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Das zweite Haus
Innere Sicherheit

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Der Begriff »innere« Sicherheit macht bereits deutlich, dass zwischen einem Innen und einem Außen unterschieden wird. Im politischen Kontext markiert die Staatsgrenze die entsprechende Trennlinie. Wir können den Begriff der inneren Sicherheit aber durchaus auch auf den einzelnen Menschen übertragen. »Innen« lässt sich dann mit »Ich« gleichsetzen, das »Außen« entspricht dem »Du«. Innere Sicherheit bezieht sich dann auf die Festigkeit einer Person, auf die Stabilität, die, wenn wenig innere Sicherheit vorhanden ist, leicht vom Außen, vom Du, ins Wanken gebracht werden kann.

Wie sicher (oder unsicher) erleben wir unseren psychischen Innenraum? Wie angreifbar erscheint uns unser Territorium? Wie deutlich kann ich sagen »ich bin«, ohne dabei Bedrohung von außen, vom Du zu fürchten? Und wie angstfrei kann ich mit meinem Besitz umgehen? Im Horoskop finden wir Antworten auf diese Fragen, wenn wir das zweite Haus näher betrachten.

Das zweite Haus beschreibt den Eigenwert einer Person. Leider wird es häufig oberflächlich als »Haus des Geldes« gedeutet. Der Selbstwert wird in diesen Fällen gemessen an der Dicke der Brieftasche. Im westlichen Kulturkreis dieser Zeit ist dies durchaus eine übliche Form, den (vermeintlichen) Eigenwert sozial zu demonstrieren. Solange mir mein Wert, meine Talente und Fähigkeiten jedoch nicht im Inneren klar sind, solange ich auf äußeren Ersatz zurückgreifen muss, solange bleibt zugleich die Befürchtung, dass mir dieser Ersatz abhanden kommen kann. Er ist nämlich nicht untrennbar mit mir verbunden. Niemand kann Ihnen Ihre Talente stehlen – wohl aber Ihre Taler.

Wie sehr uns dieser Ersatz bereits zur Gewohnheit geworden ist, merken wir zum Beispiel, wenn ein Autofahrer, über sein geparktes Fahrzeug sagt: »Ich stehe im Halteverbot,« während er selbst doch bei Ihnen auf dem Sofa sitzt. Das Automobil repräsentiert stellvertretend den Eigenwert des Eigentümers; ja es repräsentiert geradezu den Eigentümer selbst.

Eine exoterische Astrologie, also eine auf Äußerlichkeiten bezogene Sicht, betont das Materielle über und vermeidet die Suche nach Sinn und Bedeutung von Ereignissen. Eine seriöse, psychologische und / oder spirituelle Astrologie hingegen wagt den Blick hinter die Kulissen und wird die Aufmerksamkeit auf einen anderen Punkt lenken – bei Fragen des zweiten Hauses verlagert sich die Aufmerksamkeit vom Haben zum Sein.

Dorthin gelangen wir, wenn wir uns überlegen, was wir haben, wenn wir nichts mehr haben: Was besitzen Sie außer Ihren materiellen Gütern? Der Mensch besitzt zunächst einmal einen Körper. Mehr noch: Ohne Körper kann er nicht auf der Erde wandeln. Das primäre Sicherheitsbedürfnis ist eines, das auf den Körper ausgerichtet ist: genug Nahrung und Schlaf bekommen, angenehm temperiert sein, keine Schmerzen erleiden etc.

Sobald ich beispielsweise ein undefinierbares Brennen im Inneren meines Körpers spüre, fühle ich mich nicht nur unwohl, sondern reagiere zugleich ängstlich: »Was ist da drinnen los? Besteht Gefahr?« Meine Sicherheit ist eingeschränkt. Das zweite Haus ist ein körperliches Haus. Ihm ist das Element Erde zugehörig. Alle erdhaften Faktoren im Horoskop bedürfen der Körperlichkeit. Man hat das Bedürfnis, etwas zum Anfassen zu haben. So führt der Weg zur inneren Sicherheit auch über den eigenen Körper.

