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Das Kloster und seine Bewohner: Gebäudeanlage und Konvent

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Als die fiktive Figur des Adson von Melk in Umberto Ecos Der Name der Rose erstmals seinen Fuß auf den Boden jenes namenlosen Benediktinerklosters an den Hängen des Apennin setzte, in dem er später Zeuge schauriger Ereignisse werden sollte, kannte sein Staunen keine Grenzen:

Nie habe ich eine schönere und trefflicher angelegte Abtei gesehen, obwohl ich später in meinem Leben durchaus nach Sankt Gallen kam und nach Cluny und nach Fontenay und in andere Abteien, die womöglich noch größer waren als diese, nicht aber so wohlproportioniert.1

Die Klosteranlage indes diente nur in zweiter Linie dazu, den ankommenden Besucher in ehrfürchtiges Staunen zu versetzen. Für die Mönche und Nonnen war das Kloster eine durch dicke Mauern abgeschlossene Welt, in der sie beteten, arbeiteten, schliefen, aßen, tranken und schließlich starben und begraben wurden. Der Rückzug aus der Welt sollte so vollkommen wie möglich sein, und durch nichts sollte der Dienst an Gott in Arbeit und Gebet gestört werden.

Die Klosteranlage

Benediktinerklöster wurden daher bevorzugt an abgeschiedenen Orten errichtet. Viele Klostergründer errichteten ihre Gemeinschaften an Seen oder Flüssen. Benedikt von Nursia beschreibt kurz und prägnant die Eigenschaften einer Klosteranlage, die den Anforderungen an ein Leben in Askese gerecht wird:

Das Kloster soll, wenn möglich, so angelegt werden, dass sich alles Notwendige, nämlich Wasser, Mühle und Garten, innerhalb des Klosters befindet und die verschiedenen Arten des Handwerks dort ausgeübt werden können. So brauchen die Mönche nicht draußen herumzulaufen, denn das ist für sie überhaupt nicht gut.2

Die spärlichen Details in der Benediktregel gaben künftigen Generationen Raum für Interpretation und Ausgestaltung. Das Streben der Mönche nach größtmöglicher Autarkie ließ sie nach der idealen Klosteranlage suchen. Um 820 entstand im Kloster Reichenau der architektonische Plan eines perfekten Benediktinerklosters. Der Reichenauer Abt widmete den Plan seinem Amtsbruder Gozpert von St. Gallen zum persönlichen Studium. In St. Gallen wurde er auch aufbewahrt und ist daher unter dem Namen „St. Galler Klosterplan“ bekannt.

Inwieweit diese Zeichnung tatsächlich damals existierende Verhältnisse wiedergab, ist umstritten. Abt Gozpert jedenfalls trug sich mit dem Gedanken umfangreicher baulicher Erweiterungen in seinem Kloster. Der Plan mag ihm Anregungen dazu gegeben haben, St. Gallen zu einer Abtei werden zu lassen, die in ihrer Anlage nicht nur dem Ideal des benediktinischen Lebens am nächsten kam, sondern sich auch in ihrer prächtigen Ausstattung mit den bedeutenden Königsklöstern der Zeit messen konnte.

Darüber hinaus schien in diesem Klosterplan aufgezeichnet, was sich bereits bewährt hatte und noch lange bewähren sollte: Viele Abteien des Früh- und Hochmittelalters folgten in ihrer Anlage einem ganz ähnlichen Schema.

Der König als Klosterherr

Klöster, die nicht einem Grafen, Herzog oder Bischof gehörten, sondern direkt dem König als Reichsklöster (synonym: Königsklöster) unterstellt waren, gehörten zu den größten und bedeutendsten Abteien des Reiches und genossen höchstes Ansehen. St. Gallen, Eigenkloster des Bischofs von Konstanz, versuchte lange, dessen lästige Herrschaft abzuschütteln. Im Jahr 818 verlieh ihm Kaiser Ludwig der Fromme schließlich die ersehnte Freiheit (libertas) und erhob es in den Rang eines Reichsklosters.

