Читать книгу Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre - Rudolf Virchow - Страница 6

Drittes Capitel.
Physiologische Eintheilung der Gewebe

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Ungenügende Ausbildung der anatomischen Kenntniss der Gewebe. Verschiedenartige Lebenserscheinungen an scheinbar gleichartigen Elementen. Praktisches Bedürfniss einer physiologischen Gruppirung:

1) Nach der Function. Motorische Elemente: muskulöse, epitheliale (Flimmerzellen, Samenfäden), bindegewebige (Pigment). Schleimabsonderung: Schleimhäute, Schleimdrüsen, Schleimgewebe.

2) Nach der Lebensdauer der Elemente. Dauer- und Zeitgewebe. Pathologische Aenderung der natürlichen Verhältnisse (Heterochronie). Lehre von der Allveränderlichkeit des Körpers durch Stoffwechsel (Mauserung). Unterscheidung von Dauer- und Verbrauchsstoffen in den Elementen. Wechselgewebe (Metaplasie). Abfällige Gewebe: Epidermis (Desquamation), Decidua uterina. Einfache Zeitgewebe. Oertliche Verschiedenheit der Lebensdauer desselben Gewebes. Nothwendigkeit einer Localgeschichte der Gewebe.

3) Nach der Zeit der Entstehung und des Absterbens der Gewebe (genetische Eintheilung). Jugendliche und senescirende Gewebe. Allgemeine und locale Chronologie der Gewebe. Embryonale Gewebe; unfertige oder unreife: Matricular- und Uebergangsgewebe. Chorda dorsualis. Schleimgewebe. Bildungsgewebe und Vorgewebe (Anlagen, Keimgewebe). Bildungs- oder Primordialzellen. Allgemeine Gültigkeit der Entwickelungsgesetze.

4) Nach der Verwandtschaft und Abstammung. Continuitäts-Gesetz. Heterologe Verbindungen von Gewebselementen. Die histologische Substitution und die histologischen Aequivalente. Abstammung der Elemente (Descendenz).

Die anatomische Eintheilung der Gewebe ist eine wichtige und unerlässliche Vorbedingung für die physiologische Betrachtung derselben, und es ergeben sich, wie wir gesehen haben, aus der Kenntniss des Baus der Theile ohne Weiteres sehr wichtige Aufschlüsse über ihre Thätigkeit. Allein damit allein ist es nicht gethan. Vielmehr ist eine selbständige physiologische Untersuchung nothwendig, um die besondere Bedeutung der einzelnen Gewebe zu ermitteln und für jeden Ort im Körper festzustellen, welche Thätigkeiten von seinen Elementen ausgehen.

Ganglienzellen finden sich an den verschiedensten Orten des Körpers. Niemand zweifelt daran, dass sie im Gehirn eine andere Bedeutung haben, als am Sympathicus, an der Hirnrinde eine andere als im Streifenhügel. Manche Verschiedenheiten der Grösse und Gestalt, der Verbindung und inneren Einrichtung derselben lassen sich an diesen verschiedenen Orten wahrnehmen. Nichtsdestoweniger genügen diese anatomischen Verschiedenheiten nicht, um die physiologisch so verschiedene Energie der einzelnen Gruppen zu erklären.

Epitheliale Zellen kommen unter den mannichfaltigsten Verhältnissen vor. Höchst auffallende Verschiedenheiten ihres Baues finden sich an den einzelnen Orten. Wir begreifen, dass eine Flimmerzelle andere Wirkungen hervorbringt, als ein Epidermisplättchen. Aber wir sind nicht im Stande zu erkennen, warum die Epithelien der Milchdrüse so wesentlich andere Leistungen hervorbringen, als die Epithelien der Speicheldrüsen, oder warum die Flimmerzellen der Hirnventrikel nicht dieselbe physiologische Stellung einnehmen, wie die Flimmerzellen des Uterus.

Wenn wir aus der physiologischen Forschung Verschiedenheiten scheinbar gleichartiger Elemente erkennen, so gelangen wir damit allerdings sofort zu neuen Fragestellungen und Vermuthungen in Beziehung auf die weitere anatomische Untersuchung, und es ist keineswegs unwahrscheinlich, dass man auf dem Wege einer derartigen Untersuchung allmählich zu einer ungleich grösseren Erkenntniss der localen Verschiedenheiten in dem Bau und der Einrichtung histologisch gleichwerthiger Elemente kommen wird, als wir sie gegenwärtig besitzen. Nur darf man bei einer solchen Hoffnung nicht übersehen, dass diese Histologie der Zukunft noch nicht existirt und dass man sich daher vorläufig mindestens noch damit begnügen muss, neben einer anatomischen Ordnung der Gewebe auch noch eine physiologische oder genauer gesagt, mehrere physiologische zuzulassen.

In der That gibt es mehr als ein Principium dividendi für die physiologische Gruppirung der Gewebe. Je nach der Richtung, in welcher die Fragestellung geschieht, fällt auch die Antwort verschieden aus. Der specifische Physiolog wird zuerst immer nach der Function fragen. Welche Thätigkeit übt ein Gewebe aus? Diese Richtung der Untersuchung führt zu einer Eintheilung der Gewebe nach ihrer Function. Eine kurze Umschau ergibt sofort, dass Gewebe, welche ganz verschiedenen anatomischen Gruppen angehören, bei dieser Art der Betrachtung einander genähert werden. Frage ich nach den Geweben, deren Function Bewegung ist, so werde ich zunächst an die Muskeln gewiesen. Aber unzweifelhaft ist auch die Flimmerbewegung Bewegung, unzweifelhaft haben die Samenfäden Bewegung. Und doch knüpft sich hier die Bewegung an epitheliale Erzeugnisse, welche von den eigentlichen Muskeln anatomisch weit entfernt sind. Sollen wir desswegen die Samenfäden zu den muskulösen Elementen oder die letzteren zu den epithelialen rechnen? Gewiss liegt hier ebenso wenig ein Grund zu einer solchen Vereinigung vor, als wenn wir Schwärmsporen und Infusorien vereinigen wollten. Allerdings hat es eine Zeit gegeben, wo man sämmtliche Schwärmsporen zu den Infusorien rechnete, wo sogar die Mehrzahl der beweglichen Algen eben dahin gezählt wurde, aber mit Recht betrachtet man diesen Standpunkt als einen überwundenen.

Die Bewegung „sitzt“ jedoch nicht bloss in muskulösen und epithelialen Elementen; sie findet sich auch an bindegewebigen. Nehmen wir ein zugleich pathologisch interessantes Beispiel. Axmann hatte bei Fröschen gesehen, dass nach Durchschneidung der gangliospinalen Nerven die in der Haut zahlreich verbreiteten Pigmentzellen ihre Strahlen verlieren. Er nannte dies eine Atrophie und schloss daraus auf einen nutritiven Einfluss der gangliospinalen Nerven. Die in Frage stehenden Pigmentzellen sind grosse, sternförmige Bindegewebskörperchen. Bei der Wichtigkeit dieser Angabe beschloss ich eine experimentelle Prüfung derselben und veranlasste Herrn Lothar Meyer zu einer solchen. Alsbald ergab sich, dass es sich um keine Atrophie, sondern um eine Contraction handelte11. Die Zellen ziehen ihre Fortsätze ein, ihr Körper vergrössert sich in demselben Maasse, und das früher über eine grössere Fläche vertheilte Pigment häuft sich an einzelnen Stellen an. Das grobe Ergebniss dieser unzweifelhaften Bewegung ist eine Farbenveränderung der Froschhaut.

