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Die Reise nach Averna
ОглавлениеNachdem sie die Schlucht hinter sich gelassen hatten, blieb Falco stehen und blickte sich unsicher um. Wie immer, wenn er nervös war, kaute er einen Moment an der Innenseite seiner Wange, dann lenkte er sein Pferd, nach rechts. „Wir müssen da lang“, sagte Amanoue und deutete in die andere Richtung. Falco drehte sich überrascht um und sah ihn fragend an. „Woher willst du denn das wissen?“ „Na, von die Karte! Ich `abe doch auch, darauf geschaut, als ihr darüber gesprochen `abt, die Pass su überqueren und da ging die Weg, nach links“, meinte Amanoue lässig die Achseln zuckend. „Bist du dir sicher?“, fragte Falco zweifelnd. „Todsicher! Ich kann mich noch genau daran erinnern!“ „Aber das ist schon eine ganze Weile her und du warst damals ziemlich verstört, wegen deiner Visionen und der General hat mir, bevor seine Majestät aufgebrochen ist, noch einmal den Weg genauestens erklärt. Ich sage, wir müssen nach rechts!“, erwiderte Falco etwas unwirsch. „Von mir aus!“, sagte Amanoue, die Hände hebend, „dann reiten wir eben im Kreis und kommen später wieder surück, sum Selt!“ Er folgte ihm achselzuckend, doch nach wenigen Metern stoppte Falco erneut und warf ihm einen genervten Blick zu. „Also, wenn ich ehrlich bin, muss ich gestehen, dass ich mir nicht ganz so sicher bin, aber fast!“, gab er schließlich doch zu. „Nun, ich bin mir absolut sicher“, sagte Amanoue überheblich und blickte ihn desinteressiert an. „Ich `abe Karten lesen gelernt und konnte mir schon immer gut Dinge merken, die ich mal gese`en oder gelesen `abe.“ „Verdammt!“, rief Falco aufgebracht, „denkst du, dass ich ein Idiot bin? Ich kann auch, eine Landkarte lesen!“ „Bitte! Warum regst du dich dann auf? Wenn du recht `ast?“, meinte Amanoue, teilnahmslos die Schultern hebend und sah ihn gelangweilt an. „Sieh mich nicht so überheblich an! Du! Du …“ Falco hob drohend die Hand. „Was, Du? Was wolltest du sagen?“, fuhr Amanoue ihn an. „Na los, schlag ruhig su! `ast mich eh schon lange nicht mehr geschlagen! Nur su, mir ist es doch gleich, ob wir `eute noch, über diese scheiß Pass kommen!“, schrie er ihm ins Gesicht. Falco kniff durchschnaufend die Augen zusammen, senkte seine Hand wieder, wendete Latiago und trieb ihn an Amanoue vorbei, nach links. Sie ritten eine ganze Weile schweigend nebeneinander her, bis der Weg immer deutlicher erkennbar wurde und schließlich immer steiler werdend, bergauf führte. Amanoue warf Falco einen leicht triumphierenden Seitenblick zu, sagte aber nichts. „Gut“, rief Falco gedehnt, „du hattest recht und ich habe mich geirrt! Bist du nun zufrieden?“, knurrte er ihn an. Amanoue blickte säuerlich zurück, seufzte kurz und sah wieder weg. „Warum denkt eigentlich jeder, dass ich strohdumm bin?“, nörgelte er vor sich hin. „Keiner, von euch allen, traut mir auch nur das Mindeste su! Alle denken doch nur, dass isch nur sum ficken gut bin!“ „Amanoue!“ Falco sah ihn entsetzt an. „Was? Ist doch wahr! Du, denkst das doch auch!“, schrie Amanoue ihn plötzlich an, „die kleine, dumme Sklave, ist doch nur dasu da, dass du nachts mal eben einen wegstecken kannst! Aber bloß nischd mehr! Wenn du misch wirklisch lieben würdest, dann würdest du misch nie, su ihm surückbringen!“, machte er sich Luft. „Das ist nicht wahr!“, brüllte Falco zurück, „wie kannst du nur sowas sagen, nach all der ganzen Zeit, die wir zusammen verbracht haben?! Und überhaupt, habe ich nie gesagt, dass ich dich liebe!“ „Was?“ Amanoue nahm schockiert den Kopf zurück, „natürlich, `ast du es gesagt! Mehrmals, sogar! Im Selt, sum Beispiel, als wir am Tisch saßen und an meiner Aussprache geübt `aben“, erwiderte er fassungslos. „Oh nein! Eben, da habe ich lediglich deine Worte wiederholt, um dich zu verbessern! Ich habe immer nur zu dir gesagt, dass ich dich auch ganz gernhabe! Aber…“ Falco blickte kurz auf seine Hände und sah ihn wieder ernst an, „mehr nicht. Amanoue, es tut mir leid, wenn ich falsche Hoffnungen in dir geweckt habe. Das hatte ich nie im Sinn! Ich gebe zu, dass ich dir nicht wiederstehen konnte, aber nun ist es zu Ende, zwischen uns. Ich liebe Marianna und sobald ich meinen Dienst abgeleistet habe, werde ich sie heiraten!“ Amanoue nickte bitter. „Ich verste`e schon. Ich bin ja nur, eine tote Acker und kann dir keine Kinder schenken! Isch `offe nur, dass du dann glücklisch mit ihr wirst und sie dir eine ganse Stall voll davon wirft!“, raunte er böse, Falco holte aus, gab ihm eine schallende Ohrfeige und hielt ihm drohend seinen Zeigefinger vors Gesicht. „Sprich nie wieder, so von ihr! Hast du verstanden?! Sie ist mehr wert, als tausend, von deiner Sorte“, sagte er warnend. Amanoue sah ihm direkt und sehr provokant in die Augen, doch dann senkte er seinen Blick. „Ja, `err“, antwortete er leise, „ich `abe verstanden.“ Wieder ritten sie schweigend nebeneinander her, bis Amanoue plötzlich schwer durchatmend anhielt. „Was ist jetzt wieder?“, fragte Falco genervt und blieb ebenfalls stehen. „Ich weiß nicht“, stammelte Amanoue und griff sich an den Kopf. Er erblasste sichtlich und wankte erheblich, hin und her. „Sollen wir kurz rasten?“, meinte Falco nun doch besorgt. „Nein, geht schon wieder“, antwortete Amanoue matt, griff sich festhaltend in die schwarze Mähne der Stute und schnaufte tief durch. Falco stieg trotzdem ab und ging die wenigen Schritte zurück, zu ihm. „Komm, steig ab, bevor du mir noch runterfällst! Wir machen eine kurze Pause. Eine kleine Stärkung, wird uns sicher beiden guttun“, sagte er wesentlich freundlicher und half ihm vom Pferd. Er legte einen Arm um ihn, führte ihn zu einem Felsbrocken und Amanoue ließ sich ermattet darauf nieder. „Bleib hier sitzen! Ich hole etwas zu Essen und zu trinken“, raunte Falco fürsorglich, ging zurück zu den Pferden und holte die Satteltasche und einen von den mit Wasser gefüllten Weinschläuchen. „Hier, trink einen Schluck“, sagte er, ihm den Schlauch geöffnet reichend und Amanoue trank sofort hastig. „Iiieh, ist ja nur Wasser“, sagte er entgeistert und gab ihm den Schlauch beinahe angewidert zurück. „Natürlich! Was dachtest du denn?“, grinste Falco ihn an. „Heute Abend, wenn wir hoffentlich den Pass hinter uns haben, bekommst du Wein. Aber jetzt, müssen wir einen klaren Kopf bewahren, denn das schwierigste Stück des Weges, liegt noch vor uns“, sagte er und trank ebenfalls einen großen Schluck. Sie aßen beide etwas, wozu Amanoue sich zwingen musste und als sie ihren Weg fortsetzten, führten sie die Pferde an den Zügeln. Der Pfad stieg nun steil an und wurde gefährlich schmal, gerade noch breit genug, um einem Wagen Platz zu bieten und neben ihnen gähnte ein tiefer Abgrund. Sie hielten sich so dicht wie möglich an der Felswand, Falco ging mit Latiago und dem Packpferd voraus und Amanoue wankte mit Maid hinterher. Mit einem Mal schnaufte er tief ein, doch seine Brust war wie zugeschnürt und schien kaum noch Luft, in seine Lungen zu lassen. „Falco“, ächzte er gerade noch, bevor seine Beine nachgaben und er stöhnend auf die Knie sank. Falco wandte sich halb um und sah, wie er heftig zitternd und gleichzeitig stark schwitzend, den Kopf erneut mit beiden Händen haltend, immer mehr zusammensackte und schließlich einfach umkippte. Dabei kam er dem Abgrund gefährlich nahe und Falco setzte für einen Schlag das Herz aus, vor Schreck. „Amanoue!“, rief er erschrocken, ließ die Pferde einfach stehen und rannte zu ihm. Schlitternd kam er auf dem glatten Grund zum Stehen und ließ sich neben ihm auf die Knie fallen. „Bei allen Heiligen, was ist?!“, rief er sorgenvoll, zog ihn an sich und damit weg, aus der Gefahrenzone. „Hey, was ist denn?“, fragte er sehr zärtlich und barg Amanoues Kopf an seine Brust. „`ier, ist, etwas Schrecklisches, gesche`en“, hauchte Amanoue und schluchzte gequält auf. „Eine Wagen, ist `ier abgestürst, ihr Wagen! Und, sie sind alle, tot“, stotterte er weiter und rang förmlich nach Luft. „Oh Jesus! Wen meinst du?“ Falco zog ihn noch ein Stückchen weiter zur Felswand, stand auf und lief ein Stück weiter, immer wieder suchend in den Abgrund hinabblickend. Dann sah er den zerschmetterten Wagen, tief unter sich. Es war der, der Asconier. Falco schloss für einen Moment entsetzt die Augen und lief wieder zurück zu Amanoue, der nun weinend am Boden kauerte. „Ist ja schon gut“, versuchte er ihn zu beruhigen, ließ sich neben ihn fallen und legte tröstend seine Arme um ihn. „Aber wie, ich meine, wie, konntest du es wissen?“, stammelte nun er, zog ihn an sich und wiegte ihn sanft in seinen Armen. „Ich, denke, dass es der Wagen, deiner Landsleute ist“, meinte er schließlich bedauernd, „es tut mir sehr leid, hörst du? Aber, Amanoue, bitte, wir müssen weiter! Es tut mir wirklich leid, aber wenn wir den Pass nicht vor Einbruch der Dunkelheit schaffen, könnte uns das Gleiche passieren! Bitte, komm, du musst dich jetzt zusammenreißen und stark sein“, bat er inständig und zog ihn mit sich hoch. Er führte ihn zu Maid und drückte ihm die Zügel in die Hand. „Bitte, Amanoue, wir müssen weiter!“, sagte er eindringlich und Amanoue nickte schluchzend. Stillschweigend folgte er Falco weiter, immer bergauf, doch dann, nach einer sanften Biegung, führte der Weg endlich stetig abwärts. Es begann bereits zu dämmern und ein eisiger Wind blies ihnen entgegen, doch Amanoue folgte ihm ohne Zaudern. Es war längst dunkel, als sie den Fuß des Berges erreichten. Die Pferde stolperten erschöpft vor sich hin, bis Falco endlich, nach einem einigermaßen geschützten Unterstand suchend, nahe einer Baumgruppe, haltmachte. Er stieg ab, half Amanoue vom Pferd und setzte ihn an eine riesige Tanne gelehnt, ab. Danach versorgte er die Pferde, entfachte ein Feuer, richtete ein Schlaflager für sie und führte Amanoue nahe ans Feuer. „Hier“, sagte er und reichte ihm den Weinschlauch. „Trink, das wird dir guttun!“ Amanoue nahm den Schlauch und trank wie ein Verdurstender. Der starke Wein zeigte sofort seine Wirkung und er sank schluchzend in die warmen Decken. Falco legte sich hinter ihn und deckte sie beide sorgfältig zu. Er schmiegte sich an ihn, tastete mit seiner Hand nach unten, löste die Schnürung von Amanoues Hose und schob sie nach unten. Streichelnd fuhr er über Amanoues Schenkel, öffnete dabei mit der anderen Hand seine eigene Hose und glitt stöhnend zwischen dessen Beine. Amanoue drängte sich ihm sofort entgegen. Bei Einbruch der Morgendämmerung weckte Falco ihn behutsam, streichelte ihn sanft und küsste ihn immer wieder zärtlich, bis Amanoue schließlich die Augen öffnete und ihn glücklich ansah. „Ich liebe dich, so sehr“, hauchte er lächelnd und schlang seine Arme um Falcos Hals. „Es ist so schön, mit dir. Bei dir, fühle ich mich so sicher und geborgen. Ich kann doch nichts dafür, dass ich so, für dich empfinde“, sagte er, ihm tief in die Augen blickend. „Ach Amanoue“, seufzte Falco, „wenn du doch nur eine Frau wärst! Es tut mir so leid, aber ich kann das einfach nicht. Ich habe einfach nicht den Mut dazu, immer im Verborgenen zu leben. Ständig auf der Flucht und immer mit der Angst leben zu müssen, entdeckt zu werden“, erwiderte er betroffen, stand auf, zog dabei seine Hose hoch und ordnete seine Kleider. „Komm, steh auf“, sagte er sanft und holte etwas Brot und Trockenfleisch hervor. Sie setzten sich nebeneinander ans Feuer und begannen zu essen, doch Amanoue bekam kaum etwas davon herunter und starrte nur stumm vor sich hin. Falco löschte das Feuer und sattelte die Pferde, während Amanoue ihr Schlaflager zusammenrollte und auf dem Packpferd verstaute. Stundenlang, ritten sie durch meist kahle Wälder, bis sie schließlich freie, offene Wiesen und Felder erreichten. „Weißt du was?“, fragte Falco gutgelaunt, „wie wäre es, wenn wir noch ein wenig an deiner Aussprache feilen? Sprich mir mal nach! Holunder“, sagte er und deutete auf einen Busch. „`olunder“, wiederholte Amanoue lustlos. „Amanoue! H! Ho-lunder!“ Amanoue schnaufte gequält durch und wiederholte hauchend: H! `olunder.“ „Haselnuss!“, sagte Falco. „H! `aselnuss!“ „Amanoue! Strenge dich doch bitte etwas mehr an! Was meinst du, was seine Majestät für Augen machen wird, wenn du plötzlich perfekt austrisch sprichst!“, tadelte Falco ihn und Amanoue verdrehte schnaubend die Augen. „Das ist mir sowas, von gleich! Genau, wie meine Aussprache! Und ihn, wird es ebenfalls nicht interessieren, wieso auch? Er spricht doch eh nie, mit mir, ich bin doch nur die dumme Barbar“, antwortete er und sah auf die andere Seite. „Aber mich, interessiert, es! Und außerdem, vertreiben wir uns so, die Zeit! Und, ich halte dich keineswegs, für dumm. Also, komm schon, hm? Mir zuliebe“, meinte Falco und stieß ihn kameradschaftlich an. Amanoue seufzte unüberhörbar. „Wie könnte ich dir, was abschlagen“, sagte er sarkastisch und grinste zynisch. Falco lachte lauthals los und stieß ihn erneut an. „Also, los!“, grinste er und begann sich ständig neue Worte mit einem H beginnend auszudenken, die Amanoue lustlos und mit wenig Eifer, wiederholte. „Wenn wir Glück haben und weiterhin so gut vorankommen, erreichen wir vielleicht schon morgen den ersten Bauernhof“, sagte Falco mittendrin und lächelte ihn vielversprechend an. „Das heißt, dass wir Morgenabend ein Dach über dem Kopf haben und nicht wieder im Freien schlafen müssen. Man wird uns sicher nicht abweisen, schließlich tragen wir den Waffenrock, des Königs! Auch noch, zwei Offiziersröcke! Ich, Hauptmann und du, bist sogar der königliche Adjutant! Die werden uns sicher fürstlich bedienen, du wirst schon sehen!“, meinte er gutgelaunt, streckte sich genüsslich und holte tief Luft. „Ist das herrlich, wieder zu Hause zu sein!“ Amanoue warf ihm einen missbilligenden Blick zu. „Du meinst, seine Hauptmann und seine Lustknabe“, murrte er und sah bitter zur Seite. Falco hob beide Augenbrauen, sagte aber nichts mehr dazu und so ritten sie schweigend weiter, bis es langsam zu dämmern begann. Wieder suchte Falco einen relativ geschützten Lagerplatz für sie und nachdem sie gegessen und ihre Schlafstätte ausgebreitet hatten, fielen sie geradezu übereinander her und liebten sich, voller Leidenschaft. Am nächsten Morgen lagen sie engumschlungen beieinander und Falco blies ihm sanft seinen heißen Atem, in den Nacken. Amanoue seufzte wohlig und rekelte sich langsam wach. „Weißt du, dass du gestern, `Hauptmann´ gesagt hast?“, fragte Falco und streichelte ihn sanft. „Ja, und?“, erwiderte Amanoue schläfrig. „Ich meine, `Hauptmann!´ Und nicht, `auptmann´“, raunte Falco leise und sog Amanoues schweren, süßen Duft ein. „Du riechst so unglaublich gut“, schwärmte er verklärt, „so berauschend! Ich könnte stundenlang, nur so, bei dir liegen und deinen süßen Blumenduft einatmen.“ Amanoue ruckte augenblicklich von ihm fort, erhob sich und zog dabei seine Hose hoch. „Doch sicherlich, dufte ich nicht so gut, wie deine geliebte Marianna! Die riecht sicherlich nicht nach Blumen! Nach was, riecht sie wohl?“, meinte er übertrieben nachdenklich und legte überlegend seine Hand ans Kinn. „Hm, nach Heu und Stroh? Ach nein! Ich vergaß, sie war ja die Frau eines Gastwirtes! Riecht sie dann, nach abgestandenem Bier und Wein?“ Er funkelte Falco mit seinen grünen Pantheraugen an und der setzte sich empört auf. „Warum sagst du sowas? Du kennst sie doch gar nicht! Sie duftete stets nach klarem Wasser, sauber und rein!“, entgegnete er aufgebracht und Amanoue nickte bitter. „Ich verstehe schon, sauber und rein und nicht, wie eine Hure! Meintest du das? Und, schlägst du mich jetzt wieder?“, fauchte er zurück. Falco schnappte hörbar nach Luft, doch dann schüttelte er beinahe bedauernd den Kopf. „Amanoue, es hätte niemals Sinn, mit uns beiden. Wir verstehen uns einfach nicht und würden ständig nur streiten. Wir passen einfach nicht zueinander!“, sagte er tief durchschnaufend. „Das ist nischd wahr! Bitte, sag so etwas nischd! Isch liebe disch, so sehr! Isch kann, ohne disch, nischd mehr leben! Bitte Falco, verseih mir, aber isch bin so eifersüschtig, auf sie, weil sie, deine `ers besidsd und isch nischd“, polterte es sofort aus Amanoues Mund, er fiel schluchzend auf seine Knie und verbarg sein Gesicht hinter seinen Händen. Falco schloss kurz seine Augen, stand auf und ordnete seine Kleidung. „Das ist bedauernswert, aber ich kann deine Liebe einfach nicht erwidern“, antwortete er und biss sich auf die Wangeninnenseite. „Jetzt hör schon auf, zu weinen und hilf mir, ja?