Im Zentrum eines jeden Klosters stand demnach die Kirche. Apsis und Hauptaltar waren bei den meisten mittelalterlichen Kirchen nach Osten ausgerichtet, so dass der Gläubige der aufgehenden Sonne entgegenblickte. Achtmal täglich versammelten sich die Mönche dort zum gemeinsamen Chorgebet. Um die Kirche herum gruppierten sich Gebäude, die den abgeschlossenen Bereich der Klausur bildeten und nur den Mönchen vorbehalten waren. Im Kreuzgang verbrachten sie Zeit bei erbaulichen Gesprächen, aber auch bei stillem Gebet und Meditation. Der Kapitelsaal wiederum war der Versammlungsraum des Konvents. Im Schlafsaal (Dormitorium) schliefen alle Mönche gemeinsam, wie es die Benediktregel vorsah. Neben der Küche und dem Speisesaal (Refektorium) gehörten auch Latrinen, ein Wärmeraum und eine Wäschekammer (Vestiarium), Bade- und Waschräume sowie Schreibstube und Bibliothek zur Klausur, die für Nicht-Angehörige des Konvents streng verschlossen blieb. Der Mönch Ekkehard IV. bestätigt dies in seinen im 11. Jahrhundert verfassten St. Galler Klostergeschichten:

Die Klausur des heiligen Gallus [d. h. des Gründers, Namensgebers und Schutzpatrons St. Gallens] aber ist […] seit ältestem Gedenken der Väter stets in so hoher Verehrung gehalten worden, dass keinem noch so mächtigen Weltgeistlichen oder Laien der Eintritt oder auch nur der Einblick erlaubt gewesen wäre.3

Entsprechend irritiert hatte man deshalb dort reagiert, als dereinst der Bischof von Konstanz sich immer wieder das Recht herausnahm, die Klausur der Mönche nicht nur tagsüber, sondern, völlig unvorstellbar, auch nachts eigenmächtig zu betreten.

Außerhalb dieses inneren Kerns des Klosters erstreckten sich weitläufige Obst-, Gemüse- und Kräutergärten, verschiedene Werkstätten, Vorratsräume, Ställe sowie das Novizenhaus und Unterkünfte für Bedienstete und Gäste der Abtei.

Nach außen abgeschirmt war diese kleine, weitgehend autarke Welt durch massives Mauerwerk: Das garantierte nicht nur Ruhe und Abgeschiedenheit, sondern diente auch der Verteidigung gegen Angreifer.

Zeit der Prüfung

Wer Benediktinermönch werden wollte, hatte sich einem einjährigen Noviziat zu unterziehen, in dem er sich unter der Anleitung eines Novizenmeisters auf das Ordensleben vorbereitete. Abgesondert vom Konvent lebten die Novizen in einer eigenen Unterkunft, dem Novizenhaus. Nach der Feststellung ihrer Eignung durch Klosterobere legten sie schließlich die Gelübde ab (Profess) und erhielten das volle Kleid (Habit) des Mönches.

Stein und Glas

Je wohlhabender eine Abtei war, desto mehr spiegelte sich ihr Reichtum in der Ausstattung der Gebäude wider. Schenkungen frommer Wohltäter verhalfen vielen Klöstern zu bemerkenswertem Reichtum, den sie häufig in die bauliche Erweiterung ihrer Gebäude investierten. Das Hauptaugenmerk der Mönche galt dabei zunächst der Ausgestaltung der Klosterkirche. Kein Aufwand war zu groß, Gott, aber auch den Klosterpatron, in prächtigen Gotteshäusern, mit goldenen Reliquienschreinen und glanzvollem liturgischen Gerät zu verherrlichen. Die bescheidenen Holzkirchen früherer Zeiten waren zumeist schon im 9. Jahrhundert Steinbauten gewichen, die in der Folgezeit immer wieder verändert, erweitert oder völlig neu gebaut wurden. Gerade das ausgehende 10. Jahrhundert sah allerorten in den Bischofsstädten und Klöstern neue, prächtige Kirchen in den Himmel wachsen. „Es war, als wollte die Welt ihr Alter abschütteln, um sich mit dem leuchtenden Gewand von Kirchen zu bekleiden“, schrieb der Mönch Rodulfus Glaber beeindruckt.4 So sollte sich nach ihrer zweiten baulichen Erweiterung im Reformkloster Cluny um 1100 die größte Kirche der abendländischen Christenheit erheben. Dergleichen konnte man im Kloster Tegernsee zwar nicht vorweisen, doch tat sich Abt Eberhard II. mit der Gestaltung eines Mosaikfußbodens für den Chorraum der Klosterkirche und dem Bau erster steinerner Pfarrkirchen hervor. Auch Abt Theoderich von Petershausen bei Konstanz startete kurz vor 1100 ein intensives Bauprogramm, in dessen Zuge er den Kreuzgang erneuerte, einen Waschraum baute und eine Säulenhalle errichtete.