Das ist der Grund, warum in der Horoskopdeutung Sinnlichkeit und Genuss als Themen des zweiten Hauses auftauchen. Es ist eine Sinnlichkeit, die direkt taktil gespürt werden will: Massage, ein Bad nehmen, gutes Essen, das ich mir einverleibe. Also sinnlich wahrnehmbare Reize, die Genuss verschaffen. Denn Genießen ist nur möglich, wenn es zugelassen wird. Hier besteht eine Wechselwirkung zum Selbstwertgefühl: Ich bin es mir wert, vorzüglich und in Ruhe zu essen. Andersherum: Wenn ich mir die Zeit und Ruhe nehme, mich verwöhnen zu lassen (oder selbst zu verwöhnen), dann poliere ich damit zugleich meinen Eigenwert, lenke die Aufmerksamkeit auf mein Selbst, komme mehr mit mir und damit mit meiner inneren Stabilität in Kontakt.

Außer dem Körper besitzt ein Mensch Eigenschaften, Talente und Fähigkeiten. Das, was ich an Potentialen und Kräften mitbekommen habe, steht in enger Verbindung mit der Art und Weise, wie ich diese Kräfte verwende. Was nutzt es, wenn in mir die Fähigkeit zu tiefgehender Intuition angelegt ist, ich sie aber brachliegen lasse und verleugne? Eigentum verpflichtet. Dies gilt nicht nur für Häuslebauer, sondern eben auch für den Besitz von Begabungen.

Im Horoskop ist der mahnende Zeigefinger dieser Verpflichtung angezeigt durch das Erdtrigon, das die Häuser zwei, sechs und zehn (und auch die Zeichen Stier, Jungfrau und Steinbock) miteinander verbindet. Bei Steinbock / Haus 10 und Jungfrau / Haus 6 fällt es uns leicht, Pflicht und Arbeit zu assoziieren. Wir tun es meist mit einer etwas bitteren Grimasse, da wir Pflicht und Arbeit häufig nur in ihrer negativen Form kennen: wirtschaftlich orientierte Leistungspflicht und entfremdetes, monotones Mühen und

Plagen. Pflicht im spirituellen Sinne jedoch ist die Aufforderung, mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, das heißt, mit all Ihren Anlagen und Talenten über sich selbst hinauszuwachsen und sich weiterzuentwickeln. Arbeit in diesem Zusammenhang bedeutet, konkret zu werden. Es reicht eben nicht, sich luftige Gedanken zu machen, sondern erdhafte Sichtbarmachung ist gefordert. Und das ist Arbeit. Das zweite Haus im individuellen Horoskop zeigt also auch, wie die Talente angewendet werden können. Dies wird in erster Linie über die Zeichenfärbung des Hauses deutlich.

Spitze zweites Haus in ...

... Widder

Streitet für den Erhalt seines Selbstwertes. Fühlt sich in Phasen der Mutlosigkeit verunsichert. Kann sich für seine eigenen Wertvorstellungen engagiert einsetzen.

... Stier

Kann sich gut abgrenzen und erkennt den eigenen Wert unabhängig von den Werten anderer. Im Extremfall jedoch zu bequem, um sich selbst etwas Gutes zu tun. Genuss ist der Königsweg zur inneren Sicherheit.

... Zwillinge

Ist gewandt in Dingen des Selbstwertes, wenn er nicht als Klugschwätzer daherkommt. Kann Informationen zum Aufbau eines eigenen Wertesystems verarbeiten. Ist auch als Händler geschickt.

... Krebs

Benötigt einen eigenen Raum für die Gefühlswelt. Kann sich selbst gut nähren. Neigt in launischen Phasen dazu, sich an andere zu klammern und diese übermäßig zu bemuttern.

... Löwe

Managt seinen Selbstwert kreativ und autonom. Empfindet Unsicherheit, wenn er sein Licht unter den Scheffel stellt. Flirts und sexuelle Abenteuer stärken das Selbstwertgefühl.

... Jungfrau

Kann sorgfältig mit seinen Werten und Talenten umgehen. Kompensiert Selbstwertmangel durch übertriebene Gesundheitsvorsorge oder Ordnungsliebe. Begabung zur analytischen Beobachtung.