“, meinte er, trat zu ihm und berührte ihn sanft an der Schulter, doch Amanoue wandte sich laut schluchzend ab. Falco stieß genervt die Luft aus und hob beide Hände in die Höhe. „Ganz ehrlich, deine ständige Heulerei, geht mir langsam gehörig auf die Nerven! Du bist siebzehn Jahre alt und kein kleines Kind mehr, es wird Zeit, dass du dich langsam wie ein Mann benimmst und nicht, wie ein trotziges, verzogenes Kleinkind“, sagte er vorwurfsvoll. Amanoue sah über seine Schulter hinweg zu ihm auf, wie eine Raubkatze kurz vor dem Sprung und Falco machte sofort einen Schritt zurück. „Also manchmal, siehst du einen an, da läuft`s einem eiskalt den Rücken runter, weißt du das?“, raunte er, sich unwillkürlich schüttelnd. „Jetzt steh schon auf und mach uns Frühstück, ich kümmere mich um die Pferde“, sagte er noch und war erleichtert, von ihm weg zu kommen. Als sie später ihren Weg fortsetzten, ritt Amanoue hinter Falco und dem Packpferd und hielt stets einige Meter Abstand zu ihnen. Über eine Stunde ritten sie so, bis Falco schließlich anhielt und sich zu ihm umdrehte. Auch Amanoue blieb sofort stehen, so dass sich der Abstand nicht wesentlich verringert hatte und blickte Falco so nichtssagend wie möglich, an. „Was?“, fragte der genervt. „Was, was?“, gab Amanoue tonlos zurück. „Was ist los, mit dir? Schmollst du immer noch? Verdammt, nochmal! Du folgst mir, wie mein verdammter Schatten!“, rief Falco aufgebracht zu ihm zurück. „Nichts, ist los, mit mir und nein, ich schmolle nicht. Du wolltest doch, dass ich dir folge! Also bitte, ich folge dir“, antwortete Amanoue ruhig, doch es schwang ein leicht ironischer Ton mit. „Du machst mich noch, wahnsinnig!“, schrie Falco und fuchtelte mit seinen Händen in der Luft herum, drehte sich wieder um und schimpfte noch eine Weile vor sich hin, während er Latiago unsanft vorantrieb. Der Wallach schüttelte ärgerlich seine Mähne, schnaubte einige Male genervt, so als würde er genau wie sein Reiter, vor sich hin nörgeln und Amanoue konnte sich ein leises Schmunzeln nicht verkneifen. Nach einer kurzen und sehr schweigsamen Mittagspause, setzten sie ihren Weg über die abgeernteten Felder fort, bis Falco am späten Nachmittag erneut anhielt und sich zu Amanoue umwandte. „Bist du immer noch beleidigt oder kann man wieder vernünftig mit dir sprechen?“, fragte er so ruhig, wie möglich. Amanoue hob seinen Kopf und blickte ihn fragend an. „Isch, ich, bin doch gar nicht, beleidigt und selbstverständlich, kann man mit mir sprechen“, erwiderte er, erstaunt die Schultern zuckend. Falco kniff kurz seine Augen zusammen, blickte dann zum Himmel empor und hob bittend seine Hände. „Herr, im Himmel, gib mir Kraft, dass ich ihn nicht noch erschlage, bevor wir in Averna sind“, bat er inständig, bevor er eine auffordernde Geste in Amanoues Richtung machte. „Würdest du bitte, zu mir nach vorne kommen, damit ich nicht so schreien muss?“ Amanoue trieb Maid kurz an und trabte lässig heran. Direkt neben Falco zügelte er die Stute mit einer Hand und sah ihn noch immer unschuldig fragend, an. „Bitte schön, `ier bin isch“, meinte er und Falco unterdrückte einen Wutschrei. „Das machst du mit Absicht!“, fuhr er ihn an und wedelte mit seinem Zeigefinger vor Amanoues Gesicht herum. „Das hast du schon immer gemacht! Von Anfang an, wolltest du mich ärgern!“ „Das stimmt gar nicht! Ich mache doch gar nichts“, verteidigte sich Amanoue und setzte erneut seine Unschuldsmiene auf. Falco ballte seine Hände zu Fäusten und ließ einen unartikulierten Laut hören. „Gut“, raunte er, wie um sich selbst zu beruhigen, „ganz ruhig!“ Er holte tief Luft und deutete zum Horizont, „ich weiß nicht, ob du es schon bemerkt hast, aber da vorne, ist wohl ein größerer Hof. Wir werden dort, übernachten. Vorausgesetzt, man gewährt uns Unterkunft.“ Amanoue blickte angestrengt in die Ferne und nickte. „Ja, da ist eine Haus. Und nein, ich habe es nicht bemerkt. Aber, ich habe ja sum Glück dich, für sowas“, antwortete er und lächelte ihn auf seine bezaubernde, liebevolle Weise an. „Na dann, komm“, brummte Falco schon etwas freundlicher und sie ritten gemeinsam los. „Hör mal, lass uns nicht länger streiten, ja?“, meinte er schließlich und lächelte zurück, woraufhin Amanoue ihn wieder voller Unschuld ansah. „Ich streite doch gar nicht“, antwortete er achselzuckend. „Amanoue! Es reicht jetzt! Hör endlich auf, damit!“ Falco warf ihm einen drohenden Blick zu. „Wirklisch, das ist meine Ernst! Isch will gar nischd streiten und disch gans sischer nischd ärgern“, erwiderte Amanoue nun doch sehr verunsichert. Fast ängstlich, sah er Falco mit schiefgelegtem Kopf an. „Schlägst du misch jesd?“ „Nein“, antwortete Falco betreten. „Ich will dich eigentlich gar nicht schlagen, aber manchmal reißt mir eben der Geduldsfaden! Du bist manchmal so schwierig und kannst einen mit deiner Art wirklich zur Weißglut bringen!“ Amanoue sah ihn überrascht an und hob dabei seine Augenbrauen, so wie er es immer tat, wenn er etwas nicht verstand. „Weißglut? Bedeutet das, dass du sehr wütend auf misch bist?“, fragte er und nahm verwirrt den Kopf zurück. „Ja, richtig! Aber jetzt, ist es schon wieder gut“, antwortete Falco schmunzelnd. „Und jetzt hör mir genau zu! Wenn wir bei dem Hof sind, hältst du dich im Hintergrund. Du bleibst bei den Pferden und sagst kein Wort! Ist das klar? Und steck deinen Zopf weg, sonst halten die dich noch für ein Mädchen! Am besten, du ziehst noch die Kapuze über den Kopf.“ Amanoue nickte brav, stopfte seinen dicken Zopf unter den Umhang und zog die Kapuze auf. „Gut so?“, fragte er lächelnd. „Warte“, meinte Falco, griff an den Rand der Kapuze und zog sie im tief ins Gesicht. „Ja, so ist es gut!“ „Warum sesd du deine nicht auf? Muss ich mich verstecken?“, wollte Amanoue wissen und sah in Falcos Richtung, doch von seinem zierlichen Gesicht war kaum noch etwas zu sehen. „Du siehst so anders aus, als die Leute hier. Eben fremdländisch und die Menschen, die hier leben, sind Ausländer nicht gewöhnt und würden nur dumme Fragen stellen. Es ist besser, wenn sie nicht allzu viel, von dir sehen! Verstanden?“, meinte Falco dazu und blickte ihn nachdenklich an. „Verstanden! Ich werde gans brav sein und keine Wort sagen, gans, wie du wünschst“, erwiderte Amanoue und nickte eifrig. Falco trieb sein Pferd leise seufzend weiter und Amanoue folgte ihm den Weg entlang, bis sie nach einer sanften Biegung schließlich den doch recht stattlichen Hof erreicht hatten. Es dämmerte bereits, als sie durch das große Tor ritten und nachdem sie angehalten hatten, stieg Falco vom Pferd. Sofort fing ein großer Hund, der an einer Kette hing, wütend zu bellen an und raste auf sie zu, bis er deren Ende erreicht hatte und somit zurückgeschleudert wurde. Augenblicklich war er wieder auf den Beinen und sprang wie wild bellend und kläffend, hin und her. Einige Männer kamen langsam auf Falco zu und blieben misstrauisch in sicherer Entfernung stehen. „Seid gegrüßt!“, sagte Falco freundlich. „Mh“, machte einer der Männer und nickte ihm unfreundlich zu. „Was wollt ihr?“ „Mein Kamerad und ich, gehören zu den königlichen Truppen, die vor ein paar Wochen hier vorbeigekommen sind. Ich bin einer der Hauptleute der königlichen Garde und mein Kamerad ist der Adjutant seiner Majestät. Wir wurden von den Truppen getrennt und sind nun auf dem Weg nach Averna, um dort wieder zu unseren restlichen Kameraden zu stoßen“, erklärte Falco und sah die Männer freundlich lächelnd an. „Was is`n mit dem da?“, fragte der augenscheinliche Anführer mürrisch und deutete auf Amanoue. Auch die anderen blickten daraufhin argwöhnisch in dessen Richtung und Falco drehte sich halb zu ihm um. „Oh, gar nichts“, antwortete er abwinkend, „er hat eine üble Verletzung erlitten, im Gesicht. Ein Schwerthieb, hat ihn getroffen und hat ihm fast das Gesicht gespalten. Sieht nicht gerade appetitlich aus“, meinte er achselzuckend und die Kerle sahen sich schockiert an. „Na gut“, knurrte der Mann ablehnend und nickte zu einem Nebengebäude hin. „Ihr könnt im Stall übernachten, bei den Pferden! Kommen noch mehr, von euch? Vor euch beiden, waren schon vier Nachzügler hier! Da war so ein riesiger Kerl dabei, der hat uns die ganze Vorratskammer leergeräumt und jetzt haben wir kaum noch etwas, für uns“, brummte er mürrisch und Falco konnte ein Grinsen kaum unterdrücken. Er hob beschwichtigend die Hand. „Danke, aber wir brauchen nichts. Wir haben noch etwas Brot und Trockenfleisch bei uns und das genügt uns, als Abendessen. Wenn wir vielleicht etwas Heu und Hafer für die Pferde haben könnten? Wir werden selbstverständlich dafür bezahlen“, erwiderte er, betont freundlich und sein Gegenüber nickte. „Nehmt euch, was ihr für die Gäule braucht“, antwortete er und Falco nickte dankbar zurück. Er gab Amanoue sogleich einen Wink und marschierte geradewegs auf den angewiesenen Stall zu. Amanoue stieg nun ebenfalls ab, folgte ihm schnurstracks nach und zusammen mit den Pferden betraten sie das Gebäude. „Uh, die waren aber nischd gerade freundlisch“, meinte er und zog die Kapuze vom Kopf. „Freundlich!“, sagte Falco. „Was?“ „Es heißt, freundlich!“, antwortete Falco genervt und begann Latiago abzusatteln. „Ach so! Sind alle Austrier so?“ Amanoue warf ihm noch einen etwas schockierten Blick zu und öffnete Maids Sattelgurt. „Nein, ganz sicher nicht! Sie sind nur keine Fremden gewöhnt und Brac hat wohl nicht gerade dazu beigetragen, dass sie sich auf den nächsten Besucher freuten. Er hat ihnen wohl ziemlich was abverlangt“, grinste Falco zurück. „Ich weiß nicht, aber in Asconien, h-`ätte man uns die beste Schlafplads im gansen Ha-aus, angeboten und die beste Essen! Für uns Asconier, ist Gastfreundschaft sehr wichtig und steht an erster Stelle! Und weißt du was? Ich denke, die Mann h-at gelogen! Die h-aben genug su Essen! H-ast du gese`en, wie gut genährt die waren? Und h-ast du die H-ühner und Gänse ge`ört? Ich wette mit dir, dass die da h-inten noch die ganse Stall voll`aben! Die verstecken die nur, vor uns“, beschwerte Amanoue sich kopfschüttelnd und sah ihn todernst dabei an. Falco lächelte schmunzelnd und trat auf ihn zu. Als Amanoue nun auch noch seinen hübschen Kopf fragend schräg legte, konnte er nicht länger wiederstehen und küsste ihn spontan auf die viel zu verführerischen Lippen. „Komm, versorgen wir die Pferde“, raunte er verlangend, „und dann, will ich nur noch dich!“ Als sie am nächsten Morgen erwachten, streckten sie sich genüsslich in ihrem warmen Heulager aus und Falco drückte Amanoue noch einmal fest an sich, bevor er aufstand. „Komm, steh auf und zieh dich an“, sagte er, sich selbst die Kleidung richtend und stieß ihn sanft an. „Können wir nicht noch eine bisschen schlafen?“, grummelte Amanoue und rekelte sich dabei wie eine müde Katze. „Es ist so gemütlich und warm, h-ier im H-eu.“ Falco grinste auf ihn hinab. „Mach, dass du aufstehst, sonst ist es gleich nicht mehr gemütlich, in deinem H- eubett!“, äffte er ihn nach, bückte sich und zwickte ihn ein paarmal. „Au! `ör schon auf“, jammerte Amanoue, setzte sich auf und gähnte verschlafen. „Beeil dich und zieh dich an, bevor die Knechte kommen! Die sollten dich lieber nicht so sehen“, meinte Falco und deutete auf Amanoues nackte Beine. Seufzend erhob sich Amanoue und hob seine Hose auf, die unweit von ihrem Lager auf einem Heuballen lag. Er trug nur das kurze Hemd und als er sich bückte, rutschte es soweit hoch, dass man seinen bloßen Hintern sehen konnte. Falco blickte schmunzelnd darauf, trat zu ihm und umarmte ihn von hinten. Seine großen Hände streichelten zärtlich über Amanoues Schenkel, bis hinauf über die kleinen, runden Pobacken und er küsste ihn in den Nacken. Amanoue legte seinen Kopf zurück, biss sich vor Verlangen auf die volle Unterlippe und stöhnte leise. „Was hast du nur mit mir gemacht, dass ich so verrückt nach dir bin“, raunte Falco und biss ihm zärtlich ins Ohrläppchen, was Amanoue erneut zum Stöhnen brachte. Sofort drängte er sich ihm entgegen und Falco schloss für einen Moment tief durchatmend die Augen, doch dann stieß er sich von ihm ab. „Zieh dich an, oder ich kann für nichts garantieren“, keuchte er und zwang sich geradezu, sich von ihm abzuwenden. „Ich werde inzwischen mal rüber zum Haus gehen und versuchen, den Gutsherren dazu zu überreden, dass er uns doch etwas zu Essen verkauft. Und du räumst schon mal alles zusammen, ja?“, sagte er etwas energischer und Amanoue nickte lächelnd. Als Falco aus dem Stall trat, sah er den Hofherren und einen der Knechte vor dem Haupthaus stehen und hielt geradewegs auf sie zu. Beide Männer redeten aufgebracht miteinander, doch sobald sie Falco auf sich zukommen sahen, verstummten sie sofort und blickten ihn abschätzend an. Der Hund bellte erneut wütend, zerrte wie verrückt an seiner Kette und Falco machte einen großen Bogen um das gefährlich wirkende Tier. „Einen guten Morgen, wünsch ich“, grüßte er die beiden höflich, doch die zwei Männer starrten ihn nur an. „Wenn Ihr uns vielleicht doch etwas zu Essen verkaufen könntet? Etwas Brot und Speck und ein paar Eier?“, fragte er lächelnd. Der Gutsherr trat einen Schritt vor und spuckte ihm vor die Füße. „Für solche, wie euch, haben wir nichts!“, rief er Falco angewidert entgegen, „seht bloß zu, dass ihr Pack weiterkommt!“ Falco blieb ruckartig stehen. „Ich weiß nicht, was Ihr meint?“, entgegnete er etwas verunsichert und die Männer lachten spöttisch auf. „Du weißt genau, was ich meine! Solchen Kerlen, wie euch, sollte man die Eier abschneiden und sie an ihren Schwänzen aufhängen! Nimm deine kleine Schwuchtel und verschwinde, bevor ich den Hund auf dich hetze, du Sodomitenschwein!“, rief der Hofherr und Falco wankte einen Schritt zurück. „Ich hab`s genau gesehen!“, sagte der andere Mann und zeigte auf ihn, „dein Schätzchen da drin, sieht zwar aus, wie ein Mädchen, aber der hatte einen Schwanz!“ Falco stand da, wie erstarrt. Er spürte, wie ihm erst ein glühend heißer und anschließend ein eiskalter Schauer über den Rücken lief, drehte sich um und rannte zurück zum Stall. „Warum hast du`s denn auf einmal so eilig?“, rief ihm der Knecht höhnisch nach, „willst du mir nicht auch an den Arsch fassen?“ Er hörte noch ihr dreckiges Lachen, als er die Stalltüre hinter sich zuwarf und lehnte sich taumelnd dagegen. Alles drehte sich plötzlich um ihn herum und er musste sich sogar an einem Balken festhalten, um nicht umzukippen. Amanoue stand mit dem Rücken zu ihm und band gerade seinen Umhang zu. Seelenruhig drehte er sich um und lächelte zauberhaft. „Und? H-ast du was su Essen bekommen? Ich h-abe eine solche H-unger!“, sagte er, doch als er Falcos noch immer vor Entsetzen verzerrtes Gesicht sah, erstarb sein fröhliches Lächeln jäh. „Was ist los? Ist etwas passiert?“, fragte er und trat sofort zu ihm. „Wir müssen sofort verschwinden!“, schrie Falco beinahe, „wir müssen von hier abhauen, warum hast du noch nicht zusammengepackt?!“ „Wie denn? In die kurse Seit? Du warst ja keine fünf Minuten fort! Was ist denn nur los, mit dir?“, verteidigte Amanoue sich verwirrt. „Wenn du mich noch einmal fragst, was mit mir los ist, knall ich dir eine!“, brüllte Falco ihn an, „es ist alles, deine Schuld! Nur, weil du in deinem kurzen Hemd, hier herumlaufen musstest! Einer der Knechte, hat uns gesehen, als ich vorhin bei dir gestanden bin, dass ist los!“ Amanoue nahm entrüstet den Kopf zurück. „Meine Schuld? Du, `ast misch doch ausgesogen, lesde Nacht und nischd genug von mir bekommen!“ Falco holte aus, schlug ihm voll ins Gesicht und Amanoue fiel der Länge nach hin. Er rappelte sich auf, setzte sich und sah Falco von unten herauf, bitter nickend an. Mit einer Hand auf der brennenden Wange stand er auf und begann augenblicklich damit, die Decken zusammen zu rollen, während Falco eiligst die Pferde sattelte. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, stieß Falco das Scheunentor auf und zerrte Latiago und das Packpferd aus dem Stall, doch vor ihnen standen nun auch noch die restlichen Männer vom Vortag und versperrten ihnen so den Weg. Einer von den grimmig dreinblickenden Kerlen hielt eine Mistgabel bedrohlich auf sie gerichtet und ein anderer hob einen schweren Prügel hoch, bereit zum Schlag. Falco ließ die Zügel los, trat einige Schritte vor und zog sein Schwert. „Mach, dass du auf dein Pferd kommst“, raunte er Amanoue zu, der nun direkt hinter ihm stand, als plötzlich der Hund auf sie zugerast kam und keine Kette hielt ihn diesmal zurück. Wütend und mit gefletschten Zähnen, stürzte er ihnen entgegen und Falco wich erschrocken zurück. Amanoue aber, machte einen Schritt zur Seite, trat dazwischen und streckte seine Hand aus. „Amanoue!