Noch zur Jahrtausendwende hatten viele Abteien nicht einmal Wohnräume aus Stein, geschweige denn verglaste Fenster in den Kirchen. Zwar besaß sogar das Skriptorium im wohlhabenden St. Gallen bereits um 965 Fensterscheiben, andernorts aber verhängten die Mönche in der kalten Jahreszeit die Fenster mit Tüchern oder lichtdurchlässigem Pergament, um den Wind etwas abzuhalten. Schwierig wurde es, wenn nicht einmal diese Hilfsmittel zur Verfügung standen. Das musste eine Gruppe Tegernseer Mönche erfahren, die in den Jahren 993–995 versuchte, die klösterliche Disziplin im halb verfallenen Kloster Feuchtwangen wieder aufzurichten und dabei auf die Hilfe wohlmeinender Spender angewiesen war:

Jene Unbequemlichkeit lässt sich nur schwer ertragen, wenn wir uns zum Gottesdienst in der Kirche versammeln, dass wir das Gezwitscher der versammelten Vögel durch unseren Gesang nicht übertönen können. Von überall her fliegen sie in federleichtem Flug durch die offenen Fenster herein, und wenn wir uns auf den Boden werfen, wälzen wir uns, von allen Seiten vom Schnee zugeweht, im Dreck. Dennoch aber würden wir dies gemeinsam ertragen, wenn wir wenigstens den Altar des Herrn vor dem Schnee verteidigen könnten. Die brennenden Kerzen, die im Wind flackern, werden unter vielen wächsernen Tränen gelöscht. Wenn Ihr uns also zum Verhängen der Fenster ein paar Leinentücher geben würdet, könntet ihr unserem Klagen leicht abhelfen.5

Dabei gab es zur selben Zeit in der Mutterabtei Tegernsee sogar schon farbige Kirchenfenster. „Die Fenster unserer Kirche waren bisher durch alte Tücher verhängt. Jetzt aber bringt die Sonne durch die vielfarbig bemalten Scheiben den Boden unseres Gotteshauses zum Leuchten, und die Herzen aller, die sie betrachten, erfasst große Freude“, schrieb der begeisterte Abt Gozpert von Tegernsee um das Jahr 995 an einen unbekannten Grafen und Wohltäter des Klosters.6 Nur wenige Jahre später hatte man sich dort dann selbst solche Kenntnisse in der Herstellung von hochwertigen Glasfenstern angeeignet, dass man andere Abteien damit beliefern konnte.

Pflege der Räumlichkeiten

Ob nun bescheiden oder prächtig ausgestattet, die Kirche sowie die Wohn- und Arbeitsräume, die von Konvent und Bediensteten tagein, tagaus genutzt wurden, bedurften regelmäßiger Säuberung. Die Benediktregel gibt dazu allerdings nur vor, dass der Küchendienst jene Tücher und Gerätschaften gründlich zu säubern habe, die der Hand- und Fußwaschung der Mönche dienten. Erst die Consuetudines späterer Jahrhunderte enthielten spezifische Anweisungen zur Sauberkeit im Kloster. Die Aufsicht und die Koordination aller Putzarbeiten fiel dabei dem Elemosinarius (Almosenmeister) zu, wobei die Art und Häufigkeit der Reinigung sich in den einzelnen Klöstern unterschied. Vielerorts war es der Samstag, an dem eifrig geputzt und geschrubbt wurde.

