Читать книгу Der Schrei des Phönix - Sabine Gräfin von Rothenfels - Страница 7
Kapitel 3 – Auf der Suche
ОглавлениеSchon bevor ich das Lokal betrat wusste ich er würde da sein. Ich wusste es einfach, konnte seine Gegenwart selbst durch dicke Mauern spüren.
Mein Verhältnis oder besser meine Einstellung dazu hat sich irgendwie geändert. Inzwischen waren seit unserer ersten Nacht sechs Monate vergangen.
Meine Liebe ist tiefer aber die Leidenschaft kleiner geworden. Ich will nur sein Wohlbefinden. Jede Minute mit ihm ist so wertvoll. In seinem Arm einzuschlafen bedeutet mir so viel.
Ich bin glücklich wenn wir etwas Zeit miteinander verbringen. Ich bin nicht mehr so verzweifelt wenn wir uns nicht sehen. Irgendwie versuche ich das Beste daraus zu machen. Ich habe eingesehen dass es nichts bringt mich selbst zu quälen.
Ich habe Lust zu laufen. Zu laufen soweit mich meine Füße tragen. Ich möchte weg rennen. Mein bisheriges Leben einfach hinter mir lassen. Alles was mich einzwängt und klein macht vergessen. Nur noch ich selbst sein.
Aufhören ewig ein Teil von jemand sein zu wollen und endlich anfangen ich zu sein.
Nur ich, mich hinstellen und zu schreien: "Ich bin am Leben! Ich bin jemand! Ich habe das Recht zu lieben und verdammt nochmal glücklich zu sein!"
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Es macht mir Spaß Paul ein wenig anzumachen. Weil er so schüchtern ist reizt es mich natürlich besonders.
Ich berühre sein Knie, seine Fingerspitzen, fühle wie es ihn schüttelt, wie seine Haare sich unter meiner Berührung aufrichten.
Das klingt jetzt ziemlich nuttig nach all den Gefühlen die ich doch für Richard empfinde. Aber es ist nur ein Spiel für mich. Ich werde damit niemand verletzen. Auf diese Weise baue ich nur mein Selbstvertrauen etwas auf.
Männer muss ich fühlen, riechen, schmecken. Es spielt keine Rolle für mich wie sie aussehen, die erotischen Wellen müssen stimmen.
Während ich einer kleinen Liaison mit Paul also gar nicht abgeneigt bin empfinde ich alle anderen Männer, abgesehen von Richard natürlich, als Zumutung. Der kleine Michi nervt mich und das bekommt er auch zu spüren. Sein Pech dass ich brummig bin. Wenn ich an Richard denke sollte er mir eben nicht zu nahe kommen.
Ich habe keine Lust mit kleinen Jungs zu spielen. Nur ein Mann hat Chancen bei mir!
So wie Paul, der gefällt mir immer besser. Allerdings verliebt bin ich immer noch einzig und allein in Richard.
Zwischen drin treffen Richard und ich immer wieder zusammen, aber meistens ignoriert Richard mich einfach und das tut mir so weh, immer noch unendlich weh. Ich kann einfach nicht von ihm lassen.
Ich bin eine Sklavin der Liebe. Die Gedanken an ihn schmerzen mich wie Peitschenhiebe. Mein Stolz ist inzwischen völlig dahin. Jetzt bin ich nicht nur mutlos sondern auch entwürdigt. So als hätte er mir alles Leben ausgesaugt und mich dann weggeworfen.
Für einen Moment denke ich darüber nach ihn zu vergessen. Mit dem zufrieden zu sein was ich kriegen kann. Meine Zukunft mit dem kleinen Michi verbringen.
Doch ich zweifle ob ich das fertig bringen würde. Lieber ein langweiliges Leben als ein einsames Leben?
Keine von beiden Alternativen gefällt mir. Und so hoffe und bete ich weiter. Träume von einem Leben mit Richard. Da ich nicht aufgeben kann verdoppele ich meine Anstrengungen. Ich dringe aber absolut nicht zu ihm vor - er hat eine Mauer um sich gebaut die ich nicht überklettern kann.
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Die Zeit vergeht und nichts wird besser, eher schlechter da sich auch die Freunde jetzt öfter von mir zurückziehen. Männer können vielleicht nerven!
Ich liebe Männer, bin gern in ihrer Nähe. Aber jetzt gerade habe ich die Nase von den Kerlen gestrichen voll!
Am liebsten würde ich auswandern und alles hinter mir lassen. Ich weiß nicht mehr was ich tun soll. Ich will gern mit meinen Freunden zusammen sein doch weil ich eine Frau bin betrachten sie mich nicht wirklich als Freund. Ich bin nur ein Anhängsel, eine Klette. Ich bin so scheiß wütend. Was kann ich dafür so zu sein? Durch und durch Frau und doch ganz anders.