“, schrie Falco verzweifelt, „geh mir aus dem Weg!“ Nur noch wenige Meter trennten sie von dem riesigen, schwarzen Biest, doch auf einmal wurde der Hund langsamer, bremste unvermittelt ab und blieb schließlich ganz stehen. Er knurrte zwar noch, fing aber gleichzeitig an, mit dem Schwanz zu wedeln und als Amanoue noch einen Schritt auf ihn zumachte, sprang der Hund freudig an ihm hoch und leckte ihm über das Gesicht. „Um Gottes willen! Geh von dem Vieh weg!“, rief Falco wieder, doch Amanoue streichelte den Hund unbeirrt weiter. „Wieso? Damit du ihn tötest? Er ist doch gans brav. Er `atte sicher nur Angst vor uns und war des`alb so wütend“, meinte Amanoue seelenruhig und kraulte das Genick des nun sitzenden Tieres. Ein Lichtstrahl, der über dem Hausdach aufgehenden Sonne, fiel auf Amanoue und tauchte ihn in ein rotgoldenes Licht. Es schien, als würde er den Schein reflektieren und alles um ihn herum, war plötzlich in ein weiches, goldenes Licht getaucht. Selbst der Hund, schien auf einem Mal zu leuchten und er legte sich winselnd zu Amanoues Füßen nieder. Wie ein Welpe, drehte sich das große Tier auf den Rücken und unterwarf sich jaulend damit. Die Männer raunten aufgeregt und einige von ihnen, wichen sogar einige Schritte zurück. „Das gibt’s doch nicht“, stammelte einer von ihnen, „das hat der Köter noch nie getan, noch nicht mal, vor dem Großknecht! Was geht hier vor?“ „Amanoue, bitte, komm jetzt und lass uns von hier verschwinden! Das ist jetzt, die Gelegenheit dazu“, raunte Falco, griff nach ihm, packte seinen Umhang und zog ihn vorsichtig daran zurück. Sofort sprang der Hund wieder auf und knurrte bedrohlich in seine Richtung und Falco ließ den Stoff zurückweichend los. „Bitte, Amanoue, lass uns gehen!“ „Sch“, machte Amanoue leise und legte seine zierliche Hand auf die Schulter des Tieres. „Du musst keine Angst vor ihm `aben. Er ist meine Freund und nun sei brav und mach schön sids“, sagte er zu ihm und der Hund setzte sich tatsächlich. „Wir werden jesd gehen, ja?“, meinte er, streichelte nochmals den Kopf des freudig hechelnden Tieres und drehte sich zu Falco um. „Steig aufs Pferd“, sagte er ruhig und beide bestiegen sie die nervös tänzelnden Reittiere. Falco warf noch einen unsicheren Blick auf den Hund und die verdutzten Männer, steckte das Schwert zurück in die Scheide und trieb Latiago harsch Richtung Tor. Sobald sie es passiert hatten, gab er dem Wallach die Sporen und galoppierte los, ungeachtet dessen, dass Maid nicht mithalten konnte. Ohne sich noch einmal umzudrehen, trieb er sein Pferd unbarmherzig an, als wäre der Teufel hinter ihm her und vergrößerte rasch den Abstand zwischen ihnen. Amanoue versuchte anfangs noch mit ihm Schritt zu halten, doch als Maid nach einigen Kilometern vor Erschöpfung stolperte, hielt er erschrocken an. „Falco!“, schrie er voller Verzweiflung, „warte!“ Doch Falco hielt nicht an und war bald nur noch ein schwarzer Punkt, in der Ferne. Frustriert stieg er ab und untersuchte erstmal die Beine der zitternden Stute, die über und über mit Schaum bedeckt war. „Ist ja schon gut, meine Süße“, sagte er beruhigend zu ihr und tätschelte ihren schweißnassen Hals. „Er wartet bestimmt, auf uns, hm?“, meinte er aufmunternd, doch es klang keineswegs überzeugt. Seufzend nahm er den Zügel in seine Hand und schlurfte, Maid hinter sich herziehend, die Straße entlang, bis sich die Stute einigermaßen wieder erholt hatte. Vorsichtig stieg er auf ihren Rücken und ritt im gemäßigten Tempo weiter, immer der Straße folgend und hoffte hinter jeder Biegung endlich auf Falco zu treffen, doch von dem war längst nichts mehr zu sehen. „Warum macht er sowas?“, sagte er leise, „wo, soll isch jesd `in?“, schluchzte er fast und die Stute schnaubte, wie zur Antwort. „So eine verdammte Mist!“, schimpfte er nach einer Weile los, „oh, `enry, wie isch disch `asse! Warum, musstest du surückkommen?! Um misch su retten? Ha! Isch wäre lieber in Magiyar geblieben! Da war es wenigstens wärmer, als `ier, in diese Scheißland!“, fluchte er vor sich hin, dann fing es auch noch an zu regnen und seine Schimpftirade wurde immer häufiger von herzzerreißenden Schluchzern unterbrochen. Er zog sich die Kapuze über den Kopf und rieb sich immer wieder die klammen, bald schon eiskalten Hände, doch bald zitterte er nur noch, vor Kälte. „Das ist eine Scheißland! Gar nicht mehr schön! Kalt und grau und dreckig“, schimpfte er erneut los und Maid warf wie zur Bestätigung, ihren Kopf zurück. Den ganzen Tag, ritt er die Straße entlang, hügelhoch und wieder abwärts, frierend und zitternd vor Kälte und hungrig, bis er endlich am Horizont ein Feuer leuchten sah. Voller Hoffnung trieb er die Stute nochmals an, ritt geradewegs darauf zu und es war tatsächlich Falco, der ohne aufzusehen, vor dem Lagerfeuer saß. „Bist du verrückt geworden?“, schrie Amanoue ihn sofort an, sprang vom Pferd und baute sich vor ihm auf. „Isch bin `alb wahnsinnig, vor Angst! Wie kannst du misch, einfach so, surücklassen?“ Falco blickte auf und schnaubte zynisch. „Ich glaube kaum, dass du mich brauchst! Du wirst mit wilden Hunden fertig und mit Bären, was könnte dir schon passieren?“, sagte er kalt und stocherte gelassen weiter im Feuer herum. „Weißt du was? Ich glaube langsam, dass Hauptmann Matheo recht hatte. Du hast den Teufel im Leib und bist ein Dämon, der gekommen ist, um uns alle zu verderben“, meinte er seelenruhig und sah ihn wieder an. „Wie kannst du nur, so etwas sagen?“, schrie Amanoue empört und stieß ihn hart an. „Sum Ficken, bin isch gut genug, ja? Jede Nacht, benudsd du misch, wie eine Gefäß, in das man sisch erleichtert! Und jesd, bin isch an allem Schuld! Du bist genau so eine Schwein, wie alle anderen auch, die misch immer nur um ihrer Lust willen, benudsd `aben!“, brüllte er wütend und schlug erneut nach ihm, doch Falco wehrte den Schlag ab und packte ihn nun seinerseits grob am Handgelenk. Mit der anderen Hand schlug er ihm mehrmals ins Gesicht, bis Amanoue wimmernd am Boden liegenblieb. „Ihr seid alle gleich“, nuschelte er, „alle!“, rief er schluchzend und kauerte sich zusammen. „Und danach, sagt ihr einfach, dass es an mir liegen würde!“ Falco schloss kurz seine Augen und sah kopfschüttelnd auf ihn nieder. „Du hast mein Leben zerstört, genau, wie du das Leben meines Königs zerstört hast! Ob du nun etwas dafürkannst oder nicht, ist einerlei, denn du bringst nur Verderben und Unglück, über uns. Und am meisten, über mich“, raunte er betroffen und öffnete seinen Gürtel. Er zog sich die Hose runter, kniete nieder und fiel wie ein ausgehungertes Tier über Amanoue her, der sich anfangs noch dagegen wehrte, doch schließlich gab er auf und ließ es widerstandslos geschehen. Als Falco endlich von ihm abließ, ruckte Amanoue sofort von ihm weg und stand auf. Falco erhob sich ebenfalls, zog sich die Hose wieder hoch und ging seelenruhig auf ihr bereits vorbereitetes Schlaflager zu. Er setzte sich, zog sich die schweren Stiefel aus und legte sich hin. „Worauf wartest du?“, fragte er belanglos und hörte wie Amanoue wütend Luft holte. „Nun komm schon her! Sonst holst du dir noch den Tod“, sagte Falco eher gefühllos und Amanoue schnaubte auf. „Hoffentlich! Dann wäre es endlich vorbei!“, antwortete er zornig, doch dann schüttelte er nur noch leicht seinen Kopf. „Aber so viel Glück, habe ich wohl gar nicht verdient“, murmelte er zynisch und wandte sich halb um. „Komm jetzt her, oder ich hol dich!“, drohte Falco und hob die Fuchsfelldecke an. Amanoue sah kurz zu ihm, stieß die Luft zischend aus und trottete auf ihn zu. Auf allen Vieren krabbelte er unter die warmen Decken und schmiegte sich zitternd an Falco, der ihn sofort fest in seine Arme nahm. „Es tut mir leid, dass ich vorhin so ausgerastet bin“, sagte er nach einer Weile, „und ich weiß selbst nicht, was da in mich gefahren ist. Ich wollte dich nicht verletzen, weder körperlich, noch deine Gefühle. Es ist nur so, dass ich heute Morgen völlig überfordert war, mit der Situation. Verstehst du? Ich komme einfach nicht, damit zurecht. Amanoue, so etwas würde uns immer wieder passieren und ich schaffe das einfach nicht. Ich kann nicht, mit dir zusammenbleiben, das ist mir heute bewusster denn je, geworden! Ich will dieses Leben nicht führen, immer mit der Angst im Nacken, erwischt zu werden. Diese Männer hätten uns töten können und niemand hätte sie dafür belangt! Willst du das etwa?“, sprach er völlig ruhig und sachlich auf ihn ein. „Das wäre mir gleich“, antwortete Amanoue tonlos. „Alles, würde ich klaglos ertragen, wenn ich nur bei dir sein könnte, selbst den Tod.“ Falco schnaufte tief durch, hob Amanoues Kinn etwas an und küsste ihn zärtlich. „So sehr, liebst du mich?“ „Mehr, als alles andere, auf die Welt. Mehr, als meine Leben“, antwortete Amanoue bitter. „Dann tut es mir noch mehr leid. Aber ich kann und will, deine Gefühle nicht erwidern. Sobald wir in Averna sind, werden sich unsere Wege trennen und Amanoue, gib dich nicht falschen Hoffnungen hin! Ich werde nicht zu dir stehen, egal was du auch unternimmst und falls du irgendetwas, über uns verraten solltest, werde ich alles leugnen und abstreiten und ich glaube kaum, dass dein Wort mehr gelten wird, als meines“, erwiderte Falco ruhig aber bestimmt und legte sich zurück. „Ich werde nichts sagen“, flüsterte Amanoue mit tränenerstickter Stimme, „aber ich werde dich lieben, bis an meine Lebensende, das dann wohl in Averna sein wird“, sagte er nun ebenso bestimmt und schmiegte sich erneut an ihn.
Als Falco am Morgen erwachte, brannte das Feuer hoch und herrlich warm. Amanoue saß bereits wieder vollkommen angezogen davor und sah ihn an. Er kaute auf einem harten Kanten Brot herum und trank dazu immer mal wieder kleine Schlucke Wein, um es besser schlucken zu können. „Möchtest du auch etwas, von die weltbeste Brot haben?“, fragte er zynisch und hielt ihm einen anderen Kanten hin. Er sah müde und erbärmlich dabei aus und auf seinen Wangen zeigten sich bereits deutliche blaue Flecken. Falco hob verlegen eine Augenbraue und nahm das Brot. „Danke“, sagte er knapp und blickte betreten auf ihn. „Du siehst nicht gut aus. Hast du überhaupt geschlafen?“ „Kaum, also bin ich wieder aufgestanden und habe Feuerhols gesucht. Die Pferde sind auch schon bereit, wir können also gleich los, wenn du fertig bist“, antwortete Amanoue ohne ihn anzusehen und knabberte weiter an seinem Brotstück herum. „Ich habe ihnen auch etwas von die Brot gegeben und es scheint ihnen geschmeckt su haben.“ „Du musst sehr böse, auf mich sein, nachdem, was ich gestern geleistet habe“, meinte Falco verlegen. „Wieso sollte ich böse sein?“, sagte Amanoue achselzuckend darauf, „wo doch alles meine Schuld ist. Da hatte ich die Prügel wohl verdient.“ „Amanoue, es tut mir leid. Wirklich! Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, gestern. Ich muss dir sehr wehgetan haben, als ich“, Falco schnaufte schwer durch und starrte auf seine Hände. „Du warst nicht die erste, die mich mit Gewalt genommen hat und sicher wirst du nicht, die ledsde sein. `enry wird mich in Sukunft jedes Mal mit Gewalt nehmen müssen, wenn wir in Averna sind. Freiwillig, werde ich mich ihm nicht mehr hingeben“, erwiderte Amanoue ruhig aber sehr ernst. Falco seufzte vernehmlich und sah ihn wieder an. „Ich glaube, ich habe keinen Hunger. Die Pferde können mein Brot haben, die werden sich freuen“, sagte er, sich aufsetzend. Er stand auf, ordnete seine Kleider und verfütterte das zerteilte Brotstück an die Pferde. „Du hast sie sogar schon gesattelt“, meinte er dann freundlich zu Amanoue und überprüfte die Sattelgurte. „Wirklich gut, hast alles richtig gemacht“, lobte er ihn weiter, doch Amanoue sah ihn kaum an. „Finn hat es mir beigebracht“, sagte er tonlos, während er aufstand. Er ging hinüber zum Schlaflager, rollte die Decken zusammen, brachte sie zum Packpferd und verschnürte das Paket sorgfältig auf dessen Rücken. Falco beobachtete ihn noch dabei, dann löschte er das Feuer und bestieg danach sein Pferd. Amanoue, der bereits auf Maid saß, lenkte sie neben ihn und zusammen setzten sie ihren langen Weg fort. Schweigsam folgten sie der nun schon recht breiten Straße und Falco versuchte mehrmals ein Gespräch mit ihm zu beginnen, doch Amanoue antwortete immer nur knapp oder mit einem Achselzucken. Nachdem sie bereits eine Weile unterwegs waren, erhob sich Amanoue immer häufiger aus dem Sattel oder rutschte unwohl darauf herum. „Ist was?“, fragte Falco. Amanoue schüttelte den Kopf und verzog gleichzeitig schmerzhaft sein hübsches Gesicht. „Ich seh doch, dass du irgendetwas hast, also, was ist los?“, hakte Falco deshalb augenblicklich nach und Amanoue schluckte schwer. „Könnten wir vielleicht eine Pause machen?“, keuchte er schmerzerfüllt. „Jetzt schon? Ist noch ein wenig zu früh, hm? Bist du müde?“, fragte Falco nach und nickte leicht. „Nein, ähm, es ist nur so, naja, du warst lesde Nacht siemlich heftig und es schmersd halt“, gab Amanoue stammelnd zurück, während er sich erneut aus dem Sattel erhob. „Ich habe noch etwas von Gregorius` Salbe, die hilft meistens, gans gut“, erklärte er weiter und Falco blickte schuldbewusst zur Seite. „Ja, sicher“, murmelte er betreten und zügelte gleichzeitig sein Pferd. Beide stiegen ab und er trat an Amanoues Seite. „Ist es, wegen mir?“, fragte er und berührte ihn vorsichtig am Arm. Amanoue senkte den Blick und nickte leicht. „Aber so schlimm, ist es nicht. Es ist nicht deine Schuld und mit etwas Salbe, geht es sicher gleich wieder“, antwortete er leise. „Nicht meine Schuld? Natürlich, ist es meine Schuld!“, meinte Falco aufgebracht und fassungslos über sich selbst den Kopf schüttelnd. „Ich bin über dich hergefallen, wie ein Tier! Bei allen Heiligen, wie konnte ich das nur tun?!“, rief er, sich von ihm abwendend, doch Amanoue ging ihm sofort nach. „Nein, Falco, bitte, mache dir keine Vorwürfe! Ich hätte mich nicht wehren sollen. Wenn ich mich nicht so verkrampft hätte und mich mehr entspannt, wäre nichds passiert. So wie sonst auch und befeuchtet hatte ich mich auch nicht, es lag also nur, an mir“, sagte er schnell. „Hör auf, damit!“, schrie Falco ihn an und wich vor ihm zurück. „Was redest du da nur! Es lag ganz allein, an mir! Und es zeigt mir nur erneut, wie falsch und abartig unser Treiben ist! Es ist Wider der Natur!“, fuhr er ihn an und hob beide Arme gen Himmel. „Oh Herr, im Himmel! Was habe ich getan?“ Amanoue schloss kurz seine Augen, ging dann zum Packpferd und kramte in einer der Satteltaschen, bis er das kleine Näpfchen gefunden hatte. Nachdem er sich verschämt die Heilsalbe aufgetragen hatte, nahm er noch den Weinschlauch herab und hielt den hoch. „Möchtest du eine Schluck?“, fragte er Falco, doch der schüttelte beinahe angewidert seinen Kopf. Amanoue trank einen großen Zug und sah ihn erneut zögerlich an. „Willst du wirklisch, keine Wein?“, fragte er nochmals vorsichtig. „Wirklich! Es heißt, wirklich! Da ist nirgends ein Sch! Wann kapierst du das endlich!“, donnerte Falco ihn plötzlich an, trat zu ihm, riss ihm den Weinschlauch aus den Händen und schleuderte den davon. Amanoue wich erschrocken zurück und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Gut, du magst keine Wein, aber isch, äh, ich, schon“, meinte er nur, stiefelte über die feuchte Wiese und holte den Schlauch zurück. „Sum Glück hatte ich ihn wieder sugemacht“, murmelte er wie zu sich selbst und befestigte den Riemen an seinem Sattelknauf. Falco hatte sich ein Stück von ihm entfernt und ging mit nachdenklicher Miene, auf und ab. Amanoue beobachtete ihn eine Weile und näherte sich ihm schließlich vorsichtig. „Also, von mir aus, können wir weiter, wenn du möchtest?“ Falco blieb abrupt stehen und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. „Du machst mich noch wahnsinnig, mit deiner Gleichgültigkeit!“, brüllte er und Amanoue wich erschrocken zurück. „Was soll isch, äh, ich, denn machen?“, fragte er verwirrt. Falco schien sich ernstlich zusammen zu reißen, um nicht vollends auszurasten. Doch dann atmete er mehrmals tief durch, ergriff einfach Latiagos Zügel und wuchtete sich in den Sattel. „Vergiss es“, raunte er nur noch und trieb den Wallach an, während Amanoue sich seinerseits auf Maids Rücken schwang.
