erhob sich und sah zu Brac. „Kommst du?“ Der große Soldat nickte seufzend, holte die sauberen Schüsseln, folgte seinem Hauptmann ins Zelt und nachdem sie den Kräuteraufguss, den sie für die Wundwaschung benötigten zubereitet hatten, traten sie gemeinsam zum Bett. „Hallo“, rief Brac erfreut, „da ist ja jemand wach!“ Der sanfte Riese setzte sich auf die Bettkante, die sich daraufhin bedrohlich knarrend senkte und lächelte breit. „Na Kleiner, wie geht’s dir denn?“ Amanoue blickte ihn kurz an und drehte sich weg. Seine schönen Augen waren völlig verweint und dunkle Schatten lagen darunter. „Aber, aber! Wer wird denn hier weinen? Echte Kerle weinen doch nicht! Komm mal her, Kleiner, das wird schon wieder, hm“, brummte Brac gutherzig, nahm ihn vorsichtig in seine mächtigen Arme und zog ihn sanft an sich. Amanoue schmiegte sich sofort an ihn und schluchzte herzzerreißend dabei. Angesichts Bracs Größe, wirkte er noch schmächtiger als sonst schon und verschwand beinahe in dessen Umarmung. „Oh, oh, Kleiner! Der alte Brac ist doch da, hm? Papa Brac hilft dir schon, wirst sehen, ist alles halb so schlimm! Wir sehen uns jetzt erst mal deine Wunde an, ja?“ Er drückte ihn noch einmal an sich, klopfte ihm sanft den Rücken und schob ihn dann sachte zurück. Amanoue saß vor ihm, wie ein Häufchen Elend, mit gesenktem Blick und noch immer leise schluchzend. „Na dann, komm“, sagte Falco und wirkte beinahe verlegen dabei. Er hatte die Schüssel mit dem Aufguss auf den Stuhl gestellt, setzte sich ebenfalls auf die Bettkante und begann Amanoues Verbände zu lösen. Brac hielt Amanoue vorsichtig fest und stützte ihn dabei so gut es ging, doch als Falco die alte, durchgeblutete Kompresse löste, keuchte Amanoue schmerzerfüllt auf. „Sch, sch, Kleiner. Halt dich nur an mir fest! Ich weiß, dass es wehtut“, flüsterte Brac ihm ins Ohr und streichelte wieder seinen Rücken. Falco verzog sein Gesicht, als er die Wunde sah. Sie war verklebt und erneut deutlich an den Rändern gerötet. Vorsichtig fing er an sie auszuwaschen und Amanoue stöhnte laut. Er zitterte bereits vor Schmerzen und krallte sich in Bracs kräftige Unterarme. „Ist ja gut, hast es gleich überstanden, Kleiner“, versuchte der ihn zu beruhigen und verzog dabei ebenfalls ein wenig sein Gesicht, als er Amanoues Fingernägel spürte, die sich tief in seine Haut gruben. „Bist `n ganz Tapferer“, kam es etwas gequält über seine Lippen, während Falco einen neuen Verband anlegte. Tief durchschnaufend stand er danach auf, ging mit der Schüssel zurück zu dem großen Tisch und wusch sich die blutigen Hände. „Siehst du, ist schon vorbei“, hörte er Brac sanft sagen, der Amanoue noch immer wie ein kleines Kind im Arm hielt und hin und herwiegte. „Isch muss mal“, hauchte Amanoue leise zu ihm und Brac ließ ihn nickend los. Sofort sank Amanoue zurück in die Kissen und der große Mann deckte ihn fürsorglich zu. „Ich hol dir `ne Schüssel“, sagte er, stand auf und holte die Nachtschüssel, die auf einem Hocker neben dem Waschtisch stand. Dabei warf er einen fragenden Blick zu Falco, der sich wieder zu ihnen umgewandt hatte. „Lass ihn ja nicht aufstehen!“, sagte der Hauptmann barsch und kam mit großen Schritten zurück zum Bett. Er sah Amanoue streng an, schlug die Decke wieder zurück, nahm Brac die Schüssel weg und stellte sie zwischen dessen Beine. „Aber so kann isch nischd“, nuschelte Amanoue und schob verschämt ein Bein hoch, um seinen Schambereich damit zu bedecken. „Dann wirst du es lernen! Du stehst auf keinen Fall auf! Hast du verstanden?!“, schnauzte Falco ihn an, „wenn du mal musst, wirst du`s hier im Bett machen! Stell dich nicht so an, wir haben dich schon oft genug nackt gesehen und das schien dir nicht gerade peinlich zu sein!“ Amanoue schüttelte leicht seinen hübschen Kopf, der deutlich errötete, schob die Schüssel mit dem Fuß weiter nach unten und zog die Decke wieder über sich. „Isch muss doch nischd“, sagte er matt, drehte sich auf die rechte Seite und damit ihnen seinen Rücken zu. Ohne sich noch weiter zu rühren, weinte er leise vor sich hin und Brac räusperte sich verlegen. „Ähm, ja, weißt du was, Kleiner? Der Hauptmann und ich, wir gehen jetzt mal nach draußen, vielleicht geht’s ja dann, hm?“, meinte er und strich ihm noch einmal tröstend über den Kopf. „Ich bring dir später `ne Schüssel voll leckeren Eintopf und einen Becher heißen Gewürzwein, danach geht’s dir gleich besser, wirst schon sehen! Bis später, ja?“ Gemeinsam gingen sie zum Ausgang, doch bevor Falco das Zelt verließ drehte er sich nochmals um. „Steh ja nicht auf, du Miststück! Ich warne dich, Amanoue, ich prügle dich windelweich!“, rief er drohend zum Bett und trat nach draußen. „Was sollte das, denn? Meinst du, dass das was bringt? Warum bist du so, zu ihm?“, fuhr Brac ihn an und hielt ihn am Arm fest. „Warum ich so zu ihm bin?“, schrie Falco aufgebracht und riss sich los. „Dieses asconische Flittchen hat mir von Anfang an, nur Ärger gemacht! Ich habe nicht vergessen, dass ich wegen ihm beinahe meinen Rang als Hauptmann los gewesen wäre! Diese Schmach, als ich zu Satory versetzt worden bin und erst die Demütigung, als er mich bei dem tiranischen Reiterspiel geschlagen hat! Vor den Augen des Königs und allen anderen! Hör mir bloß auf, ich mag ihn einfach nicht und jetzt auch noch dies!“ Er deutete um sich. „Jetzt muss ich mich auch noch um ihn kümmern! Ihn waschen und pflegen! Ich hab`s so satt, sein Kindermädchen zu spielen! Ich bin der Hauptmann der königlichen Garde und keine Krankenpflegerin!“ Voller Wut nahm er seinen Becher, schenkte ihn randvoll, trank ein bisschen zu schnell und verbrannte sich die Lippen, an dem heißen Wein. „Verdammte Scheiße!“, rief er aufgebracht und hielt sich die freie Hand an den Mund. Die anderen versuchten ruhig zu bleiben, konnten sich aber ein Lachen nicht verkneifen und selbst Alecto grinste kurz mit hochgezogenen Augenbrauen. „Beruhige dich, Falco, sonst haben wir womöglich bald noch einen Pflegefall!“, rief Mati und sie lachten schallend. „Idioten!“ Falco setzte sich und musste zwangsläufig ein wenig mitschmunzeln. „War das heiß, verdammt“, brummte er. „Aber eines müsst Ihr zugeben, Hauptmann, auch wenn Amanoue `ne richtige, kleine Metze ist, er hat wirklich einen süßen, kleinen Arsch und sein Gesicht ist auch echt hübsch!“, warf Matto ein. „Und wenn ich daran denke, dass ich ihn hätte vögeln können, bedauere ich es fast, dass ich es nicht getan habe. Damals, als er so besoffen war. Das hättet Ihr erleben müssen, er war wirklich heiß! Der wär` mit jedem mitgegangen, wie `ne richtige Schlampe eben! Und das als Kerl!“, lachte er kopfschüttelnd auf und sie stimmten in sein Gelächter mit ein. „Ja, bloß hätte ich dir `n paar auf die Fresse gegeben, wenn du ihn angerührt hättest!“, erwiderte Brac grinsend. „Der Kleine hat doch gar nicht mehr gewusst, was er tat, so blau wie der war und ihr habt das alle ausgenutzt! Ich glaube, dass er gar nicht so ist, wie ihr ihn alle einschätzt! Amanoue ist schon in Ordnung, ich jedenfalls mag ihn. Immerhin war`s nie langweilig, wenn er bei uns hinten mitgeritten ist!“ Sie nickten bestätigend, außer Falco, der wieder mürrisch das Gesicht verzog. „Ja, ihr hattet Euren Spaß und ich den Ärger“, brummte er. „Also, ich mag am liebsten seine Haare“, sagte Alecto auf seine monotone Art und alle blickten zu ihm hin. „Ehrlich, habt ihr schon jemals solches Haar gesehen? Diese Farbe, wenn die Sonne oder die Flammen es beleuchten, dieser Glanz! Manchmal scheint es regelrecht zu glühen!“, schwärmte er und Mati schüttelte seinen Kopf. „Noch nie! Kein Weib, das ich kenne, hat solche Haare! Wenn er es offen trägt und seinen Kopf nach hinten schüttelt, hat ihm jeder dabei zugesehen, auch du!“, bestätigte er und sah zu Falco, der ihm einen geringschätzigen Blick zuwarf. „Wenn du dich da mal nicht täuschst! Ich hasse seine Haare! Ich hasse alles an ihm! Schon, wie er einen ansieht, die Art und Weise, wie er seine Augen niederschlägt und einen mit gesenktem Blick von unten herauf ansieht, als hätte er es einstudiert und dann noch dieses Grün! Manchmal läuft es mir eiskalt über den Rücken, wenn er mich mit diesen Katzenaugen ansieht!“, sagte er, schüttelte sich dabei wie ein Hund und alle lachten herzlich auf. „So“, meinte er schließlich, „Brac, wie sieht es aus, mit deinem Eintopf? Langsam bekomme ich Hunger und Amanoue sollte auch etwas essen! Ich werde ihm etwas bringen.“ Der Hauptmann stand auf, schenkte einen Becher voll Wein und Brac reichte ihm einen Teller Suppe mit Brot. Falco nickte ihm noch einmal seufzend zu, schlurfte damit ins Zelt und blieb wie angewurzelt stehen. Das Bett war leer. Amanoue lehnte am Waschtisch, hielt sich mit beiden Händen daran fest und als er sich leicht wankend umdrehte erschrak er sichtlich, als er Falcos Blick begegnete, der ihn unverhohlen musterte. Mit einer Hand angelte Amanoue sich ein Laken, hielt es schützend vor seinen nackten Unterleib und senkte beschämt seinen Kopf. „Was fällt dir ein? Hab ich dir nicht verboten, aufzustehen?!“ Falco stellte den Teller und den Becher auf den Tisch, war mit wenigen Schritten bei ihm und hob die Hand wie zum Schlag. Amanoue wich taumelnd zurück, verfing sich im Laken und wäre beinahe gestürzt, doch Falco war schneller und fing ihn gerade noch auf. „Bitte nischd schlagen, `err“, wimmerte Amanoue und wagte nicht dabei aufzusehen. Er hatte seinen rechten Arm schützend erhoben und zitterte vor Angst, dann gaben seine Beine nach und er sank in Falcos Arme, der ihn hochhob und zurück zum Bett trug. Vorsichtig legte er ihn darauf und dabei glitt sein Blick über Amanoues nackten, wunderschönen Körper. Wie von selbst streckte er seine Hand nach ihm aus, berührte Amanoues samtweiche Haut, strich mit den Fingerspitzen über dessen Brust und Bauch, bis hinab zu dem kleinen herzförmigen Leberfleck, der direkt über Amanoues Schambereich lag. Schweratmend zeichnete er einen Kreis um das Mal, fuhr die Linie der Härchen nach, dann zog er ruckartig seine Hand zurück und verließ fluchtartig das Zelt. Schnellen Schrittes lief Falco an seinen Kameraden vorbei, die ihm verblüfft nachsahen und erst als er etwa zehn Meter von ihnen entfernt war, blieb er abrupt stehen. Mit beiden Händen fuhr er sich mehrmals über sein Gesicht, atmete dabei tief ein und aus und drehte sich schließlich zu ihnen um. „Brac, bring ihm sein Essen und bleib bei ihm! Ich reite eine Runde“, sagte er beinahe atemlos und marschierte ohne sich noch einmal umzusehen weiter zum Pferch, in dem die Pferde untergebracht waren. Brac brauchte noch einen Moment, bevor er aufstand und die anderen reihum ansah. Alecto hob nur seine Augenbrauen, Matto grinste verstohlen und Mati schüttelte wie zu sich selbst langsam seinen Kopf. „Wenn ihr mich fragt, irgendetwas stimmt nicht, mit unserem Hauptmann. So, hat er sich früher jedenfalls nicht benommen!“, raunte der große Mann ihnen zu, doch dann schnalzte er mit der Zunge und betrat das Zelt. „Was war denn wieder los?“, fragte er, als er mit dem Teller Suppe und dem Becher warmen Würzwein vor dem Bett stehenblieb. „Der Hauptman hat sich gerade benommen, als wäre der Leibhaftige persönlich hinter ihm her!“ Amanoue blickte ihn an und schüttelte nur matt seinen Kopf. „Isch bin aufgestanden, weil ich so durstig war. Isch dachte, dass Wasser im Krug wäre“, antwortete er leise und deutete zum Waschtisch. „Ach du Scheiße, Kleiner! Hat er dich etwa wirklich geschlagen?“, erschrak Brac und setzte sich. „Nein, aber er …“ Amanoue senkte verschämt den Blick. „Was denn?“, fragte Brac neugierig nach. „Nischds“, antwortete Amanoue leise, „es war nischds“, nuschelte er schluckend und Brac nickte verständnisvoll. „Ist ja klar, dass du durstig bist! Hier, trink erstmal einen Schluck, deine Kehle ist sicher ganz trocken, so wie du eben geschluckt hast“, meinte er und hielt ihm den Becher an die Lippen. „So, das reicht erstmal. Jetzt isst du die Suppe und dann bring ich dir noch frisches Wasser, ja“, sagte er mitfühlend und begann ihn mütterlich zu füttern.
Als Falco zum Lager zurückkam, dämmerte es bereits stark. Nachdem er Latiago versorgt und zurück in den Pferch gebracht hatte, ging er zum Zelt, doch niemand war von seinen Soldaten zu sehen. Das Feuer war heruntergebrannt, er warf einige Holzscheite hinein und betrat das Zelt, aus dem mehrere Stimmen und Gelächter zu hören waren. „Sonst geht’s euch gut, ja?“, maulte er, „das Feuer ist fast aus und ihr haltet hier drin ein Saufgelage ab! Was soll das?! Warum steht keiner Wache?“, fuhr er seine Männer an und die sahen zu ihm hin. „Hast du dich wieder beruhigt? Anscheinend nicht“, fragte Mati schmunzelnd. „Ich weiß nicht, was du meinst!“, fauchte Falco ihn an und sein Freund schüttelte verständnislos den Kopf. „Was ist nur los, mit dir? Du führst dich auf, dass ich dich nicht wiedererkenne! Warum sollen wir da draußen rumsitzen? Das können wir auch hier drinnen! Glaub bloß nicht, dass wir während deines kleinen Ausritts nichts getan haben! Wir haben alle Glutbecken gefüllt, frisches Wasser geholt, Matto hat einen Hasen erlegt, den Brac dann sofort geschlachtet und gebraten hat und außerdem hat er noch mit Alecto Amanoues Verbände gewechselt! Du warst ja nicht da! Der Kleine hatte ziemliche Schmerzen und Fieber, aber das scheint dich ja offenbar nicht zu interessieren!“, schnauzte er zurück und Falcos Blick ging hinüber zum Bett. Brac und Alecto saßen bei Amanoue und während Alecto Amanoues schwachen Körper stützte, hielt Brac einen Teller mit Fleisch und Brot in seinen Händen. „Er will nichts essen“, sagte Brac bestürzt und sah seinen Hauptmann an. „Er hat nur Durst, ich glaube, dass das Fieber wieder steigt.“ „Wenn er hungrig ist, wird er schon essen!“, gab Falco grob zurück, setzte sich auf seinen gewohnten Platz und nahm sich selbst etwas. Er fing seelenruhig an zu essen, reagierte nicht auf ihre verständnislosen Blicke, schenkte sich einen Becher voll Wein und trank einen großen Zug. Schließlich sah er genervt auf. „Was glotzt ihr mich so an?! Wenn dieses verdammte Luder doch nur verreckt wäre! Dann säßen wir jetzt nicht hier in der Scheiße! Ach, ihr kotzt mich alle an!“, schrie er sie an, stand auf und verließ wutentbrannt wieder das ehemalige Zelt des Königs. Mati erhob sich schnell und folgte ihm nach. „Falco! So warte doch, bitte!“, rief er, lief ihm hinterher und hielt ihn am Arm fest. „Was ist nur mit dir? Wie kannst du so etwas nur sagen? Vor ihm? Ich kann ja verstehen, dass du wütend bist, aber er kann doch nichts dafür! Er hat unserem König das Leben gerettet! Denkst du nicht, dass wir, du! Ihm damit etwas schuldig bist? Als Hauptmann der Garde hat dich seine Majestät damit beauftragt, für ihn zu sorgen und dich um ihn zu kümmern! Es ist deine Pflicht, diesen Auftrag zu erfüllen und ihn ihm wiederzubringen!“ Falco sah ihn an und riss sich los. „Du hast ja keine Ahnung! Ihr wisst gar nichts! Ich soll ihn gar nicht über den Pass bringen“, raunte er wesentlich leiser, „die Herzöge und der General, haben mich ständig bedrängt, ihn zurück zu bringen, oder sterben zu lassen.“ „Zurück? Wohin?“, Mati war sichtlich erbleicht und trat einen Schritt zurück. „Ins Hurenhaus? Oder nach Asconien, irgendwohin! Ganz gleich, aber bloß nicht, über den Pass!“, antwortete Falco zynisch. „Sie sagten, dass der König dann ganz sicher seinen Thron verlieren würde und ich somit auch Schuld daran hätte! Verstehst du? Sie sagten, dass, wenn ich meinen König wirklich lieben würde, ich dies niemals zulassen dürfe! Ja, ich liebe meinen König und ich habe ihm den Treueeid geschworen und den soll ich nun brechen und meinen König hintergehen! Aber ich möchte auch nicht die Schuld daran tragen, wenn er deswegen seinen Thron verliert. Ich fühle mich innerlich zerrissen und weiß einfach nicht, was ich tun soll“, sagte er bekümmert und hielt sich eine Hand an die Stirn. „Das kannst du doch nicht tun! Nicht zurück ins Hurenhaus! Der arme Junge! Dann bringen wir ihn eben in seine Heimat!“, sagte Mati entschlossen. „Wieso? Das ist er doch gewöhnt, du hast Matto doch heute Nachmittag gehört! Und Magiyar ist auf jeden Fall näher, als Asconien!“, wiedersprach Falco kalt. „Wenn er doch nur gestorben wäre“, murmelte er kopfschüttelnd, bevor er seinen besten Freund wieder direkt ansah. „Dir ist doch wohl klar, dass ich nie wieder nach Austrien zurückkehren kann, wenn ich ihn nicht über den Pass und zu Henry bringe! Ich werde meine Familie nie wiedersehen und Marianna!“ „Du meinst wir“, sagte Mati mitfühlend und berührte seinen besten Freund wieder sanft am Arm, doch Falco schüttelte energisch seinen Kopf. „Auf gar keinen Fall! Wenn Amanoue überlebt, werde ich ihn allein fortbringen! Ich ziehe euch da nicht mit hinein. Keinen von euch und dich schon gar nicht! Ihr werdet alle gemeinsam über den Pass reiten und nach Averna reisen! Das ist allein, meine Angelegenheit“, wiedersprach er erneut. „Das ist nicht dein Ernst! Falco, wir sind die besten Freunde, schon von Kindesbeinen an! Hast du vergessen, welche Pläne wir hatten? Wir haben noch fünf Jahre. Fünf verdammte Jahre und dann sind wir frei! Das wirst du doch nicht aufs Spiel setzen?“, fragte Mati und sah ihn verzweifelt an. „Mati, ich weiß nicht, was ich tun werde. Jetzt jedenfalls noch nicht. Bitte, lass mich jetzt einfach in Ruhe und sag den anderen nichts davon!“, bat Falco ihn eindringlich und Mati nickte. „Gut! Aber bitte, tu es nicht! Überstürze jetzt nichts, du hast recht, der Asconier ist es nicht wert, dass du deine Zukunft für ihn aufs Spiel setzt und auch kein König! Lass uns einfach über den Pass ziehen und dann geht uns das alles nichts mehr an. Bitte, Falco, denk darüber nach. Was scheren uns Henrys Liebschaften? Du trägst an nichts irgendeine Schuld! Lass uns einfach unsere Dienstzeit beenden und zurück nach Hause kehren, zu unseren Familien!“, erwiderte er darauf. „Geh jetzt bitte ins Zelt und kümmere dich um alles! Und lass ja eine Wache aufstellen! Die anderen können ruhig im Zelt schlafen, ich komme später nach, aber ich muss jetzt erstmal allein sein, bitte Mati“, antwortete Falco betroffen, drückte die Hand seines Freundes, drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit.
Brac saß vor dem Zelt und summte leise vor sich hin, als er ein leises Knacken hörte. „Halt! Wer da?“ „Wer wohl? Holzkopf! Ich natürlich!“ Falco trat in den Schein des Feuers und grinste ihn an. „Alles klar, Hauptmann?“, fragte Brac und sah ihn abschätzend an. „Na klar! Es geht mir besser! Ich musste einfach mal alleine sein und meine Gedanken ordnen“, antwortete Falco lächelnd. „Und nun bin ich hundemüde, gute Nacht, Brac“, sagte er und streckte sich etwas gequält. Brac nickte ihm noch zu und Falco betrat das Zelt, das nur spärlich beleuchtet war. Er blieb kurz stehen, doch nichts rührte sich. Alle schliefen und so ging er zum großen Bett des Königs und beugte sich über Amanoue, der ihn aus fiebrigen Augen ansah. „Warum schläfst du nicht?“, fragte er flüsternd. „Mir ist so kalt und es tut so weh“, antwortete Amanoue so leise, dass Falco Mühe hatte, ihn zu verstehen. Er setzte sich. „Hör zu, es tut mir leid, dass das so mit uns gelaufen ist, bisher“, raunte Falco ihm zu und Amanoue nickte schwach. „Isch weiß, dass Ihr misch nischd über die Pass bringen werdet, Benny `at es mir ersählt. Ihr werdet misch surückbringen, nischd wahr?“, hauchte er traurig. Falco atmete schwer durch. „Ich weiß noch nicht, was ich tun werde. Du musst erstmal wieder gesund werden und dann sehen wir weiter“, antwortete er sanft. Amanoue zitterte jetzt am ganzen Leib. „Mir ist so kalt“, flüsterte er kläglich. „Du hast Schüttelfrost, ich weiß nicht mehr, was ich tun soll, um dir zu helfen. Deine Wunde hat sich wieder entzündet“, sagte Falco mitfühlend. „Ihr braucht nischds su tun, `err. Isch werde nischd sterben, weil isch nischd sterben kann, macht Eusch deswegen keine Sorgen. Isch bin verflucht, von Gott, weil isch versagt `abe“, nuschelte Amanoue mit klappernden Zähnen. „Bald, wird es mir besser ge`en, ob Ihr etwas tut oder nischd. Ihr braucht Eusch keine Mü`e su geben, lasst misch einfach liegen, selbst wenn isch sterbe, so wache isch wieder auf und außerdem weiß isch, dass es Eusch suwider ist“, sagte er noch leiser. „Was redest du da nur? Ja, ich war wütend und habe meine Wut an dir ausgelassen, aber mittlerweile habe ich eingesehen, dass ich sehr ungerecht dir gegenüber war. Es tut mir sehr leid, alles, was ich gesagt habe, glaube mir und du bist mir nicht zuwider“, erwiderte Falco bedauernd und begann sich bis auf seine Hose auszuziehen. „Ich werde dich wärmen“, sagte er, legte sich zu ihm und nahm ihn in seine Arme. Amanoues warmer, weicher Körper in seinen Armen, die Hitze, die er ausstrahlte und sein betörender Veilchenduft hüllten ihn ein und raubten ihm fast die Sinne. Seine Hand strich sanft über Amanoues Arm, spürte die unsagbar zarte Haut, streichelte weiter und blieb schließlich auf dessen Brust liegen. „Ich will nicht, dass du stirbst“, flüsterte er ihm ins Ohr, „ich möchte, dass du lebst. Bitte, Amanoue, lebe.“ Falco schmiegte sich noch enger an ihn und blies ihm immer wieder seinen heißen Atem ins Genick. Langsam lies das Zittern nach und Amanoues Atem wurde immer ruhiger, bis er scheinbar eingeschlafen war. Falco strich ihm vorsichtig das Haar zurück und küsste zart seinen Nacken. Sein Verlangen wurde immer stärker und seine Hand rutschte immer tiefer, glitt hinab über den zarten, flachen Bauch, spürte die ersten weichen Härchen, seine Finger kraulten kurz das ungewöhnlich samtige Schamhaar, fuhren dann über die Hüfte, strichen ihm über den Schenkel, berührten seine kleinen, runden Pobacken und wie von selbst fanden sie den Weg hin, zur Mitte. Er glitt mit seiner Hand von hinten zwischen die Beine, erkundete diese für ihn fremde Region, ertastete den zarten Muskel und drang mit einem Finger leicht dabei ein. Amanoue stöhnte leise auf, schob sich ihm entgegen und der Finger drang dadurch tiefer in ihn ein. Amanoue stöhnte erneut, voller Verlangen diesmal und Falco nahm einen neuen Duft an ihm wahr. Süß und schwer, wie der berauschende Duft von Lilien, legte er sich über ihn und hüllte sie ein. Falco zog seine Hand schweratmend zurück, öffnete begierig seine Hose und wälzte sich auf ihn, Amanoue spreizte bereitwillig die Schenkel, ließ ihn dazwischen gleiten und Falco spürte, wie sich Amanoue ihm entgegendrängte. Dann war er plötzlich in ihm, stieß ein paarmal heftig zu und kam sehr schnell. Er konnte ein unterdrücktes Stöhnen nicht verhindern, verblieb noch kurz in ihm und löste sich wieder von ihm, ohne ihn jedoch loszulassen. „Was hast du nur mit mir gemacht“, keuchte er, „du hast mein ganzes Leben zerstört!“, flüsterte er heiser, aber er konnte nicht damit aufhören ihn zu streicheln und immer wieder seinen zarten Nacken zu küssen. Amanoue schluchzte leise auf, doch Falco hielt ihn nur noch fester in seinen starken Armen, bis sie schließlich engumschlungen einschliefen.