Wir finden also, dass in allen drei Gruppen der Gewebe motorische Thätigkeit nachweisbar ist, und jeder Denkende wird daher auch veranlasst werden, seine etwaigen Betrachtungen über motorische Elemente oder noch allgemeiner über motorische Gewebe auf alle drei Gruppen auszudehnen. Von diesem Gesichtspunkte aus ergibt sich eine Eintheilung aller Gewebe in zwei Abtheilungen: motorische und nicht motorische. Dagegen lässt sich nicht das Mindeste sagen. Aber man darf auch nicht übersehen, dass diese Eintheilung eine wesentlich praktische ist. Sie mag durchaus wissenschaftlich durchgeführt werden, aber sie greift eine einzige Seite der Betrachtung auf, sie wählt ein einziges Merkmal, eine einzige Eigenschaft aus der ganzen Summe der Merkmale und Eigenschaften dieser Gewebe oder Elemente. Sie kann daher keinesweges als eine eigentlich wissenschaftliche Eintheilung gelten, wenngleich sie für die wissenschaftliche Betrachtung und Untersuchung von dem grössten Nutzen ist.

Unter den Absonderungen hat seit den ältesten Zeiten eine das Interesse der Aerzte ganz besonders auf sich gezogen, die des Schleims. Schon in der koischen Priesterschule wird das Phlegma als einer der vier Cardinalsäfte des Körpers aufgeführt, und noch heute hat sich eine freilich sehr verwischte Erinnerung daran in der Bezeichnung des phlegmatischen Temperamentes erhalten. In der That war die glasige, gallertartige, gequollene Beschaffenheit des Schleims wohl geeignet, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und die Häufigkeit seines Hervortretens unter krankhaften Verhältnissen, die nicht selten bedenkliche Heftigkeit der dadurch bedingten Zufälle berechtigte dazu, den phlegmatischen Krankheiten eine hervorragende Stelle in dem Systeme anzuweisen. Mehr und mehr knüpfte sich jedoch die Forschung über die Schleimabsonderung an die Schleimhäute, und als Bichat sein System der allgemeinen Anatomie aufstellte, hatte er nur eine allseitig anerkannte Ueberzeugung zu fixiren, indem er aus den Schleimhäuten eine besondere Gewebsgruppe machte. Es hat ziemlich lange gedauert, ehe man erkannte, dass glasige Schleimabsonderungen nicht an allen Schleimhäuten vorkommen. Man weiss jetzt, dass wohl die Schleimhaut des Collum uteri ein solches Secret liefert, aber dass dies keineswegs an der „Schleimhaut“ der Vagina oder an der des Corpus uteri der Fall ist. Das Ileum und die Speiseröhre sondern keine zähen Schleimmassen ab, wie sie so reichlich an der Schleimhaut der Luftröhre zu Tage treten.

Man ist so von den Schleimhäuten zu den Schleimdrüsen gekommen, und Mancher hilft sich damit, dass er alle Schleimabsonderung auf diese zurückführt. Aber sonderbarerweise sind gerade manche Schleimhäute, an deren Oberfläche wir die zähesten und klebrigsten Schleimbeschläge finden, wie die der Harnblase und des Collum uteri, ungemein arm an Drüsen, und diese an sich ziemlich unvollkommenen Drüsen sind durchaus nicht als die Specialsitze der Secretion zu erkennen. Wären sie es jedoch, so würde man auf ihre Epithelien als auf die activen Factoren der Absonderung zurückkommen müssen, da bekanntlich der Schleim nicht im Blute präexistirt, also nicht einfach transsudiren kann. Muss man, wie es meiner Meinung nach nothwendig ist, auch eine Schleimabsonderung von der Fläche gewisser Schleimhäute anerkennen, so gelangt man zu demselben Gedanken, dass die Epithelien die Schleimabsonderer seien.

Darf man nun sagen, die Schleimabsonderung sei überall die Function gewisser Epithelialzellen, die man Schleimzellen nennen kann? Die Erfahrung hat gelehrt, dass diese Auffassung irrthümlich ist. Ich habe für eine grosse Reihe physiologischer und pathologischer Gewebe den Nachweis geliefert, dass der Schleim in derselben glasigen, gallertartigen, gequollenen Weise, wie er frei an der Oberfläche der Schleimhäute erscheint, auch im Innern von Geweben und zwar wesentlich als ein intercellularer Stoff vorkommt. Ich sah mich deshalb veranlasst, ein Schleimgewebe aufzustellen, welches weder mit dem Schleimhautgewebe Bichat's, noch mit dem Schleimdrüsengewebe identisch ist. Es ist kein epitheliales Gewebe, sondern ein Glied in der Gruppe der Bindesubstanz. Nichts desto weniger wird man auch an ihm nicht umhin können, den intercellularen Schleim als ein Absonderungsprodukt der Zellen zu betrachten. Nur handelt es sich hier um eine parenchymatöse (innere) und nicht um eine oberflächliche (äusserliche) Absonderung. Aeusserlich kann sie erst werden, wenn an dem Schleimgewebe eine Ulceration eintritt, wie es bei dem Carcinoma mucosum (colloides) vorkommt.

Es finden sich demnach Schleimzellen in zwei verschiedenen Gruppen vor: epitheliale und bindegewebige. Für eine Untersuchung über Schleimentstehung und Schleimabsonderung ist es gewiss nützlich, sich an die Gruppen nicht zu kehren und nur die besonderen Gewebe zusammenzustellen und zu vergleichen, in welchen dieser Vorgang vorkommt. So ist der physiologische Botaniker berechtigt, alle diejenigen Pflanzengewebe zusammenzustellen, in welchen Pflanzenschleim oder Gummi oder Amylon vorkommen, und eine solche Zusammenstellung ist von hohem praktischen Werthe für den Landwirth, den Kaufmann, die Hausfrau. Aber nichts berechtigt, eine solche praktische Eintheilung als die erste Aufgabe des wissenschaftlichen Forschers hinzustellen.

Wenn der physiologische Specialist zuerst nach der Function fragt, so fragt der Patholog, auch wenn er ganz physiologisch zu Werke geht, zuerst nach der Existenz der Theile. Es erklärt sich diese Differenz aus dem Umstande, dass der Physiolog gesunde Verhältnisse voraussetzt und den Bestand des Körpers an Geweben unter solchen Verhältnissen als einen gegebenen und constanten betrachtet, der Patholog dagegen, durch traurige Erfahrungen belehrt, das Zugrundegehen und den Verlust von Theilen als ein nur zu häufiges Ergebniss des kranken Lebens kennt. Für den Arzt handelt es sich vor Allem um die Erhaltung der Theile. Wissenschaftlich analysirt, ist dies die Frage von der Lebensdauer und der Ernährung der Theile.

