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„Regierungschefmodell“

Mein „Regierungschefmodell“ mit dem Ziel „glückliches, zufriedenes und gesundes Leben“, für mich und die Förderung des Universums habe ich wohl selbst erfunden und bin ganz arg stolz darauf, so simpel es ist. – Es hat vielen Patienten für ihr verändertes Selbstregierungskonzept sehr geholfen. – Ich fühle mich wie ein „Monarch“ oder Chef, der seinen „Staat“ leitet. – Der Regierungschef entwickelt und überprüft die Gesetze, darf sie jedoch auch verbessern und ändern. – In der Chefetage gibt es auch verschiedene „Ministerien“, um den Überblick nicht zu verlieren. – Ua. ein Außenministerium, ein Partnerschaftsministerium, ein Innenministerium, ein Wirtschaftsministerium, ein Vergangenheitsministerium, ein Zukunftsministerium, etc …

Der Monarch oder Chef nimmt sich Zeit und Geduld, mit tiefer liegenden Instanzen im guten Kontakt zu sein und für sich und die Welt zu sorgen.

Ich finde es besser als das Modell (Topographie) von Freud: Er spricht vom Ich, darüber liegt das Überich als bewertende und strafende Oberinstanz und vom Es, im Modell unter dem Ich liegend, welches ständig unkontrollierte Gefühle und Verrücktheiten produziert und vom „Ich“ die Umsetzung einfordert. – Das „Ich“ muss dies unter Kontrolle halten aus Angst vor dem Überich. – Dadurch steht das „Ich“ ständig zwischen diesen zwei bedrohlichen Instanzen und muss ständig unter Angst regieren.

In meinem Modell ist alles hierarchisch, angstarm regiert durch einen meist gütigen verständnisvollen Regierungschef geordnet, der sich bemüht, alles in die richtige Richtung, also „gesundes, glückliches Leben für sich und andere“ zu bringen.

Ich finde dieses Modell aufwertender für das sogenannte „Ich“. – Es ist die oberste Instanz und darf selbst regieren ohne Angst vor einer weiteren Obrigkeit. – In meinem Modell ist das Gewissen weitgehend abgeschafft und ersetzt durch angstarme Ideen meinerseits, die ich grundsätzlich auch ändern darf. – Sicher sind mir bestimmte Einstellungen besonders wichtig und nur schwer veränderbar, sie geben mir dadurch auch inneren Halt. – Innere Labilität nach dem Motto „was geht mich das Geschwätz von gestern an …“ wäre für mein Selbstbild in der Regel nicht akzeptabel. – Obgleich das in Einzelfällen auch richtig und sinnvoll sein kann!

Ich darf mir alles wünschen aber ich fordere es nicht! – Eine wichtige grundsätzliche Formel für die persönliche Regentschaft!

Ich verzichte gerne auf die Ablenkung eines Fernsehkrimis und denke über alle meine Regierungsbereiche nach. – wo besteht Handlungsbedarf, wo könnte ich für die Zukunft sorgen, wie sehen meine Beziehungen aus, was tut sich in der Welt, wie fühle ich mich, wie steht es mit meiner Zufriedenheit, meiner Liebesfähigkeit, wem könnte ich eine Freude machen, habe ich mir heute schon gesagt, dass ich mich liebe, etc. – Es ist nur selten eine autoritäre Regierungspolitik, manchmal schon, wenn ich zu sehr herum spinne, da kann ich geistig sogar in mich hineinbrüllen. – Ich bewerte mich nicht als Ganzes in der Überprüfung meines Tuns sondern nur mein Verhalten. – Ich bin also nicht mein Verhalten. – Zumindest gehe ich mit mir in dieser Form um, gegenüber anderen Menschen kann ich allerdings zur Bewertung ihrer gesamten Persönlichkeit kommen, wenn sie mich fortgesetzt enttäuschen.

Zu mir selbst werde ich bis zum Tod nur eine dankbare Liebesbeziehung pflegen. – Ich werde mich auch nie in der Bewertung mit anderen vergleichen. – Im Verhaltensbereich allerdings schon, aber nur zum Lernen und nicht zum Ver- und Beurteilen. – Ich darf Fehler machen, bemühe mich natürlich stets, diese im Auge zu behalten, manche bekomme ich nicht los, diese lerne ich zu lieben, sie unter Kontrolle zu halten und mit ihnen zu leben.