Die nächsten Tage machten sie um jeden Bauernhof, an dem sie vorbeikamen, einen großen Bogen. Nur einmal ritt Falco allein zu einem größeren Hof um frische Vorräte zu kaufen, damit sie sich wenigstens am Abend eine heiße Suppe kochen konnten, da es inzwischen noch kälter geworden war. Der Wind blies tagsüber schneidend kalt und bald mischten sich die ersten Schneeflocken unter den seit Tagen fallenden Regen. An einem späten Nachmittag kamen sie schließlich an der ersten größeren Siedlung vorbei, die zuerst nur aus ein paar armseligen Holzhütten bestand, doch in der Dorfmitte gab es einige Steinhäuser und sogar eine kleine Kirche. Ein einigermaßen stattliches Wirtshaus grenzte direkt an den Marktplatz und Amanoue blickte sich neugierig, aber auch ein wenig befremdlich, um. „Sind das, eure Städte?“, fragte er und sah Falco mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Austrien ist wohl nicht sehr reich, hm?“, meinte er seufzend und nun blickte Falco überrascht auf ihn nieder, da Maid ein gutes Stück kleiner war, als sein Wallach. „Wieso? Was meinst du?“, fragte er verdutzt zurück. „Naja, die Hütten, vorhin. Leben da Menschen? Und hier? Es ist alles so schmudsisch und es gibt gar keine richtige Straße mehr. Überall, diese Schlamm und Dreck“, antwortete Amanoue und sah sich angewidert um. „Naja, was erwartest du? Es ist eben Winter! Da ist der Boden halt aufgeweicht und matschig!“, gab Falco etwas schnippisch zurück. „Warum pflastert ihr die Wege und Plädse dann nischd?“, fragte Amanoue und deutete um sich. Falco sah ihn schief an und räusperte sich. „Tja! Naja, egal, jedenfalls werden wir heute Nacht, hier übernachten! Da ist ein Wirtshaus, wenn wir Glück haben, gibt es dort ein Zimmer für uns. Oh wie herrlich, ein Bett!“, stöhnte er und stieg ab. Er streckte sich erst einmal, führte Latiago und das tiranische Pferd vor das Gasthaus und band sie fest. „Was ist?“, fragte er verwirrt, weil Amanoue an Ort und Stelle verblieben war. „Worauf wartest du?“ „Ich weiß nicht, du hast nichds gesagt? Soll ich wieder warten und meine Gesicht verstecken?“, sagte Amanoue, die Hände ratlos hebend. Falco verdrehte genervt die Augen. „Ich weiß auch nicht! Aber vielleicht ist es wirklich besser, wenn du erstmal hier wartest. Und sprich mit niemanden! Hast du verstanden?“ „Ich bin ja nicht taub!“, schnauzte Amanoue zurück und zog die Kapuze tiefer ins Gesicht. „Aber beeile dich! Sonst friere ich noch in die Sattel fest“, rief er ihm noch nach, doch Falco machte nur eine wegwerfende Handbewegung und betrat das Wirtshaus. Kaum hatte der die Türe hinter sich geschlossen, kamen auch schon einige Kinder zögernd näher und blieben in sicherer Entfernung vor Amanoue stehen. Die Bälger tuschelten miteinander und warfen ihm immer wieder neugierige Blicke zu, die Amanoue allerdings ignorierte. „Bist du ein Soldat des Königs?“, rief ein schmutziger Junge und Amanoue nickte knapp. „Woher kommt ihr und wo wollt ihr hin?“, wollte ein anderer wissen und baute sich herausfordernd vor ihm auf. Amanoue biss sich auf die Unterlippe und zuckte die Achseln. „Kanns`te nicht reden? Hast wohl deine Zunge verschluckt!“, meinte er spöttisch und die Kinder lachten auf. „Oder bist du vielleicht so hässlich, wie eine alte Kröte und versteckst dich deshalb so, unter deiner Kapuze? Was is`n los, mit dir?“, provozierte er weiter, hob einen Stein auf und warf damit nach ihm. Er traf jedoch Maids Hals und die Stute scheute vor Schreck. Sie bäumte sich leicht auf und sprang zur Seite, doch Amanoue hatte sie gleich wieder im Griff. Allerdings hatte der kurze Hopser genügt, um die Kapuze von seinem Kopf rutschen zu lassen und Amanoue blickte den Jungen mit seinen unglaublichen, jadegrünen Augen an. Voller Überraschung starrten die Kinder zurück, doch der freche Steinewerfer trat unbeeindruckt näher heran. „Wie siehst du denn aus? Bist du ein Mädchen?“, rief er zu ihm hoch und griff nach Maids Halfter. „Jesd langds aber! Pass auf, du Rodslöffel! Isch bin keine Mädchen und `ässlich wie eine Kröte, bin isch auch nischd! Isch knall dir gleisch eine, wenn du meine Pferd nischd sofort loslässt“, platzte es aus Amanoue heraus und er drohte dem Jungen mit der Hand. „He!“, rief der nur und winkte um sich. „Kommt her und seht euch den an! Oder die!“, brüllte er los und im Nu war Amanoue von etlichen Dorfbewohnern umringt, die ihn neugierig von allen Seiten beäugten. Falco, der gerade wieder aus dem Wirtshaus trat, traf fast der Schlag vor Schreck, als er den Volksauflauf um Amanoue herum sah und kam rasch näher. Amanoue saß mit hochgezogenen Augenbrauen im Sattel und blickte ihn achselzuckend an. „Es ist nischd meine Schuld, wirklisch! Isch `abe nur gewartet“, meinte er unschuldig das Gesicht verziehend und hob beide Hände. Falco stöhnte genervt auf und schüttelte verzweifelt seinen Kopf. „Kann man dich keinen Augenblick alleine lassen? Was soll dieser Volksauflauf hier? Mach, dass du herkommst und ihr, trollt euch!“, donnerte er los und einige der Dörfler machten eilig Platz. Amanoue trieb Maid durch die Lücke und stieg vor Falco ab. „Wirklisch, äh, wirklich, ich kann nichds dafür“, beteuerte er nochmals. „Nun komm schon! Wir haben eine Unterkunft hier bekommen. Lass uns jetzt erstmal die Pferde in den Stall bringen“, raunte Falco ihm zu und wandte sich erneut an die neugierigen Leute. „Verschwindet endlich, hier gibt’s nichts zu gaffen! Wir sind zwei Offiziere des Königs! Lasst uns zufrieden und haut ab, aber plötzlich!“, brüllte er sie mit seiner autoritären Stimme an und zeigte demonstrativ auf seinen Waffenrock und sein mächtiges Schwert. Dadurch schien die aufgeregt tuschelnde Menge nun doch beeindruckt zu sein und ließ die beiden Fremdlinge bereitwillig passieren. Nachdem sie die Pferde untergebracht hatten, betraten sie zusammen das mittlerweile gut besuchte Wirtshaus und Falco bugsierte Amanoue sogleich quer durch den Raum, bis hin zur hintersten Ecke. „Setz dich“, sagte er und deutete hinter den Tisch. Amanoue schob sich drumherum und setzte sich auf die Bank. Sein Bündel legte er ganz nah neben sich, legte eine Hand noch schützend darauf und blickte sich misstrauisch dabei um. „Die sehen aber nischd gerade vertrauenswürdig aus“, raunte er Falco zu. „Und wieso glodsen die uns so an?“ „Naja, ich denke, die wissen nicht recht, wie sie uns einschätzen sollen. Fremde scheinen hier nicht so oft vorbei zu kommen und so einen, wie dich, haben die hier gewiss noch nicht gesehen“, antwortete Falco schmunzelnd. Amanoues Augenbrauen schossen sofort wieder in die Höhe. Er ließ seinen Umhang über seine Schultern gleiten und warf seinen langen, dicken Zopf in den Nacken. „Das solltest du lieber nicht tun“, bemerkte Falco zurück, „jetzt glotzen sie noch mehr“, meinte er amüsiert. „Aber es ist so warm und stickig, hier drinnen“, erwiderte Amanoue und schnupperte in die Luft. „Und, es stinkt!“ „Es ist eben ziemlich voll hier drin. Ich glaube kaum, dass wir besser riechen“, sagte Falco leise zu ihm, als der Wirt zu ihnen an den Tisch trat. „Einen guten Abend, die Herren“, sagte der einigermaßen freundlich, doch dann fiel sein Blick auf Amanoue und er starrte ihn unverwandt an. „Äh, ja, danke auch! Herr Wirt, dies hier, ist mein Kamerad, von dem ich Euch vorhin erzählte“, erwiderte Falco freundlich und der Wirt stierte Amanoue geradezu an. „`abe isch vielleischd irgendetwas in meine Gesischt, was da nischd `inge`ört?“, maulte der den Wirt an. „Warum guckt der misch so an?“, sagte er aufgebracht zu Falco und der biss sich auf Unterlippe, um nicht loszulachen. Der Gastwirt räusperte sich verlegen und wischte mit einem nicht gerade sauberen Lappen, über den Tisch. „Verzeiht, dass ich Euch so angestarrt habe“, stammelte er, ihn erneut musternd, „aber Ihr seid wohl nicht, von hier?“ Amanoue blickte erst fragend zu Falco und gerade als er antworten wollte, hob dieser einhaltgebietend seine rechte Hand. „Jawohl, Herr Wirt, Ihr habt recht“, kam er ihm zuvor, „er ist nicht aus Austrien. Mein Kamerad kommt aus einem fernen Land, das Asconien heißt“, sagte er lächelnd. „Ooooh“, staunte der Wirt, „ist das nicht das Land der Barbaren und Heiden?“ Falco grinste noch breiter, nickte und warf Amanoue einen beschwichtigenden Blick zu, bevor er sein Wort wieder an den Wirt richtete. „Könnten wir vielleicht etwas zu essen bekommen?“ „Aber sicher! Was kann ich Euch anbieten? Gebratenes Huhn vielleicht? Und vorher eine heiße Suppe?“, erwiderte der Mann und versuchte vergeblich, Amanoue nicht dabei anzusehen. „Das klingt hervorragend! Bringt uns vorher doch noch zwei Krüge Bier, Herr Wirt, ja?“, meinte Falco erfreut und sah Amanoue fragend an. „Du willst doch Bier, oder?“ Amanoue nickte schwach und wandte sich mit zusammengekniffenen Augen halb ab. Der Wirt nickte lächelnd, drehte sich um und ging rasch davon. „Ist was?“, fragte Falco. Amanoue verschränkte die Arme vor seiner schmalen Brust und sah ihn ärgerlich an. „Wieso antwortest du ständig, für misch?“, schnauzte er ihn an. „Die müssen ja denken, dass isch total blöd bin!“ „Ach was!“, winkte Falco ab, „ich habe es nur gut gemeint und außerdem, lässt deine Aussprache mal wieder zu wünschen übrig. Dein Akzent ist einfach grauenhaft, wenn du wütend bist und der arme Mann hätte dich sicher nicht mal richtig verstanden“, meinte er. „Ach! Aber dafür bist du ja anscheinend glänsend gut gelaunt! Warum grinst du eigendlisch, die ganse Seit?“, maulte Amanoue ihn an. „Na, weil es uns gut geht! Wir sitzen im Warmen, schlafen heute Nacht in einem Bett und gleich, bekommen wir noch etwas Gutes, zu essen! Eine richtige Mahlzeit! Reicht das nicht?“, grinste Falco zurück, lehnte sich vor und stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte. Er rieb in freudiger Erwartung seine Hände aneinander und Amanoue verdrehte genervt seine schönen, wie Smaragde funkelnden Augen. „Die reden über uns! Siehst du, wie die uns wieder anglodsen?“, sagte er, sich erneut unwohl umblickend, doch Falco winkte nur erneut lässig ab. „Ach lass sie doch! Hauptsache, sie lassen uns zufrieden!“, meinte er gutgelaunt. Der Wirt war gerade wieder an ihren Tisch gekommen, stellte zwei große Humpen Bier vor ihnen ab und als er sich umdrehte, kam hinter ihm eine junge, sehr hübsche Frau, zum Vorschein. Sie stellte zwei Schüsseln mit dicker Suppe vor ihnen ab und lächelte freundlich nickend, zuerst zu Falco hin, doch dann fiel ihr Blick auf Amanoue. Ganz unverhohlen musterte sie ihn neugierig und dessen Augen weiteten sich sichtlich. Sie hatte langes, blondes Haar, das sie im Nacken zusammengebunden hatte, doch einige üppig gelockte Strähnen fielen ihr kokett über die Schultern und das züchtig verdeckte, pralle Dekolleté. Wieder lächelte sie zauberhaft und als Amanoue heftig schluckte, kicherte sie kurz auf. „`ast du die gese`en?“, fragte er, als sie wieder allein waren und stieß Falco mit dem Ellenbogen an. „Sicher! Die war wohl kaum zu übersehen“, schmunzelte der. „Aber, die läuft `ier einfach so, `erum! Ohne Kopfbedeckung und sie `at uns angelächelt! Ist sie eine `ure?“, raunte Amanoue fassungslos. „Um Gottes Willen, natürlich nicht! Sie ist die Tochter des Gastwirtes! Amanoue, sag bloß nichts, hast du verstanden?! Wir sind hier in Austrien, da werden dir noch jede Menge Frauen über den Weg laufen, ohne Huren zu sein! Bei uns ist das halt so, wir sperren unsere Frauen nicht weg“, antwortete Falco schnell und sichtlich erschrocken. Rasch nahm er einen der Krüge und stieß damit gegen den anderen. „Lass uns erstmal einen Schluck machen, ja?“ Amanoue nickte, griff sich seinen Krug, trank einen großen Zug und setzte den Humpen kopfschüttelnd wieder ab. „Wir sperren unsere Frauen auch nicht weg!“, sagte er ein wenig schnippisch, „bei uns gehört es sich einfach nicht, dass unverheiratete Frauen, völlig unverschleiert in der Öffentlichkeit herumlaufen und fremde Kerle anlächeln!“ Falco grinste nur und schüttelte amüsiert den Kopf über ihn. „Na wenigstens, scheinst du wieder besserer Laune zu sein!“ „Wieso?“, wollte Amanoue verdutzt wissen. „Deine Aussprache. Nahezu perfekt!“, meinte Falco lachend und trank erneut einen Schluck. Nachdem sie mit viel Appetit ihren Eintopf verzehrt hatten, kam das Mädchen erneut an ihren Tisch und servierte lächelnd das gebratene Huhn. Als sie sich über die Tischplatte beugte, um an Amanoues Schüssel zu gelangen, verrutschte das Tuch, das ihren üppigen Busen verdeckte und er konnte deutlich den Ansatz ihrer Brüste sehen. Sofort wurde ihm glühend heiß und sein Gesicht wurde merklich dunkler, als ihm das Blut in den Kopf schoss. Unwillkürlich schluckte er mehrmals, nahm dann räuspernd seinen Krug und leerte den auf einen Zug. Ohne den Blick von der Wirtstochter zu nehmen, schob er ihn zu Falco hin und tippte darauf. „`ier! Isch möschte noch eine Bier“, raunte er und schluckte erneut. Falco grinste breit, gab der Bedienung ein Zeichen und die nickte ihm zu. Lässig angelte sie sich das Trinkgefäß und spazierte beschwingt zurück zur Theke. Er blickte ihr kurz nach und sah Amanoue mit schräggelegtem Kopf an. „Die Kleine gefällt dir wohl?“, fragte er, noch immer grinsend. „Amanoue? Hörst du mich noch?“ „Was? Wie? Entschuldige, isch war in Gedanken, was, `ast du gesagt?“, fragte der blinzelnd und überschlug sich fast dabei. Sein Gesicht glühte förmlich und er wedelte sich mit beiden Händen Luft zu. „Ist das `eiß, `ier drinnen“, keuchte er stöhnend. Falco beobachtete ihn amüsiert. „Nun iss schon! Dein Huhn wird sonst kalt und es schmeckt wirklich hervorragend“, sagte er schmunzelnd und biss in eine Keule. „Außerdem bin ich müde und will früh schlafen gehen. Amanoue! Nimmst du mich überhaupt noch wahr?“ Die Wirtstochter kam zurück und beugte sich lächelnd zu Amanoue hin, stellte das frische Bier vor ihm ab und dem fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Ohne von ihrer Oberweite wegzusehen, nahm er den Krug und trank schnellstens, während Falco empört den abgenagten Knochen auf den Teller zurückwarf. „So, jetzt ist es aber genug!“, herrschte er Amanoue an, der sich nun noch weit aus ihrer Ecke herauslehnte, um dem Mädchen besser hinterher starren zu können. „Du benimmst dich unmöglich! So, als hättest du noch nie ein Weibsbild gesehen! In Magiyar gab`s doch wirklich genug davon!“ „Ja, schon, aber nischd solsche! `ast du ihre Brüste gese`en? Und außerdem, war isch die Mädschen im `uren`aus gewöhnt. Schließlich `abe isch die jede Tag gese`en. Das war gans normal, wenn sie leischt bekleidet vor mir `erumliefen. Aber diese da, sieht gans anders aus! Ihre `aare und ihre Figur! Aaah“, stöhnte Amanoue verklärt. Falco sah ihn ärgerlich an. „Trotzdem, ich finde es reicht jetzt, mit deiner Schwärmerei!“, fauchte er ihn an und schob ihm den Teller hin. „Iss endlich dein verdammtes Huhn und dann lass uns nach oben gehen!“ Amanoue sah ihn überrascht an. „Was ist denn, mit dir?“, fragte er und kniff dabei seine Augen zusammen. „Bist du etwa eifersüchtig?“ Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen und Falcos Miene wurde schlagartig völlig desinteressiert. „Eifersüchtig? Ich? Das ich nicht lache“, antwortete er gelassen und lehnte sich entspannt zurück. „Auf wen denn? Ich denke kaum, dass du bei der landen könntest. Die sieht mir eher aus, als würde sie auf ganze Männer stehen und nicht auf so eine halbe Portion, wie dich! Und außerdem, hat sie zuerst mich angelächelt“, fügte er etwas schnippisch hinzu und lächelte triumphierend zurück. Amanoue nickte nur, begann zu essen und grinste dabei versteckt in sich hinein. Nachdem er gutgelaunt sein gebratenes Huhn verzehrt hatte, stand Falco sofort auf. „Los, lass uns gehen!“, drängte er und Amanoue beeilte sich, sein zweites Bier auszutrinken. Auf dem Weg nach oben, ging die Wirtstochter mit einer Laterne vor ihnen her und zeigte ihnen ihr Zimmer. „Ich hoffe, dass es recht ist“, sagte sie lächelnd und deutete in den Raum. „Hätten die Herren vielleicht noch einen Wunsch?“, fragte sie freundlich und Amanoues Augen weiteten sich augenblicklich. Beinahe hätte er laut aufgeschrien und genickt, doch Falco schob sich sofort vor ihn. „Nein, danke“, antwortete er fast barsch und die junge Frau wandte sich etwas irritiert um. „Ach ja, wenn wir morgenfrüh vielleicht ein Frühstück bekommen könnten?“ „Ja, sicher! Ich wünsche noch eine gute Nacht“, erwiderte sie noch und schloss die Türe hinter sich. Falco drehte sich um und ging zum Waschtisch. Er legte seinen Schwertgurt ab und Amanoue trat von hinten an ihn heran. „Ich kenne noch jemanden, der auf ganse Kerle steht“, raunte er verführerisch und legte seine Arme um ihn. Falco drehte sich zu ihm um und sah auf ihn herab. „Ach ja?“ „Oh ja“, hauchte Amanoue von unten herauf und begann ihn auszuziehen. Dann stieß er ihn aufs Bett, setzte sich auf ihn und leckte sich lüstern die Lippen. „Ich will, dass du es mir heute Nacht, so richtig besorgst und swar die ganse Nacht“, keuchte er heiser, küsste ihn voller Lust und Falco riss ihm beinahe die Kleider vom Leib.