Nun ist es bekannt, dass die verschiedenen Elemente des Körpers auch im gesunden Leibe eine sehr verschieden lange Lebensdauer besitzen und aus diesem Grunde auch manche Gewebe, ja selbst manche Organe nicht die gleiche Lebensdauer haben, wie der gesammte Körper. Die Pupillarmembran schwindet schon vor der Geburt, die Eihüllen werden mit der Geburt abgeworfen, der Nabelstrang folgt alsbald, das Wollhaar, die Thymusdrüse, die männliche Brustdrüse, die Milchzähne kommen nach und nach an die Reihe, die Eifollikel, die weibliche Brust, die Zähne und das Kopfhaar schwinden bald früher, bald später. Man kommt so ganz natürlich zu einer grossen Zweitheilung in bleibende (permanente) und nicht bleibende (temporäre) Gewebe, oder, wie man kurz sagen kann, in Dauergewebe und Zeitgewebe. Unter letzteren bilden die abfälligen (telae caducae s. deciduae) eine besondere Unterabtheilung. Zwischen den Dauer- und Zeitgeweben stehen in einer höchst eigenthümlichen Stellung die Wechselgewebe (telae mutabiles s. mutantes).

Man muss jedoch sehr vorsichtig sein in der Anwendung dieser Ausdrücke. Unter pathologischen Verhältnissen kann ein Zeitgewebe persistiren und ein Dauergewebe hinfällig werden. Die Thymusdrüse kann sich bis nach der Pubertät erhalten, während sie sonst bald nach der Geburt schwindet. Die männliche Brust kann nicht bloss persistiren, sondern sich auch stärker entwickeln. Und umgekehrt kann bald dieses, bald jenes Gewebe oder Organ schwinden, „phthisisch“ werden, das sonst zu den permanenten gehört. Ein Kind kann ohne Arme und Beine, ohne Herz und Gehirn geboren werden, weil schon die Anlagen im Mutterleibe verkümmerten. Ein ganzer Muskel, eine ganze Niere kann bis auf einen kümmerlichen Rest von Interstitialgewebe „atrophiren“. Ein Fuss kann durch Brand absterben und, wie der Nabelstrang, abgeworfen werden.

An dieser Stelle, wo es sich um physiologische Verhältnisse handelt, berühren uns diese, der Lehre von der Heterochronie angehörigen Fragen nicht. Wir haben es hier nur mit der natürlichen Verschiedenheit der Lebensdauer einzelner Körpertheile, welche der typischen Entwickelung angehören, zu thun. Ein einziges, freilich sehr verbreitetes Vorurtheil tritt uns jedoch entgegen: ich möchte es das Vorurtheil von der Allveränderlichkeit der Körpertheile nennen. In einer bedauerlichen Uebertreibung wohlberechtigter Erfahrungssätze über den Stoffwechsel ist man dahin gekommen, zu berechnen, wie viele Jahre gewisse Theile, wie viele der ganze Körper gebrauche, um gänzlich erneuert zu sein. Die in ihrer Ausschliesslichkeit unannehmbare Lehre von der Mauserung (C. H. Schultz) hatte ein grosses Stück ihrer Popularität dieser Auffassung zu verdanken.

Wie es möglich gewesen ist, die auffälligsten Thatsachen so sehr zu übersehen, ist schwer zu begreifen. Selbst ausgezeichnet hinfällige Theile lassen doch deutlich erkennen, dass, so lange sie existiren, ihre Substanz dauerhaft ist. Man mag den Zahnwechsel, wie den Haarwechsel, eine Mauser nennen, aber nichts berechtigt, die Elemente des Zahns oder des Haares als in fortdauernder Erneuerung begriffen anzusehen. Der Zahnschmelz besteht aus verkalkten Epithelien, welche, soweit wir wahrnehmen können, weder in ihrem Kalk, noch in ihrer organischen Grundsubstanz einer Erneuerung unterliegen. Das Zahnbein kann durch Ersatz aus der Pulpe neuen Zuwachs bekommen, aber weder seine Röhrchen, noch seine Intercellularsubstanz lassen erkennen, dass ihre Molekeln durch neue Molekeln ersetzt werden. Das Bindegewebe, diese so weit verbreitete und so massenhaft im Körper vorhandene Substanz, ist gewiss in allen seinen wesentlichen Bestandtheilen in hohem Maasse dauerhaft. Die Elemente der Linse, trotz ihrer Zartheit, bestehen häufig ohne Veränderung bis zum höchsten Alter.

Diese Beständigkeit der wesentlichen Bestandtheile der Gewebselemente schliesst den Wechsel unwesentlicher nicht aus. Eine Drüsenzelle kann immerfort Stoffe in sich aufnehmen, sie umsetzen und die Umsetzungsprodukte als Secrete wieder ausscheiden, ohne dass ihr histologischer Bestand dadurch unmittelbar betroffen wird. Eine Leberzelle zeigt in der auffälligsten Weise, wie durch die Nahrung allerlei Stoffe in sie eingeführt und eine Zeitlang in ihr abgelagert werden: Fett und Glykogen sind Stoffe, die eine Zeit lang vorhanden sind, um später wieder zu verschwinden. Aber niemand hat dargethan, dass der Kern oder die Körpersubstanz der Leberzellen einem gleichen Wechsel unterliegt. Wir haben vielmehr allen Grund anzunehmen, dass eine Leberzelle von der Zeit der vollendeten Ausbildung des Organs bis zum höchsten Alter persistiren kann, ohne dass sie in allen ihren Bestandtheilen einer Erneuerung unterlegen hat. Auch in dem einzelnen Gewebs-Element (wenngleich keineswegs in jedem) muss man daher Dauerstoffe und Wechselstoffe (Verbrauchsstoffe) unterscheiden.

Das Verhältniss dieser Stoffe zu einander kann zu verschiedenen Zeiten in demselben Elemente sehr verschieden sein. Die grossen glatten Muskelfasern des schwangeren Uterus enthalten offenbar ungleich mehr Verbrauchsstoffe, als die überaus kleinen und gleichsam verkümmerten des ruhenden Uterus. Eine prall gefüllte Fettzelle besteht dem Volumen nach fast ganz aus Wechselstoff; eine atrophische kann beinahe vollständig auf ihre Dauerstoffe zurückgeführt sein. Was wir Stoffwechsel nennen, ist eben keine einfache Umschreibung für Ernährung, wenigstens nicht für Ernährung im strengeren Sinne des Wortes, wo es die auf Erhaltung des Elementes gerichtete Thätigkeit bezeichnet. Mit dieser letzteren haben wir es im Augenblicke allein zu thun. Denn Dauergewebe in unserem Sinne sind solche Gewebe, welche der Regel nach während des ganzen entwickelten Lebens sich erhalten; Zeitgewebe solche, welche sich nur für eine gewisse Zeit erhalten und dann „auf natürliche Weise sterben“.

Auch hier müssen wir vor einer Verwechselung warnen. Ein Gewebe kann aufhören zu existiren, ohne dass es stirbt oder hinfällig wird. Das subcutane Schleimgewebe des Fötus findet sich nicht mehr im Erwachsenen und doch ist es weder geschwunden, noch gestorben. Im Gegentheil, es lebt fort in einer anderen Gestalt, nehmlich als Fettgewebe. Seine Zellen existiren noch, sie erhalten sich durch fortdauernde Ernährung, obwohl sie mit Fett gefüllt sind. Hier handelt es sich also um eine Gewebsumwandelung (Metamorphose, Metaplasie). So hört der Zeitknorpel auf zu existiren, aber seine Elemente bestehen fort, obwohl sie nicht mehr Knorpel-, sondern Mark- oder Knochenkörperchen sind. Der Zeitknorpel verknöchert und wenngleich keineswegs, wie man früher annahm, seine organische Grundlage ganz und gar in dem Knochen als sogenannter Knochenknorpel fortbesteht, so sind doch seine Zellen in die neue Bildung eingegangen. In diesen Wechselgeweben finden wir also Persistenz der Zellen bei Veränderung des Gewebscharakters.