Die wöchentlich wechselnden Küchendienste hatten die Küche, das Backhaus und andere Wirtschaftsräume gründlich zu reinigen, darunter auch den Brunnen und die Waschbecken sowohl für den liturgischen als auch den alltäglichen Gebrauch. Alle Gerätschaften waren dem Cellerar sauber und unbeschädigt zu übergeben, der sie wiederum am Sonntag dem neuen Küchendienst zuwies. Am Samstag wurden auch die Aborte ausgefegt und gereinigt. Viele Klöster, darunter die bedeutenden Reformzentren Cluny und Hirsau, verfügten im 11. Jahrhundert bereits über den Luxus fließenden Wassers in den Latrinen. Der Elemosinarius war dort auch für den technischen Ablauf zuständig und musste darauf achten, dass „die Wasserzufuhr geöffnet ist, die in die Aborte führt“. Bei Wasserknappheit im Sommer sollte er Schleusen anfertigen und damit das Wasser anstauen, „damit es mit größerem Druck daherkommt“.7

Erneuertes Mönchtum in Cluny

Im Jahr 910 wurde im burgundischen Cluny von Herzog Wilhelm von Aquitanien ein Kloster gegründet. Völlig untypisch für das 10. Jahrhundert verzichtete er auf jegliche Eigenkirchenrechte über das Kloster und übertrug es ganz dem Papst. Die Cluniazenser verachteten den in vielen Klöstern ihrer Zeit vorherrschenden weltlichen Lebensstil und forderten eine Erneuerung des benediktinischen Mönchtums durch eine strengere Einhaltung der Benediktregel. Sie legten größten Wert auf eine reiche Liturgie und widmeten sich verstärkt dem Chorgebet. Viele Klöster Burgunds und Frankreichs waren beeindruckt von der neuen monastischen Lebensweise und schlossen sich Cluny an. Waren Klöster als Priorate in den Klosterverband von Cluny eingegliedert, so wurden sie vor Ort von einem Prior geleitet. Der Abt von Cluny war auch ihr Abt. Inkorporierte Abteien hatten einen eigenen Abt, der jedoch seinerseits dem Abt von Cluny unterstand und durch ein Treuegelöbnis an ihn gebunden war. Etliche Abteien blieben aber selbstständig und übernahmen lediglich die Lebensgewohnheiten von Cluny. Die in Cluny entwickelten Vorstellungen einer von allen weltlichen Einflüssen befreiten Kirche (libertas ecclesiae) entfalteten eine große Wirkung und mündeten in die große Kirchenreform des 11. Jahrhunderts, an deren Ende der so genannte „Investiturstreit“ stand. Auch die Klosterreformen von Hirsau und St. Blasien im ausgehenden 11. Jahrhundert waren direkt von Cluny eeinflusst.

Ein- bis dreimal im Jahr wurde in den Klöstern der Schlafraum, das Dormitorium, nicht nur gefegt, sondern dort auch das Bettstroh der Mönche erneuert. Regelmäßig wurden Kirche, Kreuzgang, Refektorium (Speisesaal) und Kapitelsaal gründlich mit dem Besen gereinigt und insbesondere zu hohen kirchlichen Festtagen mit frischen Binsen ausgelegt.

Eigene Verordnungen, die die Mönche zur Sauberkeit und entsprechendem Verhalten anhielten, gab es jedoch kaum. In Hirsau zumindest war es nicht gern gesehen, „auf den Stufen zum Dormitorium auszuspucken“.8 Wer im oberitalienischen Fruttuaria auf dem Weg ins Dormitorium oder in den Waschraum Schleim aus Mund oder Nase so öffentlich auswarf, dass sich Beistehende davon gestört fühlten, dem wurde an jenem Tag seine Weinration entzogen. Regelungen dieser Art verfolgten neben der Sauberkeit zweifellos ein gewisses ästhetisches Interesse. Noch bevor an den Höfen der Fürsten „ritterliches“ Benehmen eingeübt wurde, hielten in vielen Klöstern erste Ansätze eines geschliffeneren Miteinander Einzug. Denn dort, wo teilweise hunderte von Mönchen auf engem Raum zusammenlebten, war gegenseitige Rücksichtnahme oberstes Gebot.

Der Konvent: Priester, Laien und Konversen

Mönche waren einem Kloster entweder schon im Kindesalter als Oblaten (lat. oblatum = dargebracht) übergeben worden oder hatten erst als Erwachsene die Mönchsgelübde abgelegt und wurden fortan Konversen (lat. convertere = umkehren) genannt.