Ich liebe Männer, will sie immer um mich haben. Warum muss alles immer schwarz oder weiß sein? Eine Frau allein muss sich unter Frauen bewegen. Männer alleine bewegen sich unter Männern, Paare unter Paaren.
Noch nie ist das so deutlich für mich wie zu diesem Zeitpunkt. Noch nie hat es mich so geschmerzt anders zu sein. Ich will Gefühle zeigen, ich kann nicht allein sein. Ich will mich nicht unerwünscht fühlen. Es gibt keinen Ausweg, eine Sackgasse. Aus. Ende. Mein Leben ist ein Kartenhaus aus Lügen und jetzt ist es zusammengebrochen.
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Ich bin wie von Sinnen. Es reicht mir nicht gelegentlich eine Nacht mit Richard zu verbringen, ich will mehr. Wenn er nicht in meiner Nähe ist fühle ich mich so verloren, so als wäre ich der einzige Mensch auf Erden. Wie nach einer großen Flut die alles weg gespült hat.
Ich hasse es allein zu sein. Es ist so still, so verdammt still. Nicht einmal ein Windhauch, das muss einen ja in den Wahnsinn treiben!
Es ist so schwer für mich Richard in solchen Momenten nicht anzurufen. Es sind höllische Qualen. Ich sehne mich so sehr nach ihm. Manchmal setze ich mich auf den Balkon und eine rauche eine Zigarette obwohl ich eigentlich gar nicht rauche und höre den Zikaden zu. Beruhigt hat mich das auch nicht.
Wenn man keinen Ausweg mehr sieht, versucht man die unsinnigsten Dinge. Ich versuche mir Rat zu holen und lese das Buch "Warum Männer sich nicht binden wollen". Nach dem ersten Kapitel weiß ich dass "mein" Mann zu den völlig Unbrauchbaren gehört. Rat: machen Sie dass Sie wegkommen!
Es ist mir als ob die Sonne plötzlich durch die Wolken bricht, ich sehe viel klarer als zuvor.
Ich weiß plötzlich dass es nicht an mir liegt. Er ist nur ein elender Feigling. Einen Mann der Angst vor mir hat kann ich doch nicht lieben, oder?
Es ist schwer einen Traum aufzugeben.
Meine Hoffnung ist noch nicht tot, will einfach nicht sterben. Noch bin ich bereit zu einem Neuanfang. Zu ideal erscheint mir dieser Mann, er hat beinahe alles was ich mir wünsche, er ist mein Traumprinz (mal abgesehen von seiner Bindungsangst).
Ich muss mich an den Gedanken gewöhnen ohne ihn zu sein. Ich darf nicht zulassen dass er mein Leben zerstört nur weil er unfähig ist eine Bindung einzugehen. Ich muss es beenden und damit aufhören das Opfer - die Unterlegene zu sein.
Es ist ein langer Prozess. In meinem Herzen ist nur noch Wut und Trauer. Ich habe nur das Bedürfnis zu weinen oder laut zu fluchen. Ich bin so erfüllt davon, kann nichts anders denken oder fühlen.
Ich weine drei Tage und Nächte, liege buchstäblich am Boden. Doch das ist auch das Gute daran - wenn man am Boden liegt kann man nicht tiefer fallen. Man hat die Wahl: kriechen oder wieder ausstehen. Ich stehe auf.
Kein Mann auf dieser gottverdammten Welt hat das Recht mich zu demütigen. Niemand - sei es nun ein Freund, Bekannter oder Liebhaber.
Ich brauche niemanden um mich wie ein Mensch zu fühlen. Ich bin ein Mensch. Niemand auf der Welt kann etwas dafür oder dagegen tun. Ich bin ein eigenständiger, denkender, fühlender Mensch. Wenn ich es nicht zulasse dass jemand auf mir herum trampelt dann geschieht es auch nicht. Es ist wichtig was ich denke, nicht die anderen. Ich werde wie Phönix aus der Asche steigen .
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Ich war im Grunde meines Herzens immer spießig. Früher noch mehr als heute. Ich gehörte immer zu den guten Kindern. Habe nie etwas wirklich Schlimmes getan. Habe bis auf ein paar Ausnahmen weder geraucht noch getrunken und Gott bewahre, nie Rauschgift genommen. Wahrscheinlich fühle ich mich gerade deshalb so von diesen Typen angezogen.