... Waage

Die eigenen Werte wollen auf hohem Niveau gelebt werden. An Konventionen orientierte, vordergründige Höflichkeit überdeckt einen Mangel an Eigenliebe. Ästhetik und guter Geschmack sind ihm naturgegeben.

... Skorpion

Erforscht seine eigenen Wertmaßstäbe. Fixiert sich bei Unsicherheit auf Macht und demonstriert Einfluss. Hat die Fähigkeit, sein Selbstwertkonzept zu verändern und zu wandeln.

... Schütze

Höhere Bildung und Erweiterung des Wissenshorizontes bilden die Grundlage für innere Ruhe. Unsicherheit wird mit Prestigegehabe und Maßlosigkeit überspielt. Hat die Fähigkeit, Einsichten und Zusammenhänge in Bezug auf Wertmaßstäbe zu erkennen.

... Steinbock

Erarbeitet sich langsam ein eigenes Wertesystem. Neigt bei Mangel an innerer Sicherheit dazu, kritiklos vorgegebene Normen zu übernehmen. Kann die Gesetzmäßigkeiten der wirtschaftlichen und psychologischen Stabilität erkennen.

... Wassermann

Freiheit und Unabhängigkeit sind Garanten für Genuss und inneren Frieden. Schießt im Extremfall mit Extravaganzen und Grenzenlosigkeit über das Ziel hinaus. Hat eine Vorstellung von den Werten von übermorgen.

... Fische

Orientiert sich an inneren oder höheren Werten. Empfindet sich in Phasen des Selbstwertmangels als fern von Genuss und Sinnlichkeit. Kann mit träumerischer Sicherheit Alternativen zu herkömmlichen Wertsteigerungsmöglichkeiten aufspüren.

Im Unterschied zur Zeichenfärbung betonen Planeten im zweiten Haus die Hilfskräfte, über die wir unsere Talente besser entdecken können und die letztlich unser Selbstwertgefühl und damit das Gefühl der inneren Sicherheit stabilisieren.

Der Weg zu mehr Selbstwert führt über ...

Sonne

... Ausdruckskraft und Großzügigkeit, sich »verstrahlen«. Treue zu sich selbst bringt innere Sicherheit.

Mond

... Bedürftigkeit und Versorgenkönnen. Familienbezug bringt innere Sicherheit.

Merkur

... Sprechen und Bewegung. Kontakte bringen Sicherheit.

Venus

... Ästhetik und Sinnlichkeit. Beziehungen bringen innere Sicherheit.

Mars

... Pioniertaten und Mut. Spontaneität bringt Sicherheit.

Jupiter

... Optimismus und Sinnfragen. Begeisterung bringt innere Sicherheit.

Saturn

... Tradition und Ehrgeiz. Kontinuität bringt Sicherheit.

Uranus

... Technik und Ideenreichtum. Visionen bringen innere Sicherheit.

Neptun

... Intuition und Sensibilität. (Gott-)Vertrauen bringt innere Sicherheit.

Pluto

... Forschen und Einfluss nehmen. Veränderungsprozesse bringen innere Sicherheit.

Was passiert, wenn ein Mensch diesen Reichtum in sich nicht wahrnimmt? Auch hier können wir die äußere Welt als Spiegel für innere Abläufe heranziehen. Dem Mangel an Selbstwert und damit dem Mangel an innerer Sicherheit wird nicht etwa durch die Beschäftigung mit den eigenen Talenten und deren Förderung begegnet – er wird vielmehr im Außen bekämpft. Die gängige Reaktion auf die »gefährdete« innere Sicherheit ist die Verstärkung von Druck und Gewalt im Sinne einer Law-and-Order-Politik. Dem Gefühl, dass andere Macht über uns haben, begegnen wir selbst mit Machtgelüsten. Terror wird mit Terror bekämpft. Seit dem Attentat auf das World-Trade-Center können wir dies erschreckend deutlich beobachten.