Manche abfälligen Gewebe (telae caducae) bieten gerade das umgekehrte Bild dar. Die Zellen fallen ab, ohne dass der Charakter des Gewebes überhaupt aufhört zu existiren. Das beste Beispiel dafür bietet uns die Epidermis. Die obersten Schichten derselben bestehen eigentlich nicht mehr aus lebenden Elementen. Es sind kernlose, verhornte, zusammengetrocknete Schüppchen, welche noch eine Zeit lang der Unterlage einen Schutz gewähren, aber welche ausser Stande sind, selbst die niederste Leistung des Lebens, die Selbsterhaltung, auszuführen. Sie werden endlich lose und blättern ab, wie die Rinde eines Baumes. Aber schon ist neuer Nachwuchs da, der an ihre Stelle tritt. Immer neue epidermoidale Theile gehen aus dem Rete hervor und trotz aller Verluste an der Oberfläche erhält sich die Oberhaut als Gewebe. Aehnlich ist es mit den Epithelien mancher Drüsen (Milchdrüse), mit dem Blute und der Lymphe.

Unter pathologischen Verhältnissen erreichen die hier erwähnten Verhältnisse ein ungleich höheres Maass und sie werden in demselben Grade auffälliger. An der Oberhaut sind es die desquamativen Prozesse, welche in der allergröbsten Form die allmähliche Abblätterung der oberflächlichen Epidermisschichten erkennen lassen. Eine ähnliche Abblätterung zeigt der Nagel, während die Haare zerklüften und „zerfasern“. Aber auch an Schleimhäuten geschieht Aehnliches: die desquamativen Katarrhe des Darms, der Niere und Harnblase, der Scheide (Fluor albus) bringen die abgelösten Epithelien bald in Form zusammenhängender Lamellen und Fetzen, bald als isolirte Zellen zu Tage.

Aber wir würden das Hauptbeispiel übergehen, wenn wir nicht jener eigenthümlichen Erscheinung gedächten, von welcher ich den Namen für diese Gruppe hergenommen habe: ich meine die Ablösung der Decidua uterina bei der Geburt und während des Wochenbettes, sowie in den selteneren Fällen des Abortus und der Dysmenorrhoea membranacea. Auch diese Haut galt bis in die neuere Zeit als eine Exsudathaut, als eine Pseudomembran von mehr oder weniger strukturloser Beschaffenheit (membrane anhiste Robin). Erst das genauere Studium ihrer Entwickelung hat gelehrt, dass die Decidua keine Pseudomembran, kein Exsudat ist, sondern ein durch Wucherung vergrösserter Theil der Uterinschleimhaut selbst12. Sie ist dem entsprechend auch nichts weniger als strukturlos, sondern sie besteht durch und durch aus deutlich geformten Geweben. Aber zum Unterschiede von den bloss desquamativen Prozessen, welche nur das Epithel betreffen, greift die Decidua-Bildung tief in das eigentliche Gewebe der Uterinschleimhaut, denn dasjenige, was sich als puerperale Decidua löst, besteht zum grösseren Theile aus stark vergrösserten Zellen des Bindegewebes. Selbst Gefässe sind durchaus keine Seltenheit in der Decidua, wie sie sich von den Eihäuten des Neugebornen ablösen lässt. Aber, wie bei der Desquamation, so bleibt auch hier ein Theil des Gewebes sitzen, und dieser dient später als Matrix für die regenerative Neubildung.

Sowohl von den Wechselgeweben, als von den hinfälligen Geweben unterscheiden sich die einfachen Zeitgewebe (telae temporariae) dadurch, dass ihre Elemente zu Grunde gehen (absterben), aber nicht durch neue ersetzt werden. Der Meckel'sche Knorpel, ein langer und starker Faden, der sich beim Fötus von dem mittleren Ohr aus an der inneren Seite des Unterkiefers bis zur Symphyse des Kinns erstreckt, schwindet schon mit dem 8. Fötalmonat bis auf die daraus gebildeten Hammer und Ambos. Die Thymusdrüse, eine der grössten Lymphdrüsen des Körpers, „atrophirt“ nach der Geburt gänzlich; alle ihre unzähligen Zellen (Lymphkörperchen) verschwinden; jede Erinnerung ihres lymphatischen Baus geht verloren; an ihrer Stelle findet sich später nur ein kümmerlicher Rest losen Fett- und Bindegewebes. Unter der Ausbildung der Keilbeinhöhlen verschwindet fast alles vorhandene Knochengewebe und Mark aus den sphenoidalen Wirbelkörpern, ohne auch nur eine Spur zu hinterlassen. Die Nabelarterien obliteriren nach der Geburt, d. h. sie verstreichen, ohne dass in den Ligamenta vesicae lateralia, welche an ihre Stelle treten, ein erkennbarer Rest ihrer meist so mächtigen Muscularis übrig bleibt.

Unter Umständen kann das grosse Endergebniss bei den abfälligen Geweben demjenigen bei den einfachen Zeitgeweben sehr ähnlich sein. Wenn epidermoidale Theile immerfort abfallen, so ist die Persistenz des Gewebes, wie wir gesehen haben, nur durch Nachwuchs möglich. Hört jedoch der Nachwuchs gänzlich auf, so wird auch der Defect ein vollständiger und dauernder. Dies kommt allerdings bei der eigentlichen Epidermis nur unter erschwerenden pathologischen Verhältnissen vor, z. B. bei gewissen nässenden Exanthemen; auch beim Nagel nur bei wirklichen Krankheiten des Falzes. Aber es ist ein sehr gewöhnliches Ereigniss bei den Haaren, wenn ihre Matrix, die Haarzwiebel verödet. Es tritt dann dauernde Alopecie ein.

Die Dauerhaftigkeit eines Gewebes ist in keiner Weise abhängig von seiner Festigkeit. Im Gegentheil zeigt sich bei genauerer Untersuchung, dass gerade die Weichtheile (Gehirn und Nerven, Muskeln, manche Drüsen) sich einer grossen Beständigkeit ihrer Elemente erfreuen, während das Knochengewebe, nächst dem elastischen das festeste des ganzen Körpers, durchaus nicht jene Starrheit und Unveränderlichkeit zeigt, welche sprüchwörtlich geworden ist. Die Verknöcherung schützt nicht vor dem Wechsel. Mit verhältnissmässiger Leichtigkeit wird das Knochengewebe wieder weich und verwandelt sich durch Metaplasie in Mark.