Falco erwachte schlagartig, als er die Stimmen der anderen hörte. Er ruckte sofort von Amanoue weg, zog seine Hose hoch und stand auf. Niemand außer ihnen war im Zelt und so zog er sich zügig an und trat nach draußen. Mati und Brac saßen am Feuer, blickten zu ihm auf und nickten ihm zu, doch Falco sah sie kaum an. Mit verlegen gesenktem Blick setzte er sich neben Mati und räusperte sich leise. „Ähm, wo sind die anderen?“, fragte er und vermied es tunlichst, aufzusehen. „Füttern die Pferde! Hast du gut geschlafen?“, erwiderte Mati seltsam kühl und ohne ihn anzusehen. „Nein, nicht wirklich. Amanoue hatte die halbe Nacht starkes Fieber und Schüttelfrost, da hab ich mich zu ihm gelegt, um ihn zu wärmen“, antwortete Falco so belanglos wie möglich. Er nahm einen Stock und rührte damit im Feuer herum. „Klar, was sonst!“ Mati warf ihm einen abschätzigen Seitenblick zu. „Hm?“, machte Falco und sah irritiert zu ihm. „Ich meine nur! Muss dich jede Menge Überwindung gekostet haben, da du ihn ja nicht magst, wie du immer wieder beteuerst!“, sagte Mati sehr zynisch. Falco atmete tief ein und blickte zu dem anderen Gardisten hinüber. „Brac, kannst du eine Ziege melken?“ Der große Mann nickte. „Klar, Hauptmann!“, antwortete er, stand auf, nahm einen sauberen Eimer und tippte sich kurz grüßend an die Stirn. Vor sich hin pfeifend schlenderte er davon und verschwand Richtung Pferch. Falco legte den Stock weg und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht. „Und, hast du dich entschieden?“, fragte Mati nach einer ganzen Weile. Die beiden hatten ohne sich anzusehen, einfach nur schweigend nebeneinandergesessen. Falco schüttelte den Kopf und schnaufte tief durch. „Ich habe ihn nicht nur gewärmt, ich habe mit ihm geschlafen, letzte Nacht“, kam es plötzlich über seine Lippen und er sah zu seinem Freund. „Ich weiß nicht, wie das passieren konnte, plötzlich lag ich auf ihm.“ Er schloss seine Augen, stützte seinen Kopf in beide Hände und schüttelte ihn dabei leicht. „Ich weiß! Ich war noch wach, weil ich auf dich warten wollte und dann habe ich dich gehört und ihn, obwohl er ungewohnt leise war!“ Matis Stimme klang barsch. „Und die anderen?“, fragte Falco schluckend und sah ihn wieder an. „Glaub nicht. Jedenfalls hat heute Morgen keiner so ausgesehen! Sie haben sich benommen, wie immer!“, meinte Mati schroff, ohne Falcos Blick zu erwidern. Er hatte den Stock an sich genommen und haute damit vor sich auf den Boden, so als wolle er einen unsichtbaren Gegner peitschen. „Oh großer Gott, wie konnte das nur passieren“, stammelte Falco und vergrub sein Gesicht hinter seinen Händen. Dann packte er Mati an den Oberarmen und drehte ihn zu sich. „Bitte, Mati, glaube mir! Ich wollte es nicht, ich habe mich immer wieder dagegen gewehrt. Aber er macht mich verrückt, nur wenn ich ihn sehe! Er hat sich mir regelrecht entgegen gedrängt! Diese zarte Haut, sein Geruch, ich war plötzlich nicht mehr Herr meiner Sinne! Aber was noch schlimmer ist, ich glaube, ich liebe ihn!“ „Nein!“, rief Mati und stieß ihn von sich. „Du bist nicht so einer! Ich kenne dich, schon mein ganzes Leben! Es liegt nur, an ihm! Sein Haar, seine Figur! Er sieht aus wie ein verdammtes Weibsstück, nur deshalb, hast du es getan!“ Er war aufgesprungen und fuchtelte aufgebracht mit seinem Finger vor Falcos Gesicht herum. „Genau wie Ravio! Oder glaubst du, dass der `ne Schwuchtel war und es mit Alecto getrieben hat? Nein! Nie und nimmer! Es liegt nur, an ihm!“, schnauzte er und deutete dabei ins Zeltinnere. Aufgeregt marschierte er einige Male auf und ab und blieb dann direkt vor Falco stehen. „Das wird nie wieder vorkommen!“ Er hob drohend seinen Zeigefinger, „gut, du musstest eben mal Dampf ablassen“, fuhr er ruhiger fort, „wird ja auch langweilig, es sich ständig selbst zu machen! Aber wenn wir erst wieder zu Hause sind, wird alles wieder gut sein! Denk an Marianna, sie wartet auf dich! Und du liebst sie, dass weiß ich!“ Falco nickte. „Ja, du hast recht“, sagte er kleinlaut. „Du wirst dich von ihm fernhalten! Hast du verstanden! Brac kann sich um ihn kümmern, der macht das eh besser! Es wird jetzt ständig, einer von uns, bei ihm bleiben. Aber nicht du! Geh jagen, das wird dich auf andere Gedanken bringen!“, sagte Mati grob. Falco nickte nur erneut und stand auf. „Bitte, Mati, sag ihnen nichts. Es wird nie wieder vorkommen, das schwöre ich dir“, sagte er leise und schlich sich wie ein geprügelter Hund davon. Am späten Nachmittag kehrte Falco von der Jagd zurück. Er hatte lediglich zwei Rebhühner dabei. „Ist das alles?“, fragte Mati, als Falco sie auf den Tisch legte. „Der Wald ist wie leergefegt. Die verdammten Viecher haben sich wohl weiter ins Tal zurückgezogen. Es ist ja auch saukalt geworden. Ich denke, dass es bald Schnee geben wird“, murrte Falco, zog seine Handschuhe aus und setzte sich. Brac schenkte ihm sogleich einen Becher heißen Wein ein. „Danke, Brac. Wie geht es dem Asconier?“, fragte er leichthin und legte beide Hände um den Becher, um sie zu wärmen. „Ein bisschen besser. Ist echt seltsam, aber das Fieber scheint seit letzter Nacht zu sinken. Was hast`n dem gegeben? Hat wohl Wunder gewirkt, dass du bei ihm lagst! Er hat die ganze Ziegenmilch getrunken und sogar etwas Brot gegessen. Jetzt schläft er. Auch die Wunde sieht viel besser aus, aber sie blutet wieder. Weiß der Deibel, warum“, antwortete Brac und knetete weiter an seinem Brotteig. „Naja, dann gibt’s eben wieder Suppe“, murmelte er seufzend vor sich hin und warf einen bekümmerten Blick auf die mickrigen Vögel.
Falco hielt sich von Amanoue fern, betrat eigentlich nur noch zum Essen und schlafen das Zelt und verbrachte die meiste Zeit damit, mit Mati und Matto nach Wild zu jagen. Um Amanoue kümmerten sich nun ausschließlich Brac und Alecto. Sie schliefen sogar abwechselnd bei ihm, um ihn zu wärmen und einer von beiden war ständig bei ihm, bis es Amanoue schließlich zusehends besser ging. Nach einer Woche, konnte er wieder alleine essen und Alecto ging sogar ein paarmal mit ihm vor dem Bett auf und ab. Amanoue trug nun seine asconische Hose und darüber eines von Henrys Hemden, das ihm fast bis zu den Knien reichte. „So, das reicht“, meinte Alecto, als sie wieder einige Male auf und abgewandert waren und führte ihn wieder zurück zum Bett. Amanoue legte sich zurück, deckte sich zu und sah Alecto an. „Darf isch disch etwas fragen?“ „Sicher, was denn?“ Alecto setzte sich zu ihm. „Wie war Ravio?“ „Was meinst du?“, fragte Alecto ein wenig überrascht. „Was war er für ein Mensch?“, sagte Amanoue, blickte kurz auf seine Hände und dann wieder zu ihm. Alecto holte tief Luft. „Er war sehr großzügig. Man konnte alles, von ihm haben, wenn man mit ihm befreundet war. Er hätte einem sein letztes Hemd gegeben, wie man so schön sagt. Und, er war immer gutgelaunt. Manchmal ging mir das gehörig auf die Nerven. Er sagte dann immer zu mir, auch wenn wir in der größten Scheiße steckten, `wirst sehen, Alec, bald lachen wir darüber´ und er hatte immer recht!“ Alecto senkte kurz seinen Blick. Es fiel ihm sichtlich schwer, weiter zu sprechen. „Wir waren wie Brüder, obwohl wir so unterschiedlich waren“, sagte er und atmete erneut tief ein. „Er fehlt mir so“, sagte Amanoue leise, „dass es wehtut, in meine `ers. Isch `abe ihn so geliebt“, schluchzte er auf, fasste sich dabei ans Herz und fing an zu weinen. „Warum muss isch immer `eulen? Isch will es gar nischd, aber die Tränen kommen einfach“, schniefte er und legte seinen Kopf leicht schräg. „Weine ruhig, ich habe auch um ihn geweint“, flüsterte Alecto erstickt und sah auf die Seite. Er hatte Mühe seine eigenen Tränen zurückzuhalten, dann nahm er Amanoues rechte Hand. „Was auch kommen mag, ich werde immer auf dich aufpassen! Das bin ich ihm schuldig! Du, bist jetzt mein kleiner Bruder“, sagte er gefasst. Amanoue begann augenblicklich zu weinen, entzog ihm seine Hand und schüttelte seinen schönen Kopf. „Er wird misch nischd über die Pass bringen“, flüsterte er tränenerstickt. „Er bringt misch surück“, schluchzte er bitter, drehte ihm den Rücken zu und weinte ins Kissen. Alecto schüttelte verwirrt den Kopf. „Was meinst du? Ich versteh nicht … Meinst du, Falco?“ Amanoue sah ihn wieder an und nickte. „Er bringt misch surück ins `uren`aus. Benny `at es mir ersählt. Isch darf nischd su `enry surück, sonst verliert er seine Thron und ist nischd mehr eure König“, meinte er schniefend. „Das glaube ich nicht“, sagte Alecto kopfschüttelnd, „das würde Falco nie tun! Nein, niemals!“ Amanoue sah ihn traurig an. „Isch wäre gerne deine kleine Bruder gewesen, aber du wirst se`en, dass isch rescht `abe. „Unsinn, Kleiner, du täuschst dich! Glaube mir und jetzt schlafe ein bisschen. Du brauchst die Ruhe“, versuchte Alecto ihn zu beruhigen, doch seine Stimme klang unsicher dabei. „Bleibst du noch bei mir?“, bat Amanoue und nahm seine Hand. Alecto nickte, zog sich die Stiefel aus, legte sich zu ihm und nahm ihn in den Arm. Amanoue weinte noch lange, bis er endlich vor Erschöpfung einschlief. Irgendwann, spät in der Nacht, erwachte er und blickte zum Zeltdach hinauf. Eine Weile lag er einfach nur auf dem Rücken und lauschte den gleichmäßigen Atemzügen Alectos und der anderen, als etwas sanft auf das Zeltdach fiel, immer und immer wieder, bis es sich leicht senkte. Amanoue hob seine Augenbrauen und rüttelte vorsichtig an Alectos Arm. „Alecto“, flüsterte er aufgeregt, „da ist was, auf die Selt.“ „Hm?“ „Da oben!“, raunte Amanoue und rüttelte stärker an ihm. Alecto gähnte müde und blickte hinauf. „Da ist nichts, schlaf weiter“, murmelte er. „Doch! Siehst du nischd? Die Seltdach, `at sisch gesenkt! Es sieht aus, als `ätte sisch eine Decke darübergelegt!“ „Blödsinn, schlaf weiter! Ist doch alles ruhig und außerdem steht draußen einer Wache“, brummte Alecto, legte einen Arm um ihn und zog ihn zu sich heran. Amanoue seufzte, kuschelte sich aber an ihn und war bald wieder eingeschlafen. Als er morgens erwachte, drang von Draußen immer wieder ausgelassenes Lachen und Gejohle zu ihm herein und nachdem er einen vorsichtigen Blick nach oben riskiert hatte, stellte er fest, dass sich das Zeltdach noch stärker herabgesenkt hatte. Mit einem unguten Gefühl im Magen, richtete er sich auf und sah sich suchend um. „`allo? Alecto? Brac? Wo seid ihr?“, rief er unsicher. Gleich darauf kam Alecto grinsend herein und ging schnurstracks auf ihn zu. „Komm, steh auf, ich hab `ne Überraschung, für dich!“, sagte er und bekam das Grinsen dabei nicht aus dem Gesicht. Er half ihm auf, reichte ihm die schönen asconischen Stiefel und legte ihm noch den pelzgefütterten Umhang um. „Mach die Augen zu“, sagte er geheimnisvoll, hob ihn hoch und trug ihn auf seinen Armen nach draußen. „Nicht blinzeln“, raunte er ermahnend, Amanoue presste nickend die Augen zusammen, schlang seine schlanken Arme um Alectos Hals und drückte sich etwas ängstlich, an ihn. „Du brauchst dich nicht zu fürchten, ich möchte dir nur etwas zeigen“, beruhigte Alecto ihn und grinste noch breiter. Vor dem Zelt blieb er stehen und beugte seinen Kopf ganz nah an Amanoues Ohr. „So, jetzt darfst du die Augen aufmachen“, raunte er und hauchte einen zarten Kuss darauf, wie ein Vater es bei seinem Kind tun würde. Ganz langsam und vorsichtig öffnete Amanoue seine Augen, atmete hörbar ein und hielt vor Überraschung die Luft an. Um sie herum, war alles weiß und eine dicke Schneedecke lag über allem. Die Bäume schienen weiße Pelze zu tragen und manche bogen sich weit herab unter der schweren Last, so als wollten sie sich vor Ehrfurcht verbeugen und die schroffen Felsen um sie herum wirkten auf einem Male, wie dicke, flauschige Bodenkissen, die Riesen überall verteilt hatten, um sich darauf niederzulassen. Die Sonne schien von einem azurblauen, wolkenlosen Himmel und ließ alles in einem gleißenden, funkelnden Licht erstrahlen, so dass Amanoue zunächst nur blinzelnd seinen Blick umherschweifen ließ, doch dann sah er mit weitaufgerissenen Augen zu Alecto auf. „Ist das Schnee? Oh Gott! Wie wunderschön!“, rief er aufgeregt, wie ein kleines Kind. „Lass misch runter, isch will es anfassen!“, zappelte er in seinen Armen, Alecto sah fragend zu Falco, der daraufhin lächelnd nickte und so stellte er ihn vorsichtig auf die Beine. Amanoue machte langsam ein paar Schritte, bis er eine noch unberührte Stelle erreicht hatte, bückte sich und strich geradezu ehrfurchtsvoll über den Schnee. Seine Stiefel waren bis über die Knöchel darin versunken, er tauchte seine Hände in die für ihn unbekannte, weiße Pracht, schaufelte mit beiden Händen und warf, sich dabei aufrichtend, den lockeren Schnee hoch in die Luft, woraufhin der gleich wieder glitzernd auf ihn niederfiel. Lächelnd vor Verzückung, legte er seinen Kopf in den Nacken, schloss seine Augen und drehte sich langsam dabei im Kreis. Sein langes, seidenweiches Haar fiel ihm in sanften Wellen über den Rücken und bewegte sich leicht im schwachen Wind. Es glänzte im Schein der Sonne wie glühendes Kupfer und die Soldaten, die ihm gefolgt waren, konnten ihn nur, beinahe ergriffen von seinem Anblick, anstarren. Amanoue blieb ihnen zugewandt stehen und sah sie mit seinen großen, wie grüne Jade leuchtenden Augen an. Dabei umspielte ein zartes Lächeln seine sinnlichen Lippen und er sah so wunderschön dabei aus, dass ihnen fast der Atem stockte. Keiner von ihnen traute sich ein Wort zu sagen, so als wollten sie diesen Augenblick nicht dadurch zerstören, doch auch auf ihren, sonst so manches Mal verbissenen und harten Mündern, erschien ein geradezu sanftes Lächeln. Amanoue lächelte immer noch voller Verzückung, bückte sich erneut, schaufelte wieder den Schnee mit seinen Händen und kam zu ihnen. Reihum hielt er ihnen seine zarten Hände entgegen, ganz so, als hätte er etwas ganz Kostbares in ihnen, dass er ihnen zeigen wollte und jeder von ihnen nickte ihm dabei freundlich zu. „Uuuuh, ist die Schnee kalt!“, rief er plötzlich, warf ihn wieder hoch in die Luft und jetzt erwachten auch die anderen aus ihrer Erstarrung und grinsten sich und ihn breit an. „So schön! Aber auch soooo kalt!“, rief Amanoue wieder und wandte sich Falco zu. „Ihr `attet rescht, `err! Es ist wirklisch, alles weiß!“, lachte er entzückt, „isch konnte es nischd glauben! Und nun se`e isch es mit meine eigene Augen! Es ist so wunderschön, `err, das Schönste, was isch je gese`en `abe!“ Falco nickte ihm lächelnd zu, bückte sich, machte einen Schneeball und reichte ihm die weiße Kugel. Amanoue nahm sie verwundert an und drehte sie in seiner Hand hin und her. „Eine Kugel! Eine Kugel aus Schnee! Sieh nur, Brac!“, sagte er verdutzt und hielt dem neben ihm wie ein Riese wirkendem Mann den Schneeball entgegen. „Ja, Kleiner, is`n Schneeball. Weißt du, was man damit machen kann?“ Brac nahm den Schneeball und als Amanoue erwartungsvoll den Kopf schüttelte, warf er ihm den Ball mitten ins Gesicht. Amanoue zuckte zuerst völlig erschrocken zurück, doch dann fing er an zu lachen und alle lachten herzlich mit ihm mit. „So, ich denke, dass reicht erstmal“, sagte Falco und zwinkerte Amanoue zu. „Nicht, dass du dich überanstrengst!“ „Oh bitte, nur noch eine kleine Bisschen! Es ist so schön“, quengelte Amanoue augenblicklich wie ein kleiner Junge, legte seinen Kopf schief und sah Falco herzerweichend an. Er sah so zauberhaft und unschuldig dabei aus, dass Falco fast schwindelig wurde, als er in dieses überirdisch schöne Gesicht blickte. Sein Herz fing an schneller zu schlagen und der Drang, ihn in diesem Moment einfach an sich und in seine Arme zu ziehen, wurde beinahe übermächtig und Falco musste sich mit aller Gewalt zurückhalten. Er schloss kurz seine Augen, schnaufte einige Male tief durch und als er sich wieder im Griff hatte, schüttelte er energisch seinen Kopf. „Nein! Schluss jetzt, es reicht! Ich möchte nicht, dass du dich verkühlst! Morgen ist auch noch ein Tag“, sagte er entschlossen und keinen Widerspruch duldend. „Alecto, bring ihn wieder ins Bett!“ Amanoue senkte zwar enttäuscht seinen hübschen Kopf, folgte aber brav Alecto nach, als der ihn an der Hand nahm und sanft mit sich zog. „Komm, kleiner Bruder, du frierst ja schon“, sagte Alecto liebevoll und führte ihn zurück ins warme Zelt.
Als sie später alle am Tisch saßen und ihre Brotsuppe löffelten, war es ungewöhnlich still und lange sprach keiner von ihnen ein Wort. Amanoue schlief bereits, er hatte sich lange nicht beruhigen können, vor Aufregung über sein erstes Schneesehen, doch nachdem er seinen Teller Eintopf mit gutem Appetit gegessen und dazu noch einen Becher des starken Gewürzweines getrunken hatte, war er beinahe augenblicklich vor Erschöpfung eingeschlafen. Schließlich sah Alecto auf. „Ich habe, in meinem ganzen Leben, noch nie etwas so Schönes gesehen“, sagte er auf seine monotone, ruhige Art. „Er ist der schönste Mensch, den ich kenne.“ Augenblicklich hielten alle inne und sahen ihn verwundert an. „Findet ihr nicht? Vorhin, als wir draußen waren, da dachte ich, so müssen die Engel im Himmel aussehen! Er hat geleuchtet, habt ihr das nicht gesehen?“ „Das war der Schnee“, sagte Falco, „und die Sonne.“ Er aß weiter, doch Alecto schüttelte überzeugt den Kopf. „Nein, Hauptmann! Das Leuchten, kam von ihm! Es war ein richtiger, heller Schein, um ihn! Das müsst ihr doch gesehen haben und ist euch nicht aufgefallen, wie es hier drinnen riecht?“ Er sah sie reihum an. „Nach Blumen!“, fügte er hinzu, als keiner antwortete und Matto räusperte sich. „Was meinst`n damit? Meine Güte, das ist das Zelt des Königs! Hier riechts halt besser, als bei uns“, meinte er achselzuckend. „Blödsinn! Der furzt auch nicht anders, als wir! Es ist Amanoue! Er riecht nach Blumen! Leg dich doch mal zu ihm! Mensch, Brac, das muss dir doch auch aufgefallen sein!“, widersprach Alecto und stieß Brac an, der neben ihm saß. „Oh, ich würde mich gerne mal zu ihm legen! Besonders auf ihn, aber das Bett ist ja ständig von euch beiden besetzt, besonders von dir“, warf Matto ein und lachte dreckig. „Was willst du damit sagen?“, fuhr Alecto ihn an. „Ich hab ihn nicht angerührt!“ „Wer`s glaubt!“ Matto trank spöttisch einen Schluck. „Du Arschloch! Nicht jeder, denkt wie du!“ Alecto rückte seinen Stuhl zurück und stand auf. „Ach halt doch die Klappe“, raunte Matto spottend, „ich würde mich auch lieber die ganze Nacht zu ihm legen und mich mit ihm vergnügen, anstatt deine Wache zu übernehmen und mir den Arsch draußen abzufrieren!“ „Hört sofort auf!“, befahl Falco scharf. „Seid ihr total durchgeknallt? Jetzt ist augenblicklich Ruhe!“ „Das würde ich dir ebenfalls raten, Matto“, sagte Brac mit einem finsteren Blick auf den, „sonst hau ich dir `n paar auf die Fresse! Weder Alecto noch ich, haben den Kleinen angerührt und der Hauptmann auch nicht!“ Er deutete auf sich und seinen Kameraden, sah dann zu seinem Kommandanten und deutete kurz auf ihn, doch Falco wich seinem Blick aus und sah rasch zur Seite. „Und Alecto hat recht!“, fuhr Brac unbeirrt fort, „der Kleine duftet wie tausend Veilchen!“ Matto schnaubte nur höhnisch und widmete sich wieder seinem kargen Essen, während Alecto hinüber zum Bett schlenderte und Amanoue mit einem unübersehbar zärtlichen Blick bedachte. Und nicht nur Mattos eifersüchtige Augen waren dabei auf ihn gerichtet.