Benedikt von Nursia äußerte sich sehr skeptisch über die Aufnahme von Priestern in den Konvent. Vor allem, so stellte er fest, sollten sie sich im Klaren sein, dass sie voll und ganz der Regel unterworfen und dem Abt untergeordnet waren. Mehr als alle anderen Mönche hätten sich Priester in Demut zu üben und darin den anderen ein gutes Beispiel zu geben. Die Nachfolge Christi durch ein Leben im Kloster war in der Spätantike und im Frühmittelalter tatsächlich eine Angelegenheit der Laien. Doch seit dem 9. Jahrhundert begann die Anzahl der Mönche im Priesterstand in den Klöstern stetig zu wachsen, bis es sogar als ungewöhnlich angesehen wurde, dass ein Mönch keine Weihen empfing. „Längst drängen die Zeit und dein Alter, dass du Priester wirst“, bekam Froumund, um 1000 Mönch und Schulmeister im Kloster Tegernsee, immer wieder zu hören.9 Lange verzichtete er auf die Weihen, da er sich für unwürdig hielt. Erst auf Drängen seines Abtes wurde er wenige Jahre vor seinem Tod doch noch zum Priester geweiht. Ordinierte Mönche hoben nicht nur das Ansehen des Konvents. Mit der steigenden Anzahl von Stiftungen an die Abteien wuchsen auch die liturgischen Verpflichtungen der Brüder, durch Gebete und Messen ihrer Gönner zu gedenken, wofür Priester vonnöten waren. Und je mehr der Grundbesitz der Klöster und damit die Zahl der Hörigen anwuchs, desto praktikabler war es, die eigenen Priestermönche als Seelsorger und zum Spenden der Sakramente in den klostereigenen Pfarrkirchen einzusetzen.

Auch im 12. Jahrhundert bestand der Konvent in Tegernsee noch zu mindestens zwei Dritteln aus Priestern, was in anderen Klöstern ähnlich gewesen sein dürfte. Die Zahl der Konversen war dort allerdings wesentlich geringer als in jenen Abteien, die sich der Hirsauer Reformbewegung angeschlossen hatten. Dem Beispiel Clunys folgend, hatte man in Hirsau gegen Ende des 11. Jahrhunderts begonnen, die Aufnahme von Konversen besonders zu fördern. Wer als erwachsener Laie ins Kloster eintrat, sollte eine abgemilderte Form der Askese auferlegt bekommen und seinen Beitrag zum klösterlichen Leben insbesondere durch Handarbeit leisten. Zwar waren diese „bärtigen Mönche“, wie sie aufgrund ihrer Barttracht oftmals genannt wurden, Teil der Klostergemeinschaft, aber keine vollwertigen Mitglieder des Konvents. Rechtlich waren sie damit den anderen Mönchen nicht gleichgestellt, wie dies bei den alten Benediktinern wie in Tegernsee noch der Fall war. Dort durften auch Konversen etwa an einer Abtwahl mitwirken.

Die soziale Herkunft der Mönche

Auch in anderer Hinsicht brachte das 12. Jahrhundert Bewegung in die Welt der Klöster. Bis dahin waren Mönche für gewöhnlich adliger Herkunft. Schon Benedikt von Nursia schreibt vor, dass Knaben zusammen mit einer Opfergabe (Oblatio) dem Kloster übergeben werden sollten. Persönliche Geschenke der Familie an den Knaben waren verboten, fromme Spenden an das Kloster hingegen erlaubt und gern gesehen. Aus dieser Opfergabe entwickelte sich ein fester Geldbetrag oder Ländereien, welche beim Eintritt eines Knaben dem Kloster zu übergeben waren. Diesen „Eintrittspreis“ konnten vornehmlich adlige Familien aufbringen, die oft über viele Generationen enge Verbindungen zu einer Abtei aufbauten. Die Konvente begannen, sich gegen Nichtadlige oder gar Unfreie abzuschließen.

Erst allmählich fanden auch Angehörige der neuen Schicht der unfreien Ministerialen Zugang zu den ehrwürdigen Abteien und konnten, wie dies in Tegernsee zumindest in Einzelfällen belegt ist, auch in höhere Klosterämter aufsteigen.

Im Dienst für weltliche und geistliche Herren

Als unfreie Dienstleute wurden Ministerialen seit dem 11. Jahrhundert zuerst von geistlichen, dann auch von weltlichen Fürsten und am Königshof selbst zum Kriegs- und Verwaltungsdienst herangezogen. Dazu wurden sie mit eigenen Dienstlehen (z. B. Ländereien) ausgestattet. Auch Klöster wiesen zunehmend eine eigene Ministerialität auf, die die Abtei und ihren Besitz nicht nur militärisch nach außen verteidigte, sondern auch bei der Verwaltung ihrer Güter half. Ministerialen konnten es, obwohl sie unfrei waren, zu großem Reichtum, Ansehen und Einfluss bringen.