Die Sonne war längst aufgegangen, als Falco endlich erwachte. Er lag auf dem Rücken und Amanoue wie immer, halb auf ihm. Vorsichtig schob er ihn von sich, setzte sich auf und fuhr sich mit beiden Händen durch sein wirres Haar. Schwer durchschnaufend, stand er auf und blickte auf Amanoue, der friedlich weiterschlief. Rasch kleidete er sich an und trat zurück ans Bett heran. „Amanoue! Wach auf!“, sagte er barsch und stieß ihn unsanft an. „Hörst du nicht?! Wach auf, verdammt!“ „Hm? Was ist denn?“, murmelte Amanoue verschlafen und drehte ihm den Rücken zu. „Steh jetzt augenblicklich auf, oder ich schütte dir einen Eimer kaltes Wasser, über den Kopf!“, fuhr Falco ihn wütend an. „Was hast du nur?“, fragte Amanoue und rekelte sich genüsslich. „Aah, du warst so gut, lesde Nacht“, gurrte er sich streckend und funkelte aus schweren Lidern verführerisch zu ihm hoch. „Hör bloß auf, mich so anzugucken! Bei allen Heiligen! Was ist nur in mich gefahren? Was du in der vergangenen Nacht mit mir getan hast, habe ich noch nie erlebt! Das kann nur Sünde sein!“, sagte er beinahe verzweifelt und fuhr sich erneut durchs Haar. „Ich hoffe nur, dass uns keiner gehört hat! Hoffentlich, hat dich, keiner gehört!“, sagte er aufgebracht und sah ihn vorwurfsvoll an. „Du warst so laut!“ „Du, warst so gut“, gab Amanoue schwärmerisch zurück und rekelte sich lasziv. „Es ist so anders, mit dir, aaah! Wenn du, in mir bist, egsplodiere ich fast! Deine Glied, ist so groß und mächtig und füllt mich völlig aus“, schnurrte er lüstern und griff nach ihm. Falco wich ihm aus und errötete sichtlich. „Ich sagte, dass du aufhören sollst!“, fuhr er ihn wieder an. „Wenn die uns gehört haben, sind wir erledigt! Ist dir das vollkommen egal?“ Amanoue setzte sich halbwegs auf und zog die Decke höher. „Nein, natürlich nicht“, antwortete er sanft, „es ist mir gleich, was mit mir geschieht, jedoch nicht, was dich betrifft. Ich will nichds, dass dir schaden könnte und würde es nie zulassen, dass dir jemand etwas antut. Selbst, wenn ich dafür töten müsste“, sagte er leise, aber sehr überzeugend. „Legst du bitte Hols nach? Mir ist kalt“, fügte er noch hinzu und lächelte ihn zärtlich an. Falco ging zum Kamin und warf zwei Scheite Holz ins heruntergebrannte Feuer. Nachdenklich kam er zurück zum Bett und setzte sich. „Wie soll das nur noch weitergehen“, murmelte er und fuhr sich mit einer Hand über sein stoppeliges Kinn. Seit sie unterwegs waren, hatte er sich nicht mehr rasiert und so trug er jetzt bereits einen kurzen Vollbart, der ihn noch männlicher machte. Amanoue ergriff seine andere Hand und küsste sie sanft. „Die Bart steht dir“, meinte er lächelnd. „Du siehst fast ein wenig aus, wie…“, seufzte er und senkte verlegen den Blick. „Wie wer?“, wollte Falco wissen. „Wie, er“, antwortete Amanoue leise. „Henry?“ Falco entzog ihm seine Hand und Amanoue nickte schwach. „Wenn wir in Averna sind, werde ich mich umgehend rasieren! Es juckt ganz schön und ich bin nicht daran gewöhnt, einen Bart zu tragen“, sagte er ablenkend und lächelte ihn aufmunternd an, doch Amanoues Blick ging traurig zur Seite. „Dann bist du mich endlich los, genau wie deine Bart“, erwiderte er leise. „Amanoue, es ist nicht so, dass ich dich loshaben möchte, aber es gibt keine gemeinsame Zukunft, für uns. Sieh das doch ein. Es wird dir gutgehen, bei ihm. Er liebt dich und du wirst sehen, wenn du erst wieder bei ihm bist, wird alles wieder so, wie es vorher war“, sagte Falco und strich ihm mit den Fingerrücken tröstend über die Wange. „Nein“, widersprach Amanoue kopfschüttelnd, „nie wieder! Ich will es nicht!“, sagte er bestimmt, „auch, wenn er mir die schlimmsten Dinge antut und das wird er“, meinte er seltsam gleichgültig. „Amanoue, das hat doch keinen Sinn! Warum machst du es mir so schwer? Denkst du wirklich, dass es mir gleich ist, was mit dir geschieht? Dass ist es mir nämlich, ganz und gar nicht! Es wäre viel leichter für mich, wenn ich wüsste, dass es dir gutgeht“, sagte Falco, sich zurücklegend. „Warum, hasst du ihn so?“, fragte er und streichelte ihm sanft über den Oberarm. Amanoue schmiegte sich an ihn und atmete tief ein. „Als ich in Magiyar ankam“, begann er leise zu erzählen, „war ich so gut wie tot. Nicht körperlich, sondern hier“, er griff sich an die Brust, „gans tief, in mir drin. Ich fühlte mich, so leer. Aber die Herrin war gut su mir und die meisten Huren auch und so fühlte ich mich bald besser. Es ging mir nicht schlecht dort, im Hurenhaus, auch wenn du das nicht verstehst, so fühlte ich mich doch gans wohl. Meine erste Kunde, hat die Herrin selbst ausgewählt. Sie kannte ihn und wusste, dass er vorsichtig mit mir umgehen würde. Er war eine Kaufmann aus Istrien und er war unglaublich sanft und särtlich, su mir. Danach kam er noch sehr oft su mir und bald hatte ich sogar Spaß daran, mit ihm su schlafen. Er war die erste Mann, die mich…“, er sah zögernd zur Seite, „befriedigt hat. Ich wusste gar nicht, was er da tat, als er mich mit seine Mund… Du weißt schon“, stammelte er, „das, was du nicht möchtest und als ich dann sum ersten Mal kam, fühlte ich mich so schmudsisch und isch schämte mich dafür, dass es mir gefallen hatte“, sagte er fast verlegen. „Naja, ich gewöhnte mich siemlich schnell ein und die Herrin war überaus sufrieden, mit mir“, fuhr er fort, „ich durfte machen, was ich wollte. Lange schlafen und danach baden, wann immer ich wollte. Jede Tag wurde ich massiert und mit duftende Öle verwöhnt und bekam wirklich nur, die beste Speisen vorgesedsd. Es ging mir wirklich gut, bis su diese Tag, als `enry kam.“ Wieder zögerte er kurz und schnaufte schwer durch. „Ich hatte vorher von ihm geträumt und gesehen, dass er mir wehtun würde. Deshalb hatte ich auch solche Angst vor ihm, als ich ihn erkannte und wollte ihn nicht ansehen. Normalerweise, war ich nie so, gans im Gegenteil sogar! Ich, habe sonst immer die Kunden umgarnt, so, wie es diese andere Junge getan hat, nur war ich noch viel schlimmer! Ich war sehr beliebt, bei die Kundschaft und wusste gans genau, wie ich sie betören konnte, damit sie mich wählten und das taten sie fast immer. Deshalb war ich bei die andere Lustknaben nicht besonders beliebt, weil sie eifersüchtig auf mich waren. Als ich `enry sah, dachte ich, wenn ich ihn nicht ansehe und abweisend sein würde, würde er sicher die nordische Junge nehmen und das tat er dann ja auch. Du kannst dir nischd vorstellen, wie erleichtert ich war, suerst, aber dann kam alles gans anders. Noch am gleichen Tag, kurs nachdem ihr fort ward, kamen einige Tiraner su uns. Prins Baijan und seine `Freunde´“, raunte er spöttisch, „es grenste fast an eine Wunder, dass ihr euch verfehlt habt. Baijan hätte `enry sicher getötet, wenn er ihn erkannt hätte und ich wäre meine Sorgen losgehabt. Wenn er es doch nur getan hätte“, sagte er leiser und schnaufte tief durch. Er machte eine kurze Pause, so als wollte er Falco die Gelegenheit geben zu protestieren, doch der rührte sich nicht. Gedankenverloren streichelte er weiter Amanoues Arm und so fuhr der mit seiner Erzählung fort. „Als Baijan mich wählte, war es nichts Ungewöhnliches für mich. Er war sehr nett und freundlich, am Anfang“, meinte er achselzuckend, „doch dann fing er an, mich su schlagen und su quälen. Er hat gans schlimme Dinge mit mir getan und als isch anfing su weinen, hat es ihm geradesu Spaß bereitet und er wurde noch gemeiner, su mir. Erst als isch ihn auf meine Knie angebettelt `abe, aufsuhören, hat er endlisch von mir abgelassen und ist gegangen“, schluchzte er auf und wischte sich eine Träne fort. „Gleich danach, kam `enry. Er wollte misch unbedingt, obwohl er gesehen hat, in welschem Sustand isch war und obwohl die Oberaufseher versucht hat, es ihm aussureden! Es hat ihm schlichtweg nischd interessiert und er sagte einfach, dass er das Doppelte für mich besahlen würde!“ Wieder machte Amanoue eine kurze Pause, um sich zu fassen. „Er hat misch einfach genommen, so als wäre nischds gewesen und obwohl er gesehen hatte, dass isch blutete“, schluchzte er gequält und fuhr sich über die Augen. „Du kannst dir nischd vorstellen, wie sehr isch geblutet `abe. Die ganse Bett war voller Blut, sogar er war danach blutverschmiert und es kam mir so vor, als `ätte er dabei noch gelächelt!“, sagte er fassungslos zu Falco, doch dann senkte er verschämt seinen Blick vor ihm. „Du hattest recht, als du gesagt hast, dass du so etwas wie mich, verabscheuen würdest. Ich bin verabscheuungswürdig“, schluchzte er leise und Falco setzte sich auf. „Ich habe das damals im Zorn gesagt, weil ich da schon längst wusste, dass ich dir auf Dauer nicht würde wiederstehen können und dafür habe ich mich vor mir selbst geschämt. Ich war wütend auf mich und auf dich, doch du konntest nichts dafür. Es tut mir leid, sehr sogar, alles, was ich jemals Böses zu dir gesagt habe und ich bedauere zutiefst, was dir wiederfahren ist. Aber ich werde dich zu ihm zurückbringen. Glaube mir, es tut mir genauso weh, wie dir und ich leide wirklich sehr, wenn ich nur daran denke, dass du bald wieder in seinen Armen liegen wirst“, sagte er betroffen, legte eine Hand unter Amanoues Kinn und hob es sachte an. Amanoue sah ihn traurig an und seine schönen Augen waren voller Tränen. „Ich werde nie wieder, in seinen Armen liegen, das schwöre ich dir“, erwiderte er leise. „Ich liebe nur dich, auf ewig, werde ich dein sein“, hauchte er verheißungsvoll, während er sich die Tränen fortwischte. „Wirklich? Du wirst keinem anderen mehr gehören, nie wieder?“, fragte Falco. „Nie wieder!“, antwortete Amanoue felsenfest. Falco zog ihn in seine Arme und küsste ihn zärtlich. „Vielleicht wird er es irgendwann einsehen und dich gehen lassen. Amanoue, wenn du auf mich warten würdest, bis ich frei bin. Wenn ich meine Dienstzeit beendet habe, dann…“ Weiter kam er nicht, denn Amanoue fiel ihm um den Hals und küsste ihn ungestüm, bis Falco ihn lachend von sich schob und festhielt. „Oh Amanoue, ich liebe dich! Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber es ist so! Wenn du wirklich bereit bist, zu warten, dann werden wir fortgehen! Nur du und ich! Aber es sind noch fünf lange Jahre und wir wissen nicht, was auf uns zukommen wird. Du musst vielleicht hart arbeiten und viel entbehren müssen. Ich könnte dir kein so angenehmes Leben bieten, wie du es bei ihm hättest!“, sagte er eindringlich, doch Amanoue schüttelte seinen Kopf. „Das wäre mir gleich! Das weißt du doch! Ich will nur bei dir sein, für immer!“, rief er überglücklich und wischte sich erneut über die feuchten Augen, doch dieses Mal waren es Freudentränen, die über seine Wangen rollten. Falco nahm sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn lange. „Bitte, mein Liebling, zieh dich jetzt an, ja, wir müssen weiter! Es ist eh schon später, als mir recht ist. Ich gehe schonmal nach unten und spreche mit dem Wirt, ob er uns ein paar Nahrungsmittel verkauft“, sagte er und erhob sich sogleich. An der Tür drehte er sich nochmals um und hob drohend den Zeigefinger. „Und Amanoue, mach der Wirtstochter ja nicht wieder schöne Augen! Das hat mir gar nicht gefallen“, grinste er und ging hinaus. Während er die Tür hinter sich ins Schloss zog, hörte er noch Amanoues übermütiges Lachen und sofort gingen auch seine Mundwinkel wieder nach oben. Im Schankraum war außer dem Wirt, der ziemlich lustlos hinter dem Tresen stand, niemand zu sehen. Der Mann trocknete gerade einige Bierkrüge ab und benutzte dabei das gleiche, schmuddelige Tuch, das er schon am Abend zuvor unentwegt gebraucht hatte. Falco zögerte kurz, doch dann trat er beherzt auf ihn zu. „Guten Morgen“, raunte er vorsichtig und räusperte sich verlegen. Der Wirt blickte nur halb auf. „Mhm, Morgen“, brummte er nur und Falco legte vorsichtshalber seine Hand auf den Schwertknauf. „Habt Ihr ein Problem?“, fragte er misstrauisch und sein Gegenüber verzog das Gesicht. „Es tut mir leid, ich muss mich wohl bei Euch entschuldigen, für den Lärm, heute Nacht. Ich hoffe, die Herren konnten dennoch etwas Schlaf finden?“, meinte er und Falco machte instinktiv einen Schritt rückwärts. „Lärm? Was meint Ihr?“, fragte er, sich erneut räuspernd und sah betreten dabei zu Boden. „Ihr habt nichts gehört? Einige meiner Gäste sind im Suff in Streit geraten und es ging ziemlich heftig dabei zur Sache! Ich habe sie immer wieder aufgefordert, leiser zu sein, doch diese betrunkenen Hohlköpfe haben dann auch noch angefangen, sich zu prügeln“, knurrte der Wirt kopfschüttelnd. „Wenn Ihr mir die Ruhestörung vergeben würdet? Selbstverständlich, geht Euer nächstes Mahl aufs Haus! Und ich freue mich, dass die Herren trotzdem schlafen konnten, Ihr müsst wahrlich einen gesegneten Schlaf haben“, meinte er weiter, während sich Falco zusehends entspannte. „Nun, wir waren wirklich hundemüde, von unserer langen Reise. Ähm, könnt Ihr mir sagen, wie spät es ist?“, erwiderte er wesentlich beruhigter. „Es ist schon fast Mittag“, antwortete der Wirt nun um einiges freundlicher. „Schon Mittag? Verdammt“, rief Falco überrascht, „wir müssten schon längst unterwegs sein!“ „Wenn ich gewusst hätte, dass die Herrschaften geweckt werden wollten, hättet Ihr es nur sagen müssen“, meinte der Wirt unschuldig und legte das feuchte Tuch beiseite. „Soll ich Euch trotzdem noch ein Frühstück servieren?“ „Ja, bitte, das wäre sehr freundlich, von Euch. Habt vielen Dank“, antwortete Falco und lehnte sich entspannt gegen die Theke. „Sagt, Herr Wirt, könnt Ihr mir sagen, wie weit es noch bis Averna ist?“, wollte er wie nebenbei wissen und der Angesprochene blickte überrascht auf. „Averna? Da seid Ihr wohl vom Weg abgekommen? Die Herzogsstadt liegt viel weiter westlich, mindestens fünf Tagesmärsche“, entgegnete er und Falco verzog sofort ärgerlich das Gesicht. „Fünf Tagesmärsche! Auch das noch!“, sagte er durchschnaufend. „Aber das ist nicht weiter schlimm“, beschwichtigte ihn der Wirt grinsend. „Ihr seid nur zu zweit und könntet über die Felder reiten, da spart Ihr Euch mindestens zwei Tage! Wenn Ihr immer dem Fluss folgt, kommt Ihr direkt zur Burg des Herzogs von Averna und von dort aus, ist es höchstens noch ein halber Tagesritt, bis zur Stadt.“ „Ich danke Euch wirklich, Herr Wirt und wäre Euch noch dankbarer, wenn Ihr das nicht vor meinem Kameraden erwähnen würdet. Er muss nicht unbedingt wissen, dass wir vom richtigen Weg abgekommen sind, versteht Ihr? Ich würde mich selbstverständlich auch erkenntlich zeigen“, raunte Falco und lächelte verschwörerisch. „Aber ja, seid unbesorgt, ich werde dem Fremdling schon nichts verraten! Ist wohl ein kleiner Klugscheißer, hm?“, grinste der Wirt zurück. „Wir Austrier müssen doch zusammenhalten, nicht wahr? Sagt, sehen alle Asconier so merkwürdig aus? Verzeiht meine Neugierde, aber wir dachten zuerst wirklich, er wäre ein Mädchen. Ich habe noch nie einen Jungen mit so einer Figur und so langem Haar gesehen und dann noch dieses liebliche Gesicht“, meinte der Wirt raunend. Er hatte sich dabei nah zu Falco herübergelehnt und deutete mit einem Nicken zur Treppe hin, von der Amanoue gerade herunterkam. Er hüpfte übermütig die Stufen herab und grinste übers ganze Gesicht. „`allo, da bin isch!“, rief er freundlich und stellte sich vor Falco hin. Dabei legte er seinen Kopf etwas schräg und lächelte so zauberhaft, dass dem beinahe schwindelig wurde. Auch der Wirt schien für einen Moment wie erstarrt zu sein und starrte ihn nur noch an. „Ist was?“, fragte Amanoue verwirrt und blickte zwischen beiden hin und her. Seinen Zopf hatte er gelöst und so fiel sein Haar in einer üppigen Woge über seine schmalen Schultern den Rücken hinab, bis hinunter zu seinem überaus kleinen, reizvollen Hintern. „Falco? Äh, `auptmann?