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Gesellschaftliche Veränderung ist Veränderung der materiellen Lebensbedingungen

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»It’s the economy, stupid!« 33

James Carville

Der Begriff Ökonomie beschreibt die Formen der Sicherung des Lebens der Menschen und deren materielle Grundlage: von der Herstellung über die Verteilung und Verbreitung materieller Güter – also Produktion, Handel, Konsumation von materiellen Gütern bis zur Verteilung des materiellen Wohlstands, der daraus entsteht. Die wissenschaftliche Ökonomie hat zahlreiche Konzepte und Modelle hervorgebracht, die die Veränderungen des gesellschaftlichen Wirtschaftens beschreiben. Es sind Modelle, keine Wahrheiten.

Karl Marx entwickelte eine auf Adam Smiths Arbeiten beruhende Theorie der Ökonomie und stellte die These auf, dass die Ökonomie die Grundlage aller gesellschaftlichen Entwicklungen ist. Es ist das gesellschaftliche »Sein«, das das »Bewusstsein« und damit das Handeln der Menschen bestimmt. In dieser »materialistischen« Tradition entwickelte der russische Ökonom Nikolai Kondratieff eine »Wellen-Theorie«, die auf der These basiert, ökonomische Veränderungen seien Treiber der gesellschaftlichen Veränderungen.34 Er beschreibt die Entwicklung der modernen Ökonomie als wellenförmige, zyklische Prozesse, die nach ihm benannten Kondratieff-Zyklen, die immer wiederkehrende Phasen des Wachstums, des Niedergangs und der Erneuerung sind (siehe Abb. 9).

Die ökonomischen Wellenbewegungen werden jeweils durch neue Produktionsmittel und Technologien ausgelöst und dauern in der modernen Industriegesellschaft etwa 40–60 Jahre: Die Dampfmaschine beendete beispielsweise die agrarisch geprägte Ökonomie; sie ermöglichte die erste Industriegesellschaft und die Massenproduktion von Gütern. Die nächste Welle wurde durch die Erfindung des Stahls ausgelöst, wodurch vollkommen neue und stabilere Güter erzeugt werden konnten. Die Nutzung von Elektrizität und Chemie führte zur dritten großen Welle der ökonomischen Entwicklung, die wieder neue Industrien und Produkte, aber auch neue Lebensformen hervorbrachte.


Abb. 9: Kondratieff-Zyklen35

Kondratieffs Wellenmodell beginnt bei der Dampfmaschine und endet vorläufig mit der vierten ökonomischen Welle der Nutzung fossiler Energiequellen. Jede Welle weist einen Prozess der Veränderung auf: vom beginnenden Wohlstand (»prosperity«) über einen Rückgang des Wohlstands (»recession«) zur ökonomischen Krise und Depression (»depression«) bis hin zu einem erneuten Aufschwung, einer Verbesserung (»improvement«) der Wirtschaft.

Der deutsche Zukunftsforscher und Mitglied des Club of Rome Leo A. Nefiodow setzt auf diesem Modell auf und prognostiziert eine sechste Welle, ausgelöst durch die neuen Informationstechnologien. Seine Prognose für die Zukunft lautet: Das 21. Jahrhundert wird das Zeitalter der Kooperation sein, nachdem die Phasen davor eine so hohe Komplexität von Ökonomie und Gesellschaft geschaffen haben, dass die daraus entstehenden Probleme nur durch Kooperationen gelöst werden können. Diese Theorie wurde von vielen Ökonomen aufgegriffen.36

Auch der Ökonom Jeremy Rifkin sieht die Ökonomie als Treiber von gesellschaftlichen Veränderungen, allerdings nur dann, wenn noch weitere Faktoren dazukommen:

»Die wesentlichen ökonomischen Umwälzungen der Geschichte haben einen gemeinsamen Nenner: Alle erfordern sie drei Elemente, die im wechselseitigen Miteinander das Funktionieren des Systems als Ganzes ermöglichen: ein Kommunikationsmedium, eine Energiequelle und einen Transportmechanismus.«37

Der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister sieht die Impulse, die die Geschichte vorantreiben, ebenfalls in der Ökonomie und in den Unterschieden bzw. Gegensätzen von Klasseninteressen. Drei Faktoren wirken auf die Geschichte ein:

»Erstens, eine schwere Krise und damit eine wachsende Zahl von Erniedrigten, zweitens, eine Organisation ihrer Interessen, und drittens, eine ›Navigationskarte‹, welche der Bewegung Orientierung und Ausdauer verleiht.«38

Systemische Beratung der Gesellschaft

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