In dieser Nacht lag Falco noch lange wach und verging beinahe vor Eifersucht, nachdem Alecto sich am Abend wie selbstverständlich zu Amanoue gelegt hatte, um ihn zu wärmen. Matto hatte sich danach nochmals bei ihm beschwert und offen kundgetan, dass er es nicht für gerecht hielt, dass Alecto anscheinend eine Sonderbehandlung zuteilwurde und er nicht länger einsehe, jetzt da es Amanoue doch augenscheinlich besser ginge, Alectos Wachdienst weiterhin zu übernehmen. Falco hatte ihn still angehört und Matto daraufhin versprochen, eine neue Regelung zu treffen und nun grübelte er schon ewig vor sich hin. Ruhelos wälzte er sich auf seiner schmalen Pritsche hin und her und die Sehnsucht nach Amanoue nagte unaufhörlich an ihm, wie ein böses Geschwür. Er musste endlich eine Entscheidung treffen, für seine Männer und auch, für sich! Und das würde er, gleich am nächsten Morgen, dachte er noch, bevor ihm endlich die Augen zufielen. Gleich nach ihrem dürftigen Frühstück, schickte Falco sie alle nach draußen. Die Soldaten saßen um das Feuer und blickten ihrem Hauptmann fragend nach, der ruhelos vor ihnen auf und ab ging. Schließlich blieb er stehen, wandte sich ihnen zu und holte tief Luft. „Hört zu! Ich will, dass ihr über den Pass reitet, nach Averna!“, sagte er ruhig. Mati verzog sein Gesicht, als hätte er einen Schluck sauren Wein geschluckt und schüttelte den Kopf. „Falco!“ „Was? Es ist das Beste! Ich habe lange darüber nachgedacht! Das bisschen Wild, das wir noch finden, ist viel zu wenig, für uns alle! Und die Vorräte werden auch schon knapp! Die Pferde finden auch kaum noch etwas zu fressen, jetzt, da Schnee liegt! Wie lange sollen wir noch warten? Bis der Schnee meterhoch liegt und keiner mehr von uns, über den Pass kommt? Nein! Ihr werdet ohne uns weiterziehen! Ich werde mit Amanoue noch einige Zeit hierbleiben und wenn er kräftig genug ist, reite ich mit ihm ins Tal. Dort werden wir in einem Dorf oder bei einem Bauern überwintern!“, sagte er mit Nachdruck und blickte gereizt auf seinen Freund nieder. „Du willst uns doch nur loshaben!“, rief Mati aufgebracht und sprang auf. „Aber das kannst du dir abschminken! Ich werde nicht gehen!“ Er sah Falco herausfordernd an. „Das war keine Bitte, sondern ein Befehl!“, sagte Falco ruhig, aber entschieden. „Ihr wollt ihn gar nicht, über den Pass bringen. Das war nie Eure Absicht!“, rief Alecto plötzlich dazwischen und stand ebenfalls auf. „Manou hatte recht, ich fasse es nicht“, raunte er ungläubig und die anderen sahen ihn verblüfft an. „Was soll`n das heißen?“, fragte Brac. „Manou hat mir erzählt, dass der Hauptmann ihn zurückbringt, ins Hurenhaus! Ich wollte es nicht glauben, aber anscheinend hat er nun genau das vor“, antwortete Alecto und machte eine wütende Kopfbewegung in Falcos Richtung. Einen Moment herrschte absolute Stille, dann stand auch Brac auf. „Das ist doch nicht wahr? Falco?“, stammelte er und sah seinen Hauptmann fassungslos an. Falco zuckte mit den Schultern. „Nun, ich weiß zwar nicht, wie er darauf kommt, aber ins Hurenhaus wollte ich ihn eigentlich nicht bringen, sondern nach Asconien“, erwiderte er trocken. „Das hast du dir ja sauber ausgedacht!“, schrie Mati wutentbrannt, „du wirfst also alles, einfach weg! Alles, unsere ganzen Pläne, unsere Freundschaft! Ist dir das alles, egal geworden? Für ihn?“ Seine Stimme überschlug sich fast, vor Zorn und Fassungslosigkeit. „Mati, bitte. Du weißt, dass das nicht stimmt! Aber der Herzog, hat recht! Amanoue darf nicht zu Henry zurück! Das wäre Henrys Untergang! Und ich möchte nicht, daran mitschuldig sein! Bitte versteh das doch, es muss sein“, sagte Falco beschwörend, machte einen Schritt auf seinen Freund zu und streckte ihm seine Hand entgegen, doch Mati schüttelte nur seinen Kopf und wich zurück. Er war den Tränen nahe. „Ich glaub dir kein Wort! Du willst uns nur loshaben und ihn für dich allein haben! Damit du ihn weiterhin vögeln kannst! In aller Ruhe!“, schrie er erneut. Falco zuckte zurück, wie unter einem Schlag. Er drehte sich ruckartig um und ging eilig davon. „Falco! Oh Gott, bitte warte! Es tut mir leid!“, rief Mati und rannte ihm nach. Er packte ihn am Arm und Falco blieb zwar stehen, riss sich aber los. „Ich sagte es bereits. Das war ein Befehl! Ich bin immer noch, euer Hauptmann“, sagte er ruhig, aber energisch. Er blickte dabei von einem zum anderen und zuletzt sah er Mati kalt an. „Und wer mir den Befehl verweigert, den werde ich auf der Stelle richten!“, raunte er, drehte sich wieder um und ging weiter. Mati stand noch einen Moment wie angewurzelt da und kam zurück zum Feuer. Ohne einen von ihnen anzusehen, setzte er sich und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Brac sah auf ihn nieder und setzte sich seufzend neben ihn. „Das war doch nicht dein Ernst, vorhin? Oder? Ich meine, dass Falco, ähm, und Manou?“ Mati schüttelte schwach seinen Kopf. „Was ist nur in mich gefahren? Wie konnte ich nur so etwas zu ihm sagen? Das wird er mir nie verzeihen“, murmelte er bedauernd. „Also, ich, werde dem Hauptmann die Stange halten“, warf Matto ein, „er hat schon recht! Das Königreich ist wichtiger, als die kleine Metze! Wir haben doch alle miterlebt, was der Asconier aus unserem König gemacht hat! Henry war nicht mehr, er selbst und Alecto, ohne dir zu nahe treten zu wollen, Ravio war auch mein Freund, aber das war nicht mehr der Ravio, den wir kannten. Er war dem Kleinen genauso verfallen! Und wenn ich ehrlich bin, ich war auch schon fast soweit! Immerhin wären wir uns beinahe gegenseitig an die Gurgel gegangen, wegen ihm!“, sagte er und schnaufte tief durch. „Es ist wirklich, besser so!“ „Nein!“, rief Alecto, „das hätte Ravio nie gewollt! Er hat ihn wirklich geliebt, glaubt mir! Er wollte sogar mit ihm fliehen, das weiß ich!“ „Setz dich“, raunte Brac zu ihm hin und wartete, bis Alecto sich wieder neben ihm niedergelassen hatte. „Es tut mir zwar leid, aber ich muss Matto zustimmen“, sagte er und hob schnell einhaltgebietend seine riesige Pranke, als Alecto ihn protestierend ansah. „Und außerdem, will Falco ihn nach Asconien bringen! In seine Heimat. Dann wäre Amanoue frei! Also damit, könnte ich schon leben. Der Kleine hat so viel durchgemacht, unter Henry! Alecto, ich glaube schon, dass das Ravios größter Wunsch gewesen wäre, denkst du nicht auch?“ Alecto sah ihn mit tränengefüllten Augen an, dann nickte er langsam. „Ja“, erwiderte er heiser, „das, hätte Ravio so gewollt.“
Falco kehrte erst am späten Nachmittag zurück. Er betrat das Zelt und warf ein Kaninchen auf den Tisch. „Hier“, sagte er, „das wird wieder eine üppige Mahlzeit, heute! Ich wünsche euch, einen guten Appetit!“, meinte er zynisch, setzte sich, schenkte sich Wein ein und kippte den Becher in einem Zug hinunter. „Hör mal, Falco“, sagte Brac und räusperte sich, „also, wir sind uns alle einig. Du bist unser Hauptmann und wir befolgen deinen Befehl, natürlich.“ Falco atmete tief durch und nickte ohne aufzusehen. „Gut! Dann ist jetzt alles klar! Morgen früh, werdet ihr aufbrechen. Du wirst sie führen, Brac! Und seiner Majestät, wirst du folgendes sagen: Ihr seid auf meinen ausdrücklichen Befehl hin, nach Averna gereist, weil die Vorräte knapp wurden und Amanoue noch zu schwach war. Und dass wir deshalb den Winter im Tal verbringen werden!“, sagte er leise und schenkte sich nach. „Du weißt, dass du nie mehr zurückkommen kannst? Das wird dir Henry nie verzeihen“, raunte der große Soldat und sah ihn mit einer Mischung aus Mitleid und großen Respekt an. Falco schnaubte verächtlich und lächelte ihn an. „Ja, dessen bin ich mir durchaus bewusst! Aber wer weiß, vielleicht wird mir mein König doch irgendwann vergeben, so Gott will und er irgendwann einsieht, dass ich es nur zu seinem Wohle getan habe.“ Brac legte seine Hand auf Falcos Arm und drückte ihn leicht. „Ich hoffe, dass wir uns eines Tages wiedersehen werden und dies kein Abschied für immer sein wird, mein Freund! Und, sei gut, zu ihm! Der Kleine hat`s wahrlich verdient“, sagte er etwas belegt und Falco nickte ernst. „Das werde ich! Danke Brac“, raunte er ehrlich ergriffen zurück. Mati erhob sich ruckartig und verließ fluchtartig das Zelt. Amanoue, der im Bett saß, sah zu ihnen herüber und als Alecto ihn anlächelte, drehte er sich um und weinte bitterlich. Keiner brachte den Mut auf, zu ihm zu gehen und so brachte schließlich Falco ihm das Abendessen. „Danke, aber isch bin nischd `ungrig“, sagte Amanoue matt und drehte seinen Kopf zur Seite. „Unsinn! Du musst essen, damit du wieder zu Kräften kommst. Wir wollen doch nicht ewig hier bleiben“, erwiderte Falco und zwang sich zu einem Lächeln. Amanoue sah ihn traurig an. „Ihr müsst mir nischds vormachen, isch weiß, dass die anderen fortge`en. Isch `abe es ge`ört, als ihr vor die Selt wart und gestritten `abt. Warum lasst Ihr misch nischd einfach surück, `err? Ihr könntet einfach sagen, dass isch tot bin.“ „Wie könnte ich das? Du hast uns alle gerettet!“, meinte Falco aufrichtig. „Isch wäre lieber tot, als wieder eine `ure“, flüsterte Amanoue erstickt. „Aber, ich bringe dich gar nicht zurück nach Magiyar! Das hatte ich nie vor! Ich bringe dich nach Asconien, in deine Heimat! Hörst du?“, sagte Falco zuversichtlich, doch Amanoue sah ihn, mit vor Schreck geweiteten Augen an. „Dann wird dies, gans sischer, meine Tod sein. Sie werden misch steinigen, so etwas wie misch, steinigt man, in Asconien“, antwortete er und starrte trübsinnig vor sich hin. „Aber genau das, `abe isch verdient“, murmelte er resigniert. Falco blickte ihn entsetzt an, erhob sich und ging schnell nach draußen.
Der Abschied am nächsten Morgen, war kurz und knapp. Falco grüßte seine Kameraden noch einmal und die salutierten noch ein letztes Mal ehrfürchtig vor ihm, doch Mati und er, sahen sich nicht dabei an. Nachdem sie außer Sichtweite waren, ging er zurück ins Zelt, setzte sich auf seinen Platz und stützte seinen Kopf in beide Hände. Lange Zeit, blieb er so sitzen, bis er aufstand und das Zelt wortlos wieder verließ. Amanoue hatte sich die ganze Zeit über nicht gerührt, doch nun, da er alleine war, stand er auf und ging zum Waschtisch. Er zog sich aus, begann sich zu waschen und gerade als er fertig war und sich umdrehte um sich ein Laken zu nehmen, sah er Falco am Zelteingang stehen. Falco musterte ihn von Kopf bis Fuß, drehte sich um und ging raschen Schrittes wieder hinaus. Er eilte zum Holzstoß, begann wie ein Besessener Holz zu hacken und erst als er völlig erledigt war, hörte er damit auf. Nachdem er eine Weile verschnauft hatte, ging er zurück ins Zelt, doch es war leer. Erschrocken blickte er sich um, stürzte wieder nach draußen und sah sich suchend um, als er Amanoue aus dem nahen Wald kommen sah. Falco rannte fast auf ihn zu und Amanoue blieb überrascht stehen. „Was, zum Teufel, machst du hier draußen?! Hab ich dir nicht verboten, das Zelt zu verlassen?!“, brüllte er Amanoue an und gab ihm eine schallende Ohrfeige, so heftig, dass dieser zurücktaumelte. Amanoue fiel sofort auf seine Knie. „Bitte, `err, verseiht mir. Isch musste mal“, stammelte er ängstlich und beugte sich nach unten, bis seine Stirn den Boden berührte. „Steh schon auf, ich bin nicht dein Herr“, raunte Falco etwas verwirrt. „Ja, `err“, erwiderte Amanoue und erhob sich auf seine graziöse Art, hielt aber seinen Blick weiterhin demütig gesenkt. „Geh zurück ins Zelt! Du bist noch viel zu schwach, um allein herum zu laufen“, sagte Falco wesentlich ruhiger und Amanoue nickte zart. „Ja, `err, sofort, `err“, antwortete er und blickte kurz auf. „Es geht mir besser, wirklisch, Ihr müsst Euch nischd um misch sorgen, `err“, fügte er kleinlaut hinzu und machte sich eilig auf den Weg ins Zelt. Falco war ihm gefolgt und als sie beide vor dem großen Tisch standen, schenkte er zwei Becher Wein ein und reichte Amanoue einen davon. „Setz dich“, sagte er, sich selbst dabei setzend und deutete neben sich. Er kaute kurz an der Innenseite seiner Wange, so wie er es oft tat, wenn er nachdachte. „Hör zu, ich weiß einfach nicht, was ich mit dir tun soll. Ich meine, wie es nun weitergeht. Das, was du gestern gesagt hast, über Asconien. Warum sollten sie dich dort steinigen? Bist du nicht“, er zögerte kurz, „ein Prinz, dort? Naja, werden die nicht eher hocherfreut sein, wenn ich dich ihnen zurückbringe? Es weiß doch keiner dort, dass du in einem Hurenhaus warst“, meinte er, nippte an seinem Wein und sah ihn fragend an. Amanoue setzte sich zögerlich neben ihn und blickte ihn kurz verstohlen an. „Aber die Asconier, die `enry berfreit `at, werden sischer schon auf dem `eimweg sein und die wissen, dass isch seine Lustsklave bin“, antwortete er leise. Falco nickte leicht, doch dann zuckte er die Achseln. „Vielleicht hat seine Majestät sie ja gar nicht freigelassen. Als der Tross abgezogen ist, waren sie jedenfalls noch dabei, glaube ich wenigstens“, erwiderte er und trank noch einen Schluck. Amanoue atmete tief durch. „Isch weiß nischd, wo`in isch ge`öre. Wahrscheinlisch, nirgendwo`in mehr. Meine Leben, liegt nun in Eure `and, `err. Es liegt bei Eusch, wie Ihr Eusch entscheidet. Mir ist es gleisch, wo`in Ihr misch bringt“, sagte er traurig. „Isch weiß ja nischd einmal, ob isch misch surescht finden würde, in meine alte Leben, dort. Isch kann misch kaum noch, daran erinnern. Isch weiß nischd einmal mehr, wie meine Vater, oder meine Brüder ausgese`en `aben. Es ist so lange `er, seit isch sie die lesde Mal gese`en `abe. Isch war gerademal swölf Jahre alt, als misch meine Vater fortschickte“, fuhr er fort und trank ebenfalls. Falco hob die Augenbrauen und schnaufte durch. „Das tut mir leid, wirklich. Wie alt bist du eigentlich?“ „Siebsehn, aber isch werde im Frühling achtsehn, `err. Wie alt, seid Ihr, wenn isch fragen darf?“, erwiderte Amanoue mit einem schüchternen Seitenblick auf ihn. „Fast achtundzwanzig, im Januar, also schon nächsten Monat“, antwortete Falco und lächelte etwas bitter. Amanoue nahm verwundert seinen Kopf zurück. „Ihr seht älter aus, `err.“ „Oh, danke, für das Kompliment!“, sagte Falco leicht empört, musste aber dennoch schmunzeln. „Versei`ung, dass `abe isch nischd böse gemeint“, sagte Amanoue schnell und knetete verlegen seine Finger. „Isch dachte nur, weil Ihr schon `auptmann seid. `auptmann Matheo ist viel älter, als Ihr und Satory ist ja wohl nur schon `auptmann, weil seine Vater eine `ersog ist.“ Falco sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und nickte. „Ja, du hast recht, dabei ist er noch viel jünger, als ich. Naja, das ist eben sein Geburtsrecht! Ich bin eben nur ein Bauernsohn und eigentlich hätte Brac, nach dem Tod unseres alten Hauptmannes, dazu ernannt werden sollen, aber er hat abgelehnt. Weißt du, was er zu seiner Majestät gesagt hat? Er könne unmöglich, von seinem Haufen dahinten weg! Die Jungs würden glatt verhungern, ohne ihn! Dann fiel die Wahl eben, auf mich“, meinte Falco und schüttelte grinsend seinen Kopf. „Brac ist schon eine ganz besondere Marke!“ „Isch verste`e nischd? Marke?“ Amanoue legte seinen Kopf schief, so wie er es oft tat, wenn er etwas nicht verstand. Falco sah ihm kurz ins Gesicht. `Oh Gott, bist du schön´, dachte er dabei und schloss für einen Moment die Augen, bevor er tief durchschnaufend antwortete. „Das bedeutet, dass er ein ganz besonderer Mensch ist, verstehst du? Ein wenig anders eben, als der Rest.“ Amanoue nickte bestimmt. „Ja, das ist er! Isch mag ihn wirklisch sehr. Schon von Anfang an!“, sagte er mit Begeisterung und lächelte so zauberhaft, dass es Falco unwillkürlich heiß durchfuhr. Er erhob sich ruckartig und Amanoue wich erschrocken zurück, so als hätte er etwas Falsches gesagt. Ängstlich blickte er zu Falco empor und zwinkerte ein paarmal nervös. „Ich wollte dich nicht erschrecken“, sagte der, fast ein wenig grob und sah auf ihn herab. „Du hast Angst vor mir!“, meinte er feststellend, nickte wie zu sich selbst und verließ das Zelt. `Kein Wunder!´, dachte er bitter.
Falco kam erst am späten Nachmittag zurück und es dämmerte bereits stark. Das Feuer brannte und als er das Zelt betrat, war der Tisch abgeräumt und sauber, wie seit Tagen nicht. Selbst die Kohlebecken waren mit glühender Holzkohle aufgefüllt und gaben eine angenehme Wärme ab. Mit erhobenen Augenbrauen blickte er sich erstaunt um, bis er Amanoue schlafend im Bett entdeckte. Er trug nur das viel zu große Hemd, war nur halb zugedeckt und eines seiner glatten, nackten Beine, lugte unter der Fuchsfelldecke hervor. Der Anblick war dermaßen reizend und verlockend, dass Falco sich zwingen musste, um nicht zu ihm zu gehen und dem Drang ihn zu berühren, nachzugeben. Tief durchschnaufend ging er wieder nach draußen, warf noch einen Scheit Holz ins Feuer und machte sich daran, den Rehbock, den er glücklicherweise erlegt hatte, zu schlachten. Gerade als er fertig war und die Fleischstücke auf einen Baum gehängt hatte, trat Amanoue hinter ihm heran. „Warum `ängt Ihr die Fleisch, dort `inauf?“, fragte er verwundert und blickte nach oben. „Wir wollen doch keine wilden Tiere anlocken, oder?“, antwortete Falco und sah ihn dabei ernst an. „Es könnte sich ein Bär, oder ein einsamer, alter Wolf, hier herumtreiben und die würden sich sicher, über so einen Leckerbissen freuen und es als Einladung missverstehen, sich danach noch zwei weitere zu holen! Es gibt kaum noch Wild, hier oben!“ Amanoues Augen weiteten sich vor Schreck, er zog langsam beide Augenbrauen hoch, hielt dabei den Atem an und sah dabei so niedlich aus, dass Falco lauthals loslachte. „Das war eine Wids, oder?“, fragte er ängstlich und Falco schüttelte noch immer grinsend, den Kopf. „Ich fürchte, nein! Wir müssen vorsichtig sein! Das ist auch ein Grund, warum du nicht alleine draußen herumlaufen sollst, besonders nicht bei Dämmerung oder bei Nacht! Mensch, steht hier auf dem Speiseplan, hörst du? Immerhin bin ich für dich verantwortlich und möchte nicht, dass dir etwas passiert!“ „Aber dann `ättet Ihr misch los, etwas Besseres, könnte Eusch doch gar nischd passieren. Ihr mögt misch doch eh nischd“, erwiderte Amanoue leise und mit hängenden Schultern. „Kann isch vielleischd etwas tun? `elfen?“, fragte er dann, als Falco nichts darauf sagte. Falco schüttelte erneut seinen Kopf. „Nein, ich wüsste nicht, was du tun könntest“, antwortete er schulterzuckend und es klang rauer, als er eigentlich wollte. „Ja, sischer. Isch bin sowieso, für alles su dumm und nur, für eines su gebrauchen, dass `at auch meine `err, immer su mir gesagt. Verseiht, dass isch Eusch gestört `abe“, sagte Amanoue mit gesenktem Blick, drehte sich um und schlurfte zurück zum Zelt. Falco schnaufte tief durch. „Amanoue! Warte!“, rief er ihm nach, Amanoue blieb stehen und blickte über seine Schulter zurück. „Du könntest einen Krug Wein heiß machen! Der würde mir nachher sicher guttun!“, rief Falco um einiges freundlicher, Amanoue nickte lächelnd und ging ein klein wenig aufrechter, weiter.
Später, während des Abendessens, sprachen sie kaum miteinander und Amanoue legte sich bald darauf ins Bett. Schlaf fand er allerdings lange keinen. Falco war nach dem Essen wieder hinausgegangen, saß grübelnd am Lagerfeuer und trank dabei den heißen Wein, den Amanoue noch mit Honig und den Gewürzen, die Brac ihm gezeigt hatte, versetzt hatte. Er schmeckte angenehm mild, war weder zu süß, noch zu sauer und Falco war ehrlich überrascht darüber. Schließlich, es war schon weit nach Mitternacht, kam er wieder ins Zelt und legte sich auf eine der einfachen Soldatenpritschen, auf denen sonst die niederen Offiziere in ihren Zelten schliefen und die man notgedrungen zurückgelassen hatte. Er wickelte sich in seine Decken und hörte, wie Amanoue sich leise räusperte. „`err, wieso schlaft Ihr nischd auch, in die große Bett? Es ist doch Plads genug, für swei. Eigentlisch müsste isch, dort unten schlafen und Ihr, `err, `ier oben. Es wäre dann auch viel wärmer und“, er zögerte, dann sprach er leiser weiter, „Ihr könntet misch benudsen, wenn Ihr wollt?“ Falco atmete hörbar ein und aus, drehte sich auf die andere Seite, mit dem Rücken zu ihm und zwang sich die Augen zu schließen, bis er irgendwann einschlief. Als er erwachte, schien bereits die Sonne. Der Schnee war längst wieder getaut und ein lauer Südwind sorgte dafür, dass es tagsüber wieder angenehm warm war, mit beinahe frühlingshaften Temperaturen. Falco setzte sich auf und sah sich um. Der Tisch war wieder abgeräumt und statt des schmutzigen Geschirrs vom Vortag, stand nun an Falcos Platz ein sauberer Teller und Becher. Auch eine Schüssel mit Honig, Brot und ein Krug standen bereit. Er stand auf, setzte sich und stellte überrascht fest, dass tatsächlich frische Ziegenmilch darin war. „So dumm und faul, bist du anscheinend gar nicht, wie der alte Henry immer behauptete“, murmelte er vor sich hin und begann voller Appetit zu frühstücken. Danach ging er hinaus, leerte seine Blase und blickte sich suchend dabei um. Amanoue war nirgends zu sehen. „Wirklich, wie ein streunendes Kätzchen“, nuschelte er und machte sich auf den Weg zum Pferch, um die Wassereimer für die Pferde zu füllen. Er klopfte Latiago und Maid die Hälse, nahm die zwei Eimer, marschierte damit zum Bach und blieb wie angewurzelt stehen. Amanoue stand nackt am Wasserfall und spülte sich gerade sein langes, üppiges Haar aus. Er stand mit dem Rücken zu Falco, streckte seine Arme nach oben und beugte sich kurz nach vorn, so dass sein ganzer Oberkörper vom herabstürzenden Wasser umspült wurde. Als das eiskalte Wasser über seinen schönen Körper rauschte, schrie Amanoue übermütig auf und schüttelte sich dabei, wie ein Hund. Dann trat er schaudernd zurück, lief eilig hinüber zur heißen Quelle und tauchte komplett in das angenehm heiße Wasser ein. Falco nutzte den Augenblick, füllte hastig die Eimer und rannte geradezu zurück, zu den Pferden. Völlig außer Atem lehnte er sich mit dem Rücken gegen einen Baum und schloss seine Augen. `Gott im Himmel, hilf mir!´, dachte er und blickte an sich herunter. Die deutliche Beule, die sich unter seiner Hose abzeichnete, war nicht zu übersehen und er war heilfroh, alleine zu sein. Nachdem er die Pferde versorgt hatte, hackte er noch Holz, um sich erneut abzureagieren und ging danach restlos erschöpft ins Zelt, um etwas zu sich zu nehmen. Amanoue stand am Waschtisch und trocknete sein Haar mit einem Laken. Er trug die dünne, seidene Hose und darüber das lange Hemd, das ihm noch feucht am Körper klebte. Ganz deutlich waren seine dunklen, harten Brustwarzen durch den nassen Stoff zu erkennen und Falco verzehrte ihn geradezu, mit seinen Blicken. Amanoue legte das Laken hinter sich ab, schüttelte sein Haar zurück und lächelte ihn etwas unsicher an, als Falco plötzlich regelrecht auf ihn zustürmte. Erschrocken wollte er ihm ausweichen, doch da war Falco schon bei ihm, ergriff seine Handgelenke und hielt ihn fest. Amanoue wehrte sich, doch gegen Falco hatte er keine Chance und der drängte ihn immer weiter zurück, bis Amanoue mit dem Gesäß gegen den Waschtisch stieß und somit nicht mehr weiter zurückweichen konnte. Sie rangelten noch kurz miteinander, dann gab er auf und Falco lockerte umgehend seinen festen Griff. Er bog ihm die Arme auseinander und senkte sie dann langsam herab, bis sie an Amanoues Seiten lagen. Beide sahen sich dabei in die Augen und tiefes Begehren loderte darin auf. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, glitten Falcos Hände an Amanoues Armen aufwärts, über die Schultern, bis zu seinem schlanken, zarten Hals, um den sie sich sanft legten. Amanoue keuchte leise auf, seine Lippen öffneten sich dabei leicht und Falco erhöhte den Druck ein wenig. Seine Daumen lagen direkt unter dem noch kleinen, unscheinbaren Kehlkopf, wanderten höher und strichen unsagbar zärtlich darüber. Eine Hand wanderte in den Nacken, fasste in das weiche, feuchte Haar und zog daran, bis Amanoues Kopf weit nach hinten gebogen war. Falco beugte sich über ihn und näherte sich quälend langsam diesem unbeschreiblich schönen, sinnlichen Mund, bis sich endlich ihre Lippen berührten. Keiner von beiden rührte sich auch nur einen Millimeter, Amanoues Augen schlossen sich wie von selbst, während er leise stöhnend den Mund weiter öffnete und damit Falcos Zunge einlud, endlich von dieser unsagbar süßen, verbotenen Frucht zu kosten. Geradezu schüchtern drang sie in ihn ein, umspielte sanft die andere Zungenspitze, wagte sich weiter vor, wurde mutiger und erkundete beinahe spielerisch die fremde, heiße Mundhöhle. Falcos Kuss wurde inniger, bis er schließlich seine eigenen Lippen fest auf den anderen Mund presste und sie sich in einem leidenschaftlichen Zungenspiel verloren. Amanoue schmeckte so unglaublich gut, süß und irgendwie fruchtig sogleich, die Lippen so prall und doch so weich, geradezu samtig, wie ein reifer, saftiger Pfirsich, dass Falco gar nicht mehr aufhören wollte, davon zu kosten. Seine Hände fuhren über Amanoues Schultern, unter den Hemdkragen, berührten die zarte Haut, rissen plötzlich an dem Stoff, zogen und zerrten daran, bis die Schnürung nachgab und er es geschafft hatte, das Hemd gänzlich über Amanoues Schultern und Arme zu streifen. Seine Hände glitten tiefer, bis zum Hosenbund, die Fingerspitzen fuhren zaghaft am Rand entlang, zogen am Band und der weichfließende Stoff fiel zu Boden. Schweratmend ließ Falco von ihm ab, hob ihn hoch, war mit wenigen Schritten beim Bett und ließ ihn darauf nieder. So schnell er konnte entledigte er sich seiner eigenen Kleider, warf sich auf ihn und fiel in ungezügelter Lust über ihn her.