“, raunte er und zupfte an dessen Ärmel. Falco schüttelte sich kurz benommen und räusperte sich verhalten. „Los, komm“, brummte er und zog ihn wieder zu ihrem gestrigen Tisch. „Bist du des Wahnsinns, hier so herum zu laufen? Ich finde, du hast eh schon viel zu viel Aufmerksamkeit erregt!“, fuhr er ihn an und Amanoue setzte sich verdutzt. „Was denn? Isch `abe mir doch nur die Haare gewaschen und so trocknen sie schneller oder denkst du, dass isch bei diese Kälte draußen mit nasse Haare herumreite?“, gab er empört zurück und Falco fasste sich an den Kopf. „Du hast echt Nerven! Jetzt, muss der Herr sich die Haare waschen! Du machst mich noch wahnsinnig“, zischte er zurück und ließ sich auf die Bank fallen. „Ach, reg disch ab! Immer machst du aus allem so eine Drama! Und außerdem dachte ich mir, dass wir vielleicht noch eine Nacht hierbleiben könnten. Es ist nämlich schon siemlich spät, weißt du? Und draußen ist eine solche Sauwetter, brrr!“, winkte Amanoue ab und lehnte sich lässig zurück. Falco starrte ihn an, als hätte er nicht richtig verstanden, dann schüttelte er nur den Kopf und hob verzweifelt seinen Blick Richtung Decke. „Allen Ernstes, du machst mich wahnsinnig! Dein Ziel ist es, mich in den Wahnsinn zu treiben! Gib`s zu, du denkst, wenn der mich vorher umbringt, hab` ich`s hinter mir!“ „So eine Blödsinn! Warum müssen wir eigentlisch immer streiten? Gerade war isch noch in die siebte Himmel und nun? Musst du wieder alles verderben“, fauchte Amanoue zurück und es glich wirklich einem Fauchen. Wie ein Panther funkelte er Falco mit seinen grünen Augen an, die im dämmrigen Licht feurigen Smaragden glichen. „Halt die Klappe! Oder, Amanoue, es kann passieren, dass ich meine guten Manieren vergesse! Sei jetzt einfach still“, donnerte Falco ihn gerade an, als der Wirt mit einem großen Tablett voller Essen zum Tisch kam. „Ähm, alles in Ordnung, zwischen den Herren Offiziere?“, fragte er vorsichtig, doch er schaute dabei nur wieder Amanoue an. „Siehst du? Und der, macht misch, wahnsinnig!“, rief der auch gleich aufgebracht. „Wie der misch immer anglodsd!“ „Daran bist du doch selbst schuld!“, brüllte Falco zurück und der Wirt entfernte sich schleunigst. „Ja, natürlisch! Immer, ist alles meine Schuld!“, schrie Amanoue zurück. Er sprang auf, stützte seine Hände auf den Tisch und beugte sich so weit darüber, dass er beinahe Falcos Nasenspitze mit der seinen berührte. Sein Gesicht schien regelrecht zu glühen und Funken zu sprühen und es wurde mit einem Male deutlich heller, in der finsteren Ecke. Falco wich wie von einem elektrischen Schlag getroffen, erschrocken zurück und rieb sich tatsächlich verwirrt über die schmerzende Nase. Amanoues Oberkörper blähte sich nun vor Zorn geradezu auf, um für die nächste Schimpftirade genügend Luft zu bekommen, doch dann spähte er an Falco vorbei und seine Augen weiteten sich immer mehr. „War ja klar, dass ihr das seid“, hörte Falco Bracs kräftige Stimme in seinem Rücken, „bei euch ist also immer noch alles beim Alten!“ „Brac?“, rief Amanoue überrascht, „bist es wirklich, du? Oh, Brac! Was tust du denn hier?“, schrie er erfreut auf und stürzte sofort auf den riesigen Mann zu. „Hallo Kleiner“, brummte Brac zurück, packte ihn wie ein kleines Kind und wirbelte ihn im Kreis herum. Lachend stellte er ihn wieder zurück auf den Boden und blickte etwas betreten zu Falco, der sich nun ebenfalls erhoben hatte und aus der Nische hervorgekommen war. Er war genauso überrascht über Bracs unverhofftes Erscheinen und das sah man ihm auch deutlich an. „Brac, was zum Teufel, machst du denn hier?“, stammelte er und sah dabei aus, als würde er seinen Augen nicht trauen. Brac legte seinen mächtigen Arm um Amanoues zierliche Schultern und trat mit ihm zum Tisch. Er streckte seinem Hauptmann seine rechte Pranke entgegen und beide umfassten grinsend ihre Unterarme. „Na, wenn das keine Überraschung ist“, meinte Falco, ließ ihn los und setzte sich wieder. „Oh ja! Und wie es aussieht, bin ich wohl grade richtig gekommen, was? Und zwar in zweierlei Hinsicht! Zum einen, gibt’s grad Essen und zum andern, um zu verhindern, dass ihr beide euch mal wieder an die Gurgel geht“, grinste Brac ihn schelmisch an, schob Amanoue lässig hinter den Tisch und ließ sich selbst auf die Bank plumpsen, die dadurch bedrohlich knarzte. „Meine Güte, versteht ihr euch immer noch nicht? Wird wohl nie was werden, mit euch beiden, hm?“, sagte er und zog auch gleich das Tablett zu sich heran. Falco und Amanoue blickten sich kurz an und beide lächelten verstohlen. Schließlich räusperte sich Falco verlegen und richtete sein Augenmerk wieder auf Brac. „Jetzt sag, was machst du hier?“ „Tja, ist `ne lange Geschichte und, ich bin nicht allein“, antwortete der und deutete Richtung Tür, durch die in diesem Moment Herrik, Matto, Alecto und drei weitere Soldaten hereinkamen. „Hey“, rief Amanoue freudig und winkte ihnen zu. Ohne zu zögern traten die Männer auf sie zu und nickten knapp. „Meine Güte“, sagte Falco und kratzte sich am Kopf. „Kommen noch mehr, von euch? Dann brauchen wir wohl einen größeren Tisch“, meinte er flapsig und sah fragend zu Herrik hoch. Der straffte sich augenblicklich, machte eine auffordernde Kopfbewegung zum Nachbartisch hin und die Soldaten setzten sich ohne zu zaudern. Er selbst nahm neben Falco Platz und verzog keine Miene dabei. „Falco, Amanoue“, grüßte er beide mit einem kurzen Kopfnicken und verschränkte seine Hände ineinander. „Was macht ihr hier?“, fragte Falco und lächelte ihn an. „Kannst du dir das nicht denken?“, antwortete Herrik und sah ihn direkt an. „Wir sind wegen euch beiden hier, um euch zu holen! Was denkst du wohl, was bei uns los war, als Brac und die anderen in Averna ohne euch aufkreuzten! Der Teufel, war los! Und du kannst dir nicht vorstellen, wie seine Majestät getobt hat, als er erfahren hat, dass du und der Asconier zurückgeblieben seid, um dort zu überwintern.“ „Aber ich hatte doch klare Anweisungen gegeben! Brac, hast du seiner Majestät nicht ausgerichtet, was ich dir aufgetragen habe?“, versuchte Falco sich zu rechtfertigen und blickte fragend zu dem. „Keine Chance“, murmelte Brac mit vollem Mund. „Ich glaub, ich hab den guten alten Henry, noch nie so brüllen hören! Du hättest eigentlich tot umfallen müssen, so, wie der dich verflucht hat“, meinte er und zuckte die mächtigen Schultern. „Und wie wusstet ihr, dass wir hier sind?“, stammelte Falco und schnaufte betreten durch. „Na hör mal! Hast du vergessen, wie gut ich Spurenlesen kann? Wir sind sofort wieder aufgebrochen und wieder zurück über diesen verdammten Berg, aber da wart ihr schon fort! Keine Ahnung, wie wir uns verfehlen konnten! Normalerweise, hättet ihr uns direkt in die Arme laufen müssen! Aber dann haben wir eure Spuren wiedergefunden, zum Glück. Bist`n bisschen, vom Weg abgekommen, hm?“, grinste Brac ihn an und Falco räusperte sich erneut. „Eigentlich nicht“, widersprach er ihm lächelnd. „Ich hatte die Karte noch ganz genau im Kopf und habe einfach einen anderen Weg genommen. Ist `ne Abkürzung! Ich dachte, wenn wir über die abgeernteten Felder reiten, geht’s schneller, schließlich waren wir nur zu zweit“, meinte er vollkommen überzeugend und warf einen Blick zum Nachbartisch, an dem inzwischen auch Amanoue saß und sich aufgeregt mit Alecto und Matto unterhielt. Erleichtert stellte er fest, dass der von ihrem Gespräch nichts mitbekommen hatte, da er kurz davor einfach über Bracs Rücken hinweg geklettert war, um zu seinen Freunden zu kommen. Der Wirt kam abermals zu ihnen und warf Falco einen fragenden Blick zu. „Kann ich den Herren Soldaten vielleicht noch etwas bringen?“ „Na klar!“, rief Brac sofort, „wir ham `nen riesen Kohldampf! Bringt alles, was Eure Küche zu bieten hat und jede Menge Bier! Schließlich ham wir was zu feiern!“, meinte er gutgelaunt. Herrik verzog zwar im ersten Moment missmutig sein Gesicht, doch dann nickte er. „Na gut, es ist eh schon zu spät, um heute noch weiterzureiten. Wir werden hier übernachten und gleich nach Sonnenaufgang aufbrechen“, raunte er nachgebend. „Oh! Es tut mir leid“, erwiderte der Wirt darauf überrascht, „aber wir haben nur zwei Gästezimmer und beide sind besetzt. Eines davon, von diesen beiden Herren“, meinte er und deutete auf Falco und Amanoue, der sich gerade glänzend amüsierte. „Das macht nichts“, entgegnete Herrik, „wir werden im Stall schlafen. Natürlich gegen Bezahlung“, brummte er und das Gesicht des Wirtes hellte sich auf. Eilig nickte er und entfernte sich gutgelaunt. Herrik drehte sich wieder zu Falco um und dieses Mal war er es, der sich unwohl räusperte. „Hör mal, Falco, du weißt, ich bin dein Freund, aber ich bin auch noch aus einem anderen Grunde hier“, sagte er etwas verhalten. „Und der wäre?“, fragte Falco stutzig. „Seine Majestät hat mich notgedrungen zum Hauptmann ernannt und mir befohlen, dir dein Abzeichen abzunehmen und Falco“, Herrik zögerte kurz und sehr betroffen, „bis auf Weiteres, stehst du unter Arrest! Es tut mir wirklich leid, aber ich muss es tun.“ Falco lehnte sich zurück und alle Farbe schien aus seinem Gesicht gewichen zu sein. Langsam nickte er und wollte schon aufstehen, doch Brac war schneller. Er langte über den Tisch und drückte ihn einfach nieder. „Aber nicht jetzt“, mischte er sich kopfschüttelnd ein. „So ein Scheiß, Herrik! Denkst du echt, dass Falco abhaut? Er wird dir sein Wort geben und uns nach Averna folgen, nicht wahr?“, sagte er entschlossen und warf beiden einen unmissverständlichen Blick zu. Wieder nickte Falco. „Ich werde mitkommen, mein Wort darauf!“, antwortete er entschieden. Als er das Hauptmannsabzeichen abnehmen wollte, winkte Herrik betreten ab und legte seine Hand auf Falcos. „Lass es bitte, Brac hat recht! Das können wir später auch noch machen und außerdem, wenn seine Majestät erfährt, dass du den Asconier ja doch zu ihm bringen wolltest, wird er sich bestimmt besinnen.“ Falco hob fragend eine Augenbraue. „Seine Majestät hat geglaubt, dass ich ihn hintergehen wollte?“, murmelte er fassungslos und sehr beleidigt wirkend. „Ja, leider“, antwortete Brac. „Er hat sich total mit seinem Onkel überworfen und auch mit dem Herzog von Savoy. Ich sag`s dir, das hat ganz schön gekracht, in Averna! Die wollten ihm ausreden, Manou mit nach Austra zu nehmen, aber der alte Henry war wie von Sinnen! Er hat sie beide rausgeschmissen, war wirklich heftig“, meinte er nickend. „Scheiße“, war alles, was Falco herausbrachte und er schnaufte tief durch. „Kannste laut sagen“, erwiderte Brac und biss in eine kalte Hühnerkeule. „Alles, wegen dieser kleinen Hure“, raunte Herrik und Falco nickte zustimmend. Er warf einen kurzen Blick auf Amanoue, der gerade herzlich lachte und Matto gegen die Schulter boxte. „Also, hört mal! Der Kleine kann nun echt nix dafür“, entrüstete sich Brac und sah beide empört an. „Hast ja recht, Brac“, brummte Herrik und nahm sich ebenfalls eine Keule. „Im Grunde genommen, tut er mir ja auch leid, ist ein armes Kerlchen! Wusstet ihr eigentlich, dass er auch auf Frauen steht?“, fragte er dann und lachte auch gleich, als er Bracs überraschtes Gesicht sah. „Ja, wirklich! Finn hat`s mir erzählt, als wir auf dem Pass waren! Mein Lieber, der Kleine hat`s Faustdick hinter den Ohren, sag ich euch!“ „Ach“, meinte Falco, eher desinteressiert wirkend. „Na und?“, sagte Brac, „wahrscheinlich hat ihn nie jemand, eine Wahl gelassen! Ich sag euch, der Kleine ist schon in Ordnung und ich mag ihn sehr! Ich versteh bloß nicht, dass du ihn so gar nicht leiden kannst“, richtete er sich an Falco, doch der wich ihm aus, indem er sich sofort einen der Bierkrüge nahm, die der Wirt gerade auf dem Tisch abstellte. Nach einem langen Zug, schnaubte er spöttisch. „Der hat mich einfach zu oft geärgert“, murrte er. „Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie oft er mich in den letzten Wochen zur Weißglut getrieben hat!“ Brac lachte herzhaft auf, griff sich ebenfalls einen Krug und Amanoue lehnte sich zu ihm herüber. „Aaah, Birr!“, rief er vergnügt und krabbelte zurück auf dessen Bank. Er nahm sich einen der randvollen Krüge und schenkte ihnen dabei sein zauberhaftes Lächeln, doch Falco wich seinem liebevollen Blick aus und sah kalt beiseite. Etwas verwirrt runzelte Amanoue kurz die Stirn und sah fragend die anderen beiden Männer an. Brac zuckte nur dir Achseln, beide prosteten ihm lächelnd zu und so trank er mit ihnen. Auch die anderen Soldaten kamen nun protestierend zu ihnen und stellten kurzerhand beide Tische zusammen. Den ganzen Nachmittag aßen und tranken sie reichlich und feierten ausgelassen, bis zum späten Abend. Mittlerweile hatte sich das Wirtshaus wieder gut gefüllt, sehr zur Freude des Gastwirtes und einige der Einheimischen hatten sich zu ihrer fröhlichen Runde gesellt. Sie stellten Amanoue immer wieder neugierige Fragen und lachten jedes Mal lauthals los, wenn er antwortete. Er gab sich keine Mühe, mit seiner Aussprache und spielte vergnügt das Spielchen mit, indem er oft mit Absicht einige Worte falsch aussprach, so, wie er oftmals auch Finn damit zum Lachen gebracht hatte. Auch seine Kameraden lachten alle schallend mit, außer Falco, der still auf seinem Platz saß und vor sich hin grübelte. Als sie später zu zweit auf ihr Zimmer gingen, sprach er ebenfalls kein Wort und während sich Amanoue noch immer grinsend auszog, packte er bereits seine Sachen zusammen. „Was tust du?“, fragte deshalb Amanoue und beobachtete in verwirrt. „Das können wir doch morgenfrüh machen. Lass uns ins Bett gehen, ja?“, sagte er zärtlich. Falco schüttelte seinen Kopf und blickte kaum auf. „Ich werde auch im Stall schlafen, bei den anderen“, antwortete er knapp. „Aber wieso denn? Falco, was ist mit dir? Du warst die ganse Abend schon so komisch. Habe ich etwas falsch gemacht? Bist du böse auf misch?“ Amanoue kam zu ihm und berührte ihn sanft am Arm, doch Falco wich sofort zurück. „Dafür hast du dich ja glänzend unterhalten! Hattest jede Menge Spaß heute, hm?“, schnauzte er zurück und schüttelte schnaubend seinen Kopf. „Begreifst du nicht, dass jetzt alles aus ist?“ Amanoue blickte völlig durcheinander im Zimmer herum. „Was meinst du?“ „Was ich meine? Sei doch nicht so naiv! Es ist alles aus, zwischen uns! Das, meine ich!“, fuhr Falco ihn an und musste sich zwingen, um nicht zu laut zu werden. „Und noch dazu, habe ich alles verloren! Herrik sagte mir, dass ich unter Arrest stehe und er wollte mir mein Abzeichen abnehmen, im Auftrag seiner Majestät! Entschuldige, dass mir danach nicht zum Scherzen zumute war“, sagte er barsch, drehte sich um und wollte schon zur Tür gehen. Amanoue rannte an ihm vorbei und versperrte ihm mit ausgebreiteten Armen den Weg. „Was soll das?“, fragte Falco genervt. „Isch lass disch nischd gehen. Nischd so“, schluchzte Amanoue, den Tränen nahe. „Bitte Falco, für mich wird in ein paar Tagen die Hölle beginnen. Ich habe es gesehen, lesde Nacht! Ich hing nackt und blutend an eine Pfosten und alle haben misch ausgelacht. Bitte, Liebster, geh nischd. Schenke mir noch eine, lesde Nacht, mit dir! Bitte! Du weißt, dass er misch kastrieren lässt, in Averna, oder hast du das vergessen? Bitte, ich will nur noch einmal, etwas fühlen. Dich fühlen, wie du mich liebst“, hauchte er, während ihm längst die Tränen über die Wangen liefen. Falco schloss kurz seine Augen, dann ließ er einfach seine Sachen fallen und stürzte zu ihm. Er hob ihn hoch, trug ihn zum Bett und sie liebten sich wirklich, als wäre es ihr letztes Mal.