ZB schreie ich manchmal in Konfliktsituationen für andere zu extrem in meiner cholerischen Erregung, das tut mir sicher manchmal Leid, mein Umfeld ist entsetzt, weil ich sonst ein sehr ruhiger Mensch bin, es führt zu lebenslangen Meidungen meiner Person, das habe ich wohl von meinem Vater geerbt, dem ging es ähnlich. – Damit muss ich leben. Ich kann nur insgesamt für mich sorgen, dass ich nicht überlastet bin, dann kommt das wesentlich seltener vor. – Ich finde es eigentlich verrückt, dass derartige etwas lauter ausgedrückten Gefühlsäußerungen in der Gesellschaft so negativ bewertet werden. – „Wer schreit hat Unrecht“ hört man von vielen Seiten, aus meiner Sicht ist das falsch, oft ist es eher das Gegenteil! – Lieber tratschen die Leute verleumderisch sozial vernichtend hinterhältig herum, produzieren Dauerschäden für andere, operieren mit der „Gewalt des Schweigens“ oder gehen zum Anwalt oder Polizei. Das nennt man dann manchmal, aus meiner Sicht irrtümlich „sozialkompetentes Verhalten“. – Cholerische Menschen wollen den „Schaden“ den sie auch für sich erkennbar anrichten, rasch wieder gut machen und sind diesbezüglich auch meist einsichtig. Davon könnten andere „Temperamente“ lernen!

Solche Modelle – wie mein Regierungschefmodell und auch andere psychologische Theorien sind nicht die Wirklichkeit, nein, es sind nur sogenannte „Landkarten“, Hilfen für die Gestaltung des Lebens bzw. zur Problemlösung.

Keine Landkarte ist perfekt oder allgemeingültig und schon gar nicht die Wirklichkeit! – Wenn ich bergsteigen gehe, verwende ich eine andere Landkarte als beim Autofahren.

Es ist ein Fehler vieler psychologischer Theoretiker, die jeweils meinen, eine allgemein gültige Theorie gefunden zu haben. – Bei meiner früheren Arbeit mit Patienten legte ich geistig jeweils die „Landkarten“ verschiedener Theoretiker an und prüfte, was jeder von ihnen jeweils als Erklärung und therapeutische Handlungsanweisung für das Problem anbieten würde – ZB Freud, Adler, Psychoanalytiker, Lewin, Perls, der Erfinder der Gestaltpsychotherapie, Pawlow, klassisches Konditionieren, Skinner, Lerntheoretiker, Verstärkertheorie, Ellis, Beck, Kognitionspsychotherapeuten, verschiedene Familientherapeuten, etc. – Einmal passte die Theorie des Einen besser als die der Anderen, je nach Person und Problemstellung mit jeweiligen Konsequenzen für die Behandlungszugänge. – Vor allem hilft es beim einfühlenden Verstehen. Viele meiner Kollegen klammern sich an eine Theorie und behandeln sie wie eine „Religion“, dies halte ich für Unsinn. Gott sei Dank gibt es in letzter Zeit diesbezüglich „Aufweichungen“ dieser starren Haltungen.

Besonders wichtig ist dabei auch, dass man in sich Anteile findet, die grundsätzliche Ähnlichkeit mit den Problemen des Mitmenschen aufweisen und die mir deshalb helfen, ein gutes Einfühlungsvermögen zu entwickeln und zu verstehen. – Nur so kann man mitsammen ins „Fließen“ kommen!

Eine weitere Erkenntnis, die uns ein sehr berühmt gewordener Wissenschaftler in der Vorlesung auf den Weg mitgegeben hat, möchte ich hier auch noch beifügen: „Wenn Sie eine Theorie hören, die einfach und plausibel klingt, dann ist sie sicher falsch. – Bei uns ist alles sehr kompliziert.“.

Wir Psychologen sind schon froh, wenn siebzig Prozent Wahrscheinlichkeit bei Forschungsergebnissen als Erkenntnis erreichbar sind. – Dadurch wird es aber auch spannend! – Wie langweilig sind doch manchmal Naturwissenschaften, zB. wenn der Stein in hundert Prozent der Fälle auf den Boden fällt. – Andererseits Gott sei Dank! – Dies war ein kleiner Scherz, ich bin manchmal ein Schelm!

Sorge für dich, lebe!

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