Amanoue lag halb auf ihm, strich mit seinen Fingerspitzen durch Falcos Brusthaare und küsste ihn sanft darauf. „Jesd ge`öre isch dir, gans allein, nischd wahr?“, hauchte er und blickte Falco glücklich an. „Du bist meine `err und isch, deine kleine Sklave, für immer! Isch liebe disch, schon immer, schon, als isch disch sum ersten Mal gese`en `abe, schon in Magiyar, wollte isch disch und `ätte alles für disch getan“, säuselte er, schloss seine Augen und schmiegte sich an ihn. Falco kaute nachdenklich an seiner Wange, streichelte ihm den Rücken und holte schließlich tief Luft. „Habe ich dir sehr wehgetan?“, fragte er etwas verlegen nach. „Ich war nicht gerade rücksichtsvoll, vorhin, also, als wir…“, stammelte er und Amanoue sah ihn an. „Nein, `err, nur eine bisschen und es war eine süße Schmers, jessd da isch weiß, dass wir susammen bleiben werden“, antwortete er glückselig. Falco schob ihn ein wenig von sich und richtete sich halb auf. „Hör mal, das ist unmöglich! Wie stellst du dir das vor? Wo sollen wir denn hin? Henry wird nie aufhören, uns zu jagen! Glaube mir, er wird nicht eher aufgeben, bis er uns hat! Er ist besessen von dir! Und was uns dann blüht, muss ich dir wohl kaum erklären“, sagte er fast spöttisch. „Aber was wird dann? Isch liebe disch! Wir könnten weit fortge`en, in eine andere Land!“ Amanoue sah ihn erschrocken an. „Ich liebe dich!“, sagte Falco betont deutlich. „Isch disch auch!“, hauchte Amanoue zurück. „Nein!“ Falco schüttelte den Kopf, „es heißt: Ich, liebe, dich! Nicht disch! Dein Akzent ist wirklich grauenhaft und ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich auf Dauer damit leben könnte“, meinte er vollkommen ernst und fing herzhaft an zu lachen, als er Amanoues verdutztes Gesicht sah. Amanoue nahm empört den Kopf zurück und Falco zog ihn wieder in seine Arme, halb auf sich drauf. Sie waren sich ganz nahe, ihre Lippen suchten sich erneut, berührten sich flüchtig und dieses Mal war es Amanoue, der den Kuss wagte. Zuerst ganz sanft, so als ob er um Erlaubnis bitten würde, drang er mit seiner Zungenspitze in Falcos Mund ein, umspielte neckend die andere Zunge und Falco erwiderte seinen Kuss mit neu erwachter Leidenschaft. Sie liebten sich noch einmal, doch dieses Mal voller Zärtlichkeit und nachdem Falco gekommen war, glitt er von ihm herunter und legte sich noch schweratmend von seinem eigenen Höhepunkt, neben ihn. Amanoue drehte sich auf den Rücken, legte den Kopf leicht schräg und biss sich leicht auf die sinnlich-volle Unterlippe. Ohne ein Wort, nahm er Falcos Hand, führte sie zwischen seine Beine und rieb sich leise stöhnend daran. Falco hätte beinahe aufgelacht, doch dann gab er Amanoues Drängen nach und legte zunächst sehr vorsichtig und zögerlich seine Hand um das fremde, harte Glied. Amanoues Stöhnen wurde umgehend heftiger und er stieß mehrmals mit seinem Becken Falcos Faust, die sich zunehmend verfestigte, entgegen, bis er schließlich ebenfalls laut aufstöhnend kam. Falco ließ ihn los und wischte verstohlen seine Hand am Laken ab. „Bei allen Heiligen!“, raunte er kopfschüttelnd, „ich kann`s nicht fassen! Habe ich tatsächlich gerade einem Kerl einen runtergeholt?“ Amanoue kicherte vergnügt und küsste ihn überschwänglich. Sie wälzten sich spielerisch rangelnd im Bett herum, küssten sich immer wieder, dann lagen sie eine Weile einfach nur da, Arm in Arm, bis sich Falco schließlich aufsetzte. Er sah auf Amanoue nieder und gab ihm plötzlich eine Ohrfeige. Nicht sehr fest, aber dennoch durchaus spürbar und Amanoue blickte ihn verdutzt an. „Aua!“, machte er verwirrt, „für was, war die denn?“ „Dafür, dass du mir wieder nicht gehorcht hast!“, antwortete Falco belehrend und hob drohend seinen Zeigefinger. „Du warst entgegen meinem Befehl, wieder allein im Wald! Leugne nicht, ich habe dich gesehen, am Bach!“, sagte er streng und Amanoue zog verlegen grinsend den Kopf ein. „Wird nischd mehr vorkommen“, erwiderte er liebsäuselnd. „Das will ich meinen! Du wirst mir von nun an, bedingungslos gehorchen! Ist das klar?“, raunte Falco streng, Amanoue ergriff den noch immer erhobenen Zeigefinger und küsste ihn darauf. „Su Befehl, `err `auptmann!“, sagte er, so ernst er konnte und Falco warf ihm einen letzten warnenden Blick zu. „So, genug gefaulenzt, ich habe einen Bärenhunger! Und wahrscheinlich ist das Feuer auch aus. Ganz zu schweigen, von den Glutbecken! Komm, stehen wir auf, sonst erfrieren wir heute Nacht“, meinte er und rutschte zur Bettkante. „Gans bestimmt nischd, dafür werde isch schon sorgen“, säuselte Amanoue und funkelte ihn verführerisch mit seinen ungewöhnlich grünen Augen an. Er ruckte an ihn heran und wollte ihn umarmen, doch Falco schob ihn bestimmt von sich. „Nein! Schluss jetzt! Ich sagte, wir stehen auf!“, sagte er keinen Wiederspruch duldend, erhob sich und begann sich anzuziehen. Amanoue blinzelte zwar etwas verunsichert, stand aber ebenfalls auf und kleidete sich, wenn auch leise seufzend, an, während Falco bereits auf ihn wartete. „Gut, dann werden wir doch mal nachsehen, was alles zu tun ist“, meinte er, nachdem Amanoue endlich fertig war, legte einen Arm um dessen schmale Schultern und führte ihn nach draußen.
Später saßen sie gemeinsam am Lagerfeuer und unterhielten sich angeregt über die vergangenen Wochen, lachten über ihre anfänglichen Streitereien und wie sie sich oft gegenseitig über den anderen geärgert hatten, bis hin zu den Handgreiflichkeiten, zwischen ihnen. Falco hatte eine Rehkeule für sie gebraten, die ziemlich zäh war und sie aßen das letzte Brot dazu, das mittlerweile recht hart war und doch war es das beste Mahl, das sie seit langem gegessen hatten. Mit reichlich viel Wein spülten sie jeden Bissen nach und bevor Falco restlos betrunken war, stand er auf und füllte noch die Glutbecken, die er rund um das Bett verteilte. Danach warf er noch reichlich Holz ins Feuer und trat dann zu Amanoue, der inzwischen das Geschirr abspült hatte und nun am Tisch lehnend auf ihn wartete. Beide sahen sich an und allein ein Blick auf Amanoues wundervollen Körper genügte, um Falcos Lust erneut zu entfachen. Er hob ihn hoch, trug ihn zum Bett, ließ ihn fallen und stürzte sich sofort auf ihn, liebte ihn die halbe Nacht lang, bis sie beide völlig verschwitzt und erschöpft, einschliefen. Amanoue schlug die Augen auf und lauschte angestrengt. Der Morgen graute bereits und im Zelt war im dämmrigen Licht nur schemenhaft etwas zu erkennen. Ein eigenartiges Geräusch, war von draußen zu hören, dann war wieder Stille. Er setzte sich auf und blickte sich um, doch als sich nichts weiter rührte, kuschelte er sich herzhaft gähnend, wieder an Falcos Brust. Dann hörte er es erneut, ein knurriges Brummen, das direkt vom Zelteingang hereindrang. Amanoue fuhr hoch und rüttelte an Falcos Arm. „Falco! Wach auf! Da ist `was“, flüsterte er alarmierend, doch Falco sah kaum auf. „Hm? Was denn?“, murmelte er und zog die Decke wieder höher. „Da draußen! `örst du nischd?“, fragte Amanoue unsicher, rutschte aus dem Bett und schlich zum Eingang, der sich im Wind leicht bewegte. Da war es wieder, dieses Mal hörte Falco es ebenfalls und plötzlich saß er kerzengerade im Bett. „Geh weg da!“, schrie er und stürzte aus dem Bett, doch da war der Bär schon im Zelt. Das Tier verharrte kurz, so als würde es überlegen, wen es zuerst angreifen solle, stellte sich dann auf die Hinterbeine und war damit riesig. Amanoue wich mit weit aufgerissenen Augen zurück und der Bär wandte sich nun in Falcos Richtung. Er fiel kurz auf alle viere, kam auf ihn zu, brüllte dabei ohrenbetäubend und richtete sich direkt vor Falco, zum tödlichen Schlag ausholend, wieder auf. Falco sog die Luft ein und schloss in Erwartung eines todbringenden Hiebes die Augen, da brach das riesige Tier plötzlich zusammen. Falco wurde dabei zurückgestoßen, fiel rücklings aufs Bett, richtete sich sofort wieder auf und blickte ungläubig auf den sich windenden Bären. Amanoue hatte ihm von hinten, Falcos Schwert in den Nacken gerammt, zog es nun mit einem Ruck wieder heraus und stieß es dem gewaltigen Tier in die Kehle. Der Bär zuckte noch ein paarmal, dann war er tot. Amanoue hielt das Schwert mit beiden Händen umklammert und blickte wie unter Schock stehend, auf das tote Tier zu seinen Füßen. Mit einem Male sank er schluchzend zu Boden, streichelte die mächtigen Pranken, fuhr mit beiden Händen durch das zottige, braune Fell, bis hinauf zum Kopf und berührte ehrfürchtig die große Schnauze des Tieres. „Bitte verseih mir, Bär. Es tut mir so leid“, stammelte er aufgelöst dabei und vergrub hemmungslos weinend sein Gesicht im dichten Fell. Falco hatte sich längst erhoben, stand da wie gelähmt und beobachtete diese seltsame Szenerie, sah wie Amanoues zierlicher, nackter Körper beinahe im Fell des Bären versank und konnte nur fassungslos vor Unglauben den Kopf schütteln. Endlich löste er sich aus seiner Starre, trat hinzu und kniete nieder. „Ist ja gut“, sagte er beruhigend und zog Amanoue mit sanfter Gewalt in seine Arme. „Er ist tot. Er kann uns nichts mehr tun“, flüsterte er dicht an Amanoues Ohr und hob ihn hoch. Er trug ihn zum Bett, legte sich mit ihm darauf und zog die Decke wie ein schützendes Zelt, über sie beide. Amanoue schmiegte sich eng an ihn und weinte noch immer heftig. „Beruhige dich, es ist doch alles vorbei“, versuchte Falco erneut ihn zu beruhigen und streichelte ihm den Rücken. „Isch `abe ihn getötet“, schniefte Amanoue und sah ihn schluchzend an. „Isch `abe noch nie, jemanden getötet, auch keine Tier! Es war so schrecklich und es tut mir so unsagbar leid, dass `ätte nischd passieren dürfen!“ „Hör zu, manchmal muss man so etwas tun! Der Bär hätte uns getötet, erst mich und dann ganz sicher, auch dich!“ Falco nahm Amanoues Gesicht in seine Hände und bedeckte es mit zarten Küssen. „Oh Gott, im Himmel, du hast mir das Leben gerettet!“, sagte er ergriffen und konnte nur wieder ungläubig den Kopf schütteln. „Wie hast du das nur geschafft? Ich weiß nicht, ob ich die Kraft, oder auch nur den Mut, dazu gehabt hätte! Brac, hätte ich das zugetraut, aber dir? Du bist so klein, so zart, so… unglaublich!“, stammelte er und küsste ihn erneut, voller Hingabe. „Anscheinend hatte Mati doch recht. In dir steckt wirklich mehr, als wir alle denken!“, meinte er lächelnd und zog ihn fest in seine Arme. Lange lagen sie so da, eng umschlungen und eine unglaubliche Ruhe hatte sie beide erfasst, bis sich Falco schließlich seufzend aufsetzte. Die Sonne schien mittlerweile wieder warm aufs Zeltdach und hatte sie beinahe unter der dicken Fuchsfelldecke schwitzen lassen. „Wenigstens brauchen wir uns die nächste Zeit keine Sorgen ums Essen zu machen“, sagte er schmunzelnd und warf einen Blick auf das große Tier. „Du willst ihn essen?“, fragte Amanoue ungläubig. „Na sicher! Bär schmeckt sehr gut. Ich habe schon lange keinen mehr gegessen! Das wird eine Mordsarbeit, den Burschen zu zerlegen! Komm, du musst mir helfen“, meinte Falco und stand auf. Amanoue sah ihn angewidert an. „Das kann isch nischd! Brrr!“, machte er und schüttelte sich. Falco lachte. „Mach, dass du aus dem Bett kommst! Keine Widerrede!“, sagte er gespielt drohend, Amanoue erhob sich seufzend und sie zogen sich an. Als Falco sein Schwert aus dem Hals des Bären zog, machte Amanoue einen großen Bogen um das Tier und schüttelte sich erneut, wie ein nasser Hund. „Jetzt stell dich nicht so an!“, herrschte Falco ihn an, „geh und hol ein Seil!“ Amanoue ging zunächst erleichtert hinaus, kam kurz darauf wieder, mit einem dicken Seil in seinen Händen und reichte es Falco mit ausgestreckten Armen. Der band es um die hinteren Tatzen des Bären und gemeinsam zogen sie das schwere Tier nach draußen, wo Falco sofort damit anfing, es zu häuten. Amanoue hielt sich beide Hände vors Gesicht und wendete sich würgend ab. „Wenn du mir schon nicht hilfst, dann mach wenigstens etwas anderes!“, schnauzte Falco ihn an, „hol Wasser und kümmere dich um die Pferde! Die Ziege muss auch gemolken werden. Na los, worauf wartest du noch?“ Amanoue warf noch einen letzten scheuen Blick über seine Schulter, nickte und gehorchte dieses Mal nur allzu gerne. Er holte Wasser, kümmerte sich um die Tiere und blieb absichtlich länger, als er eigentlich dafür benötigte. Als er schließlich doch zum Zelt zurückkam, war Falco fast fertig und vor ihm lag ein riesiger Berg Fleisch, der in mehreren größeren und kleineren Portionen zerlegt war. „Wo, zum Teufel, hast du gesteckt?“, blaffte Falco ihn wütend an, „du führst dich auf, wie ein verwöhntes, kleines Kind! Wenn du essen willst, musst du eben auch mal Dinge tun, die dir nicht gefallen! Zum Beispiel arbeiten! Siehst du, es würde nie klappen, wenn wir zusammen fliehen würden! Da würden noch ganz andere Dinge auf uns zukommen, oder denkst du, dass ich immer alles alleine machen würde?“ Amanoue stand da, trat von einem Fuß auf den anderen und sah ihn betroffen an. „Natürlisch nischd“, erwiderte er kleinlaut, „isch könnte es lernen. Bitte, sei nischd mehr böse. Verseih mir. Du weißt, dass isch alles, für disch tun würde.“ „Ach rede nicht so einen Blödsinn! Los, schütte mir das Wasser, über die Hände!“ Falco trat auf ihn zu und sah ihn immer noch zornig dabei an. Amanoue nahm den Eimer und goss ihm solange Wasser über die blutigen Hände, bis sie einigermaßen sauber waren. Falco trocknete sich schweigend die Hände an einem Tuch ab, das Amanoue schnell für ihn aus dem Zelt geholt hatte und danach reichte Falco ihm ein großes Messer. „Hier, damit kannst du mir wenigstens noch ein bisschen helfen! Nimm dir einige von den Fleischstücken“, sagte er barsch und deutete auf einen Haufen, „und schneide sie in dünne Streifen. Danach hängst du sie auf eine Leine, übers Feuer, damit sie trocknen. Aber pass auf, dass sie nicht zu tief hängen und anbraten! Ich bringe schonmal den Rest rüber zum Waldrand und hänge es auf einen Baum. Aber dieses Mal, weiter weg! Noch mal so einen Besuch, brauchen wir wirklich nicht! Und den Rest von diesem Burschen, werde ich wohl lieber vergraben“, meinte er noch immer genervt, packte eine der Keulen und ging davon. Amanoue blickte ihm noch seufzend nach, schaffte das Fleisch ins Zelt, begann damit, es in lange Streifen zu schneiden und hängte es danach in mehreren Reihen übers Feuer. Dabei achtete er sehr sorgsam darauf, dass es wirklich hoch genug hing und wusch sich schließlich, zufrieden mit seinem Werk, gründlich die Hände. Als Falco endlich ins Zelt kam, dämmerte es bereits. Amanoue stand mit dem Rücken zu ihm am Tisch und rührte mit beiden Händen in einer großen Schüssel herum. Falco trat zu ihm und sah ihm über die Schulter. „Was machst du denn da?“, fragte er schmunzelnd und blickte skeptisch auf die klebrige Pampe. „Isch backe Brot!“, antwortete Amanoue voller Eifer. „Ist gans leischd, isch `abe Brac ein paarmal dabei sugese`en. Man gibt einfach Mehl in eine Schüssel, schüttet Wasser dasu und verknetet dann alles, su eine Teig. Nur“, er betrachtete nachdenklich seine völlig verklebten Hände, „irgendwie, sah das bei ihm gans anders aus.“ Falco legte seine Hände auf Amanoues Hüften, schmiegte sich an ihn und stützte sein Kinn auf dessen Schulter. „Vielleicht solltest du mehr Mehl nehmen, dann klebt`s nicht so“, meinte er amüsiert und küsste ihn auf den Hals. Amanoue nickte. „Ja, würdest du?“, erwiderte er und deutete mit dem Ellenbogen auf eine andere Schüssel mit Mehl. Falco nahm sie und schüttete so viel Mehl über Amanoues Hände, der sie dabei rieb, bis sich der Teig langsam von seinen Fingern löste. „Wird ein ziemlich großes Brot, hm? Das ist wirklich viel Teig!“, lachte er, setzte sich, schenkte sich einen Becher Wein ein und trank einen großen Schluck. „Es tut mir leid, dass ich dich vorhin so angeschnauzt habe“, sagte er, „aber“, er sah Amanoue an, „ich weiß wirklich nicht, wie es weitergehen soll! Wir können nicht ewig hierbleiben und das Wetter wird sicher auch nicht mehr lange, so bleiben! Wir können den Winter unmöglich hier oben verbringen. Vielleicht ist es das Beste, wenn wir doch noch, über den Pass reiten. Wir könnten in zwei Wochen, in Averna sein.“ „Nein!“, rief Amanoue erschrocken, „niemals! Isch will nischd mehr, su ihm! Isch liebe disch! Bitte Falco, tu mir das nischd an! Wie soll das funksunieren? Soll isch so tun, als ob nischds gewesen wäre? Wieder mit ihm das Bett teilen? Das kann isch nischd! Nie mehr! Isch will nur noch, mit dir susammen sein, für immer“, sagte er, Falco voller Zärtlichkeit ansehend und der stützte seinen Kopf in beide Hände. „Wie stellst du dir das vor? Wo und vor allem, von was, sollen wir leben? Ich habe nur das, was in meiner Börse ist und das ist nicht gerade viel“, meinte er bedauernd. Amanoue wischte seine Hände ab, ging zum Waschtisch, holte den asconischen Gürtel und legte ihn vor Falco auf den Tisch. Der nahm ihn und strich mit seinen Fingern über die kostbaren Edelsteine. „Du `ast doch selbst gesagt, dass er eine Vermögen wert wäre. Du könntest die Steine verkaufen und dann kaufen wir uns eine kleine `aus oder eine `of und da könnten wir dann susammen leben“, sagte Amanoue und lächelte ihn hoffnungsvoll an. „Ja sicher, die Steine sind sehr wertvoll, aber nicht hier“, erwiderte Falco seufzend und sah ihn an. „Wir sind hier auf dem Land, in der tiefsten Provinz! Amanoue, kein Bauer, würde uns irgendetwas, dafür geben! Für sie, sind sie wertlos! Man müsste erst in einer größeren Stadt die Steine verkaufen und dafür eine sehr lange und gefährliche Reise, in Kauf nehmen! Kein Bauer, könnte das tun! Hier gibt es höchstens ein paar Dörfer oder mal einen Marktflecken und auch da, würde es kaum jemanden geben, der die Steine bezahlen könnte. Es tut mir leid, aber die Steine sind nur in einer größeren Stadt wertvoll. Da, wo es Juweliere und Goldschmiede gibt, oder einen Edelsteinhändler.“ „Wir könnten surück nach Magiyar ge`en oder nach Istrien!“ Amanoue setzte sich neben ihn. „Dort, könnten wir sie verkaufen“, sagte er. „Bist du verrückt geworden?“ Falco schüttelte energisch seinen Kopf. „Keine zehn Pferde würden mich zurück nach Tiranien bringen! Was, wenn man uns überfällt? Ich will bestimmt kein Sklave werden! Außerdem spreche ich kein Wort tiranisch, geschweige denn istrisch! Und ewig, könnten wir auch in Istrien nicht von den Steinen leben, nicht in einer Stadt und auch nicht auf dem Land! Ein Hof“, schnaubte er kopfschüttelnd. „Es ist unmöglich, sieh das doch ein“, sagte er bedauernd, nahm Amanoues zarte Hand in seine und drückte sie kurz. „Wir könnten höchstens ein Jahr davon leben und dann?“ Amanoue schluckte, holte tief Luft und sah ihn bestimmt an. „Isch könnte misch verkaufen, in Istrien, in eine Stadt. Dort kann man das tun, gans offen und“, er zuckte leicht mit den Schultern, „isch weiß, dass die Männer misch mögen“, fügte er leiser hinzu. Falco ließ ihn sofort los, schlug ihm ins Gesicht und sprang auf. „Wie kannst du nur an sowas denken! Du willst dich als Hure verkaufen? Glaubst du tatsächlich, dass ich zu Hause herumsitzen würde und darauf warten würde, bis du vom Anschaffen zurückkommst?“, schrie er ihn aufgebracht an. „Soll ich vielleicht noch dein Kuppler werden und dir deine Kunden zuführen?“, brüllte er und wich entsetzt zurück. Amanoue wischte sich eine Träne fort und stand zögernd auf. „Bitte, verseih mir. Isch bin so dumm, isch rede immer nur dummes Seug, natürlisch nischd! Aber isch liebe disch so sehr und würde alles, für disch tun. Nur, damit du glücklisch bist! Bitte, Falco! Geh nischd“, schluchzte er und schlug sich die Hände vors Gesicht, als Falco wutentbrannt das Zelt verließ. Er weinte noch eine Weile, machte sich schließlich wieder frustriert über seinen Brotteig her, knetete noch ein wenig darin herum, holte einen Teil des Teiges heraus und formte den zu einen Laib, den er dann in die Tonform legte. Mit hängendem Kopf brachte er sie nach draußen und vergrub sie in der Glut des heruntergebrannten Feuers. Falco war nirgends zu sehen und so schlurfte er wieder hinein, räumte den Tisch ab, machte alles sauber und setzte sich schließlich. Seufzend schenkte er sich einen Becher Wein ein und trank ihn vor sich hin grübelnd leer, stand wieder auf, füllte die Glutbecken, legte Feuerholz nach und wartete draußen am Lagerfeuer sitzend, auf Falco. Als er ihn endlich kommen sah, sprang er erleichtert auf und lief ihm entgegen. „Bist du noch böse, auf misch?“, fragte er kleinlaut und sah unsicher zu ihm hoch. „Mmh, ein bisschen, schon“, antwortete Falco mürrisch, nahm ihn aber trotzdem in den Arm. „Wie konntest du nur so etwas sagen?!“ „Es tut mir so leid“, antwortete Amanoue betroffen, „aber isch wollte dir doch nur seigen, wie sehr isch disch liebe und dass isch wirklisch alles tun würde, nur damit wir susammen bleiben können“, hauchte er einschmeichelnd und blickte ihn von unten herauf an. Falco seufzte tief und schlenderte mit ihm zum Lagerfeuer. „Hast du nichts zu essen gemacht? Auch keinen heißen Wein?“, fragte er etwas vorwurfsvoll. Amanoue zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Isch wusste ja nischd, wann du wiederkommst, aber die Brot müsste bald fertig sein und im Selt steht eine Krug mit Siegenmilsch. Es ist auch noch etwas von die Rehkeule da. Isch werde es dir sofort `errischten“, antwortete er schnell und war auch schon im Zelt verschwunden. Während Falco sich Gesicht und Hände wusch, holte er das Brot und deckte den Tisch für sie beide. Erwartungsvoll nahm Amanoue den Deckel von der Form und blickte enttäuscht auf den Klumpen, der so gar keine Ähnlichkeit mit Bracs köstlichem Brot hatte. „Na das duftet ja“, sagte Falco, sich setzend und sah etwas irritiert auf das seltsame Gebilde, das da vor ihm auf dem Holzbrett lag. Er zog beide Augenbrauen hoch und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Was ist das denn? Sieht aus, wie ein Stein“, meinte er und lachte auf, als er Amanoues beleidigte Miene sah. „Und, es ist genauso hart, mindestens. Damit könnte man ja jemanden erschlagen“, witzelte er weiter und versuchte mühsam, das Brot zu schneiden. „Isch verste`e das nischd, isch `abe es doch genauso wie Brac, gemacht“, sagte Amanoue und setzte sich frustriert. „Isch kann wirklisch, gar nischds“, stammelte er dabei mit tränenerstickter Stimme und stützte seinen Kopf niedergeschlagen in beide Hände. „Ach, so schlimm, ist es gar nicht! Siehst du, man kann es sogar essen“, meinte Falco aufmunternd, brach sich ein Stückchen davon ab, tunkte es in seine Milch, bis es einigermaßen aufgeweicht war und stopfte es in seinen Mund. „Mmh, gut!“, schwindelte er, verzog aber leicht angewidert den Mund, als er würgend schluckte. „Du Lügner“, schniefte Amanoue, „es ist widerlisch!“ „Nein! Es ist das beste Brot, das ich je gegessen habe“, sagte Falco zärtlich und strich ihm über die Wange, „weil es mit sehr viel Liebe gebacken wurde! Sei nicht traurig, notfalls könnten wir es noch als Wurfgeschoss verwenden, falls wir wieder ungebetenen Besuch bekommen, hm?“ Er lächelte ihn an und auch Amanoue lachte kurz auf. „Du musst das nischd essen“, erwiderte er und zog ihm den Teller fort. „Es ist `art, wie Granit! Da würde sisch jede Bär die Sähne ausbeißen. Die nächste Mal, mache isch es besser!“ Falco nickte grinsend und fuhr ihm mit dem Daumen über die sinnlichen Lippen. „Du bist so süß, aber…“ „Aber?“ Amanoue legte überrascht seinen Kopf schief. „Deine Aussprache, ist fürchterlich!“, antwortete Falco ernst und lachte herzlich auf, als Amanoue ihn auf die Schulter boxte. „Idiot!“ Falco lachte lauthals los und hielt ihn fest. „Wird Zeit, dass wir daran etwas ändern!“, meinte er und sah ihn belehrend an. „Sprich mir mal nach! Ich, liebe, dich!“ „Isch liebe disch“, säuselte Amanoue verliebt zurück. „Nein!“, sagte Falco kopfschüttelnd, „man spricht es `ch´, nicht `sch´! Fauch mal, wie eine Katze!“ Amanoue nahm zweifelnd den Kopf zurück. „Was?“ „Ch“, fauchte Falco ihn an und machte eine auffordernde Handbewegung. „Ch“, fauchte Amanoue zurück. „Ja! Siehst du, ist gar nicht so schwer! `Ch´, wie eine wütende Katze!“ Falco schenkte ihnen Wein ein, „Ch“, wiederholte er, „ich, liebe, dich!“ Amanoue schnaufte tief durch. „Ich, liebe, dich“, sagte er langsam und sehr betont. Falco gab ihm einen Kuss. „Gut! Du musst einfach langsamer sprechen, dann klappt`s auch. Du sprichst immer viel zu schnell! Wie ein Wasserfall, sprudelt es aus dir heraus, Babababa! So geht das, den ganzen Tag!“, spöttelte er und lachte wieder amüsiert auf, weil Amanoue eine sehr beleidigte Miene aufsetzte und sich halb und mit verschränkten Armen, abwandte. „Stimmt gar nischd, äh, nicht“, murrte er, Falco zog ihn an sich und küsste ihn wesentlich leidenschaftlicher. „Lass uns ins Bett gehen“, raunte er und zog ihn mit sich hoch. „Ich will dich, jetzt! Mehr, als jemals zuvor!“ „Ich, dich, auch“, hauchte Amanoue und ließ sich willig von ihm zum Bett ziehen.