Wir stossen hier auf eine neue und nicht wenig verwirrende Eigenschaft der thierischen Gewebe. Dasselbe Gewebe kann je nach dem Orte, an dem es vorkommt, ein Dauer-, ein Wechsel- und ein Zeitgewebe sein. Unzweifelhaft bestehen gewisse Theile der Knochen mindestens von der Pubertät an, manche schon länger, bis zum Tode, sind also ausgezeichnetes Dauergewebe. Andere dagegen tragen in ebenso ausgezeichnetem Sinne den Charakter des Wechselgewebes, indem sie mit fortschreitendem Alter sich in Mark verwandeln. Andere endlich, wie das Keilbein, gewisse Theile des Felsenbeins schwinden schon bald nach der Pubertät und an ihre Stellen treten, wie bei den Vögeln, luftführende Räume. Es gibt also eine tela ossea permanens, eine t. o. mutans und eine t. o. temporaria s. transitoria. Von den Knorpeln ist es längst anerkannt, dass es Dauerknorpel (cartilagines permanentes) und Zeitknorpel (cartilagines temporariae) gibt. Man kann demnach auf Grund der Lebensstatistik der Gewebe keine allgemeingültige Eintheilung derselben machen, sondern man kann nur für die einzelnen Orte im Körper statistisch feststellen, ob ein bestimmtes Gewebe an dieser Stelle permanent oder nur temporär vorkommt.

Eine solche Kenntniss ist aber unentbehrlich für die Uebersicht der Lebensvorgänge. Indem wir ersehen, dass die Thymusdrüse im ersten Lebensjahre schon hinschwindet, während die übrigen Lymphdrüsen bis zum Greisenalter und zum Tode aushalten, indem wir lernen, dass die Gefässe des Glaskörpers schon vor der Geburt obliteriren, während die der Retina fortbestehen, indem wir erkennen, dass der Müller'sche Faden beim Manne früh obliterirt, während der Wolff'sche Gang sich zum Vas deferens entwickelt, so erschliesst sich uns sofort der Einblick in eine Reihe bemerkenswerter Eigenthümlichkeiten der Entwickelung. Dass die Schädel-Synchondrosen früh verknöchern, während die Wirbel-Synchondrosen knorpelig blieben, dass das Schleimgewebe um die Niere in Fettgewebe übergeht, während dasjenige im Glaskörper seine Beschaffenheit bewahrt, ist auf den ersten Blick schwer verständlich, aber nothwendig zu wissen, um die Local-Geschichte und örtliche Bedeutung der Gewebe zu würdigen.

Die Local-Geschichte der Gewebe erhält jedoch ihre Vervollständigung erst durch eine genaue Zeitbestimmung, bei der sowohl Anfang, als Ende des Gewebes festzustellen ist. Wir kommen damit auf die ebenso schwierige, als wichtige genetische Untersuchung, deren Einführung in die moderne Pathologie ich seit einer langen Reihe von Jahren mit besonderem Eifer zu fördern bestrebt gewesen bin. Nicht alle Gewebe des Körpers entstehen zu derselben Zeit und nicht alle sterben zu gleicher Zeit. Auch in dieser Beziehung stellt der Organismus keine Einheit dar, sondern nur eine Gemeinschaft, und die Bezeichnungen, welche wir für die Entwickelungsperioden des Gesammt-Organismus mit Recht wählen, passen keineswegs für die einzelnen Theile und Gewebe. Es gibt jugendliche Gewebe im hohen Greisenalter und senescirende13 Gewebe im Fötus. Selbst der Bulbus des ergrauten Haares erzeugt doch immer noch neue Elemente und bis zum Tode hin strömen immer wieder junge Blutkörperchen in die Gefässe ein. Andererseits sieht schon das fötale Leben zahlreiche Elemente zu Grunde gehen. Der Meckelsche Knorpel und der Wolff'sche Körper sind grösstentheils verschwunden, wenn das Kind zur Welt kommt; die Pupillarmembran, die Vasa omphalomesaraica haben um dieselbe Zeit aufgehört zu existiren. Manche Gewebe lassen sich in eine allgemein-chronologische Reihenfolge bringen. Schleimgewebe ist im Allgemeinen früher da, als Fettgewebe; Knorpel früher, als Knochen. Rothe Blutkörperchen sind jünger, als farblose. Aber dies gilt nicht allgemein. Denn die Bildung des Schleimgewebes ist nicht überhaupt abgeschlossen, wenn die des Fettgewebes beginnt; sie ist nur abgeschlossen an der Stelle, wo Schleimgewebe in Fettgewebe übergeht. An anderen Orten kann neues Schleimgewebe entstehen, während das früher vorhanden gewesene seine Metaplasie längst gemacht hat. Farblose Blutkörperchen bilden sich von Neuem, nachdem unzählige rothe zu Grunde gegangen sind. Dieselbe Art von Gewebe kann also an einem Orte jünger, an einem anderen Orte älter sein. An der Epiphyse eines Röhrenknochens beginnt die Knochenbildung zu einer Zeit, wo die Diaphyse schon seit Monaten zum grossen Theil verknöchert ist. An den Lippen erreicht die Haarbildung zur Zeit der Pubertät die Stärke, welche sie an der Schädelhaube schon in dem ersten Lebensjahre zu zeigen pflegt.

Manche sonst verdiente Forscher haben den Sinn solcher Erscheinungen gänzlich verkannt. Sie sprechen z. B. von embryonalen oder fötalen Geweben im Erwachsenen. Dies ist ein blosses Spiel mit Worten. Ein Gewebe, welches schon im Embryo vorhanden ist und sich als solches extrauterin erhält, ist darum kein embryonales. Permanenter Knorpel, permanentes Schleimgewebe sind eben so wenig embryonal, als die Krystalllinse oder die Hornhaut. Wenn jedes Gewebe, das sich im Erwachsenen so vorfindet, wie es im Fötus besteht, fötal genannt werden sollte, so könnte man auch die Epidermis des inneren Präputialblattes fötal nennen, weil sie feucht zu sein pflegt und eine Vernix caseosa liefert. Embryonal im strengeren Sinne des Wortes (d. h. dem Embryo angehörig) ist nur ein unfertiges, unreifes oder Uebergangs-Gewebe aus der früheren Zeit des intrauterinen Lebens. Embryonale Muskeln sind schmale und verhältnissmässig kurze Cylinder oder Faserzellen mit schmalen Lagen von Fleischsubstanz im Innern. Embryonale Nerven haben noch keine Markscheide. Embryonales Bindegewebe hat noch runde Zellen und eine nicht-faserige Zwischensubstanz. Aber nicht jedes unfertige Gewebe ist darum embryonal. Das Rete Malpighii, die Haarzwiebel, die Zahnpulpe sind und bleiben unfertige Gewebe, denn es soll aus ihnen Epidermis, Haar, Zahnbein entstehen. Sie werden überhaupt niemals fertig, denn sie sind eben zum Nachwuchs bestimmt, sie sind Matricular-Gewebe, welche nicht bloss den Mutterboden für die Ersatzzellen darstellen, sondern welche aus sich selbst durch Proliferation diese Ersatzzellen hervorbringen. Die Mehrzahl der gewöhnlichen Matricular-Gewebe findet sich daher in Verbindung mit abfälligen Geweben; eine kleinere Zahl besorgt gelegentlich das Ersatz-Geschäft für die Wechselgewebe, z. B. Knorpel und Beinhaut für den Knochen. Zwischen der Matrix und dem daraus hervorgegangenen Tochtergewebe ist die Stelle, wo man das Uebergangsgewebe (tela transitoria) zu suchen hat, und nur in dem Falle, dass die ganze Matrix durch die Proliferation aufgezehrt wird, wie es im Ovulum geschieht, welches in seiner Totalität in Bildungszellen aufgeht, tritt das Uebergangsgewebe als eigentlich embryonales für eine gewisse Zeit hindurch scheinbar ganz selbständig auf.