Als Amanoue erwachte, war er allein. Jemand hatte an der Tür geklopft und er setzte sich halb auf. „Manou? Bist du wach?“, hörte er Alectos Stimme und es klopfte noch einmal. „Ja“, antwortete er noch etwas verschlafen und die Zimmertüre öffnete sich. „Guten Morgen, du Schlafmütze“, sagte Alecto und kam herein. „Ich soll dich wecken, also steh auf, wir warten schon alle, auf dich! Wenn du noch frühstücken möchtest, solltest du dich beeilen, bevor Brac alles aufgefressen hat“, meinte er grinsend und wollte schon wieder gehen. „Alecto! Warte!“, rief Amanoue schnell und sprang aus dem Bett. „Bitte, tust du mir eine Gefallen?“, fragte er, lief zu seinem Bündel und wühlte darin herum, bis er das sorgsam verschnürte kleine Päckchen gefunden hatte, das Ravios Herz enthielt. Alecto drehte sich wieder zu ihm um und blickte etwas verlegen zur Seite, als er sah, dass Amanoue nackt war, doch der marschierte ohne zu zaudern zu ihm und hielt ihm das Päckchen entgegen. „Ähm, ist es nicht ein Wenig zu frisch, um nackt zu schlafen?“, fragte er und nahm schmunzelnd den Kopf zurück. „Bitte, würdest du das, für mich aufbewahren? Es ist sehr wichtig, für mich und ich möchte nicht, dass es verloren geht“, sagte Amanoue ohne darauf einzugehen und sah ihm direkt in die Augen. Alecto nahm es und blickte ihn verwirrt an. „Was ist denn so wichtig, daran?“, fragte er und drehte das Packet hin und her. „Bitte, Alecto, ich werde es dir eine andere Mal erklären. Jesd wäre es wohl nicht gerade die richtige Seitpunkt, glaube mir! Nur so viel, es gehörte Ravio und mir liegt sehr viel, daran. Ich möchte es einfach in sicheren Händen wissen“, antwortete Amanoue durchschnaufend. Alecto blickte auf das Päckchen und der Schmerz, den die Erinnerung an seinen besten Freund auslöste, war ihm sichtlich anzumerken. Er nickte kurz und steckte es in eine Tasche, die an seinem Gürtel befestigt war. „Ich werde gut darauf aufpassen“, sagte er beruhigend und wandte sich wieder um. „Übrigens, deine Aussprache scheint über Nacht viel besser geworden zu sein“, meinte er noch auf seine ruhige, gewohnt monotone Art und schloss die Tür hinter sich. Amanoue zog sich rasch an, band sich sein Haar im Nacken zusammen und nahm sein Bündel an sich. Mit einem tiefen Seufzen blickte er sich noch einmal im Zimmer um und schlurfte nach unten. „Da bist du ja endlich“, begrüßte ihn Herrik tadelnd. „Es hat sich wirklich, nichts geändert! Du bist wie immer, der Letzte und alle anderen warten bereits, auf dich!“ Amanoue verzogen betreten seinen hübschen Mund und nahm sich verstohlen einen Kanten Brot. „Das reicht mir“, erwiderte er leise, „ich werde es unterwegs essen. Wenn Ihr möchtet, können wir sofort aufbrechen“, sagte er verlegen, nahm sich noch einen Becher Milch und trank ihn hastig leer. Beide nickten dem mehr als zufrieden wirkendem Wirt nochmals zu und verließen die warme, noch unaufgeräumte Schankstube. Draußen war es dagegen lausig kalt und ihnen wehte ein eisiger Wind entgegen, so dass Amanoue sofort seinen Umhang enger um sich zog und die Kapuze aufsetzte. Es regnete zudem noch und immer wieder mischten sich einzelne, dicke Schneeflocken darunter. Die anderen Soldaten saßen bereits auf ihren Pferden, auch Falco, der nicht einmal mehr aufblickte, als Amanoue an ihm vorbei zu Maid ging und sich in ihren Sattel schwang. Sie ritten den ganzen Tag, Richtung Nordwesten, bis sie schließlich am späten Nachmittag den Fluss erreichten. Falco ritt mit Herrik an der Spitze und die anderen folgten ihnen paarweise nach. „Also, als Hauptmann, ist Falco echt unschlagbar“, meinte Brac beeindruckt, „wie der den Weg über die Felder findet, ist wirklich bemerkenswert! Als ob er den Weg schon hundertmal zurückgelegt hätte! Herrik und ich, wären ja umgekehrt und zurück zur Hauptstraße geritten, aber er hat gesagt, so wäre es viel kürzer. Jetzt sind wir tatsächlich schon am Fluss“, sagte er und Amanoue sah ihn düster an. „Mir wäre es lieber gewesen, wenn wir euren Weg genommen hätten“, murmelte er seufzend. „Wieso das denn?“, fragte Brac erstaunt. „So ist es doch viel kürzer und wenn wir weiterhin so gut vorankommen, sind wir vielleicht morgen schon bei der Burg des Herzogs“, sagte er gutgelaunt und pustete warme Luft in seine kalten Hände. „Ja, leider“, brummte Amanoue. Er blickte versonnen über die weiten Felder und hörte kaum noch hin, als Brac unbeirrt weitersprach. Auch als der zu singen anfing, besserte sich seine Laune nicht und bald saß er regelrecht verkrampft auf seinem Pferd. Eine Mischung aus Angst und Trauer machte sich mehr und mehr in ihm breit und sein Magen fühlte sich seltsam flau an. Schon seit Stunden, tat ihm der Bauch weh und so war er mehr als erleichtert, als sie endlich anhielten und ihr Nachtlager aufschlugen. Sie bauten drei kleine Zelte auf, die sich jeweils drei Männer teilen sollten und Herrik übernahm ganz selbstverständlich die Einteilung. Er würde sich mit Matto und Falco eines nehmen, Brac, Alecto und Amanoue eines und im dritten sollten die restlichen Soldaten schlafen. Brac übernahm auch gleich die erste Wache und so saß Amanoue mit Alecto allein im Zelt. „Ist das eine Scheißland“, schimpfte er und zog seine Stiefel aus. „So kalt und grau! Und seit Tagen, regnet es!“, brummelte er vor sich hin und kauerte sich bibbernd unter die klammen Decken. „Es ist halt Winter“, meinte Alecto grinsend. „Na komm schon her, ich wärme dich ein bisschen“, sagte er mitfühlend, legte sich zu ihm und nahm ihn in seine Arme. „An die Kälte wirst du dich wohl gewöhnen müssen. Das ist noch gar nichts! Warte mal ab, bis es richtig kalt wird, da wird`s dir deinen kleinen Arsch ganz schön zusammenziehen.“ „Es wird noch kälter?“, fuhr Amanoue erschrocken hoch und Alecto lachte kurz auf. „Oh ja! Das ist erst der Anfang! Wir haben ja noch nicht mal richtig Winter. Manchmal, wird`s sogar so kalt, dass die Seen und Flüsse zufrieren“, antwortete er schmunzelnd. „Sufrieren? Was bedeutet das?“, wollte Amanoue wissen, während sein Gesicht trotz der Nähe kaum zu erkennen war. „Es wird so kalt, dass das Wasser gefriert. Es gefriert zu Eis und man kann dann sogar darauf herumlaufen“, sagte Alecto und kam ihm ganz nah. „Du kannst auf den Seen herumspazieren und alles glitzert und funkelt, wie verzaubert“, flüsterte er nur noch. „Darauf gehen? Wie, kann man, auf Wasser gehen? Das kann ich nicht glauben“, hauchte Amanoue leise zurück. Ihre Gesichter berührten sich fast dabei und er konnte Alectos Atem auf seiner Haut spüren, warm und angenehm. Als er sich etwas bewegte, zuckte Alecto nicht zurück und er schmiegte sich dicht an ihn. Wange an Wange, lagen sie beieinander und eine ganze Weile wagte es keiner von ihnen, sich zu bewegen. „Er fehlt mir so“, flüsterte Amanoue erstickt und unterdrückte ein Schluchzen. „Mir auch“, flüsterte Alecto zurück und seine Lippen berührten dabei Amanoues Ohr. „Er hat mir so oft von dir vorgeschwärmt, nachts, wenn wir alleine waren und mir immer wieder gesagt, wie sehr er dich lieben und begehren würde“, raunte er und sein heißer Atem strich über Amanoue hinweg. „Weißt du, was er an mir am meisten mochte?“, fragte der leise und Alecto nickte. „Deine Brustwarzen. Er hat gesagt, dass er noch niemals, schönere gesehen hätte, so hart und dunkel und süß, wie wilde Kirschen“, keuchte er nun fast und wie von selbst fand seine Hand den Weg nach oben. Sanft strich er über Amanoues Brust und fühlte, wie sich dessen Brustwarzen unter dem Stoff aufrichteten. „Möchtest du sie berühren?“, fragte Amanoue sanft raunend, drehte sich auf den Rücken und schob sein Hemd hoch. „Wenn du möchtest, kannst du sie auch küssen, so, wie er es immer getan hat“, hauchte er zärtlich und Alecto streckte bereits seine zitternde Hand nach ihm aus. Doch plötzlich setzte er sich ruckartig auf und fuhr sich mit beiden Händen über sein vor Lust erhitztes Gesicht. „Was tust du?“, keuchte er geradezu entsetzt und verließ fluchtartig das Zelt. Noch immer etwas benommen marschierte er schnurstracks auf Brac zu, der in einer Decke gewickelt unter einem Baum saß. „Würde es dir was ausmachen, mit mir zu tauschen?“, fragte er ungewöhnlich schnell. Seine sonst so ruhige Stimme klang beinahe gehetzt und er holte einige Male tief Luft. „Nee, Mann, gar nicht! Bin eh hundemüde“, entgegnete Brac und stand schon auf. „Aber glaub ja nicht, dass ich später noch mal Wache mach, such dir dann `nen anderen“, brummte der große Mann und reichte ihm die dicke Wolldecke. „Ja, klar“, stammelte Alecto und wickelte sich rasch darin ein. „Danke, vielmals!“ „Hm? Wieso bedankst`n dich? Eigentlich, müsste ich dir doch danken“, meinte Brac nur noch verwundert und verschwand rasch im Zelt. Wie ein Dieb schlich sich Alecto später wieder herein und legte sich so vorsichtig wie möglich neben Brac, so dass dieser nun zwischen ihm und Amanoue lag, der davon nichts mitbekam. Der bärige Mann war es auch, der den am nächsten Morgen weckte, während Alecto schon ihr gemeinsames Schlaflager verlassen hatte. Amanoue streckte sich müde und rieb sich wie ein Kind, mit den Fäusten über die Augen. „War gar nischd so kalt“, sagte er und sah auf. „Hab dich ja auch schön warmgehalten! Papa Brac, sorgt schon dafür, dass es dir gutgeht! Bist doch, mein Kleiner, hm?“, gab der sanfte Riese grinsend zurück und tätschelte ihn kurz. Amanoue versuchte vergeblich zurückzulächeln, doch er schaffte es nicht und starrte schließlich ins Leere. „Was ist denn?“, fragte Brac nun, ungewöhnlich ernst. „Nichds“, antwortete Amanoue, ohne ihn anzusehen. „Oh doch! Es ist was! Das seh ich dir an der Nasenspitze an! Also, möchtest du es mir erzählen?“, widersprach der und ließ seine große Hand auf Amanoues Schenkel ruhen, woraufhin der ihn kurz ansah. „Mm, mm“, machte Amanoue kopfschüttelnd, während sich seine Augen mit Tränen füllten. „Du hast Angst, hm?“, fragte Brac und Amanoue nickte. „Wovor denn? Es wird schon nicht so schlimm werden, wirst sehen“, sagte der gutmütige Soldat aufmunternd und drückte kurz dessen zarten Schenkel. „Doch“, erwiderte Amanoue leise, „es wird schlimm werden, für mich, aber auch, für ihn.“ Brac nickte zustimmend und seufzte schwer. „Bist `ne arme Sau, Kleiner! Ich weiß, aber ihr werdet euch schon wieder aneinander gewöhnen. Henry freut sich doch schon so, auf dich und bald wird es wieder so sein, wie es vorher zwischen euch war“, raunte er beruhigend und reichte ihm die schweren Stiefel rüber. Amanoue sah ihn bitter an und kämpfte nun sichtlich mit den Tränen. „Nein“, sagte er leise, „nie mehr, ich kann und will es nicht mehr, auch, wenn er mir fortan meine Leben sur Hölle machen wird. Ich möchte nie mehr, seine Hure sein.“ Brac verzog betreten sein Gesicht. „Das wird nicht leicht werden, aber vielleicht wird er irgendwann einmal ein Einsehen haben und mehr als das, in dir sehen. Hör zu, Kleiner, du bist `n Prinz! Und vielleicht, hast du recht und es wird Zeit, dass du dich wie einer benimmst! Zeig´s ihm! Ich weiß, dass du es kannst und wenn er dich wirklich liebt, wird er es auch erkennen!“ Damit erhob er sich und verließ geduckt das Zelt. Amanoue schnaufte tief durch, zog sich an und krabbelte hinaus. Er stand auf, sah sich suchend um und als er Alecto bei den Pferden entdeckte, ging er rasch auf ihn zu. „Alecto? Bitte, ich muss mit dir reden, es tut mir leid, was ich lesde Nacht getan habe! Ich war nicht gans bei Sinnen, dass musst du mir glauben! Ich habe solche Sehnsucht, nach ihm und als wir dann über ihn redeten…“, prasselte es aus ihm heraus, doch Alecto legte ihm seinen Zeigefinger, auf den Mund. „Sch, sag nichts weiter. Es ist nicht deine Schuld, ich, wollte es ebenso. Bitte, entschuldige“, unterbrach er ihn sanft und nahm den Finger wieder weg. Amanoue nahm überrascht den Kopf zurück. „Bei mir, `at sisch, noch nie jemand entschuldigt“, sagte er verwirrt, „schon gar nischd, für etwas, was doch eigentlisch gar nischd passiert ist.“ „Aber, es wäre passiert, wenn ich nicht sofort gegangen wäre. Weil ich es wollte, dich, wollte“, erwiderte Alecto vollkommen ruhig. „So, wie ich dich schon oft wollte, aber es nicht getan habe, weil du ihm gehört hast. Ravio war wie ein Bruder, für mich und ich würde mir vorkommen wie ein Verräter, wenn wir…“ Jetzt war es Amanoue, der ihm seine Fingerspitzen sanft auf den Mund legte. „Sprich nicht weiter“, bat er leise. „Das wusste ich nicht, bitte, verseih mir. Mir war es nie bewusst, dass du solsche Gefühle für misch hegst und isch möschte disch nischd in so eine Swiespalt treiben. Es tut mir, so leid und wenn du möchtest, werde ich dir von nun an, aus dem Weg gehen“, sagte er sehr betroffen. „Nein! Nein, Manou, nur das nicht!“, wiedersprach ihm Alecto erschrocken. „Ich habe Ravio doch versprochen, dass ich auf dich aufpassen würde, immer“, sagte er tief empfindend und Amanoue taumelte wie unter einem Schlag zurück. Erschrocken starrte er ihn an und hob abwehrend beide Hände. „Alecto, das darfst du nicht!“, keuchte er entsetzt. „Versprich mir, dass du nichts unternehmen wirst, in Averna! Ganz gleich, was auch geschieht!“, beschwor er ihn geradezu. „Was, sollte denn schon geschehen?“, fragte Alecto irritiert und versuchte zu lächeln. „Bitte, Alecto! Schwöre es mir, du darfst nichds tun, was dir schaden könnte! Das könnte isch nischd ertragen! Er wird disch töten, wenn du mir `ilfst“, stammelte Amanoue völlig aufgelöst, während Alectos kleines Lächeln jäh erlosch. „Wer? Von wem, sprichst du?“, fragte er, nun vollkommen verwirrt und fasste ihn an beide Oberarme. „Ach hier, steckt ihr!“, hörten sie in diesem Moment Bracs kräftige Stimme und fuhren beide erschrocken auseinander, so, als hätten sie etwas Verbotenes getan. „Was is`n mit euch los?“, fragte Brac verdutzt und Amanoue schüttelte schnell den Kopf. „Nischds, gar nischds“, stammelte er und lief rasch an ihm vorbei, zurück zu den anderen. „Wo kommst du denn her?“, meinte Herrik auch gleich säuerlich. „Wir haben dich schon gesucht! Möchtest du etwas zu essen? Dann beeil dich, wir sind alle schon fertig und warten mal wieder, nur auf dich!“ Tatsächlich, waren bereits die Zelte abgebaut und alle sahen ihn abwartend an. „Nein, danke“, antwortete Amanoue etwas betreten. „Isch `abe gar keine `unger. Tut mir leid, dass isch schon wieder su spät bin“, nuschelte er schuldbewusst und mit demütig gesenktem Blick. „Ist schon gut“, raunte Herrik versöhnlicher, „aber wenn du das nächste Mal zum Kacken gehst, meldest du dich vorher ab, verstanden?! Ich, bin von nun an, für dich verantwortlich!“ Amanoue blickte etwas verschämt zur Seite und nickte leicht. „Ja, sicher“, antwortete er leise. „Gut! Und jetzt, isst du etwas! Wir haben noch einen weiten Weg vor uns und wollen noch heute, die Burg erreichen! Da brauchst du deine Kraft“, sagte Herrik im Befehlston und deutete auf einen Teller, auf dem ein Stück Brot und Käse lagen. Matto hielt ihm den Holzteller hin und Amanoue nahm sich beides. „Danke“, sagte er schüchtern und biss sogleich verstohlen hinein. „Gut“, meinte Herrik, „dann also, Abmarsch!“, befahl er und führte sie zu den Pferden, die bereits allesamt gesattelt waren.