Nach einer leidenschaftlichen Liebesnacht weckte ihn Falco am frühen Morgen. „Aufstehen, du Langschläfer! Die Sonne scheint schon!“, rief er laut und zog ihm die Decke weg. „Isch mag nischd, lass misch schlafen“, maulte Amanoue und drehte sich um. „Was, muss ich da hören? Schon wieder alles vergessen?“, sagte Falco empört und zwickte ihn in den kleinen Hintern. „Wie heißt das?“ „Aua! Lass misch!“, murrte Amanoue wütend über seine Schulter und rieb sich die Pobacke. Falco zwickte ihn wieder. „Au!“, schrie Amanoue, sich reibend, „gut, dann eben, mich!“, rief er und rutschte außer Reichweite. „Das `at wehgetan!“, beschwerte er sich anklagend. „Ja klar, dass sollte es auch! Komm, aufstehen!“ Falco zog ihm die Decke erneut weg, Amanoue griff danach und deckte sich wieder zu. „Amanoue! Es reicht! Wenn ich sage, dass du aufstehen sollst, dann meine ich das auch! Wir haben viel zu tun!“ „Was denn?“, meinte Amanoue etwas gereizt, setzte sich auf und sah ihn genervt an. „Ich muss die Pferde versorgen, das heißt, ich bringe sie weiter runter ins Tal, zum Weiden. Hier finden sie kaum noch Futter! Und du, wirst das Essen für uns zubereiten! Wenn ich wiederkomme, werde ich sehr hungrig sein und mich nicht mit irgendwelchen Resten zufriedengeben! Hast du mich verstanden? Das ist mein Ernst!“, sagte Falco mit Nachdruck und hob drohend seinen Zeigefinger. „Außerdem könntest du das Bett abziehen und die Laken waschen! Du weißt, was ich damit meine! Ich möchte heute Abend in einem sauberen Bett schlafen, also mach und enttäusche mich nicht“, fuhr er fort, während er sich bereits anzog und Amanoue sah ihn plötzlich hellwach an. „Ja, meine Habibi, isch, ich, werde alles tun, was du sagst! Wirklisch! Verdammt, ich meine wirklich!“, rief er schnell, stand sofort auf, kleidete sich in Windeseile an und rannte Falco hinterher, der bereits das Zelt verlassen hatte. „Ich liebe dich!“, rief er ihm noch nach und war überglücklich, als Falco sich noch einmal lächelnd zu ihm umdrehte. Rasch hob er die rechte Hand, winkte ihm lachend zu und ging erst zurück ins Zelt, als Falco außer Sichtweite war. Leise seufzend zog er zuerst das Bett ab, wusch die Laken genauso, wie Kai es ihm einst gezeigt hatte und hängte sie zum Trocknen auf. Danach bezog er das Bett mit frischen, sauberen Laken und holte sich anschließend ein großes Stück Fleisch, das er in Mundgerechte Würfel schnitt und in einem Topf über dem Feuer anbriet. Mit reichlich Wein löschte er es ab, würzte das angebräunte Fleisch mit den Gewürzen und Kräutern, die eigentlich für den Würzwein gedacht waren und gab noch einige kleingeschnittene Zwiebeln hinzu. Nach einer Weile kostete er vorsichtig vom Sud, würzte nochmals mit Salz und einigen anderen wenigen Gewürzen nach, die Brac zurückgelassen hatte, goss noch einmal etwas Wasser nach und rührte alles einige Male kräftig um. Dann hing er den Topf etwas höher, damit es nur noch leicht vor sich hin köchelte, ging zurück ins Zelt und besah sich verwundert den übriggebliebenen Teig vom Vortag, den er eigentlich wegwerfen wollte. Die klebrige Masse sah nun ganz anders aus, war seltsam aufgegangen und wirkte viel lockerer. Etwas skeptisch nahm Amanoue die Hälfte davon heraus, bemehlte den jetzt kaum noch klebenden Teig ein wenig und knetet ihn nochmals kräftig durch. Er hob dabei verdutzt die Augenbrauen, zuckte die Achseln und formte daraus erneut einen Laib, den er wieder in der tönernen Form nach draußen brachte und in der Glut vergrub. Als Falco gegen Mittag zurückkehrte, erwartete Amanoue ihn bereits sehnsüchtig am Zelteingang und lief ihm die letzten Meter mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen entgegen. „Meine Güte, dass riecht ja köstlich, hier!“, rief Falco in die Luft schnuppernd und umarmte ihn etwas derb. „Habe ich einen Hunger! Ich könnte glatt dich verschlingen“, raunte er brummend und biss spielerisch nach Amanoues zarter Schulter, woraufhin sich der lachend aus der groben Umarmung befreite. „Sieh nur, die Brot!“, rief Amanoue aufgeregt, nahm ihn an die Hand und zog ihn mit sich ins Zelt. „Es sieht `eute aus, wie Bracs! `offentlich schmeckt es auch so“, sagte er betont langsam und strahlte ihn an. Er hatte den Tisch bereits für sie beide gedeckt, Falco nickte etwas amüsiert, setzte sich und blickte grinsend in seine Schüssel, die Amanoue augenblicklich mit dem dampfenden Fleischeintopf füllte. Falco brach sich sogleich ein großes Stück von dem köstlich duftenden, lockeren Brot ab, tunkte es in die Soße und schloss beinahe verzückt die Augen, als er davon kostete. „Das schmeckt wunderbar“, sagte er genießerisch und blickte zu Amanoue auf, der ihn voller Erwartung ansah. „Wirklich“, meinte er anerkennend nickend und Amanoue atmete erleichtert auf. „Allerdings muss ich dir jetzt etwas gestehen. Ich habe dich gestern leider belogen“, sagte Falco und nickte erneut, sehr ernst. „Das, ist das beste Brot, das ich je gegessen habe“, raunte er und hielt den Kanten kurz hoch. „Und erst dieser Sud! Köstlich! Es schmeckt zwar etwas sonderbar, nein ungewöhnlich“, verbesserte er sich staunend, „aber wirklich sehr gut“, fügte er hinzu und begann voller Appetit zu essen. „Wirklisch? Äh, wirklich, es schmeckt dir?“ Amanoue sah ihn überglücklich an und setzte sich endlich. Falco küsste ihn zur Antwort zärtlich und aß begeistert weiter. „Das Brot ist mindestens so gut, wie das von Brac, aber das Fleisch ist viel besser! So weich und … meine Güte, wie hast du das nur hinbekommen? Es schmeckt so, würzig! Meine Mutter, hätte das nicht besser gekonnt und sie hat immer den besten Wildeintopf gekocht“, meinte er und küsste ihn erneut. „Es freut misch, mich, so sehr, dass es dir schmeckt“, strahlte Amanoue übers ganze Gesicht, „das könnten wir doch jesd immer so `aben. Isch bleibe su `ause, koche für uns und pudse und wasche und wenn du nach `ause kommst, verwöhne isch disch, hm? Was `ältst du davon?“, sagte er und sah ihn hoffnungsvoll an, doch Falco schloss kurz bedauernd seine Augen. „Amanoue“, sagte er aufblickend und ein trauriger Unterton schwang dabei mit, „ich mag dich wirklich sehr, aber“, er schnaufte schwer durch und legte den Löffel weg, „ich habe den ganzen Vormittag über uns beide nachgedacht. Glaube mir, es fällt mir nicht leicht, dir das zu sagen“, wieder stockte er und räusperte sich leise, „wenn du, doch nur eine Frau wärst.“ Amanoue erhob sich. „Bitte, Amanoue, es tut mir so leid! Ich würde dich sofort heiraten, hörst du?“, sagte Falco schnell, doch dann schüttelte er den Kopf tief bedauernd, „aber, du kannst mir meinen größten Wunsch nicht erfüllen“, raunte er leise. „Mein größter Wunsch war schon immer, eine richtige Familie. Ich wünsche mir Kinder!“ Amanoue taumelte zurück und griff sich mit beiden Händen an den Bauch. „Am liebsten einen ganzen Stall voll“, sprach Falco weiter und sah ihn mitleidig an. „Es tut mir so leid“, meinte er, als Amanoue weiter zurückwankte, „kannst du das nicht verstehen?“ „Ja, ich verste`e dich“, stammelte Amanoue, „ich bin nur, eine tote Acker“, sagte er, wankte noch immer seinen Bauch umklammernd zum Bett und ließ sich darauf fallen. „Ich war also immer nur eine `ure für dich und du `ast mich nur benussd, ja? Aber mache dir keine Sorgen, ich ste`e dir weiter sur Verfügung, wann immer du mich willst“, meinte er zynisch und es klang ungewöhnlich hart und gefühllos. „Amanoue, das ist nicht wahr! Und es tut mir sehr leid, dass du es so siehst“, antwortete Falco bitter. „Und, ich weiß jetzt auch, dass ich einen großen Fehler gemacht habe. Ich hätte mich nie, darauf einlassen sollen“, sagte er, stand auf und verließ ohne ihn nochmals anzusehen, das Zelt.
Erst nach Einbruch der Dunkelheit, kam Falco zurück, füllte die Glutbecken nochmals auf, aß noch etwas und trank den Krug Wein leer, der noch immer unberührt auf dem Tisch stand. Dann stand er auf, ging zum Bett, zog sich aus, legte sich wortlos zu Amanoue und schmiegte sich eng an ihn. Immer wieder küsste er Amanoues Nacken und als sich der ihm entziehen wollte, hielt er ihn fest, wälzte sich auf ihn und drang heftig stöhnend in ihn ein. Amanoue bäumte sich auf, legte seinen Kopf tief in den Nacken und beide küssten sich voller Inbrunst, bis sie beide beinahe gleichzeitig kamen. Schwer atmend lagen sie noch einen Moment da, dann löste sich Falco von ihm, glitt neben ihn und wälzte sich auf den Rücken. Sofort schmiegte sich Amanoue an ihn und streichelte ihm zärtlich die Brust. „Ich liebe dich, so sehr“, hauchte er. „Ich würde auf alles versichten, alles aufgeben, nur um bei dir su sein. Es ist mir gleich, ob du `eiraten würdest und Kinder `ättest. Ich würde das alles klaglos ertragen, wenn ich nur bei dir sein kann und wäre es als dein Sklave. Ich würde für dich arbeiten, alles tun, was du von mir verlangst und mich nie beklagen. Ich würde selbst deiner Frau ge`orchen und alles tun, was sie mir aufträgt“, sagte er voller Ernst und Falco atmete tief ein. Er fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht und strich sich das mittlerweile schon etwas länger gewordene Haar zurück. „Oh Amanoue“, stöhnte er, „wie stellst du dir das vor? Ich würde meine Frau nie betrügen, aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich dir auf Dauer wiederstehen könnte. Es ist unmöglich, sieh das doch ein! Ich werde dich, ich muss dich, zu Henry zurückbringen! Und zwar sobald, wie möglich!“, erwiderte er entnervt. „Nein! Bitte Falco, ich möchte nur noch bei dir sein! Du bist meine `err, jesd und für immer“, schluchzte Amanoue verzweifelt auf und vergrub sein Gesicht in Falcos Armbeuge. Wieder schnaufte der gequält durch, richtete sich halb auf und hielt ihn an den Oberarmen fest. „Nein, Amanoue, das bin ich nicht und ich werde es nie sein! Hörst du?! Er, ist dein Herr! Du gehörst ihm!“, sagte er mit Nachdruck und schob ihn noch ein Stück weiter von sich. „Außerdem habe ich ihm die Treue geschworen. Er ist mein König und hat dich mir anvertraut! Ich kann meinen König nicht enttäuschen! Es ist schon schlimm genug, dass wir ihn betrogen haben und dass hätte nie passieren dürfen! Wenn du mich so sehr liebst, dann wirst du mir folgen und mir gehorchen! So leid es mir auch tut, aber Notfalls werde ich dich auch mit Gewalt zu ihm bringen und wenn du den ganzen Weg gefesselt zurücklegst! Du hast die Wahl, entweder du folgst mir freiwillig oder ich zwinge dich dazu“, meinte er ruhig und sehr bestimmt. Amanoue richtete sich straff auf und rutschte ein ganzes Stück von ihm fort. „Ist das dein lesdes Wort?“, fragte er und nickte wissend, als Falco schwer seufzend den Kopf senkte. „Gut“, sagte er beipflichtend, „dann sei es so! Ich werde alles tun, was du verlangst, aber ich werde nie mehr das Bett mit ihm teilen! Das schwöre ich dir, auch wenn es meine Tod bedeuten sollte! Ich werde meine ganse Leben lang, nur noch dich lieben, Falco. Diese Seit, mit dir, war die schönste von meine Leben. Ich war sum ersten Mal glücklich und fühlte mich eine Stückchen frei. Ich danke dir dafür, dass ich diese Seit mit dir verbringen durfte und wenn es dein Wunsch ist, dann werde ich mich in Sukunft von dir fernhalten“, sagte er immer leiser werdend, wischte sich die Tränen ab und verließ das Bett. „Was soll das, Amanoue? Wo willst du denn hin?“, fragte Falco entnervt und sah ihm stöhnend nach. „Ich möchte Euch nicht mehr in Versuchung führen, `err“, antwortete Amanoue ohne ihn anzusehen und legte sich auf die einfache Soldatenpritsche. „Es ist allein, meine Schuld. Es ist diese Körper, wie ich ausse`e. Und ich `asse mich dafür!“, sagte er bitter und wickelte sich in die rauen Decken. „Oh Amanoue“, seufzte Falco, „das ist doch nicht wahr! Ich trage die gleiche Schuld daran, wie du. Mindestens! Ich hätte stark sein müssen, aber ich wollte dich genauso, wie du mich! Hörst du? Also komm wieder ins Bett, das ist doch albern!“, sagte er nun wirklich genervt, doch Amanoue rührte sich nicht. Kein Ton war von ihm zu hören, die ganze Nacht lang und als Falco am nächsten Morgen erwachte, war der Tisch bereits für ihn gedeckt. Ein Krug mit frischer Ziegenmilch stand neben dem Brot und sogar der restliche Honig, doch von Amanoue war weit und breit nichts zu sehen. Nachdem er sich angekleidet hatte, setzte Falco sich und begann zu frühstücken, obwohl er gar keinen Appetit hatte. Danach ging er nach draußen und sah sich suchend um. Das Feuer brannte noch einigermaßen hoch, also musste Amanoue noch vor kurzem Holz nachgelegt haben und doch wurde Falco zusehends unruhiger, als er ihn nirgends entdecken konnte. „Amanoue!“, rief er in alle Richtungen und machte sich auf den Weg zur heißen Quelle. „Verdammt, wo bist du nur“, murmelte er vor sich hin, als er ihn auch hier nicht fand und lief zurück, hinüber zum Pferch. Beide Pferde und die Ziege waren fort und Falco sog vor Schreck die Luft ein. `Um Gottes willen, du wirst doch nicht getürmt sein?´, schoss es ihm durch den Kopf und ein mulmiges Gefühl machte sich langsam aber sicher in seinem Magen breit. Mit wackligen Knien ging er zurück zum Zelt und begann voller Verzweiflung Holz zu hacken, um sich irgendwie abzulenken und hörte erst damit auf, als ein riesiger Berg Holzscheite vor ihm lag und er den umgestürzten Baum restlos zerlegt hatte. Es war längst Nachmittag, als Amanoue endlich zurückkam. Falco saß am Feuer und briet gerade ein großes Stück Bärenfleisch, das an einem Spieß über den Flammen hing und er sprang sofort auf, als er Amanoue vom Pferch herüberkommen sah. Voller Erleichterung ging er ihm die letzten Schritte entgegen, nahm ihn fest in seine Arme und drückte ihn an sich. Erst küsste er ihn innig auf den Mund, doch dann gab er ihm eine schallende Ohrfeige und sah ihn wütend an. „Wie konntest du mich so erschrecken? Ich dachte schon, du wärst fort!“, schrie er aufgebracht und drückte Amanoue erneut fest an sich. „Tu das nie wieder“, sagte er dabei und strich ihm zärtlich den Rücken auf und ab. „Wieso `ast du dir Sorgen gemacht, wo sollte ich schon `in?“, antwortete Amanoue monoton und entwand sich ihm. „Da wäre es doch einfacher, wenn ich einfach eine Strick nehme und mich daran an die nächste Baum `änge!“ „Rede nicht so einen Unsinn“, raunte Falco und strich ihm zärtlich über die knallrote Wange. „Was sollte ich denn ohne dich anfangen, hm? Dann könnte ich mich gleich daneben hängen“, sagte er und küsste ihn immer wieder überaus sanft und verspielt auf Mund und Nase. „Du süßes, dummes Ding und wer beschützt mich dann in Zukunft, vor irgendwelchen gefräßigen Bestien? Komm, geh rein und deck den Tisch, ja? Das Fleisch ist gleich durch und ich habe ebenfalls einen riesigen Hunger“, grummelte er zärtlich und gab ihm dabei einen zarten Klaps auf den Hintern. Amanoue blickte ihn ganz nach seiner eigenen Art von unten herauf an und rieb sich kurz schmollend die brennende Wange. „Ich wollte dich nicht wecken“, sagte er langsam und mit bedacht, „du `ast so tief geschlafen und die Pferde waren doch `ungrisch“, er dachte kurz stirnrunzelnd nach, „`atten `unger“, verbesserte er sich und zauberte damit ein Lächeln auf Falcos Lippen. „Du sprichst schon viel besser“, meinte er sanft und küsste ihn erneut, lange und zärtlich. Wenig später saßen sie zusammen an der ehemals königlichen Tafel, aßen gemeinsam und tranken reichlich von dem süßen tiranischen Wein dazu. „Nein“, sagte Falco schmunzelnd und schüttelte den Kopf, denn sie arbeiteten schon eine Weile wieder an Amanoues Aussprache. „Es heißt: Ich habe Hunger!“ „Ich `abe `unger“, wiederholte Amanoue kichernd. „Amanoue! Das machst du mit Absicht!“ „Nie im Leben“, erwiderte Amanoue gespielt empört, „isch, ach scheise, ich, kann es einfach nicht“, meinte er achselzuckend und biss sich auf die volle Unterlippe. „Pass mal auf“, sagte Falco erneut belehrend, musste aber grinsen, „Hunger! Sag mal Ha.“ „Aah“, machte Amanoue zu ihm hin. Falco schüttelte lachend den Kopf. „Nein, nein!“, rief er, überlegte kurz und zog eine der brennenden Kerzen zu sich heran. „Du musst hauchen! So: H, h!“, hauchte er die Flamme an und sie erlosch. „Hast du gesehen?“ Er entzündete die Kerze erneut an einer zweiten und stellte sie vor Amanoue hin. „Jetzt du! Hauchen, ganz fest!“ Amanoue beugte sich kichernd vor und hauchte die Flamme zaghaft an. Sie flackerte kurz, ging aber nicht aus. „Viel fester!“, rief Falco voller Begeisterung, „H!“, machte er und die Kerze war wieder aus. „Du spinnsd vielleischd! Wenn disch, äh dich, deine Männer jesd se`en würden, die würden sich glatt totlachen!“, grölte Amanoue und hielt sich den Bauch vor Lachen. Falco stellte die brennende Kerze wieder vor ihn hin. „Hör auf zu lachen und hauch jetzt die verdammte Kerze aus! Ich lass dich nicht eher aufstehen, bis du es kannst!“, sagte er drohend. „Wenn die Kerse aus ist, lässt du misch sufrieden, ja?“, fragte Amanoue arglistig und legte den Kopf schief. Falco nickte und deutete auf die Kerze. Amanoue blies sie aus, sprang sofort auf und lief lachend zum Bett. „Du Biest!“, rief Falco, setzte ihm nach und versuchte ihn zu fangen, doch Amanoue war wieselflink und entwischte ihm immer wieder. Sie rannten wie zwei aufgescheuchte Hühner kreischend und lachend quer durch das große Zelt und immer wieder um den Tisch, warfen dabei etliche Stühle um, umrundeten mehrmals das Bett, bis sich Amanoue schließlich keuchend darauf warf und Falco sich auf ihn stürzte. Er legte sich mit seinem ganzen Gewicht auf ihn und hielt ihm die Handgelenke fest über dem Kopf umklammert. „Du kleines Miststück“, raunte er zärtlich und küsste ihn voller Leidenschaft. „Schlaf mit mir“, hauchte Amanoue drängend, doch Falco schüttelte ernst seinen Kopf. „Jetzt nicht!“, sagte er befehlend, „du räumst erst den Tisch ab und ich sehe nach dem Feuer und fülle die Glutbecken! Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, heißt es bei uns und außerdem reicht`s, wenn wir es in der Nacht tun!“, meinte er resolut, ließ ihn los und stand auf. „Ich verste`e dich nicht“, erwiderte Amanoue verwirrt, „du willst es doch auch! Und ich `abe jesd Lust auf dich! Ich will dich gans tief in mir spüren“, raunte er lüstern und rekelte sich lasziv dabei. Falco packte ihn erneut an den Handgelenken und riss ihn grob hoch. „Hör sofort auf, dich so zu benehmen! Ich mag dieses Hurengetue nicht und es ist schon schlimm genug, wenn wir es überhaupt miteinander tun!“, herrschte er ihn an und schubste ihn von sich. Amanoue taumelte zurück, stieß mit den Kniekehlen an die Bettkante und plumpste darauf. „Bitte Falco, verseih mir. Es wird nicht mehr vorkommen, wir machen es genauso, wie du es willst und auch nur, wann immer du es möchtest!“, sagte er schnell und über Falcos Ausbruch zutiefst erschrocken. „Es tut mir leid, wirklich! Ich dachte nur, dass du es auch willst! Warum bist du plödslisch so böse?“ Falco schnaufte tief durch und wandte sich halb ab. „Das, was wir miteinander tun, ist nicht richtig! Es ist zutiefst sündig! Und“, er schnaufte erneut schwer, „das wird mir mehr und mehr bewusst!“, sagte er leiser, während er sich betroffen das fast schwarze Haar zurückstrich. „Aber wir lieben uns! Wie kann das, Sünde sein?“, fragte Amanoue verzweifelt und legte seinen wunderschönen Kopf leicht schräg. „Ach, halt einfach deinen Mund und sieh mich nicht so an!“, brummte Falco ärgerlich. „Und jetzt tu, was ich dir gesagt habe! Du könntest auch noch Brot backen, wir haben fast keines mehr! Ich sehe erstmal nach dem Feuer“, murrte er noch, drehte sich um und ließ ihn einfach sitzen.