Wirklich embryonal sind eben nur Gewebe des Embryo. Der Nabelstrang z. B. besteht seinem grössten Theile nach aus embryonalem Schleimgewebe; der Glaskörper des Embryo desgleichen. Aber man hat kein Recht, auch den Glaskörper des Erwachsenen aus embryonalem Schleimgewebe bestehen zu lassen, bloss deshalb, weil das Schleimgewebe in ihm persistirt. Hier liegt vielmehr ein Dauergewebe vor, welches mit dem Augenblicke der Geburt aufgehört hat, embryonal zu sein.

Es giebt vielleicht kein Gewebe, welches in einem so hohen Maasse den Charakter eines embryonalen Zeitgewebes an sich trägt, als die Chorda dorsualis (Notochorde R. Owen). Es ist dies ein aus grossen, blasigen Zellen zusammengesetzter Strang, welcher ursprünglich durch die ganze Ausdehnung der später von den Wirbelkörpern und den Zwischenwirbelscheiben eingenommenen Region vom Keilbein bis zum Steissbein hindurchläuft. Er stellt ein fast reines Zellengewebe dar, welches man versucht sein könnte, den Epithelialformationen anzureihen, wenn er nicht seiner ganzen Stellung nach den Geweben der Bindesubstanz angehörte. Indes bleibt die Intercellular-Secretion an ihm auf ein Minimum beschränkt. Früher nahm man allgemein an, dass nur bei den niedrigsten Fischen die Chorda persistire, dass sie dagegen bei allen höheren Wirbelthieren und namentlich beim Menschen ein rein embryonales oder fötales Gewebe sei, welches schon vor der Geburt gänzlich verkümmere. Erst Heinrich Müller hat dargethan, dass ein Theil der Chorda sich noch nach der Geburt erhält. Daraus folgt, dass genau genommen selbst dieses Gewebe den Namen eines embryonalen nur während einer gewissen Zeitdauer verdient; der laxere Gebrauch, auch die nach der Geburt noch fortbestehenden Theile fötal zu nennen, rechtfertigt sich nur dadurch, dass dieselben in der That nur einen für das spätere Leben bedeutungslosen Rückstand einer fötalen Bildung darstellen.

Eine derartige Concession darf jedoch nicht zu immer weiteren Forderungen gemissbraucht werden. Was soll man davon sagen, wenn im Ernst von einigen Schriftstellern erklärt wird, das Schleimgewebe sei embryonales oder fötales Bindegewebe? Sieht man nicht, dass man mit gleichem Rechte das Knorpelgewebe aus der Reihe der selbständigen Gewebe streichen und dasselbe einfach als embryonales Knochengewebe bezeichnen könnte? Ich will gar nicht davon sprechen, dass nicht einmal die vorausgesetzte Thatsache richtig ist, indem das Schleimgewebe gewöhnlich in Fettgewebe, aber nicht in eigentliches Bindegewebe übergeht. Aber gesetzt, es wäre richtig, dass Schleimgewebe das Bildungsgewebe für Bindegewebe sei, so muss man sich doch darüber klar werden, dass nicht jedes Bildungsgewebe (tela formativa s. formans) embryonal genannt werden kann, gleichviel zu welcher Zeit des Lebens es sich findet. Es gibt dreierlei Arten von Bildungsgewebe: Matriculargewebe (Matrices) im engeren Sinne des Wortes, welche durch Proliferation, also durch Hervorbringung neuer Elemente, ein Tochtergewebe erzeugen, neben welchem sie fortbestehen, blosse Vorgewebe (telae praecursoriae), welche durch die Proliferation verzehrt werden und nach der Erzeugung der neuen Gewebe nicht mehr vorhanden sind, und endlich Uebergangsgewebe (telae transitoriae), welche sich durch Metaplasie, ohne wesentliche Veränderung in der Zahl ihrer Elemente, in andere Gewebe umbilden. Im Embryo kommen alle drei Arten vor, und man fasst sie gelegentlich wohl unter dem Sammtnamen der Anlagen oder Keimgewebe (telae germinativae) zusammen.

Die Eizelle ist gewissermaassen der Prototyp eines Vorgewebes, denn obwohl durch fortschreitende Proliferation aus ihr die späteren Gewebe des Embryo hervorgehen, so hört sie selbst doch auf zu existiren. Sie verhält sich in dieser Beziehung, wie jene Epithelialzellen, aus deren Wucherung die von ihnen selbst ganz verschiedenen Drüsenzellen hervorgehen. So erklärt es sich, dass auch die Drüsenbildung eine einmalige ist, die sich nicht fortsetzt oder wiederholt, wie die Bildung der Haare oder des Nagels oder der Epidermis, bei denen ein gewisser Theil der germinativen Zellen als Matrix persistirt. Die Haarzwiebel, die Falzzellen des Nagels, das Rete Malpighii wuchern ebenfalls, aber nicht alle ihre Elemente gehen gleichzeitig oder kurz nach einander in das neue Gewebe auf. So ist der Knorpel eine wahre Matrix, die trotz reichlichster Wucherung an den meisten Orten noch einen gewissen Rest unversehrter Substanz übrig behält, aus welcher immer wieder von Neuem Mark und Knochengewebe erzeugt werden können. Allerdings besteht, wie leicht ersichtlich, zwischen den Vorgeweben und den Matriculargeweben keine scharfe Grenze. Die Bildung der Krystallinse wird frühzeitig abgeschlossen, und, wie wir gesehen haben, niemals später wird nach dem Verlust derselben eine neue vollständige Linse regenerirt. Nichtsdestoweniger persistirt ein gewisser Theil der germinativen Zellen und eine unvollständige Reproduction der Linse ist daher allerdings möglich. Das Kapsel-Epithel ist demnach mehr als Matrix und nicht als blosses Vorgewebe aufzufassen.

Manche embryonale Gewebe erscheinen unter Verhältnissen, wo man versucht wird, sie entweder für Matriculargewebe oder wenigstens für Vorgewebe zu halten. Die Chorda dorsualis liegt inmitten der späteren Wirbelkörper und ihr knorpelartiger Charakter legte es nahe, in ihr die erste Anlage der späteren Wirbelkörper und zwar namentlich der knorpeligen Matrices derselben zu sehen. In der That hat man geglaubt, dass aus ihr oder doch aus ihrer Scheide die Vertebralknorpel hervorgingen. Erst die neuere Forschung hat gelehrt, dass dies ein Irrthum war, indem die Knorpel ausserhalb der Chorda und ihrer Scheide entstehen. Aehnlich war es mit dem sogenannten Meckel'schen Knorpel, dessen Lage in unmittelbarer Verbindung mit dem Unterkiefer es wahrscheinlich machte, dass er wirklich die Matrix des Unterkiefers sei. Aber auch hier erweist sich der Knochen als eine äussere Belagsmasse des Knorpels. Während der letztere daher sich hier als ein rein fötales Zeitgewebe darstellt, so gehen aus seinem hinteren Ende allerdings der Hammer und Ambos, namentlich in sehr deutlicher Weise der Hammerfortsatz hervor, und es erweist sich daher dasselbe Gebilde, welches an seinem vorderen Ende eine bloss temporäre Bedeutung hat, in seinem hintersten Abschnitte als ein wirkliches Vorgewebe.