Astrologisch haben wir es mit einer Flucht ins Gegenhaus zu tun – also der Neigung, mit Haus-Acht-Themen den Mangel an Selbstwert wieder wettmachen zu wollen. Ein Beispiel aus der Politik: Die Bilder von Kriegsgefangenen der USA auf Guantánamo, die 2002 nach dem Krieg im Irak durch die Presse gingen, zeigen Taliban-Gefangene mehrfach gefesselt, die Hände in Ledersäcken, maskiert und mit verbundenen Augen am Boden kniend in einem mit Stacheldraht gesicherten Käfig, bewacht von bewaffneten US-Soldaten. Die Siegermacht zeigt sich nicht als zivilisierte Welt, sondern betont durch diese symbolische Unterwerfung der Verlierer ihre Machtstellung und missbraucht ihren Sieg. Machtmissbrauch entspricht einer unerlösten Acht-Haus-Thematik. Im Gründungshoroskop der USA steht übrigens die Sonne im achten und Pluto steht im zweiten Haus. Die Selbstwertthematik ist zudem durch die Mondknotenachse betont, die ebenfalls auf dieser Achse liegt. Werden die eigenen Werte nicht wahrgenommen beziehungsweise nicht für den persönlichen und kollektiven Entwicklungsweg eingesetzt, fühlt man sich arm an Werten, erlebt man Macht(missbrauch) und Gewalttätigkeiten.

Das dem zweiten Haus zugehörige Tierkreiszeichen ist der Stier. Es ist ein weibliches Zeichen, wodurch betont wird, dass wir unser Sicherheitsgefühl eben nicht durch nach außen gerichteten Aktionismus und Tatkraft erlangen, sondern – für uns manchmal paradox erscheinend – durch den Weg nach innen, durch Ruhe und inneres Gewahrsein. Das zweite Haus wird regiert von Venus. Sie symbolisiert in diesem Zusammenhang den inneren Frieden. Es ist eine natürliche Gelassenheit. Es ist das Gefühl, das bisweilen in uns aufsteigt, wenn wir uns inmitten der Ruhe und Schönheit der Natur befinden – etwa auf einer friedlichen Waldlichtung den Vögeln lauschen, scheue Rehe in der Ferne beobachten können und den Duft süßer Blumen einatmen. In solchen Momenten gibt es keine Zweifel mehr. Die Natur ist. Punkt. Das gilt es zu bewahren – auch im menschlichpsychologischen (Er-)Leben.

So weist das zweite Haus im Horoskop, verknüpft mit der Stellung seines Herrschers, auf die Naturverbundenheit in uns hin. Damit ist auch die Verbundenheit zu unserer eigenen, inneren, man kann auch sagen: zu unserer wahren Natur angezeigt. Und wer in seiner wahren Natur ruht, dort sesshaft geworden ist, der hat eine innere Sicherheit gewonnen, die man ihm nicht mehr nehmen kann.

Im Zen-Buddhismus ist die regelmäßige Meditationspraxis die entscheidende Übung, um seine wahre Natur zu entdecken. Die Worte des Zen-Mönchs Shunryu Suzuki über die Natürlichkeit des Menschen können auch direkt als eine Beschreibung des zweiten Horoskophauses gelesen werden:

»Natürlichkeit ist ein Gefühl, von allem unabhängig zu sein, oder eine gewisse Aktivität, die sich auf nichts gründet. ... Der Same hat keine Vorstellung davon, dass er eine besondere Pflanze ist, aber er hat seine eigene Form und ist in vollkommener Harmonie mit dem Boden, mit seiner Umgebung. Während er wächst, im Laufe der Zeit, drückt er seine Natur aus. ... Für eine Pflanze oder einen Stein ist es kein Problem, natürlich zu sein. Aber für uns besteht ein gewisses Problem, tatsächlich ist es ein großes Problem. Natürlich zu sein ist etwas, an dem wir arbeiten müssen. ...

Wenn Ihr beispielsweise Hunger habt, ist es Natürlichkeit, dass Ihr etwas Nahrung zu Euch nehmt. Ihr fühlt Euch natürlich. Aber wenn Ihr zu viel erwartet, ist es nicht natürlich, etwas Nahrung zu haben. ... Ihr habt dann keine Wertschätzung dafür.«1


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