Am Abend sprachen sie kaum miteinander und als Falco sich ins Bett legte, trat Amanoue zögerlich heran und blieb unsicher vor ihm stehen. „Möchtest du, dass ich mich su dir lege?“, fragte er leise. Falco hob die Bettdecke an und Amanoue krabbelte zu ihm ins Bett. Überglücklich kuschelte er sich an Falcos breite Brust, doch der rührte ihn nicht an. Obwohl er anfangs wirklich sehr müde gewesen war, fand Amanoue lange keinen Schlaf. Er wälzte sich zunehmend unruhiger werdend die halbe Nacht lang hin und her, lauschte auf die Geräusche die leise zu ihnen hereindrangen und stand schließlich vorsichtig auf. Nachdem er sich leise angezogen hatte, ging er hinaus, legte noch reichlich Holz nach und schlenderte dann einfach scheinbar ziellos eine Weile durch die Gegend. Der Mond schien ungewöhnlich hell vom nachtschwarzen Himmel und tauchte alles um ihn herum in ein fahles, gespenstisches Licht. Ein seltsames, beklemmendes Gefühl machte sich plötzlich in seiner Brust breit und schien sich wie eine eisige Faust um sein Herz zu legen. Er blieb stehen, bekam kaum noch Luft und blickte sich unruhig um, erkannte die Umgebung, sah den Hügel unweit von sich und die Erkenntnis, wo er sich befand, traf ihn wie ein Schlag. `Oh mein Gott´, schoss es ihm durch den Kopf, `hier ist es geschehen!´ Sich an sein eigenes Herz fassend, schluchzte er auf und sank auf seine Knie. Dann sah er es ganz deutlich vor sich. Die Tiraner griffen plötzlich wieder an, als sie den austrischen König erkannten. Er sah das chaotische Durcheinander, sah, wie sich die Leibgarde sofort schützend zwischen die Tiraner und Henry drängte, sah, wie Falco die Zügel des Schimmels ergriff und das Pferd des Königs mit sich zog und damit Henry aus der Gefahrenzone brachte und er sah, wie die hintersten Gardisten verzweifelt um ihr Leben kämpften. Dann kam der Speer, traf Ravio mitten in die Brust und schleuderte ihn vom Pferd. Alecto schrie vor Entsetzen auf, sprang sofort aus dem Sattel und wollte helfend zu seinem Freund eilen, schlug und stach wie von Sinnen auf die Tiraner ein und spürte es nicht einmal, als er selbst mehrmals getroffen wurde. Endlich hatte er Ravio erreicht, ließ sich sofort neben ihm auf die Knie fallen, doch Ravio war bereits tot. Brac und die anderen kämpften sich nun ebenfalls zu ihnen durch und schafften es schließlich die feindlichen Tiraner wieder zurück zu drängen. Er sah, wie Alecto sich an den toten Leib klammerte, weinte und schrie und er sah, wie ihn seine Kameraden umringten und schließlich von Ravios leblosen Körper fortzerrten. Amanoue sank an genau dieser Stelle in sich zusammen, verbarg sein Gesicht in seinen Händen, kauerte sich zu Boden, genau da, wo Ravio gelegen und den Tod gefunden hatte. Lange lag er so da, sich selbst umarmend und weinend, bis er plötzlich einen leichten Luftzug über sich hinwegwehend verspürte und aufsah. Ravio stand in einigen Metern Entfernung vor ihm und sah ihn mitleidig an. Sein blondes Haar leuchtete im Mondlicht und war wie immer, leicht struppig durcheinander. Amanoue schluckte ein paarmal, zwinkerte nervös und schlug erneut die Hände vors Gesicht. „Du bist nicht da“, sagte er immer wieder murmelnd vor sich hin und blinzelte verstohlen durch seine Finger. Ravio stand immer noch ohne sich zu rühren an der gleichen Stelle, lächelte nun sogar auf ihn hinab und streckte langsam seine Hand nach ihm aus. „Hallo, mein Kleiner“, sagte er sanft, „hab keine Angst. Endlich bist du gekommen. Ich warte schon so lange, auf dich.“ Amanoue schüttelte hastig seinen Kopf. „Du kannst nicht `ier sein! Du bist tot!“, sagte er ängstlich, stand zögernd auf und begann heftig zu zittern. „Bitte Ravio, geh weg“, stammelte er, als Ravio näherkam, direkt vor ihm stehen blieb und ihn sogar am Arm berührte. Amanoue spürte es ganz deutlich und schreckte zurück. „Wieso hast du Angst vor mir? Du weißt, dass ich dir niemals etwas tun würde. Ich liebe dich“, sagte Ravio und sah ihn tieftraurig an. Amanoue presste vor Entsetzen beide Hände auf seinen Mund und zitterte maßlos. Die Tränen rannen ihm über die Wangen und er spürte wie seine Beine weich wurden und nachgaben. Langsam sackte er in sich zusammen, doch da machte Ravio einen Schritt auf ihn zu, fing ihn auf, glitt mit ihm zu Boden und hielt ihn dabei ganz fest in seinen Armen. Amanoue schluchzte laut auf und begann hemmungslos zu weinen. „Ganz ruhig, mein Kleiner“, sagte Ravio und streichelte ihn zärtlich. „Ich bin so froh, dass du endlich zu mir gekommen bist. Bitte, lass mich nicht hier zurück“, bat er inständig und seine Stimme klang vollkommen ruhig und befremdlich. Endlich blickte Amanoue ihn von unten herauf, noch immer durch seine Finger an und schüttelte wieder den Kopf. „Das ist doch unmöglich, du bist tot! Oh Gott, isch glaube, isch verliere gleisch meine Verstand“, murmelte er stockend und wischte sich mit beiden Händen über sein tränenfeuchtes Gesicht. Doch dann schlang er seine Arme um Ravios Hals und drückte sich wie ein ängstliches Kind ganz eng an ihn, bis er kaum noch Luft bekam. Ravio lachte leise, schob ihn etwas von sich und lächelte ihn wieder an. „Ist ja gut, mein Liebling“, sagte er, wieder seltsam ruhig und monoton, „du erdrückst mich ja glatt.“ Amanoue nahm irritiert den Kopf zurück und wagte es ihn zum ersten Mal direkt anzusehen. „Ich denke kaum, dass mir das gelingen würde“, meinte er leicht zynisch und Ravio nickte lachend. „Ravio, isch weiß nischd, was du eben meintest, mit, lass misch nischd surück?“, fragte er dann schluckend. „Ich bitte dich, nimm mein Herz mit. Es gehört eh dir allein. Wenn du willst, kannst du es Alecto geben. Sag ihm, dass er es zu Hause begraben soll, in unserer Heimat. Bitte, Amanoue, lasse mich nicht hier zurück. Lass mich noch ein Wenig, in deiner Nähe sein. Das ist mein einziger Wunsch, denn meine ganze Liebe, galt nur dir“, antwortete Ravio und Amanoue drückte sich erneut schluchzend an ihn. „Oh Ravio, warum nur, warum bist du tot?“, schluchzte er schniefend, „ich `abe dich so sehr geliebt und ich schäme mich so sehr, dass ich dich so enttäuscht `abe! Ich `ätte dich retten müssen! Aber wieder `abe ich versagt! Ich bin schuld, an deinem Tod! Und, was musst du nur von mir denken, dass ich mich so schnell wieder an jemanden verschenkt `abe, aber ich liebe ihn, verstehst du? Ich liebe Falco, es tut mir so leid“, stotterte er tränenerstickt. „Du hast mich nie enttäuscht, mein kleiner Liebling und du kannst nichts dafür, ich bin dir nicht böse. Du trägst keine Schuld, niemand hätte meinen Tod verhindern können. Hörst du? Und das letzte, was ich je gewollt hätte, wäre, dass du nie wieder lieben würdest. Liebe, Amanoue, liebe und lebe, das ist alles, was ich mir wünsche. Erfreue dich an jedem neuen Tag, so wie ich mich an jedem Tag erfreute, den ich mit dir verleben durfte. Du hast so ein großes Herz und so viel Liebe zu geben. Und du wirst noch oft lieben, denn das liegt nun mal in deiner Natur, hm?“, meinte Ravio augenzwinkernd und Amanoue lachte kurz schnaubend auf. „Allerdings muss ich dich warnen, Amanoue, Falco meint es nicht ehrlich mit dir“, fügte er hinzu und sah ihn wieder voller Mitleid an. „Wie kannst du sowas sagen? Du weißt gar nichts über uns! Er liebt mich!“, rief Amanoue plötzlich erbost, stieß ihn von sich und stand auf. Auch Ravio erhob sich, langsam und gelassen und milde lächelnd. „Mein armer Liebling. Amanoue, bitte glaube mir, ich will dir nicht wehtun. Aber Falco ist ein Heuchler. Er wird nie, zu dir stehen und er wird dich sehr enttäuschen, er wird dich verleugnen.“ „Das ist nischd wahr! Das würde er nie tun! Du bist doch nur eifersüchtig, so wie du es immer warst!“, schrie Amanoue ihn an und seine Stimme überschlug sich, vor Zorn. Ravio schüttelte bedauernd den bleichen Kopf. „So etwas wie Eifersucht, gibt es nicht mehr in mir. Amanoue, in der Welt, in der ich mich nun befinde, gibt es keine Eifersucht oder Hass. Nur meine Liebe zu dir, verspüre ich nach wie vor, stärker denn je. Ich werde dich immer lieben, doch Falco wird nie zu seiner Liebe zu dir stehen, er hat viel zu viel Angst und die lähmt sein Herz und macht ihn feige. Du wirst sehr leiden, wenn du an dieser Liebe zu ihm festhältst“, sagte er voller Mitgefühl, doch Amanoue presste beide Hände auf seine Ohren, schüttelte trotzig seinen Kopf, drehte sich schließlich um und rannte davon. Er hörte noch, wie Ravio ihm hinterherrief: „Bitte, Amanoue, lasse mich nicht hier zurück.“
Amanoue rannte wie ein gehetztes Tier, blieb nicht ein einziges Mal stehen, auch nicht, als seine Seite wie verrückt zu stechen begann und er kaum noch Luft holen konnte. Erst als er das Zelt erreicht hatte, ließ er sich neben dem Lagerfeuer fallen, lag auf seinen Knien und hielt sich krampfhaft den Bauch. Seine Lunge brannte wie Feuer, schien bei jedem verzweifelten Versuch Atem zu holen, zu bersten, was schließlich in einem keuchenden Hustenanfall endete. Es dämmerte bereits und Falco erwachte, geweckt von Amanoues starkem Husten. Er stand auf, warf sich nur seinen Umhang über und stürzte nach draußen. „Amanoue? Du liebe Zeit, was ist denn?“, rief er besorgt, kniete neben ihm nieder und zog ihn erschrocken an sich. „Amanoue, sag was, um Himmelswillen, was ist denn geschehen? Du bist ja schlohweiß, im Gesicht!“, sagte er entsetzt, hob ihn hoch, trug ihn ins Zelt und legte ihn ins Bett. Amanoue rang noch immer verzweifelt nach Luft, keuchte und hustete abwechselnd und zitterte am ganzen Leib, wie Espenlaub. Falco zog ihm die schmutzigen Stiefel aus, legte sich zu ihm, nahm ihn beschützend in seine starken Arme und küsste ihm immer wieder die kalte Stirn, die trotzdem schweißnass war. „Bitte, sag doch was“, raunte er voller Sorge, ihn zärtlich streichelnd, bis das Zittern langsam nachließ und Amanoue heftig zu schluchzen begann. „Sch, ganz ruhig. Du musst ganz ruhig atmen, dann wird es besser. Ganz ruhig, ein und aus“, sagte Falco immer wieder sanft, ohne aufzuhören ihn zu streicheln und schließlich schlief Amanoue vor Erschöpfung ein. Falco blieb noch eine Weile bei ihm liegen, bis er sicher war, dass es Amanoue besser ging, dann stand er auf, zog sich an und ging zu den Pferden. Er öffnete den Pferch und ließ die Tiere einfach hinaus. „Latiago, pass auf Maid auf“, sagte er dabei und tätschelte dem großen, braunen Wallach den Hals. „Ihr müsst euch heute selbst versorgen! Na los, raus mit euch!“, rief er, in die Hände klatschend und trieb sie ein Stückweit vor sich her. Schließlich trabten die zwei Pferde davon und die Ziege trottete meckernd hinterher. Nachdem er sich um das heruntergebrannte Feuer gekümmert hatte, briet er für sich ein Stück Fleisch, das er dann mit wenig Appetit verspeiste. Zwischendurch sah er immer wieder nach Amanoue, doch der verschlief fast den ganzen Tag und erwachte erst, als Falco sich zu ihm setzte, ihn vorsichtig an den Schultern rüttelte und mehrmals sanft küsste. Sofort schlang Amanoue seine Arme um ihn, klammerte sich wie ein kleines, verstörtes Kind an ihn und krabbelte ihm geradezu auf den Schoß. „Mein kleiner Liebling“, sagte Falco tröstend und wiegte ihn sanft hin und her, „was ist denn nur? Sag mir doch, was geschehen ist“, bat er schließlich. „Isch `abe alles gese`en! Es war so furschtbar“, stammelte Amanoue entsetzt und schmiegte sich noch enger an Falco, doch plötzlich ruckte er zurück und sah ihn mit seinen großen grünen Augen an, die vor Furcht und Entsetzen heller denn je leuchteten. „Ravio, isch `abe ihn gese´en“, flüsterte er, „er ist da draußen!“, raunte er nickend und deutete auf den Zelteingang. Falco hob beide Augenbrauen, sah ihn zweifelnd an und räusperte sich. „Ravio? Du hast Ravio gesehen? Amanoue, ich denke, du hast wieder Fieber!“ „Nein!“ Amanoue schüttelte bestimmt seinen Kopf, „isch `abe gans sischer keine Fieber!“, meinte er beinahe energisch, bevor er seine Stimme wieder deutlich senkte. „Er war da“, flüsterte er erneut, „und, er `at mit mir gesprochen!“ Seine Augen wurden noch größer und er nickte leicht. „Amanoue, hör mal, du weißt doch selbst, dass das unmöglich ist! Ravio ist tot! Ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen und war dabei, als sie ihn begraben haben!“, erwiderte Falco ungläubig und fast ein wenig amüsiert. „Aber vielleicht hast du von ihm geträumt, hm?“, lenkte er dann doch ein, als Amanoue ihn beleidigt ansah. „Was hast du eigentlich, da draußen gemacht, so früh?“, fragte er schließlich und legte den Kopf leicht vorwurfsvoll schief. „Isch konnte nischd schlafen, da bin isch aufgestanden und spasieren gegangen. Und plödslisch, war isch beim `ügel und `abe gese`en, wie Ravio gestorben ist! Es war sooo schrecklisch“, plapperte Amanoue los und presste sich wie ein kleiner Junge die Fäuste auf die Augen. „Amanoue, glaube mir, du hattest sicher einen Albtraum“, meinte Falco noch immer unbeirrt. „Vielleicht hat dir ja Alecto etwas darüber erzählt, als du noch im Fieberwahn lagst und jetzt hast du davon geträumt? Weißt du, ich träume auch manchmal davon, wenn eine Schlacht besonders schlimm war, dann lassen mich die schrecklichen Bilder oftmals nächtelang, nicht los“, versuchte er es weiter und holte tief Luft. „Ich denke, dass geht jedem Soldaten so. Wir sprechen nur nicht darüber, höchstens mal, wenn wir betrunken sind, hörst du?“, sagte er sanft und verständnisvoll. Amanoue blickte ihn nachdenklich an und zuckte leicht mit seinen zarten Schultern. „`offentlich, `ast du recht“, antwortete er leise und schluckte an den wiederaufsteigenden Tränen. „Es war so echt! Er `at mich sogar berührt und in die Arme genommen“, flüsterte er stockend. „Es war sicher ein Traum, glaube mir! Ich glaube nämlich nicht, dass man Geister anfassen kann! Hm?“, meinte Falco ein wenig witzelnd und küsste ihn auf die Stirn. „Du `ast sicher recht“, bestätigte nun auch Amanoue befreit nickend. „Danke! Du bist so lieb und verständnisvoll, su mir“, fügte er leiser hinzu, „und danke, dass du mit mir sprichst. `enry, `at nie mit mir gesprochen. Er `at immer gesagt, dass ich su dumm bin, um sich mit mir su unter`alten. Er `at immer nur gesagt, ja, ja, Kässchen, ist schon gut! Aber er `at mir nie wirklich suge`ört, so wie du“, sagte er traurig und schlang beide Arme um Falcos Hals. „Isch liebe disch, so sehr!“ „Na! Wie heißt es?“ Falco hob drohend seinen Zeigefinger. „Ich, liebe, dich!“, wiederholte Amanoue lächelnd, Falco nickte zufrieden und küsste ihn zärtlich. Später saßen sie zusammen am Tisch und Falco legte Amanoue ein großes Stück frischgebratenes Fleisch auf den Teller. „Ich `abe gar keine `unger“, sagte er, lugte vorsichtig zu ihm hoch und Falco machte einen schockierten Schritt rückwärts. „Wie bitte? Das geht ja gar nicht! Ich bin der beste Bärenfleischbräter, weit und breit, was sage ich! Von ganz Austrien! Und wenn du mein Fleisch verschmähst, werde ich vor Gram zu Grunde gehen!“, rief er aus und griff sich theatralisch ans Herz. „Und außerdem, gibt es dazu, das weltbeste Brot, vom weltbesten Brotbäcker!“, meinte er entrüstet schmachtend und Amanoue fing an zu lachen, sein unglaubliches, silberhelles Lachen, legte den Kopf dabei leicht schräg und sah so zauberhaft schön aus, dass Falco augenblicklich tief Luft holte. „Du bist so wunderschön“, sagte er verklärt und hielt ihm die Hände fest. „Alecto sagte einmal, dass er nie etwas Schöneres gesehen hätte, als dich. Und er hatte recht, du bist so unfassbar schön, Amanoue, ich…“, stammelte er, verstummte dann aber, setzte sich und begann zu essen. „Was wolltest du sagen?“, fragte Amanoue und sah ihn hoffnungsvoll an. „Nichts! Iss jetzt, bevor es ganz kalt ist“, antwortete Falco barsch, ohne aufzusehen und Amanoue zwang sich, zu essen. Kurz darauf stand Falco auf und sah ihn seltsam abweisend an. „Wird Zeit, dass ich nach den Gäulen sehe! Sieh zu, dass du etwas Ordnung hier drinnen schaffst und sieh nach dem Feuer! Füll die Glutbecken, ich will heute Nacht nicht frieren! Hast du verstanden!“, sagte er im Befehlston und marschierte schnellen Schrittes nach draußen. Amanoue blieb noch eine Weile grübelnd sitzen, dann erhob er sich seufzend und begann aufzuräumen. Er holte Wasser, erwärmte es über dem Feuer, spülte das Geschirr ab und legte immer wieder Holz nach, bis genügend glühende Holzkohle vorhanden war, um die Glutbecken zu füllen. Mittlerweile war es stockdunkle Nacht und Amanoue ging nervös auf Falco wartend, im Zelt auf und ab. Bevor er gar nichts mehr sehen konnte, zündete er noch die Kerzen an, setzte sich und schenkte sich einen Becher voll Wein. „Amanoue“, erklang es plötzlich gespenstisch von überallher. Die Stimme schien aus dem Nichts zu kommen, war gleichzeitig von oben, von den Seiten und direkt hinter ihm zu hören und Amanoue hielt sich sofort die Ohren zu. „Amanoue! Komm zu mir“, hörte er dennoch Ravios verzweifelten Ruf. „Nein!“, schrie er zurück, „lass misch in Ru`e! Du bist nischd echt!“, sagte er laut und energisch, kippte den Wein in einem Zug hinunter und schenkte gleich wieder nach. „Bitte, Amanoue, lasse mich nicht zurück“, erklang es wieder, direkt neben ihm. Amanoue drehte sich weg, fächelte aufgeregt mit beiden Händen vor seinem Gesicht, presste die Augen zusammen und begann laut zu summen, als er spürte, wie sich sanft wie eine Feder, etwas auf seine Schulter legte. Mit einem entsetzten Aufschrei sprang er auf, seine Augen füllten sich bereits mit Tränen und er taumelte, sich an der Tischkante festhaltend, langsam zurück, bis ans Ende des Tisches, da, wo sonst immer Henry gesessen hatte. „Bitte, lass mich doch in Ru`e“, flüsterte er unter Tränen. „Warum, tust du mir das an?“ „Amanoue, komm zu mir“, erklang es wieder direkt vor ihm. „Er wird bald aufbrechen, bitte, lasse mich nicht hier zurück!“ Amanoue hielt sich die Ohren zu und fing an zu schreien. Er stand da, schrie wie verrückt und schüttelte dabei mit fest zusammengepressten Augen seinen Kopf. „Amanoue!“ Falco kam ins Zelt gestürmt und blieb entsetzt vor ihm stehen. „Amanoue! Ich bin es! Was ist denn nur los, mit dir?“, brüllte er gegen das Geschreie an, packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn. Amanoue schrie noch lauter, hell und gellend und versuchte sich mit aller Kraft zu befreien. „Bist du von Sinnen?! Ich, bin es! Mach die Augen auf!“, brüllte Falco, doch erst als der sich nicht weiter zu helfen wusste und ihn ein paarmal kräftig ohrfeigte, hörte er endlich auf sich wie ein Wahnsinniger zu gebärden und war still. Amanoue sah ihn verwirrt an und sank schluchzend in Falcos Arme. „Was ist nur los, mit dir? Bist du von allen guten Geistern verlassen?“, herrschte Falco ihn an. „Er `at mich gerufen“, stammelte Amanoue aufgelöst und hängte sich an ihn wie ein Ertrinkender. „Wer?“ „Ravio! Er will, dass isch su ihm komme“, schluchzte Amanoue, „er war `ier, im Selt!“ „Hör jetzt auf, mit diesem Mist! Ravio ist tot! Tot und begraben, hörst du! Er kann dich nicht rufen!“, sagte Falco, doch ein klein Wenig Unsicherheit schwang in seiner sonst so festen Stimme mit. Es lief ihm plötzlich eiskalt über den Rücken und er konnte ein Schaudern nicht unterdrücken. „Doch, es ist wahr! Er ist jesd da draußen und wartet auf misch. Er will, dass isch ihm seine `ers rausschneide und mitnehme“, flüsterte Amanoue mit bebender Stimme und hielt sich beide Hände vor sein schönes Gesicht. „Blödsinn“, brummte Falco und nahm ihn in den Arm. „Das ist lauter Blödsinn! Du bist verwirrt von diesem Albtraum, mehr nicht und nun hör auf, damit! Komm, wir trinken erstmal etwas“, meinte er, führte ihn nach vorn, drückte ihn auf einen der Stühle nieder und schenkte ein. „Hier“, sagte er, reichte ihm einen der Becher und Amanoue trank ihn auf einen Zug leer. „Gut, und jetzt beruhige dich, erst einmal. Du zitterst ja wie Espenlaub“, raunte er, nahm Amanoues Hand und streichelte sie beruhigend. „Du hast mich fast zu Tode erschreckt“, sagte er kopfschüttelnd, „ich dachte schon, dass sich wieder ein Bär oder irgendein anderes wildes Tier ins Zelt geschlichen hätte. Und dann stehst du da und schreist, wegen nichts!