Sie ritten nun immer am Fluss entlang, bis sie wieder auf die Straße stießen, die geradewegs zur Burg führte. Nur einen einzigen Halt hatte Herrik machen lassen, um die Pferde zu tränken und damit sie selbst etwas zu sich nehmen konnten und endlich, erreichten sie spät abends, ihr Ziel. Die Sonne war längst untergegangen, als sie vor dem verschlossenen Tor standen und Amanoues Blick glitt über die dunklen, bedrohlich wirkenden Mauern, die hoch vor ihnen aufragten. Unwillkürlich zog er fröstelnd den Umhang enger um seine Schultern. „Sieht wenig einladend aus, das Ding, hm?“, meinte Brac und sah ihn mitfühlend an. „Bei Nacht, sieht halt alles ein wenig düsterer aus! Du brauchst keine Angst zu haben, wird schon alles gut werden und morgenfrüh, sieht es schon gleich viel freundlicher aus! Wirst sehen, Henry freut sich bestimmt riesig auf dich und wird dich sicher auch gleich wieder, so richtig verwöhnen“, sagte er aufmunternd und zwinkerte ihm zuversichtlich zu. Amanoue erwiderte seinen Blick nicht gerade begeistert und seufzte nur erbärmlich. „Oje, Kleiner“, lachte Brac und schlug ihm auf die Schulter. „Jetzt komm doch erstmal mit rein! In der Burg ist`s sicher schön warm und wir kriegen was Gutes zu Futtern! Und sicher, haben die auch Bier“, versuchte er es weiter, ihn aufzubauen und rieb sich vergnügt die großen Hände. „Und meine alten Knochen, freuen sich schon riesig auf ein nettes Plätzchen am Feuer, ha!“ Herrik hatte inzwischen an das Portal geklopft und nach einigen Momenten öffnete sich eine kleine Luke, indem das mürrische Gesicht eines Wächters auftauchte. Die beiden sprachen kurz miteinander, dann wurde eine große Türe, die in das Portal eingelassen war, geöffnet und Herrik gab das Zeichen, zum Absitzen. Sie führten die Pferde hindurch, quer über einen riesigen Innenhof und wieder sah Amanoue sich unbehaglich um. Es war ziemlich finster und im Schein der wenigen Fackeln konnte er kaum etwas erkennen, doch das, was er sah, wirkte kalt und trostlos, auf ihn. Erneut fröstelte er. „So“, sagte Herrik gutgelaunt, „ihr kümmert euch um die Pferde und wir drei, werden uns erstmal anmelden! Freust dich sicher schon, deinen Herrn wiederzusehen, hm?“, meinte er und winkte Amanoue zu sich heran. „Na dann, komm!“ Amanoue schluckte schwer und trat schaudernd auf ihn zu. Dabei streifte sein Blick Falcos, der ihn nur kurz ansah und rasch abwandte. Tief durchschnaufend, wobei ihm das Herz bis zum Hals schlug, stellte er sich neben Herrik und schluckte erneut. Am liebsten wäre er jetzt schreiend davongelaufen, doch der Gardist fasste ihn bereits am Ellenbogen und schob ihn beinahe sanft mit sich hinein, in das finstere, abweisende Haupthaus. Im Inneren der Burg, sah es schon um einiges freundlicher aus und er entspannte sich ein Wenig. Abgestandene, aber warme Luft, schlug ihnen entgegen, als sie am Eingang zur großen Halle stehen blieben und warteten, bis eine Wache auf sie zukam. Der Soldat wechselte ein paar Worte mit Herrik, nickte und entfernte sich schleunigst wieder, während sich Amanoue neugierig umsah. Der Steinboden war mit Stroh bedeckt, stellte er verwundert fest und er ließ seinen Blick weiter durch die hohe Halle schweifen. Die Decke wurde von mehreren, dicken Steinsäulen und mächtigen Holzbalken gestützt und an den Wänden hingen mehrere riesige, dicke Wandteppiche, auf denen hauptsächlich Jagdszenen oder antike Schlachten abgebildet waren. Im Raum selbst, standen einige lange Tische, die jeweils von Bänken flankiert waren und darauf saßen ein Großteil der Burgbewohner, die vergnügt lärmend und schwatzend wohl gerade ihr Nachtmahl einnahmen. Hinter den Tischen, befand sich noch eine größere Tafel, die allerdings quer dazu verlief und nur mit wenigen, aber schöngeschnitzten Stühlen bestückt war. In deren Mitte, prunkte unverkennbar Henrys prächtiger, jedoch leerer Reisethron und daneben saß ein Mann mittleren Alters, der trotz des mächtigen Feuers, das hinter ihm loderte, einen schweren Pelzumhang trug. „Das ist der Herzog von Averna“, raunte Herrik ihnen zu und Amanoue nickte. „Und die schöne Frau, die neben ihm sidsd?“, fragte er neugierig. „Das ist sein Weib“, antwortete Herrik leise. „Seine Weib?“ Amanoue sah ihn verwirrt an. „Seine Ehefrau“, erklärte Falco flüsternd. „Aaaaah“, machte Amanoue beeindruckt nickend. „Isch fasse es nischd, `ier sidsen wirklisch, überall Frauen, direkt neben den Männern!“, meinte er staunend und Falco musste zwangsläufig grinsen. „Sieh doch nicht so hin!“, raunte Herrik zurück und stieß ihn an. „Finn `at mir schon ersählt, dass eure Frauen mit am Tisch sidsen! Isch wollt`s echt nischd glauben“, sagte Amanoue, mit großen Augen und sah zu ihm auf. Jetzt grinste auch Herrik und stieß dieses Mal Falco an, der ebenfalls grinsend den Kopf schüttelte und sich etwas zu ihm hinüberbeugte. „Wo ist seine Majestät? Ich kann ihn nirgends sehen“, flüsterte er und Herrik zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung“, gab der leise zurück und Amanoue sah sie an. „Vielleischd musste er mal pinkeln“, meinte er völlig ernst und beide mussten sich ernsthaft das Lachen verkneifen. „Mann, Manou, halt die Klappe“, raunte Herrik und biss sich auf die Unterlippe, als Amanoue beleidigt den Kopf zurücknahm, was bei dem einfach zum Anbeißen niedlich wirkte. Plötzlich knurrte unüberhörbar auch noch dessen Magen und er zog mit unschuldiger Miene seine schmalen Schultern hoch. „Tut mir leid, aber isch `abe eine solsche `unger! Und Durst“, sagte er und Herrik lachte verkniffen auf. „Was die wohl trinken?“, fragte Amanoue und ließ seinen Blick sehnsüchtig über die üppig gedeckten Tische wandern. „Na, seine Gnaden, sicher Wein und das Gesinde höchst wahrscheinlich, Bier“, antwortete Herrik und warf Falco einen schmunzelnden Blick zu. „Ah! Eine Birr, wäre jesd echt gut“, meinte Amanoue verzückt und Herrik stieß ihn wieder an. „Du bist jetzt still!“, sagte er tadelnd zu ihm, doch es klang in keiner Weise böse. Der Soldat, mit dem er vorher gesprochen hatte, war nun von hinten an den Herzog herangetreten und wechselte einige Worte mit dem, worauf der eher desinteressiert kurz zu ihnen herübersah und ziemlich gelangweilt nickte. Der Soldat verbeugte sich, trat zurück und der Herzog widmete sich wieder seinem Mahl. Hin und wieder sprach er dabei mit seiner Gattin, die daraufhin etwas gezwungen wirkend und hinter vor gehaltener Hand, kicherte. Sie standen sicher noch eine halbe Stunde wartend da, bis der Herzog endlich ein Zeichen gab und der Soldat erneut zu ihnen trat und sie aufforderte, ihm zu folgen. In gebührendem Abstand blieben sie vor der Tafel des Herzogs, ihm direkt gegenüber, stehen und die beiden königlichen Gardisten deuteten salutierend eine Verbeugung an, während Amanoue nur mit gesenktem Blick danebenstand. Der Herzog nickte knapp und blickte zuerst auf Falco. „Ihr seid also dieser Hauptmann Falco, über den sich seine Majestät so echauffiert hat“, meinte er und musterte ihn schmunzelnd. Falco neigte stolz sein Haupt und salutierte erneut. „Jawohl, Euer Gnaden!“ „Nun, seine Majestät war erst voll des Lobes, wenn er von Euch sprach, aber dann, tja, ich glaube, er hätte Euch nur zu gerne in der Luft zerrissen, wenn er gekonnt hätte und Ihr könnt wahrlich froh sein, dass seine Majestät heute nicht anwesend ist“, sagte der Herzog höchst amüsiert und sein Blick fiel auf Amanoue. „Und wer ist das?“, fragte er und deutete wie nebenbei auf ihn. Falco zögerte einen Moment, doch als Herrik nicht antwortete, tat er es, sich leicht zu Amanoue wendend. „Sein Name ist Amanoue. Er ist“, sagte er kurz stutzend und überlegend, „der Sklave, seiner Majestät!“ Amanoue zuckte innerlich, wie von einem Schlag getroffen zusammen, als er die doch sehr nüchtern gesprochenen Worte aus Falcos Mund vernahm und unweigerlich blickte er kurz hoch. Der Herzog nickte nachdenklich und lächelte. „Ein Sklave? Das trifft sich gut! Uns fehlen eh im Moment einige Knechte und Bedienstete, da kommt er wie gerufen. Bringt ihn weg“, meinte er, lässig mit einer Hand winkend und sofort trat ein Diener zu Amanoue und packte den recht unsanft am Oberarm. Jetzt zuckte Amanoue wirklich zusammen und er blickte hilfesuchend zu Falco hin, der äußerst verwirrt zu sein schien. „Ähm, Euer Gnaden, bitte, ich denke, dass ist ein Missverständnis“, sagte er schnell, als der Diener Amanoue schon davonzerrte, „er ist kein gewöhnlicher Sklave!“ „Sondern?“, fragte der Herzog und sah ihn lauernd an. Falco verstummte augenblicklich und holte tief Luft. „Also?“, fragte der Herzog überheblich, doch Falco schwieg. „Wenn er ein Sklave ist, wird er arbeiten, wie einer. Es sei denn, Ihr habt mir etwas mitzuteilen! Und Hauptmann, ein Soldat hat nicht zu denken! Er hat Befehle auszuführen und gerade dies, scheint wohl nicht Eure Stärke zu sein! Steht Ihr nicht, unter Arrest?“, sagte er kalt und sah zu Herrik, der ziemlich still und blass danebenstand. „Hat seine Majestät Euch nicht den Befehl erteilt, den Hauptmann Falco unter Arrest zu stellen?“, fragte er hart. Herriks Gesicht lief nun rot an und er wünschte sich ein Loch, in das er sich hätte verkriechen können. Langsam und zögerlich, nickte er. „Jawohl, Euer Gnaden“, antwortete er einigermaßen fest. „Nun, dann tut Eure Pflicht und nehmt ihn fest!“, herrschte der Herzog ihn an, winkte wieder lässig ab und schenkte ihnen keinerlei Beachtung mehr. „Bitte, Falco“, raunte Herrik betroffen, „folge mir!“
Amanoue stolperte hinter dem Diener her und hatte Mühe, dem zu folgen. „Jetzt beeile dich schon und trödle nicht so“, zeterte der ihn an und zerrte ihn grob weiter. „Verstehst du mich, überhaupt?“ „Ja, `err, isch verstehe“, stammelte Amanoue und lief dem Diener verstört hinterher, wieder quer über den Innenhof, bis hin zu einem Anbau. Der fremde Mann öffnete eine Tür und zog ihn in das Gebäude, das lediglich aus einem Raum bestand. „Ich bring hier einen Sklaven, der soll bei euch aushelfen“, sagte er zu einem anderen, finster dreinblickenden Mann, der hinter einem Schreibtisch saß und stieß Amanoue auch schon nach vorn. Der Mann blickte fragend auf und starrte Amanoue erstaunt an, während der Diener umgehend kehrt machte und wieder hinauseilte. „Ein Sklave? Wo kommst du denn her?“, fragte er und musterte ihn über unzählige Pergamente hinweg. „Hast du mich verstanden?“ Amanoue nickte zart, mit demütig gesenktem Haupt. „Ja, `err und isch komme aus Asconien“, antwortete er schüchtern. „Wo liegt das denn? Naja, egal!“, tat er es mit einer Handbewegung ab. „Ich bin hier der Verwalter, was die Bediensteten angeht“, sagte er und stand auf. „Bist ja unglaublich gut gewandet, für eine wie dich und ich denke, dass das wohl nicht die angemessene Kleidung ist, um damit zu arbeiten! Zieh dich schon mal aus und lege die Sachen dort auf die Bank“, ordnete er kalt an und deutete in eine Ecke. Amanoue ging zögerlich hinüber und begann sich verschüchtert auszuziehen. Er legte den warmen Umhang ab, zog die edle Tunika und die warme, weiche Hose, die ihm Henry überlassen hatte, aus und danach das feine Hemd. Darunter trug er noch das seidene Leibchen und die weiße Seidenhose und er hielt zögernd inne. „Was ist?“, fragte der Verwalter barsch und kam auf ihn zu. „Bist wohl schüchtern, hm? Na los, mach schon, geht das nicht schneller?!“, trieb er ihn an und musterte ihn von Kopf bis Fuß. Amanoue wich etwas zurück, zog sich das Leibchen über den Kopf und schlüpfte schließlich verschämt aus der asconischen Hose. Beides legte er sorgsam auf die anderen Kleidungsstücke und wandte sich, nun beide Hände vor seine Scham haltend, halb ab. „Du bist ja tatsächlich ein Kerlchen“, raunte der Mann schmierig grinsend, „hätte ich nicht gedacht! Hab vorhin echt gedacht, ich hätte mich verhört! Hab dich glatt, für ein Mädchen gehalten“, sagte er, griff sich das Leibchen und befühlte es mit seinen groben, nicht gerade sauberen, Händen. „Mhm, feinste Seide“, murmelte er abschätzig und warf es zurück. Dann ging er zu einer Truhe, öffnete die und kramte darin herum. Er holte eine derbe, filzige Hose, eine ebenso derb wirkende, sackähnliche Tunika und ein paar plumpe Holzschuhe heraus und warf ihm die Sachen vor die Füße. „Hier, das ist wohl eher, die Kleidung eines Sklaven“, sagte er höhnisch. Als Amanoue sich danach bückte, fiel sein Blick auf den goldenen Armreif und seine Augen verengten sich augenblicklich. „Halt! Einen Moment noch“, sagte er schnell und machte einen großen Schritt auf ihn zu. „Was ist das?“, raunte er gierig und zeigte darauf. Amanoue zog rasch die Hose hoch und richtete sich auf. „Eine Sklavenreif“, antwortete er leise. „Ist das Gold?“, fragte der Mann und tastete mit großen Augen danach. „Mach es ab, los“, raunte er beinahe geifernd und versuchte bereits, den goldenen Armreif abzubekommen. „Isch glaube, er ist susammengeswickt, da“, sagte Amanoue leise und der gierige Verwalter nickte. Kurzerhand zog er seinen Dolch, legte die Klinge an den Verschluss und bog die beiden Enden auf. „Wirklich, pures Gold“, murmelte er beinahe ergriffen, dann erblickte er auch noch Henrys Ring, den Amanoue noch immer am Finger trug. „Ist das ein Ring? Gib ihn mir!“, zischte er und packte Amanoues zierliche Hand. „Aber, diese Ring, `abe isch von die König persönlisch. Er `at ihn mir geschenkt“, widersprach der nun doch und zog seine Hand schnell zurück. „Na dann, ist es wohl umso besser, wenn ich ihn für dich aufbewahre, so wie alles andere auch“, raunte der Verwalter schleimig und streckte seine rechte Hand aufhaltend aus. „Du willst ihn doch sicher nicht verlieren oder beschädigen, hm?“ Amanoue kniff misstrauisch die Augen zusammen, doch dann gab er nach und legte den kostbaren Rubinring in die Hand des Mannes, der die sofort darum schloss. Eilig zog Amanoue sich weiter an und die derben Kleider fingen umgehend an, auf seiner zarten Haut zu kratzen. „Gut und nun melde dich in der Küche!“, brummte der Mann und winkte ihn fort. „Was ist? Worauf wartest du noch?“ „Ich soll mit bloßen Füßen ge`en? Aber es ist so kalt, draußen“, antwortete Amanoue fassungslos. Der Verwalter lachte prompt auf. „Du bist ein Sklave! Und dieser Stiefel wohl kaum würdig! Was willst du, du hast doch die Holzschuhe und selbst die, sind noch zu gut, für einen, wie dich! Scher dich fort!“ „Isch weiß nischd, wohin? Wo, ist die Küsche?“, fragte Amanoue, den Tränen nahe. „Fängst du etwa an zu heulen?“, spottete der gemeine Mann herzlos und schubste ihn Richtung Tür. „Einfach, über den Hof! Wirst du wohl finden und jetzt verschwinde, oder ich mach dir Beine!“, rief er und kickte die Holzschuhe zu ihm hin. Amanoue schlüpfte schnell hinein und stolperte unbeholfen damit hinaus. Er schlurfte humpelnd zurück über den Hof, blieb orientierungslos stehen und zitternd, vor Kälte. Sich mehrmals suchend umdrehend, schlang er sich beide Arme um den Leib und versuchte so, sich wenigstens etwas zu wärmen, was allerdings wenig brachte. Bibbernd und zähneklappernd, stand er da und leise hallte das heitere Lachen seiner Kameraden zu ihm herüber, die in der warmen Wachstube saßen, bei Bier und gutem Essen und ausgelassen feiernd. Selbstverständlich hatte Herrik Falco nicht festgenommen und auch nur widerwillig dessen Abzeichen entgegengenommen, rein der Form halber. Bald schon waren Amanoues Hände und Füße taub, vor Kälte und selbst die Tränen, die ihm vom Gesicht tropften, gefroren auf dem kalten Boden, zu Eis. Gerade, als er schon aufgeben und sich einfach fallen lassen wollte, kam ein Mann über den Hof, blieb stehen und entleerte seine Blase, an Ort und Stelle. Nachdem er fertig war, ordnete er kurz sein Gewand, drehte sich um und wollte wieder zurück in die warme Halle gehen. Amanoue zögerte kurz und rannte ihm nach, so schnell er mit den klobigen Schuhen laufen konnte. „Bitte, `err“, rief er laut, „könnt Ihr mir sagen, wo isch die Küsche finde?“ Der Mann blickte sich verdutzt nach ihm um und nickte. „Gleich, da drüben! Die Treppe runter, immer dem Lichtschein nach und der Nase“, antwortete er lachend und wandte sich wieder um. „Vielen Dank, `err“, rief Amanoue ihm nach, lief erleichtert zu der ihm angewiesene Treppe und stieg langsam hinab. Angenehm warme, nach köstlichem Essen duftende Luft, strömte ihm entgegen und er blieb zögernd auf der untersten Stufe stehen. Die Türe war geöffnet und so blickte er verstohlen hinein. In der Küche herrschte noch immer geschäftiges Treiben und allerlei Köche und Küchenhilfen liefen hin und her, laut miteinander redend oder schimpfend. Ein Küchenjunge wurde schließlich auf ihn aufmerksam und kam neugierig auf ihn zu. „Wer bist denn du?“, fragte er und musterte ihn eingehend. „Isch bin“, Amanoue zögerte verschüchtert, „eine Sklave und man `at mir aufgetragen, misch `ier su melden“, antwortete er leise. „Was bist du? Eine Sklavin? Ich hab` dich nicht richtig verstanden“, erwiderte der Junge und kam näher heran. Als Amanoue schüchtern nickte, nahm er verdutzt den Kopf zurück. „Eine richtige Sklavin?“, fragte er erstaunt. Amanoue zwinkerte verwirrt, dann schüttelte er zaghaft seinen hübschen Kopf. „Eine Sklave“, sagte er schluckend. Nun schien der Junge noch erstaunter zu sein. „Du bist ein Junge?“, fragte er ungläubig nach und Amanoue nickte zart. „Hätte ich echt nicht gedacht! Naja, also, hier gibt’s sonst gar keine Sklaven, du bist der erste überhaupt, den ich je gesehen habe“, meinte er etwas irritiert und sah ihn erneut neugierig an. „Wie wird man denn ein Sklave?“ Amanoue zuckte ahnungslos die Schultern. „Isch weiß nischd? Isch bin einfach verkauft worden.“ „Du redest vielleicht lustig! Und wie du aussiehst! Warum ist deine Haut so braun? Wo kommst du her?“, sprudelte es weiter aus dem Jungen heraus. Amanoue war völlig verwirrt und hob nur wieder die Schultern. „Isch weiß nischd“, stammelte er schluckend, „von gans weit weg?“ Der Küchenjunge kicherte erheitert und drehte sich, ihn am Arm fassend, um. „He, Alma! Hier ist ein Neuer!“, rief er in die Küche und eine kleine, dickliche Frau kam umgehend auf sie beide zu. Auch sie musterte Amanoue eingehend, von Kopf bis Fuß. „Er sagt, er wäre ein Sklave und soll sich hier melden“, sagte der Junge zu ihr und zog Amanoue dabei nach vorn. Die Frau hob überrascht ihre Augenbrauen. „Du sollst hier helfen?“, fragte sie, nicht unfreundlich, doch Amanoue nickte dennoch eingeschüchtert. Wie ein Häufchen Elend, stand er vor der fremden Frau und wagte es nicht, sie anzusehen. „Na, hab keine Angst, ich fresse dich schon nicht“, meinte sie beruhigend, „wie ist denn dein Name?“ Amanoue trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. „Manou?“ „Das klang ja eher, wie eine Frage“, sagte sie schmunzelnd, fasste ihn am Kinn und hob es sachte an. „Also, wie nennt man dich?“, fragte sie sanft. „Sie nennen misch, Manou“, antwortete Amanoue, sie schüchtern ansehend und die Frau lächelte. Sie hatte ein gutmütiges, rotwangiges Gesicht und durchaus hübsche, sehr wache, blaue Augen. Ihr Haar war von einer weißen Haube verdeckt, doch am Ansatz konnte man erkennen, dass es wohl blond war. „Wer, nennt dich so?“, wollte sie wissen. „Isch weiß nischd?“, stammelte Amanoue restlos überfordert und senkte schnell wieder seinen Blick. „Ha!“, machte der Junge höhnisch, „der sagt dauernd, dass er nichts weiß!“, lachte er ihn aus, „bist wohl ein bisschen dumm, was?“ „Sei still, Matthias! Und mach, dass du an die Arbeit kommst!“, herrschte die Frau ihn sofort an und der Junge trollte sich augenblicklich. „Und du, kommst erst einmal, mit mir mit“, sagte sie wesentlich ruhiger, nahm Amanoues Hand und zog ihn sanft aber bestimmt, mit sich. Vor einem etwas abseitsstehenden Tisch, blieb sie stehen und deutete auf eine Bank. „Setz dich! Mein, Name, ist, Alma“, sagte sie langsam und erklärend, so als ob sie nun doch nicht mehr sicher wäre, ob er sie verstehen würde. Amanoue setzte sich, mit demütig gesenktem Blick und legte seine zarten Hände in den Schoß. „Bist du hungrig?“, fragte sie und er nickte vorsichtig. „Durstig“, antwortete er leise und wagte es nicht aufzublicken, da sie nun vom ganzen Küchenpersonal umringt waren, denen der Junge nun auch gleich hämisch lachend erzählte, wie dumm Amanoue wäre, als Alma sich plötzlich pfeilschnell umdrehte und ihm eine ordentliche Ohrfeige verpasste. „Hier wird niemand ausgelacht, der mir anvertraut wurde!“, stellte sie unmissverständlich klar. „Und nun, verschwindet! Aber plötzlich oder soll ich euch Beine machen?!“, rief sie energisch und scheuchte die Meute davon, bevor sie sich erneut milde lächelnd an Amanoue wandte, der völlig zusammengesunken, vor ihr saß. „Lass dich nicht von denen beeindrucken! Ich, bin die Köchin des Herzogs“, sagte sie, nicht ohne Stolz und mit einer Hand auf ihrer Brust, „und das hier, ist mein Reich!“