Frauen im Kloster

Frauenklöster spielten im Früh- und Hochmittelalter im Vergleich zu den Männerklöstern eine eher untergeordnete Rolle. Zwar leitete der Überlieferung nach bereits Scholastika, die Schwester Benedikts von Nursia, eine Lebensgemeinschaft gleichgesinnter Frauen nach dem Vorbild ihres Bruders, doch gab es bis ins 12. Jahrhundert vergleichsweise wenige Frauenkonvente. Nachdem im Zuge der Normannen- und Ungarnüberfälle im 9. und 10. Jahrhundert viele Frauenklöster zerstört oder aufgegeben worden waren, setzten die Wiedergründungen nur langsam ein.

Wie viele Mönche in einem Kloster lebten, hing unter anderem davon ab, wie viele es ernähren konnte. Eine große, wachsende Mönchsschar war ein zuverlässiges Zeichen für eine wohlhabende, gut geführte und florierende Abtei. Hungersnöte und innere Krisen konnten jedoch binnen weniger Jahre zu einer rapiden Verkleinerung des Konvents führen. Die größte Abtei des Hochmittelalters war unangefochten Cluny, dessen Konvent mit gut 400 Mönchen zu Beginn des 12. Jahrhunderts seinen absoluten Höhepunkt erreicht hatte. Eine besondere Anziehungskraft übten da aber schon die Hirsauer und insbesondere die Zisterzienser auf die Menschen aus, so dass die Mitgliederzahlen in den altetablierten Klöstern zugunsten der neuen, kraftvollen Reformbewegungen deutlich zurückgingen. Tegernsee gehörte in dieser Zeit mit einer Konventsstärke von gut 70 Mönchen im bayerisch-österreichischen Raum zu den großen und einflussreichen Klöstern. St. Gallen und das Kloster Reichenau, im 9. Jahrhundert in größter kultureller und wirtschaftlicher Blüte, kämpften hingegen seit dem 11. Jahrhundert gegen den langsamen Niedergang. Von fast 140 Mönchen um 890 waren in St. Gallen im Jahr 920 nurmehr 50 übrig geblieben, eine Rückwärtsentwicklung, die im weiteren Verlauf des Hochmittelalters nicht mehr aufzuhalten war.

Etliche monastische Lebensgemeinschaften dienten in erster Linie der Ausbildung und Versorgung adliger Damen. Als Kanonissen lebten diese zwar, ohne die Gelübde abzulegen, unter der Autorität einer Äbtissin und der Benediktregel, genossen daneben aber umfangreiche Privilegien. So durften sie über persönlichen Besitz verfügen und das Kloster oder Stift wieder verlassen, um verheiratet zu werden. Unter den Kanonissenstiften ragten im 10. Jahrhundert insbesondere Gandersheim und Quedlinburg heraus, die als Hausstifte des ottonischen Königshauses überregionale Bedeutung erlangten. Die Äbtissinnen Sophie III. von Gandersheim und Mathilde von Quedlinburg etwa waren engste Verwandte Kaiser Ottos III. Kanonissen lebten aber auch zusammen mit Nonnen in Frauenklöstern. Sie waren wie die Nonnen angehalten zu Chorgebet und Handarbeit, durften aber eine eigene Unterkunft besitzen.

Obgleich den Frauen im Kloster der Priesterstand verwehrt war und sie deshalb auf einen männlichen Seelsorger von außen angewiesen waren, waren sie nicht nur mit Sticken, Spinnen und Weben beschäftigt. Viele Nonnen und Kanonissen waren hoch gebildet und taten sich – wie etwa Hrotswith von Gandersheim oder die unbekannte Verfasserin der Quedlinburger Annalen – als Gelehrte, Dichterinnen und Geschichtsschreiberinnen hervor.