“ Er schnaufte tief durch, „hör zu, das nächste Mal, wenn du irgendetwas hörst oder denkst, etwas zu hören, dann reagierst du einfach nicht! Du machst einfach weiter, so als ob nichts wäre. Du wirst sehen, dann wird es aufhören! Du steigerst dich da in irgendetwas hinein, was unmöglich sein kann“, sagte er, doch dann holte er tief Luft. „Vielleicht“, setzte er an, zögerte kurz und schüttelte sofort wieder seinen Kopf. „Ach, ich weiß auch nicht, aber es ist, einfach unmöglich!“ Amanoue sah ihn schief an. „Was, vielleicht?“ „Nichts, gar nichts! Vergiss es, ich habe mich nur versprochen“, wiegelte Falco schnell ab und Amanoue nickte. „Kann ich noch etwas `aben?“, fragte er. „Was? Ach so, ja, natürlich! Dann kannst du heute Nacht wenigstens schlafen, hoffe ich zumindest!“, antwortete Falco und sah ihn warnend an. „Keine nächtlichen Spaziergänge mehr, klar?!“ Er schenkte ihm nach und trank selbst erstmal einen großen Schluck. Amanoue nickte kurz und betreten und nippte an seinem Wein. „Möchtest du noch etwas essen?“, fragte Falco. „Nein, danke, lieber nicht. Ich glaube, dass ich es nicht bei mir be`alten kann. Mir ist irgendwie gar nicht gut. Ich denke, ich möchte nur ins Bett“, antwortete Amanoue, trank den Becher leer und stand auf. Er wischte sich nochmals übers Gesicht, so als wolle er die bösen Gedanken wegwischen, ging hinüber zum Bett, zog sich aus und ließ sich einfach fallen. Falco beobachte ihn eine Weile nachdenklich, aß noch eine Kleinigkeit und legte sich schließlich neben ihn. Amanoue drängte sich ihm sofort entgegen, rieb sich stöhnend an ihm und kniete sich dann vor ihn. Falco nahm ihn sofort, ohne weitere Zärtlichkeiten auszutauschen und beide stöhnten laut, voller Lust. Am Morgen lagen sie Arm in Arm beieinander und Amanoue fuhr immer wieder mit seinen Fingern, durch Falcos Brusthaare. „Wird Zeit, dass wir aufstehen“, sagte Falco und gähnte nochmals herzhaft. „Und? Hast du was gehört, letzte Nacht?“ Amanoue schüttelte seinen Kopf. „Nicht ein Wort! Es ist so schön, mit dir, so anders! Ich fühle mich so sicher, bei dir.“ Falco setzte sich auf und sah ihn erstaunt an. „Du hast gerade, völlig perfekt, austrisch gesprochen! Du hast dich nicht einmal, versprochen!“, lachte er. „Wirklich? Ich bin so glücklich, wenn du sufrieden mit mir bist“, strahlte Amanoue ihn an. „Soll ich Frühstück machen?“ „Ja, das wäre gut! Ich habe einen Bärenhunger! Ach, verdammt! Die blöde Ziege ist fortgelaufen. Ich habe gestern Abend stundenlang nach dem Luder gesucht, jetzt gibt’s wohl nur noch Wasser, zum Frühstück“, antwortete er schulterzuckend. „Das macht nichts“, meinte Amanoue und stand auf. „Es ist noch `onig da, ich werde das Wasser damit süßen, wie bei mir, su`ause, in Asconien, Habibi.“ „Asconien!“ Falco verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und lehnte sich wieder zurück. „Ist es wirklich so schön dort? Satory hat gesagt, dass es wunderschön, dort ist.“ Amanoue senkte seinen Blick. „Ich weiß nicht“, antwortete er und es klang verbittert. „Es ist immer warm dort. Und überall, blü`en Rosen und andere Blumen und Mandelbäume, im Frühling und andere Bäume, mit Früchten, die es `ier nicht gibt. Es weht immer eine sanfte Brise, vom Meer her. Aber ich `abe, nicht viel davon gese`en. Für mich, gab es immer nur Mauern. Ich `abe immer nur die Gärten, inner`alb der Palastmauern gesehen. Ich bin nur dreimal, außer`alb dieser Mauern gewesen“, sagte er leise. „Die erste Mal, `abe ich Cartagena mit swölf Jahren verlassen. Das war su meine Verlobung und gleichseitig su meine Ernennung sum Kronprinsen, von Asconien. Dann `aben sie mich fortgeschickt, in eine Art Kloster, würdet ihr sagen. Sie `aben mich weggesperrt, damit ich unberührt bleibe, bis su meine `ochseit, mit die Tochter des Sultans. Als ich fünfsehn war, sollte ich wieder surück nach Asconien reisen, su meine Beschneidungsfeier, damit ich rein werde und `eiraten kann, um die Sultan eine Erbe su schenken, von seine Tochter.“ Er blickte nachdenklich auf seine Finger und spielte verlegen damit. „Ich war nichts anderes, als eine Sucht`engst, für sie. Doch dann kamen die Tiraner und überfielen uns und `aben mich su dem gemacht, was ich jesd bin, eine `ure. Aber eigentlich, war ich das schon immer. Wie meine Mutter! Die anderen Frauen meines Vaters, `aben immer gesagt, dass sie nur eine `ure war, eine Konkubine“, sagte er bitter, streckte seine langen, zarten Finger aus und ein leises Schluchzen entrang sich gequält seiner Kehle. Falco richtete sich auf, griff nach seiner Hand und strich ihm tröstend darüber. „Beschneidungsfeier, was ist das?“, fragte er neugierig. „Man schneidet den Jünglingen, die Vor`aut ab. Da unten!“, antwortete Amanoue und deutete auf sein Glied. „Danach, gelten sie als erwachsene Männer.“ Falco hob skeptisch eine Augenbraue und sah ihn zweifelnd an. „Das ist ja schrecklich!“, meinte er und erschauderte. „Das muss doch fürchterlich wehtun! Wie kann man so etwas nur machen?“ „Ich weiß nicht. Meine Brüder `aben su mir gesagt, dass es nicht so schlimm wäre. Man darf keine Angst seigen und auch keine Schmers und danach sind alle stols auf einen und es gibt eine große Feier und man bekommt viele Geschenke und man darf dann bei den Männern sidsen und mit ihnen feiern und `eiraten, weil man dann rein ist“, sagte Amanoue achselzuckend. Falco schüttelte sich wie ein nasser Hund. „Also weißt du, wir werden auch zu Männern, ohne diese Prozedur! Ich möchte das, jedenfalls niemandem zumuten, weder mir, noch meinen Söhnen! Brrr, es ist barbarisch!“ „Wir sind ja auch nur Barbaren, in eure Augen!“, sagte Amanoue schnippisch. „Und ´eiden! Aber weißt du was? So viel besser, seid ihr gar nicht! Ihr esst immer nur Fleisch, mit eure Finger und `abt auch so, gar keine Tischmanieren!“ Falco blickte ihn erstaunt an und fing schallend an zu lachen. Er packte ihn, zog ihn wieder zu sich ins Bett und wälzte sich lachend mit ihm herum. „Weißt du was, mein kleiner Barbar? Du machst jetzt Frühstück und ich lasse die Pferde laufen! Und wer weiß, vielleicht kommt ja auch die dumme Ziege wieder!“, meinte er und stand grinsend auf. „Ich wünschte, die Pferde würden auch fortlaufen und nicht wiederkommen“, sagte Amanoue leise und mit gesenktem Blick. „Dann könnten wir nicht von `ier weg und müssten immer `ierbleiben. Dann wären wir, für immer susammen.“ „Amanoue! Was redest du da nur? Ich bin auch gerne mit dir zusammen, aber es geht eben nicht, auf Dauer! Lass uns doch einfach, die Zeit, die wir zusammen sind, genießen! Komm jetzt“, erwiderte Falco, nahm seine Hand und zog ihn hoch. Nachdem sie ihre Aufgaben erledigt hatten, frühstückten sie lange und ausgedehnt miteinander. „Weißt du was?“, meinte Amanoue, „ich `elfe dir jesd mit die `ols und danach, ge`en wir sur Quelle und nehmen eine Bad. Gans lange!“ Er roch an sich und rümpfte die zierliche Nase, „Ich `abe schon seit Tagen, nicht mehr gebadet. Igitt! Und gewaschen, `abe ich mich auch nicht richtig. Ich stinke bestimmt schon, wie eine Tier!“, sagte er angewidert und Falco sah ihn amüsiert an. „Du? Du stinkst nie! Es ist seltsam, aber du duftest immer, wie“, er zögerte nachdenklich, „nach Blumen! Manchmal fein und lieblich, wie Veilchen und manchmal schwer und süß, wie Lilien, besonders Nachts, wenn wir, also…“ „Datura!“, unterbrach ihn Amanoue. „Was?“ „`enry `at immer gesagt, dass ich nach Datura dufte, das sind die Blüten, des Stechapfels“, erklärte Amanoue. „Oh! Die sind giftig, soviel ich weiß und können einem die Sinne verwirren! Jaa! So, wie du!“ Falco prustete los und lachte herzlich. „Und soll ich dir was sagen? Wenn hier einer stinkt, dann sicher ich!“, meinte er und wischte sich über die Augen. „Nein“, hauchte Amanoue zärtlich und legte den Kopf schief. „Ich mag es, wie du riechst, so würzig herb und männlich“, sagte er schwärmerisch und sah ihn lustvoll dabei an. „Na dann, dürftest du es eigentlich nicht mögen! Ach so, du bist ja noch gar kein richtiger Mann, bei euch!“, erwiderte Falco, deutete zwischen seine Beine und machte eine schneidende Bewegung. „Du hast deine Vorhaut, ja noch!“, lachte er schallend. Amanoue warf ihm ein Stückchen Brot an den Kopf. „Idiot! Ich wünschte, es wäre so `art, wie die erste Brot! Natürlich, bin ich eine richtige Mann!“, maulte er beleidigt. Falco schnaufte keuchend durch und wischte sich erneut die Lachtränen aus den Augenwinkeln. „Amanoue! Schatz! Was ist an dir, schon männlich? Wenn du dein kleines Ding nicht hättest, würde man es wohl gar nicht erkennen. Du siehst aus, wie ein Mädchen! Deine Figur, deine zierlichen Hände und Füßchen! Alles an dir, ist so zart und hübsch und erst deine Haare! Ich habe noch nie, einen Mann, mit so langem Haar gesehen. Wieso sind sie überhaupt so lang?“, fragte er grinsend und griff nach einer Strähne. „Alle Prinsen, in Asconien, `aben langes `aar und die Adligen. Es ist eine Seichen, von `o`em Stand. Aber keiner, `at so langes `aar, wie ich!“, antwortete Amanoue voller Stolz, „es ist etwas gans Besonderes! Das war es schon immer! Ph!“, machte er trotzig und verschränkte seine Arme vor der Brust. Falco schüttelte lachend den Kopf. „Bei allen Heiligen! Ich kann nicht mehr! Lass uns Holz holen gehen, sonst lache ich mich noch tot! Du Prinz! Und danach, gehen wir baden! Obwohl, eigentlich muss ich mir das noch schwer überlegen! Da gab es nämlich mal einen ziemlich eingebildeten, jungen Burschen, der es abgelehnt hat, mit mir zu baden“, meinte er augenzwinkernd und sah ihn von der Seite her an. Amanoue räusperte sich verlegen. „Wer war das nur? Also wirklich, tz, tz, tz“, raunte er, strich mit seinen Fingerspitzen über Falcos Handrücken und blickte ihn von unten herauf süß an. „Das war dumm von mir, aber ich war damals so wütend auf dich, weil du immer so gemein su mir warst. Und außerdem, `atte ich Angst, vor dir“, sagte er entschuldigend. „Aber jetzt nicht mehr, oder?“ Falco sah ihn liebevoll an und strich ihm mit den Fingerrücken zärtlich über die Wange. „Nein“, hauchte Amanoue lächelnd, „jesd nicht mehr.“ „Komm“, sagte Falco und zog ihn mit sich hoch. Sie holten gemeinsam Holz, stapelten es unters Vordach und legten noch ordentlich viel davon ins Feuer, dann machten sie sich auf den Weg, zur heißen Quelle. Amanoue zog sich sofort aus, ließ sich in das wunderbar warme Wasser gleiten und streckte die Hand dabei nach Falco aus, der ihn vom Rand des Teiches aus beobachtet hatte. Lächelnd kam der nun zu ihm, legte sich langsam auf ihn und küsste ihn voller Leidenschaft, doch als Amanoue anfing ihn zu liebkosen und überall zu streicheln, hielt Falco ihn fest und ruckte von ihm fort. „Nein! Nicht hier! Und hör auf, mich zu streicheln! Ich mag es nicht, wenn du mir an den Hintern fasst und ich mag es auch nicht, wenn du mir zwischen die Beine langst“, sagte er energisch. „Das tut man nicht, bei einem Mann und ich habe es dir schon einmal gesagt, es reicht, wenn wir es nachts, im Bett tun!“ „Aber wieso? Es ist doch niemand `ier, außer uns und es wäre so schön, jesd, `ier. Ich möchte es so gerne, jesd“, gurrte Amanoue zu ihm hin, biss sich vor Lust auf die Unterlippe und sah ihn von unten herauf durch seine schweren, langen Wimpern, kokett an. „`enry mochte es, wenn ich…“ Falco holte aus und schlug ihm mit voller Wucht mit dem Handrücken ins Gesicht. „Rede nie wieder, darüber, wie du es mit ihm getrieben hast! Ich will es nicht hören!“, schrie er ihn an und hob nochmals drohend die Hand. Amanoue wich entsetzt zurück und nickte augenblicklich, während sich seine Augen mit Tränen füllten. „Bitte, Falco, `err! Isch werde es nie wieder tun. Es tut mir leid, bitte verseih mir, ich bin so dumm, bitte nicht mehr schlagen, `err“, stammelte er schniefend und wischte sich über die blutende Nase. Auch seine Unterlippe war durch den heftigen Schlag aufgeplatzt und blutete. Als Falco seine Hand langsam senkte, zuckte er erschrocken zusammen und wich noch weiter zurück. „Ist schon gut“, versuchte Falco ihn zu beruhigen, „ich will es einfach nicht, dass du über ihn sprichst, denn dann fühle ich mich noch schuldiger und ich möchte nicht, dass du dich so ungehörig benimmst, es ist widerlich! Es erinnert mich immer an das Hurenhaus und ich mag keine Huren! Die Art, wie sie sich aufführen und einem etwas vorheucheln! Und so tun, als ob es schön für sie wäre, wenn man sie beschläft. All dieses widerliche Gestöhne und Getue, widert mich zutiefst an! Eine gute Frau, würde das nie tun“, sagte er aufgebracht. Amanoue saß ihm nun mit gesenktem Blick gegenüber. „Ja, `err“, erwiderte er monoton, „bitte, verseiht mir, dass ich… nur eine `ure bin und eine männliche, noch dasu.“ Falco hob die Augenbrauen und räusperte sich betreten. „So habe ich das nicht gemeint. Komm mal her“, sagte er ruhig und streckte langsam seine Hand aus. Amanoue warf ihm einen unsicheren Blick zu und rutschte zögernd näher an ihn heran. Falco griff nach ihm, nahm in an den Händen und zog ihn in seine Arme. „Ist schon wieder gut, ja? Und jetzt genießen wir das Bad“, raunte er versöhnlich, schöpfte etwas Wasser und spülte damit das Blut ab, das über Amanoues Kinn lief. „Tut es sehr weh?“ „Nicht so sehr“, antwortete Amanoue leise und schmiegte sich an ihn. Lange lagen sie so im Wasser, Amanoue zwischen Falcos Beinen, mit dem Rücken an Falcos starkem Oberkörper gelehnt. Falco streichelte ihn zärtlich, fuhr mit den Fingern immer wieder an seinen Armen auf und ab und Amanoue genoss es sichtlich. „Ich liebe dich, so sehr“, sagte er leise, „und will doch alles tun, damit du sufrieden mit mir bist, wirklich. Ab jesd, werde ich mich noch mehr bemü`en, damit du nie wieder Grund dasu `ast, wütend su werden, Habibi.“ „Was bedeutet dieses Wort eigentlich?“, fragte Falco schläfrig und strich ihm zärtlich über den Oberarm. „Abibi?“ „Mein Geliebter“, antwortete Amanoue träumerisch, drehte sich zu ihm um und sah ihn verliebt an. „Du bist meine einsige und wahre Liebe, meine Habibi.“ Falco seufzte tief. „Amanoue, das hat doch alles keinen Sinn, mit uns. Du weißt genau, dass ich heiraten möchte. Ich kenne da“, er zögerte kurz, „eine Frau“, sagte er gedämpft, „und sie wartet auf mich, in meiner Heimat, bis ich meine Dienstzeit abgeleistet habe.“ Amanoue nickte leicht. „Ist sie `übsch? Oder `ast du sie noch gar nicht gese`en?“, fragte er, verlegen mit einer seiner Haarsträhnen spielend und wickelte sie mehrmals um seinen Finger. „Ob ich sie gesehen habe? Natürlich! Ich kenne sie, seit wir Kinder waren“, meinte Falco verwundert. „Und ja, sie ist sehr hübsch! Sie hat rotes Haar, das ganz gelockt ist. Das ist eher ungewöhnlich bei uns, zu Hause. Da haben die meisten eher dunkles Haar, wie ich“, schwärmte er beinahe verzückt. „Dann seid ihr, einander versprochen? Ich `abe meine Braut noch nie gese`en. Ich weiß nur, dass sie viel älter ist, als ich, sehn Jahre! Sie ist die jüngste Tochter des Sultans und war als einsigste, noch nicht vermählt. Wahrscheinlich, weil sie seine Lieblingstochter war und er sie nicht `ergeben wollte. Doch dann `at er alle seine Söhne verloren. Alle fünf, nacheinander! Drei, sind im Krieg gefallen, einer ist an einer schweren Krank`eit gestorben und der jüngste, ist bei eine Jagdunfall gestorben. Die Sultan, also unsere König, war danach gans krank, vor Gram. Dann `at er von mir erfahren. Er ist meine Onkel, weißt du?“ Amanoue drehte sich erneut zu Falco um und sah ihn so zauberhaft unschuldig an, dass Falco lächeln musste. Er schüttelte den Kopf. „Nein, weiß ich nicht“, sagte er schmunzelnd, „und nein, wir sind einander nicht versprochen. Marianna war schon einmal verheiratet, ihre Eltern hatten sie mit einem reichen Gastwirt verheiratet, da waren wir noch ganz jung. Ich bin danach in die Garde eingetreten, weil ich es nicht ertragen konnte. Aber nach ein paar Jahren ist ihr Mann gestorben, als die große Seuche bei uns wütete. Sie hat mir nach seinem Tod sofort geschrieben, dass sie mich noch immer liebt und auf mich warten würde, wenn ich sie noch haben will“, sinnierte er gedankenverloren und streichelte ihn wieder, mit den Fingern an den Oberarmen auf und abfahrend. Amanoue nickte wissend. „Ja, ich kann mich daran erinnern! Die Seuche war auch bei uns. Ich habe sie davor gewarnt, aber niemand wollte mir glauben. Dann ist die Kronprins daran gestorben, wie so viele andere auch und dann `abe ich die Tod von die neue Kronprins vorausgese`en, aber es `at mir wieder keiner geglaubt, bis es die Sultan erfahren `at. Er `at seine Leute nach Cartagena geschickt und die `aben mich danach befragt und untersucht, ob ich vielleicht verrückt wäre oder besessen. Das war sehr schlimm, für mich. Ich war ja noch so klein. Sie `aben mir sehr wehgetan. Sie sagten, sie müssten mir wehtun, um su erfahren, ob ich die Wahr`eit sagen würde, oder eine böse Geist, in mir wäre“, sagte er erschauernd und bekam am ganzen Körper eine Gänsehaut. „Sie haben dich gefoltert? Aber wie konnte deine Familie das zulassen? Wo, war dein Vater?“, fragte Falco fassungslos. Amanoue starrte nur noch vor sich hin und zuckte mit den Schultern. „Er `at sich nie für mich interessiert, wollte mich nie se`en. Ich war nur die Sohn von eine Nebenfrau und die starb, bei meine Geburt. Ich `abe ihn nur einmal gese`en und das war, als er mir mitteilte, dass ich nach Ascona reise, su meine Verlobung“, meinte er. Falco nickte schockiert und tief betroffen. „Ich denke, wir gehen jetzt zurück. Du frierst schon, komm“, sagte er in einer Mischung aus Mitleid und Verunsicherung. Als sie später im Zelt saßen und zu Abend aßen, war er betont freundlich und zärtlich zu Amanoue. Sie aßen den restlichen Käse mit Brot und tranken wieder reichlich Wein, dazu. Falco beugte sich zu ihm hin und fuhr ihm sanft über die geschwollene Lippe. „Es tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe und dabei habe ich Brac doch versprochen, dass ich gut zu dir bin“, raunte er bedauernd. „Aber das bist du doch, es war doch meine Schuld! Wenn ich nicht so eine Unsinn reden und dich dadurch wütend machen würde, wäre das nicht passiert“, erwiderte Amanoue mit schüchtern gesenkten Augen. „Nimmst du eigentlich immer, die Schuld auf dich?“ Falco lehnte sich zurück und Amanoue zog merklich den Kopf ein. „Ich bin schuld“, sagte er leise, „ich bin an allem schuld, weil ich versagt `abe“, sein Blick ging ins Leere, „sie sind alle tot, weil ich es nicht gese`en `abe. Weil ich `ochmütig und eitel war.“ „Meine Güte, ich glaube, du bist das ärmste Geschöpf, das ich kenne“, sagte Falco nachdenklich. Amanoue reagierte nicht und schien es nicht einmal gehört zu haben. Schließlich stand Falco auf, zog ihn hoch und führte ihn zum Bett. Er drückte ihn sanft nieder, zog ihn aus, entkleidete sich selbst und legte sich zu ihm. Eine ganze Weile lagen sie schweigend nebeneinander, dann zog er ihn in seine Arme und küsste ihn zärtlich. „Amanoue, es wird Zeit, dass wir aufbrechen! Ich hätte schon längst diese Entscheidung treffen sollen. Es ist so das Beste, für uns beide! Morgen packen wir zusammen und bereiten alles für die Reise vor. Übermorgen werden wir aufbrechen, zum Pass! Ich hoffe nur, dass ich den richtigen Weg finde“, sagte Falco plötzlich in die Stille hinein und Amanoue schloss seine schönen Augen. „So sei es“, sagte er leise, wie zu sich selbst.