Was die Uebergangsgewebe betrifft, so entstehen sie entweder aus den Vorgeweben oder aus Matriculargeweben. Die aus der Furchung der Eizelle entstehenden Ur- oder Bildungszellen (cellulae primordiales s. formativae) bieten ein schönes Beispiel dafür. Die farblosen Blutkörperchen stehen ihnen nahe. Manche Uebergangselemente zeichnen sich durch ganz besondere, sonst fast gar nicht normal vorkommende Formen aus. Ich erinnere in dieser Beziehung an die vielkernigen Riesenzellen des Knochenmarks. Andere Uebergangselemente wiederum haben so indifferente und gleichmässige Formen, sie stellen so sehr die einfachste Erscheinung nicht differenzirter Zellen dar, dass man gerade deshalb vielfach geneigt ist, sie sämmtlich zu identificiren, und, wie früher unter dem Namen von Primordial- oder Exsudatzellen, so jetzt unter dem der farblosen Blutkörperchen zusammenzufassen. Gerade im Knochenmark, wie in der Milz, kommen neben grossen und vielkernigen Elementen solche kleine, runde, einfache Zellen sehr häufig vor.

Der entwickelte Organismus zeigt in allen diesen Beziehungen keine durchgreifenden Verschiedenheiten von dem fötalen. Die blosse Form der Elemente oder Gewebe genügt daher keineswegs, dieselben für fötal oder embryonal auszugeben. Die Gesetze der Entwickelung gelten für alle Zeiten des Lebens, und wenn dieselben nicht zu allen Zeiten in gleicher Ausdehnung und Häufigkeit zur Geltung kommen, so darf man darüber nicht vergessen, dass die Bedingungen nicht zu allen Zeiten gleiche sind. Eine correcte Terminologie ist aber nur zu gewinnen, wenn wir jedem Lebensalter seine besondere Beziehung lassen. Gerade die Pathologie muss in dieser Beziehung besonders streng sein, da ihr Erfahrungsgebiet eine grosse Reihe von Erscheinungen umfasst, welche im gewöhnlichen Leben auf gewisse Zeiten der Entwickelung, z. B. auf das embryonale Leben beschränkt sind, welche aber unter krankhaften Verhältnissen zu ganz ungehörigen Zeiten auftreten. Muskel- und Nervenfasern von ganz embryonalem Charakter können im Zeitalter der Pubertät oder noch später entstehen, aber wenn man sie ihres Charakters wegen embryonal nennen wollte, so würde man Gefahr laufen, die grösste Verwirrung hervorzurufen.

Es erhellt aus diesen Erörterungen, dass wir trotz der Wichtigkeit der physiologischen Gesichtspunkte doch einer rein anatomischen Classification der Gewebe nicht entbehren können. Sie bildet für die Physiologie und Pathologie eine ebenso nothwendige Grundlage, wie die anatomische Classifikation der Pflanzen und Thiere für die Botanik und die Zoologie. Gleichwie jedoch der Botaniker und der Zoolog jede einzelne Species und Varietät, ja wie der Gärtner und der Viehzüchter jedes Individuum von Baum und Thier besonders in seinen Eigenschaften und Eigenthümlichkeiten studiren muss, so wird auch der Physiolog und noch mehr der Patholog auf eine gleiche Individualisirung und Localisirung seiner Forschungen hingewiesen.

Bevor ich jedoch diese Betrachtungen schliesse, muss ich noch ein Paar Augenblicke bei der Erörterung einiger wichtiger principieller Punkte verweilen, welche die thierischen Gewebe in ihrer Verwandtschaft unter einander und Abstammung von einander betreffen, und welche wiederholt zu allgemeinen, mehr physiologischen Formulirungen Veranlassung gegeben haben.

Als Reichert es unternahm, die Gewebe der Bindesubstanz zu einer grösseren Gruppe zusammenzufassen, ging er hauptsächlich von dem philosophischen Satze aus, dass der Nachweis der Continuität der Gewebe über ihre innere Verwandtschaft entscheiden müsse. Sobald man erkennen könne, dass irgend ein Theil mit einem andern continuirlich (durch inneren Zusammenhang, nicht durch blosses Zusammenstossen) verbunden sei, so müsse man auch beide als Theile eines gemeinschaftlichen Ganzen betrachten. Auf diese Weise suchte er zu beweisen, dass Knorpel, Beinhaut, Knochen, Sehnen u. s. f. wirklich ein Continuum, eine Art von Grundgewebe des Körpers bildeten, die Bindesubstanz, welche an den verschiedenen Orten gewisse Differenzirungen erfahre, ohne dass jedoch der Charakter des Gewebes als solchen  dadurch aufgehoben würde. Dieses sogenannte Continuitäts-Gesetz hat bald die grössten Erschütterungen erfahren, und gerade in der jüngsten Zeit sind so gefährliche Einbrüche in dasselbe geschehen, dass es kaum noch möglich sein dürfte, daraus ein allgemeines Kriterium für die Bestimmung der Art eines Gewebes herzunehmen. Man hat immer neue Thatsachen für die Continuität solcher Gewebs-Elemente beigebracht, welche nach Reichert toto coelo auseinander gehalten werden müssten, z. B. von Epithelial- und Bindegewebe; insbesondere haben sich die Angaben gehäuft, dass cylindrische Epithelzellen in fadenförmige Fasern auslaufen, welche direct in Zusammenhang treten mit Bindegewebs-Elementen, z. B. am Darm. Ja, man hat sogar in der neuesten Zeit eine Reihe von Angaben gemacht, nach denen solche Zellen der Oberfläche nach Innen fortgehen und dort mit Nervenfasern in unmittelbarem Zusammenhang stehen sollten, z. B. am Gehirn. Was das letztere betrifft, so muss ich bekennen, dass ich noch nicht von der Richtigkeit der Darstellung überzeugt bin, allein was den ersteren Fall anbelangt, so besteht ein wirkliches Continuitäts-Verhältniss der Elemente. Man ist also nicht mehr im Stande, scharfe Grenzen zwischen jeder Art von Epithel und jeder Art von Bindegewebe zu ziehen; es ist dies nur da möglich, wo Plattenepithel sich findet, und auch hier nicht überall, während die Grenzen zweifelhaft sind überall, wo Cylinder-Epithel existirt.

Ebenso verwischen sich die Grenzen auch anderswo. Während man früher zwischen Muskel- und Sehnen-Elementen eine scharfe Grenze annahm, so hat sich auch hier, zuerst durch Hyde Salter und Huxley, ergeben, dass an die Elemente des Bindegewebes direct Faserzellen sich anschliessen, welche nach und nach den Charakter quergestreifter Muskeln annehmen. Auf diese Art ergeben sich in dem Bindegewebe sowohl mit den Elementen der Oberfläche, als mit den edleren Elementen der Tiefe continuirliche Verbindungen. Erwägt man nun andererseits, dass die Elemente des Bindegewebes aller Wahrscheinlichkeit nach bestimmte Beziehungen zu dem Gefässapparat, insbesondere zu den Lymphgefässen haben, so liegt es sehr nahe, in dem Bindegewebe eine Art von indifferentem Sammelpunkt, eine eigenthümliche Einrichtung für die innere Verbindung der Theile zu sehen, eine Einrichtung, die allerdings nicht für die höheren Funktionen des Thieres, aber wohl für die Ernährung und Entwickelung von der allergrössten Bedeutung ist.