Hrotswith von Gandersheim

Hrothswith (Roswitha) von Gandersheim lebte bis zu ihrem Tod im Jahr 973 als Kanonisse im Stift Gandersheim. Um 960 begann sie dort eigene Werke zu verfassen. Neben einem Legenden- und einem Dramenbuch verdienen ihre Gesta Ottonis, ein Tatenbericht des ottonischen Königshauses, besondere Beachtung. Hrotswiths Schriften, die von ihrer umfassenden klassischen Bildung zeugen, weisen sie als eine der bedeutendsten Frauen des Früh- und Hochmittelalters aus.

Die religiöse Erneuerungsbewegung des 11. und 12. Jahrhunderts wirkte auch auf die Welt der geistigen Frauengemeinschaften. Marcigny, 1055 von Abt Hugo von Cluny gegründet, gehört zu den einflussreichen Abteien, deren über 90 hochadlige Nonnen nach cluniazensischem Vorbild lebten, sich aber weitgehend nach außen abschlossen. Zur Konkurrenz wurde dem Kloster bald das wirkmächtige Fontevrault in Westfrankreich. Im Jahr 1100 zunächst als Doppelkloster für Männer und Frauen gegründet, übernahmen dort sehr bald die Nonnen die Leitung. Der Ruf ihrer Frömmigkeit bescherte ihnen so zahlreichen Zulauf, dass das Kloster nach cluniazensischem Vorbild schon bald erste Priorate gründen konnte. Mitte des 12. Jahrhunderts gehörten der Kongregation bereits über 4000 Nonnen an, und die Zahl der Priorate wuchs bis zum Ende des Jahrhunderts auf über 100 an. In Fontevrault liegt nicht nur sein umstrittener Gründer Robert von Abrissel begraben, dem nachgesagt wird, er habe sich absichtlich der Fleischeslust hingegeben, um sie besser überwinden zu können. Auch der englische König Richard Löwenherz und seine Mutter, die berühmte Eleonore von Aquitanien, haben dort ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Vor allem die Spiritualität der Zisterzienser wirkte für viele Frauen attraktiv. So wurden insbesondere in Frankreich Frauenklöster gegründet, die den Gebräuchen der „grauen Mönche“ folgten, dem Orden rechtlich aber erst im 13. Jahrhundert eingegliedert wurden. Weibliche Angehörige der aufstrebenden unfreien Ministerialenfamilien suchten dagegen verstärkt Aufnahme in monastische Lebensgemeinschaften, die nach dem Vorbild der Hirsauer oder der Regularkanoniker lebten. Noch immer nämlich waren Klöster und Stifte fast ausschließlich adligen Männern und Frauen vorbehalten.

Stift und Kloster

Ein Stift war Heimat für Geistliche (Kanoniker), die keine Mönchsgelübde ablegten, sich in einer klosterähnlichen Gemeinschaft unter der Leitung eines Propstes aber dennoch einer Regel unterwarfen. Besonders seit dem 11. Jahrhundert war dies die Regel des heiligen Augustinus. Im Kloster hingegen lebten Mönche zumeist nach der Regel des heiligen Benedikt, später auch nach den Regeln anderer Ordensgründer, etwa der des heiligen Franziskus.

Im Nonnenkonvent von Andernach hingegen war die Öffnung der Klöster auch für Nichtadlige bereits etwas Selbstverständliches. Die dort beheimatete magistra Tenxwind, die selbst einer Ministerialenfamilie entstammte, war umso erstaunter, als sie von der Prunkentfaltung der Äbtissin Hildegard von Bingen und ihrer adligen Nonnen hörte. Erstaunt fragte sie um 1150 in einem Brief, ob es denn stimme, dass in Bingen Nichtadlige und weniger Reiche von der Klosterpforte abgewiesen würden. Hildegard reagierte verständnislos auf die Kritik:

Gott achtet bei jedem Menschen darauf, dass sich der niedere Stand nicht über den höheren erhebe […] Wer steckt all sein Viehzeug zusammen in einen Stall: Rinder, Esel, Schafe, Böcke? Da käme alles übel durcheinander! So ist auch darauf zu achten, dass nicht alles Volk in eine Herde zusammengeworfen werde.10

Doch war die gesellschaftliche Entwicklung längst an Hildegard von Bingen vorbeigezogen. Bald würden die Bettelorden neue Heimat und Wirkungsstätte vieler Frauen gleich welcher Herkunft werden.

Hinter Klostermauern

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