Gleich nach dem Frühstück begannen sie damit, alles was sie für ihre Reise benötigten, zusammen zu packen. Sie nahmen das ganze Trockenfleisch mit, füllten einige der leeren Weinschläuche mit Wasser und Amanoue backte noch einmal reichlich Brot. Falco briet ein großes Stück Bärenfleisch für sie und am Abend saßen sie zu zweit am großen Tisch und aßen schweigend, wobei Amanoue lediglich in seinem Essen herumstocherte. „Sei mir nicht böse, aber ich `abe wirklich keine `unger“, sagte er schließlich und stand auf. „Ich lege mich schlafen, ja?“ „Geh nur“, antwortete Falco nickend, „ich komme gleich nach. Es ist sicher besser, wenn wir heute früher schlafen gehen“, meinte er und stützte seinen Kopf in beide Hände. „Amanoue, denke nicht, dass es mir leichtfällt, aber es muss sein“, raunte er noch und Amanoue nickte nur. Falco blieb noch so lange sitzen, bis er sicher war, dass Amanoue schlief. Er trank den Wein aus, schlich sich wie ein Dieb zum Bett und legte sich neben ihn, ohne ihn jedoch zu berühren. Es dauerte nicht lange, bis er ebenfalls eingeschlafen war. Amanoue hörte auf Falcos Atemzüge, bis sie ruhig und gleichmäßig waren, dann stand er auf und kleidete sich an. Er legte sich seinen Umhang um, nahm Falcos Dolch, verließ das Zelt und schlug sofort den Weg zum ehemaligen tiranischen Lager ein. Als er dort angekommen war, blickte er sich schaudernd um. „Ravio?“, rief er unsicher, „bist du `ier?“ Doch nichts rührte sich. Fröstelnd zog er den Umhang enger um sich und saugte nervös an seiner Unterlippe. Nebelschwaden schwebten gespenstisch über dem Boden und von irgendwoher hallte der unheimliche Ruf einer Eule, zu ihm herüber. Amanoue zuckte erschrocken zusammen und drehte sich suchend in alle Richtungen um. „Ravio? Bitte, wenn du da bist, antworte! Isch `abe solsche Angst!“ Eine Zeitlang irrte er ziellos umher, blieb immer wieder erschrocken stehen, wenn er den schaurigen Ruf der Eule vernahm und manchmal meinte er sogar, die Schatten der verstorbenen Soldaten im Nebel umherwandern zu sehen. „Bitte Ravio“, kam es nur noch flüsternd über seine Lippen und er weinte längst, bis er endlich in einiger Entfernung ein blasses, bläuliches Licht flackern sah. Langsam ging er darauf zu und blieb kurz davor, stehen. „Ravio?“ Er wischte sich eine Träne fort, „bitte, Ravio, es tut mir leid. Du `attest rescht! Wir brechen morgen auf und ich würde dich so gerne noch eine mal se`en.“ Es war plötzlich totenstill, um ihn herum und bis auf das seltsame Leuchten, vor ihm, stockdunkel. Selbst der Mond hatte sich hinter eine Wolke geschoben und so konnte er kaum noch die Umgebung um ihn herum ausmachen. Gerade, als er sich wieder entfernen wollte, nahm er doch noch eine leichte Bewegung in der Dunkelheit wahr und hielt inne. „Ich bin hier“, erklang eine Stimme, monoton und befremdlich. „Ravio?“ Amanoues Stimme war nichts weiter mehr, als ein klägliches Krächzen. „Ja, mein Kleiner. Ich habe auf dich gewartet. Nun, hast du mich gefunden, dies ist mein Grab“, antwortete die unheimliche Stimme. Amanoue schluchzte entsetzt auf und schlug die Hände vors Gesicht. „Bitte, Ravio, verlange das nicht, von mir“, stotterte er von Grauen erfüllt, „ich kann das nicht tun.“ „Du kannst es“, erklang es ganz nah an seinem Ohr und er spürte, wie ihn etwas ganz sanft und federleicht, berührte. „Bitte, Amanoue, lasse mich nicht hier, allein. Lass mich, noch ein Wenig in deiner Nähe sein. Niemand, wird dich jemals so lieben, wie ich. Falco wird sich von dir abwenden, er wird nie zu dir stehen. Es tut mir so leid, dass ich versagt habe. Bitte, verzeihe mir.“ Amanoue senkte langsam seine Hände, sah Ravio ins blasse Gesicht und nickte zaghaft. Er wischte sich mit beiden Händen die Tränen ab und trat zu dem leichten Hügel vor ihm, auf dem das blaue Licht flackerte. Zuerst entfernte er die großen Steine, die das Grab abdeckten und grub dann mit seinen Händen in der feuchten, kalten Erde. Das Erdreich war noch einigermaßen locker und so kam er rasch voran. Er grub wie besessen, schaufelte mit beiden Händen die Erde beiseite, bis er plötzlich auf etwas Festes stieß. Langsam wurde ein weißes Laken sichtbar und Amanoue lehnte sich keuchend zurück. Er achtete längst nicht mehr auf die Tränen, die ihm unaufhörlich über die dreckbeschmierten Wangen liefen, wischte sich jetzt aber mit dem Ärmel über das nasse Gesicht und holte noch einmal laut schniefend Luft. Dann holte er den Dolch hervor und beugte sich über Ravios Leichnam. Vorsichtig, aber ohne zu zögern, schnitt er das Leichentuch in Brusthöhe auseinander, zerteilte dann Ravios Kleidung, stieß zu und öffnete den Brustkorb. Wie in Trance arbeitete er weiter, achtete nicht auf das Knacken der brechenden Rippen, als er mit bloßen Händen den Brustkorb auseinanderriss, bis endlich Ravios Herz vor ihm lag. Er schnitt es behutsam heraus, nahm es sanft zwischen seine Hände und legte es in seinen Schoß. Dann riss er einen großen Fetzen, von seinem eh viel zu großen und langen Hemd ab, wickelte das Herz sorgsam darin ein und steckte es in seinen Ausschnitt. Danach zog er das Laken wieder so gut es ging zurecht, schob die Erde zurück in die Grube, stand auf und schichtete die Steine wieder auf das Grab. Das Licht flackerte noch einmal hell auf, wurde blasser und blasser, bis es schließlich ganz erlosch und Amanoue schluchzte erbarmungswürdig auf. Er blieb noch einen kurzen Moment abwartend stehen, doch dann übermannte ihn erneut das Grauen und er rannte ohne sich noch einmal umzusehen, zurück zum Zelt. Völlig erschöpft setzte er sich an den Tisch, goss sich seinen Becher voll Wein und leerte den in einem Zug. Mit einem gequälten Schrei brach das grauenhafte Erlebnis schließlich aus ihm heraus und er sank laut schluchzend in sich zusammen. Falco fuhr erschrocken hoch, blickte verwirrt umher und stürzte sofort zu ihm. „Um Himmelswillen, Amanoue, was ist geschehen?“, rief er und sah ihn entsetzt an. Amanoue war über und über mit Dreck beschmiert und seine Nase hatte wieder angefangen, zu bluten. Selbst sein Haar, das zu einem dicken Zopf geflochten war, war dreckverkrustet und einzelne Strähnen hingen und klebten ihm wirr und feucht von Blut und Nebel, im Gesicht. „Was, was, hast du, getan?“, stammelte Falco mit aufgerissenen Augen, „oh Gott, Amanoue, hast du dir etwas angetan?! So sag doch was!“, rief er verzweifelt aus, doch Amanoue reagierte nicht und weinte nur herzzerreißend vor sich hin. Sein Blick ging dabei ins Leere und er starrte mit weitaufgerissenen Augen, in denen sich noch immer das Grauen wiederspiegelte, vor sich hin, bis Falco ihn schließlich an die Schultern fasste und heftig schüttelte. Amanoue war augenblicklich still, sah ihn seltsam entrückt an und fiel ihm um den Hals. Falco hob ihn hoch, trug ihn zum Bett und legte ihn sanft darauf. Lediglich die schlammigen Stiefel zog er ihm noch aus, dann legte er sich zu ihm, deckte sie beide sorgfältig zu und nahm ihn in seine starken Arme. Beinahe umgehend, war Amanoue eingeschlafen. „Was geht nur, in dir vor“, flüsterte Falco seufzend und küsste ihm zärtlich die Stirn.
Am nächsten Morgen stand Falco vorsichtig auf und zog sich an. Er blickte nachdenklich auf Amanoue, der über und über verdreckt vor ihm lag und völlig ruhig schlief. Ein zufriedener, fast seliger Ausdruck, lag auf dessen Gesicht und so deckte er ihn wieder zu und ging erst einmal hinaus. Er entfachte das Feuer neu, kümmerte sich danach um die Pferde und briet für sie beide ein Stück Bärenfleisch. Kurz bevor es durch war, legte er den Spieß höher und ging zurück ins Zelt, zu Amanoue, der noch immer friedlich vor sich hinschlummerte. Seufzend setzte er sich auf die Bettkante und weckte ihn vorsichtig. Amanoue rekelte sich wie eine Katze, gähnte herzhaft und blinzelte lächelnd zu ihm hoch. Falco hob beide Augenbrauen und musterte ihn vorwurfsvoll. „Ist was?“, fragte Amanoue unschuldig. „Das frägst du mich? Wo, zum Geier, warst du?“, gab Falco entgeistert zurück. Amanoue zuckte ahnungslos die Schultern. „Was meinst du? Na `ier, im Bett! Ich glaube, ich `atte wieder eine schreckliche Traum“, meinte er nachdenklich und gähnte erneut. „Hm! Seltsam, ich kann mich an gar nichts erinnern.“ „Und wie, erklärst du dir, Das?“ Falco schlug die Decke zurück und deutete mit beiden Händen auf Amanoues vollkommen verschmutzte Kleidung. Amanoue sah an sich herab und zuckte die Achseln. „Huch! Ich weiß nicht? War ich draußen?“ „Zum Donnerwetter! Amanoue! Sieh dich doch an! Du bist voller Erde! Wo warst du? Sieh dir nur deine Hände an, du siehst aus, wie ein Maulwurf!“, donnerte Falco ihn an. „Eine Maulwuff? Was ist das?“ Amanoue nahm nichtsahnend den Kopf zurück, warf dann aber einen Blick auf seine Hände und setzte sich überrascht auf. „Uuuh! Bin isch schmudsisch! Isch glaube, isch sollte eine Bad nehmen und meine Sachen waschen“, raunte er wie zu sich selbst, stand seelenruhig auf und verließ wortlos das Zelt. Falco blickte ihm kopfschüttelnd nach, nahm eine Decke und folgte ihm schließlich tief seufzend. Amanoue marschierte schnurstracks zur Quelle und zog sich aus. Das Bündel, in dem Ravios Herz war, legte er sorgsam beiseite und bedeckte es mit seinem fast sauberen Hemd. Nachdem er seine Hose und die Tunika gewaschen hatte, badete er ausgiebig und wusch sich mehrmals gründlich. Falco, der ihn beobachtend auf einem nahen Felsen saß, beachtete er dabei kaum, doch plötzlich kicherte er scheinbar grundlos in seine Hand. „Was?“, fragte Falco mürrisch und hob dabei genervt die Hände. „Du sidsd genau auf die gleiche Felsen, auf dem ich saß, als ich nicht mit dir baden wollte und du siehst mindestens genauso eine saure Gesicht wie ich, damals. Ist das nicht lustig?“, antwortete Amanoue höchst amüsiert, löste seinen Zopf und wusch sein Haar aus. „Ja, sehr! Haha! Ich lach mich gleich tot“, erwiderte Falco knurrig. „Ich denke, dass reicht jetzt! Du hast genug gebadet! Komm jetzt raus, da! Das Essen ist schon längst fertig, wahrscheinlich ist es schon viel zu durch und trocken, schade, um das schöne Fleisch“, meckerte er und stand auf. Mit mürrischer Miene trat er zum Teich, reichte Amanoue die Decke und der wickelte sich sofort darin ein. „Uuh, kalt geworden“, bibberte er und wollte seine Sachen aufheben. „Warte, ich helfe dir“, meinte Falco, griff schon nach Amanoues Hemd, das etwas abseits lag und als einziges Kleidungsstück trocken war. „Nein!“, schrie Amanoue erschrocken, „das nehme ich!“ Er ließ seine nassen Kleider wieder fallen, stellte sich Falco in den Weg und stieß ihn unsanft an. „Entschuldige bitte, aber mir ist kalt und ich möchte das `emd lieber gleich ansie`en, ja?“, säuselte er ihn von unten herauf, honigsüß an und Falco machte verdutzt einen Schritt rückwärts. „Wie du meinst, ich wollte es nur aufheben.“ „Das ist lieb von dir! Danke, aber das mache ich schon“, flötete Amanoue, stellte sich direkt davor und lächelte auf seine zauberhafte Art zu ihm hoch. „Nochmals, danke, auch für die Decke. Vielleicht könntest du meine andere Sachen nehmen?“, sagte er einschmeichelnd, legte seine Hände auf Falcos Schultern, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn zärtlich. Falco warf ihm noch einen schiefen Blick zu, wandte sich kopfschüttelnd um und holte die nassen Kleider. Währenddessen ließ Amanoue sofort die Decke fallen und zog eiligst das Hemd an, das ihm jetzt gerade noch bis über den Hintern reichte, nahm das Bündel versteckend hinter seine verschränkten Arme und marschierte umgehend los. Falco drehte sich gerade wieder um, blickte ihm verdattert nach, hob noch die nasse Decke auf und folgte ihm sprachlos, bis ins Zelt. Amanoue ging direkt zum Waschtisch, verbarg das Bündel unter seiner asconischen Kleidung und Falco lehnte sich schmunzelnd gegen die Tischkante. „Was ist denn mit deinem Hemd passiert?“, fragte er, auf Amanoues Pobacken blickend, die kurz aufblitzten, als der sich etwas bückte. „War das gestern nicht noch wesentlich länger?“ Amanoue drehte sich zu ihm um und kam geschmeidig auf ihn zu. „Ja, schon, aber ist es so nicht viel reisvoller?“, gurrte er, mit seinen schönen Augen spielend, indem er ihn kurz von unten herauf ansah und senkte wieder seinen Blick, nur um ihn erneut durch seine dichten, langen Wimpern hindurch anzusehen. Dabei befeuchtete er mit seiner Zungenspitze seine vollen, sinnlichen Lippen und trat ganz nah vor ihn hin. Falco wurde es bei diesem Anblick ganz heiß, er schluckte einmal trocken, zog ihn in seine Arme und küsste ihn voller Leidenschaft. Amanoue entwand sich ihm, drehte ihm den Rücken zu, beugte sich über den Tisch und blickte ihn dabei kokett auffordernd, über die Schulter hinweg, an. Falco riss sich beinahe die Hose herunter und kam der Einladung sofort nach. „Du bist wirklich, ein durchtriebenes Luder“, keuchte er, als er seine Hose wieder hochzog, „kein Wunder, dass seine Majestät nicht mehr ganz bei Sinnen ist“, raunte er noch beim Hinausgehen und holte den inzwischen recht dürren Braten herein. Amanoue kam in einer warmen Decke gewickelt zu ihm, setzte sich neben ihn und begann sofort mit gutem Appetit zu essen, als Falco ihm eine Scheibe davon auf den Teller legte. „Mmh, schmeckt gut, nur eine wenig su trocken, vielleicht“, meinte er grinsend und spülte mit einem großen Schluck Wein nach. Falco holte tief Luft, doch dann seufzte er nur gequält. „Na, du bist echt auch so `ne Marke“, raunte er kopfschüttelnd und machte sich ebenfalls über sein zähes Fleisch her. „Hör mir gut zu, nach dem Essen werde ich die Pferde zurückholen und du hängst deine nassen Sachen ans Feuer, damit sie bis morgen trocken sind! Amanoue, ich warne dich! Mach nicht nochmal, so einen Zirkus! Morgen, brechen wir auf und zwar endgültig, und wenn ich dich aufs Pferd binden muss“, sagte er eindringlich dabei. „Das musst du nicht. Ich verspreche dir, dass ich keine Ärger mehr mache. Es ist alles in Ordnung, jesd“, erwiderte Amanoue beschwichtigend und legte seine Hand tätschelnd auf Falcos Arm. „Gut, dann hätten wir das ja geklärt“, sagte Falco und stand auf. Ihm noch einen drohenden Blick zuwerfend, verließ er das Zelt und als er am Abend zurückkehrte, saß Amanoue angezogen am gedeckten Tisch und trank Wein. „Da bist du ja endlich“, säuselte er honigsüß zu ihm hoch und schenkte den zweiten Becher voll. „Ich `abe dich so vermisst, komm, setz dich und lass uns anstoßen.“ „Ja, dafür haben wir sogar einen guten Grund, wir haben nämlich Zuwachs bekommen“, antwortete Falco lächelnd, setzte sich neben ihn und gab ihm einen fetten Kuss. „Ist die Siege wieder da?“, fragte Amanoue überrascht und stieß mit ihm an. Falco schüttelte den Kopf und trank erstmal einen großen Schluck. „Viel besser! Eins der versprengten Pferde! Es ist sicher ein tiranisches, ist nicht viel größer, als Maid! Aber als Packpferd, können wir es gut gebrauchen. Hat `ne Weile gedauert, bis ich es einfangen konnte, aber dann war es eigentlich ganz brav. Ich glaube, es war sogar richtig froh darüber, nicht mehr allein zu sein“, antwortete er und wischte sich über die Augen. „Bin ich müde!“ Amanoue schob ihm nickend das Brot und das restliche, kalte Fleisch hin. „`ier, mein Liebster. Iss etwas und dann ge`en wir schlafen. Ich `abe schon alle Glutbecken gefüllt und die Bett frisch übersogen“, hauchte er lächelnd, doch dann stützte er sein Kinn versonnen vor sich hinblickend auf seine Hand und seufzte schwer. „Was hast du denn?“, fragte Falco und schob sich einen Bissen Fleisch in den Mund. „Es macht mich `alt traurig, wenn ich darüber nachdenke, dass das wohl nun unsere lesde Nacht `ier werden wird“, antwortete Amanoue betrübt und drehte seinen Kopf ein wenig zur Seite. „Amanoue, es macht mich auch traurig, aber es muss sein! Es ist ein Wunder, dass das Wetter immer noch so schön ist und wer weiß, wie lange es noch hält! Wir können nicht länger warten“, meinte Falco und nahm seine andere Hand in seine. „Der Winter kann uns quasi über Nacht überraschen und dann?“ Amanoue nickte zaghaft. „Du `ast sicher recht“, erwiderte er, schluckte einige Male tapfer und versuchte ihn vergebens anzulächeln. „Wie ich sehe, hast du schon alle deine Sachen zusammengepackt“, versuchte Falco abzulenken, so unbekümmert wie möglich klingend und deutete auf ein großes, in ein Laken eingewickeltes Bündel, das am Ende des Tisches lag. „Sehr fleißig!“, lobte er ihn und Amanoue nickte erneut tief seufzend. „Ja, es sind meine asconische Kleider. Ich wollte sie nicht surücklassen, obwohl ich sie eigentlich gar nicht mehr brauche“, er schluckte wieder, „`enry `asst es, wenn ich sie trage und er wird es sicher nicht gestatten. Naja, ich kann sie ja immer noch wegwerfen, wenn wir in Averna sind“, raunte er und versuchte erneut zu lächeln, schaffte es aber wieder nicht und kämpfte jetzt sichtlich mit den aufsteigenden Tränen. Falco wich seinem tränenverschleierten Blick aus und trank betreten einen großen Schluck. „Es wird sicher nicht so schlimm werden. Er liebt dich doch und wird sich riesig freuen, dich wieder zu haben! Es wird dir sicher gutgehen, wenn du erst wieder bei ihm bist, hm? Und du brauchst dann auch nicht mehr zu arbeiten! Aufräumen und waschen und brotbacken! Und mich, brauchst du dann auch nicht länger ertragen“, witzelte er etwas, um ihn aufzumuntern. „Außerdem, hast du doch bisher ein ganz gutes Leben geführt, bei ihm!“ Amanoue nickte bitter. „Ja, als seine Lustknabe! Ich würde lieber, meine ganse Leben lang, `art arbeiten, wenn ich nur bei dir sein könnte“, hauchte er erstickt und schaffte es nicht länger, ein Schluchzen zu unterdrücken. „Entschuldige bitte, ich `abe mir so fest vorgenommen, nicht su weinen, aber es tut so weh, `ier drin“, sagte er, fasste sich an die Brust und atmete tief durch. „Geht schon wieder“, meinte er, sich über die feuchten Augen wischend, presste kurz seine Lippen fest aufeinander und schaffte tatsächlich ein kleines, wenn auch bitteres, Lächeln. Falco starrte kurz schwer durchatmend vor sich auf die Tischplatte und stand dann auf. „Es ist besser, wenn wir jetzt schlafen gehen“, murmelte er knapp und wandte sich etwas steif um. Amanoue nickte nur und folgte ihm zum Bett.
Am nächsten Morgen weckte Amanoue ihn. Er küsste zärtlich Falcos Stirn und knabberte an seinen Augenbrauen, bis der die Augen öffnete und lächelnd zu ihm aufblickte. Amanoue war schon angezogen und saß neben ihm auf der Bettkante. „Mmh, ich bin noch nie, so zärtlich geweckt worden“, raunte er, legte eine Hand in Amanoues Nacken und zog ihn zu einem innigen Kuss heran, den Amanoue jedoch nur halbherzig erwiderte. „Frühstück ist fertig“, sagte er, ihm ausweichend und erhob sich. Während Falco sich anzog, legte Amanoue die Fuchsfelldecke zusammen und rollte sie auf. „Was machst du da?“, fragte Falco erstaunt. „Ich nehme sie mit! Sie ist so schön warm und weich“, antwortete Amanoue ohne aufzublicken und band die Decke zu einer dicken Rolle zusammen. „Wir `aben doch jesd eine Packpferd und außerdem möchte ich wenigstens etwas `aben, dass mich an unsere gemeinsame Seit ´ier, erinnert“, meinte er weiter und lächelte ihn Tapfer an. „Ich werde mich jede Nacht, gans fest darin einwickeln und dabei an dich denken und davon träumen, wie du mich in deine Arme ge`alten `ast. Ich werde nicht mehr, mit ihm die Bett teilen“, sagte er völlig ruhig und bestimmt. „Ich ge`öre nur noch dir allein, bis an meine Lebensende und es ist mir egal, was er mit mir tun wird. Auch wenn es bedeutet, dass er mich dann jede Nacht mit Gewalt nimmt. Ich liebe dich und will keine `ure mehr sein. Nie wieder!“ „Amanoue, das ist doch Unsinn! Du gehörst ihm!“, sagte Falco und wandte verlegen den Kopf ab. „Und, mir ist es nicht egal, was er mit dir tun wird. Bitte, mach das nicht! Es wird dir gut gehen, bei ihm und alles, wird wieder so, wie es vorher war. Du bist jetzt nur durcheinander und weißt nicht, was du sagst! Wenn du erst wieder bei ihm bist, wirst du ganz anders darüber denken und mich ganz schnell vergessen haben, du wirst schon sehen“, meinte er etwas bitter, ergriff seine Hand und drückte sie sanft. „Niemals! Du `ast einmal su mir gesagt, dass du dich schon längst getötet `ättest, wenn du an meiner Stelle wärst und du `attest recht. Ich will nicht länger, so weiterleben! Auch, wenn es meine sichere Tod bedeutet!“, antwortete Amanoue überzeugt, dann senkte er den Blick. „Spätestens, nach meine Kastration“, fügte er leise hinzu, „werde ich mich selbst töten, denn das, kann nicht einmal ich, ertragen.“ Falco ließ erschrocken seine Hand los und trat einen Schritt zurück. „Das ist doch noch gar nicht sicher. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dir das antun würde“, sagte er zweifelnd und fuhr sich nervös durchs Haar. „Komm, ja? Es wird Zeit, dass wir aufbrechen“, meinte er liebevoll und wandte sich um. Nach dem Frühstück, das er allein zu sich genommen hatte, holte er die Pferde und Amanoue half ihm beim Beladen des Packpferdes. „Das ist eine gute Pferd“, meinte er, es betrachtend. „Es `at schlanke, aber kräftige Beine und ist sicher sehr schnell und ausdauernd. Es war sicher keine einfache Packpferd bei seine frü`ere `err, siehst du?“, sagte er und deutete auf die muskulösen Beine des Tieres. „Du solltest es nicht unterschässen, sondern gut be`andeln und später mit ihm süchten. Glaube mir, die tiranischen Pferde sind gute Tiere. Sie `aben eine gute Charakter, sind klug und unglaublich mutig!“, meinte er weiter und streichelte den hübschen kleinen Kopf, des Pferdes. Falco sah ihn schmunzelnd an. „Willst du mir etwa erzählen, dass du Ahnung vom Pferdezüchten hast?“ Amanoue warf ihm einen geringschätzigen Blick zu. „Ja klar, ich weiß ja auch nicht, wo `inten und vorne ist, bei eine Pferd“, raunte er zynisch. „Und trossdem, `at die dumme, kleine Asconier, die große und überaus gescheite `auptmann Falco, besiegt! Ha!“, schnaubte er triumphierend und Falco fing herzlich zu lachen an. Er packte ihn spontan und zog ihn fest in seine Arme. „Siehst du, du fängst schon wieder an, mit mir zu streiten!“, sagte er belustigt und tippte ihn auf die Nasenspitze. Mit der anderen Hand kniff er ihm in den Bauch und Amanoue stieß ihn von sich, doch Falco packte ihn erneut und zog ihn wieder an sich. „Au! Spinnst du? Das `at wehgetan!“, rief Amanoue und versuchte sich zu befreien, „lass misch los!“, knurrte er, sich wehrend und trat ihm gegen das Schienbein. Falco ließ ihn umgehend los, hüpfte mit gequälter Miene auf dem anderen Fuß herum und Amanoue warf ihn mit voller Wucht um. Er setzte sich sofort auf ihn und hielt seine Handgelenke fest, indem er sie eisern umklammernd, links und rechts von Falcos Kopf, auf den Boden drückte. „Ha! Siehst du? So klein und schwach, bin ich gar nicht! Ich `abe dich schon wieder besiegt!“, jauchzte er übermütig. Falco spannte unter ihm seinen Körper an, schnellte mit einem Satz herum, lag jetzt auf Amanoue und hielt nun ihn fest. „Na, so stark, bist du wohl doch nicht, du Fliegengewicht!“, lachte er ihn aus und ließ ihn los. Er stand lässig auf und zog den verdutzten Amanoue mit sich am Kragen packend, hoch. „Aber, das war gar nicht schlecht! Du bist in der Tat kräftiger geworden und mit etwas mehr Übung, könnte vielleicht doch noch, ein Mann aus dir werden“, meinte er grinsend, woraufhin Amanoue ihm die Zunge herausstreckte und gleichzeitig in den Bauch boxte. Falco lachte schallend, rieb sich dann aber erst die schmerzende Wade und danach seinen muskulösen Bauch. „Jetzt reicht es aber, sonst bin ich nicht mehr in der Lage, aufrecht auf meinem Pferd zu sitzen“, witzelte er noch, bevor sein Gesicht wieder ernst wurde. „Amanoue, es wird nun wirklich Zeit, aufzubrechen! Ich möchte den verdammten Berg heute noch, hinter uns bringen!“, sagte er, keinen Wiederspruch mehr duldend, nahm Latiagos Zügel und stieg auf. „Worauf, wartest du noch?“, fragte er ungeduldig, „los, jetzt!“ Er griff nach dem Seil, an dem das Packpferd angebunden war, wendete und trieb Latiago energisch, Richtung Schlucht. Amanoue sah sich noch einmal um und schwang sich seufzend in seinen Sattel. „Komm, meine Mädschen“, sagte er leise schluchzend und folgte Falco nach.