Noch viel auffälliger sind die Beziehungen zwischen den letzten Verzweigungen der peripherischen Nerven und den Elementen anderer Gewebe. Seit Doyère hat sich die Aufmerksamkeit hauptsächlich der Verbindung zwischen den letzten Ausläufern der motorischen Nerven und den Muskelprimitivbündeln zugewendet, und es ist nicht mehr zweifelhaft, dass die ersteren das Sarkolemm durchbohren und in direkten Contakt mit der Fleischsubstanz treten. Noch weiter gehen die Verbindungen zwischen den terminalen Nerven und den Epithelien. Hensen hat in Froschlarven die Nervenfädchen bis zu den Kernkörperchen der Hautepithelien verfolgt; Lipmann hat Aehnliches an dem hinteren Epithel der Hornhaut und selbst an den Körperchen der Hornhaut wahrgenommen. Pflüger sah die letzten Nervenausläufer an die Zellen der Speicheldrüsen treten.

An die Stelle des Continuitätsgesetzes muss man daher nothwendig etwas Anderes setzen. Nicht der Zusammenhang zwischen den Theilen, welcher möglicherweise erst einer späteren Entwickelungszeit angehört, und welcher Verbindungen zwischen Theilen sehr verschiedener Natur herbeiführen kann, sondern die Entstehung ist entscheidend. Die Verwandtschaft der Gewebe führt zurück auf eine gemeinsame Abstammung (Descendenz). Allerdings lehrt die Geschichte des befruchteten Ei's, dass in letzter Abstammung die verschiedenartigsten Gewebe von einem gemeinschaftlichen Anfange ausgehen, aber in dem Fortgange der Proliferation kommen wir an gewisse Stadien, wo die einzelnen Zellen oder Zellengruppen ihre Differenzirung beginnen, und von hier aus kehrt jede Zelle oder Zellengruppe ihre besondere Eigenthümlichkeit heraus. Eine gewisse Familienähnlichkeit kann ihnen allen anhaften; nichtsdestoweniger geht eine jede Gruppe ihren eigenen Weg, der von dem der anderen verschieden ist. Bei Menschen einer bestimmten Race finden sich gewisse Eigenschaften der Haare und der Haut, des Schädel- und Zahnbaus, der Grösse und des Umfanges der verschiedensten Skelettheile mit so grosser Beständigkeit wieder, dass wir aus einzelnen Merkmalen auf die Anwesenheit der anderen schliessen können. Der gemeinsame Ursprung aller Gewebe von dem einen befruchteten Ei gibt die allerdings nur grobe Erklärung dieser Erfahrung. Von Zelle zu Zelle pflanzt sich wenigstens etwas aus dem ursprünglichen Vorgewebe fort. Je mehr sich die Matriculargewebe ausbilden, um so sichtbarer wird die Verwandtschaft ihrer Derivate unter einander. Wenn aus dem Rete Malpighii des Embryo einerseits Haarzwiebeln, andererseits Schweiss- und Talgdrüsen entstehen, so lässt sich vermuthen, dass eine gewisse Beziehung zwischen Haarbildung und Absonderung von Schweiss und Talg bestehen muss, und es begreift sich, dass Beides bei einem Neger anders ist, als bei einem Weissen.

Eine genauere Kenntniss der Stammbäume der Gewebe wird manches noch jetzt bestehende Räthsel lösen. Leider sind die embryologischen Erfahrungen noch keineswegs sicher genug, um auch nur eine Uebersicht zu geben. Hat doch erst in neuerer Zeit His alle früheren Vorstellungen angegriffen, indem er das embryonale Bindegewebe gar nicht von der Eizelle, sondern von dem Dotter ausgehen lässt, der sich ausserhalb derselben befindet. Schon die früheren Embryologen waren darin einig, dass eine andere Quelle für das Bindegewebe, als für die Epithelialformation besteht, dass besondere Heerde für Muskel- und Nervenbildung existiren. Je weiter die Forschung schreitet, um so sicherer wird sich von diesem Felde aus die genetische Topographie des Körpers gestalten lassen.

Für den erwachsenen Körper, ja schon für die späteren Zeiten der fötalen Entwickelung ist von entscheidender Wichtigkeit das Gesetz der histologischen Substitution. Bei allen Geweben derselben Gruppe besteht die Möglichkeit, dass sie gegenseitig für einander eintreten. Zu verschiedenen Zeiten des Lebens finden sich an derselben Stelle verschiedene Glieder einer Gewebsgruppe. Bei verschiedenen Thierklassen wird an einem bestimmten Orte des Körpers das eine Gewebe ersetzt durch ein analoges Gewebe derselben Gruppe, mit anderen Worten, durch ein histologisches Aequivalent.

Eine Stelle, welche Cylinderepithel trägt, kann Plattenepithel bekommen; eine Fläche, die anfänglich flimmerte, kann später gewöhnliches Epithel haben. So treffen wir an der Oberfläche der Hirnventrikel zuerst Flimmer-, späterhin einfaches Plattenepithel. Die Schleimhaut des Uterus flimmert für gewöhnlich, aber in der Gravidität wird die Schicht der Flimmercylinder an der Decidua ersetzt durch eine Lage von Plattenepithel. An Stellen, wo weiches Epithel vorkommt, entsteht unter Umständen Epidermis, z. B. an der vorgefallenen Scheide, an den Stimmbändern. In der Sclerotica der Fische findet sich Knorpel, während sie beim Menschen aus dichtem Bindegewebe besteht; bei manchen Thieren kommen an Stellen der Haut Knochen vor, wo beim Menschen nur Bindegewebe liegt, aber auch beim Menschen wird an vielen Stellen, wo gewöhnlich Knorpel liegt, zuweilen Knochengewebe gefunden, z. B. an den Rippenknorpeln. Knorpel kann sich in Schleimgewebe, dieses in Fettgewebe oder in Knochengewebe umwandeln, wie es bei der gewöhnlichen Knochen-Entwickelung der Fall ist. Am auffälligsten sind diese Substitutionen im Gebiete der Muskeln. Der Oesophagus besitzt in seinem oberen Abschnitte quergestreifte, im unteren glatte Muskelfasern. Bei einigen Fischen findet sich quergestreifte Muskulatur an Theilen des Nahrungskanals, wo die anderen glatte haben, z. B. am Magen des Schlammpeitzgers (Cobitis) und am Darm der Schleie (Tinca).

Nicht alle diese Substitutionen sind gleichwerthig. Ein Theil derselben führt direkt auf Metaplasie (S. 70) zurück, indem die Elemente persistiren und entweder ihren Charakter ändern, oder eine andere Art von Intercellularsubstanz abscheiden. Wenn Knorpel in Schleimgewebe übergeht, so bleiben seine Zellen bestehen und die Intercellularsubstanz wird weich. Ein anderer Theil der Substitutionen, nehmlich alle diejenigen, bei welchen es sich um verschiedene Arten von Thieren handelt, also alle diejenigen, welche der vergleichenden Anatomie angehören, zeigt uns parallele, aber nicht continuirliche Reihen. Haare und Federn sind parallele, Knorpel und Knochen continuirliche Aequivalente.

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Mein Archiv 1854. Bd. VI. S. 266.

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Froriep's Neue Notizen 1847. März. No. 20. Gesammelte Abhandlungen zur wissenschaftl. Medicin Frankf. 1856. S. 775.

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Mein Handbuch der spec. Path. u. Ther. 1854. Bd. I. S. 310.

Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre

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