Verrucht muss er sein, ein wenig gefährlich oder wenigstens depressiv. Anders als die Norm. Es muss kribbeln wenn man ihn berührt. Gute Jungs haben mich nie interessiert, tun sie auch jetzt nicht. Je schlechter ihr Ruf desto anziehender. Dass ich auf diese Weise immer wieder auf die Nase falle ist ganz natürlich aber ich kann diese Spielchen trotzdem nicht lassen.
Darum auch das kleine Abenteuer mit Marco. Natürlich verstößt es gegen meine moralischen Grundsätze mit jemand vom Arbeitsplatz ein Verhältnis anzufangen. Aber er ist niedlich und er hat mit mir getanzt, sehr eng. Tanzen finde ich sehr erotisch, dafür hat er Pluspunkte. Er hat einen knackigen Hintern und den denkbar schlechtesten Ruf. Mal sehen, vielleicht bekommt er noch eine zweite Chance bei mir.
Mir gehen so viele Dinge im Kopf rum. Geld macht nicht glücklich aber es wäre schön genügend zu haben. Wer Geld hat der hat auch Möglichkeiten. Ich hätte die Chance mein Umfeld positiver zu gestalten. Ein Haus oder eine Wohnung in der man beruhigt Gäste empfangen kann. Kleidung die mich von anderen hervorhebt. Die Freiheit nur zu arbeiten wenn es mir Spaß macht. Ich könnte gelassen sein, nur tun wozu ich Lust habe. Man sagt doch das Glück ist ein Rindvieh und sucht immer seinesgleichen, vielleicht werde ich dann ja auch meinem Traummann begegnen.
Es ist ein Donnerstag im Juli 1996.
Ich habe mich so gut wie möglich gestylt an diesem Abend. Ich gehe mit einer Freundin aus, eine der wenigen Frauen mit denen ich klar komme. Es besteht die Möglichkeit dass ich Richard treffe. Tausend Mal habe ich durchgespielt wie ich mich dann verhalten soll. Ich kann noch nicht glauben dass ich ihn wiedersehen soll, vermute er wird mir weiter ausweichen.
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Doch manchmal kommt es eben doch anders als man denkt. Meine ganzen Vorsätze schwanden mit der ersten Umarmung dahin.
Ja, er tauchte tatsächlich auf und hat getan als sei nichts passiert. Immerhin eine Stunde habe ich es geschafft ihn völlig zu ignorieren. Dann kapitulierte ich und sank buchstäblich in seine Arme.
Entweder ist dieser Kerl der abgebrühteste Mensch den ich je getroffen habe oder es ist eben seine Art mit der man leben muss oder ihn vergisst.
Was auch immer, ich bin ihm gegenüber völlig wehrlos. Mein Gefühl ist stärker als mein Verstand.
Ein Lächeln - oh dieses hinreißende Lächeln, genügte um meinen Ärger auf Richard zu vergessen. Als er mich dann, noch dazu in aller Öffentlichkeit und vor seinen Freunden, umarmte und küsste war ich nicht mehr in der Lage auch nur ein Wort zu sagen.
Es tat mir so gut. Ein paar Stunden meine Gefühle ausleben zu dürfen das war ein gutes Erlebnis. Er ist ein ausgezeichneter Schmuser. Die letzte halbe Stunde bis um 4 Uhr Früh verbrachten Richard und ich dann fast allein in der Diskothek, knutschend wie frisch verliebt. Ich fuhr ihn noch nach Hause und dann trennten wir uns wieder ohne eine neue Verabredung. Vermutlich spielen wir jetzt wieder das Wechselspiel: du bist mir egal - verbringen wir eine heiße Nacht.
Trotzdem fühle mich ich nach diesem Treffen besser, so verrückt das auch klingt.
Meine Gedanken kreisen auch weiterhin um ihn aber die Traurigkeit dabei ist von mir abgefallen. Ob er nun ein Mistkerl ist der mich ausnutzt oder ob er einfach nicht fähig ist eine Gefühlsbindung einzugehen; mir ist klar geworden dass ich ihn trotzdem will, eben nur zeitweise. Wenn es sich so ergibt werde ich eben zweigleisig fahren. Irgendwann ändern sich die Dinge vielleicht.
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Dienstag, der 30. Juli.
Ich bin so wütend, wenn Richard bei mir wäre ich würde ihn erdolchen. Er hat es schon wieder getan oder besser nicht getan. Was zum Teufel geht in diesem Kerl vor?
Vor ein paar Tagen dachte ich noch ich könnte mit ihm umgehen. War wohl ein Irrtum. Gerade heute hätte ich ihn so gebraucht. Ich hatte einen lausigen Tag und obendrein ist auch noch Vollmond. Echt klasse dass er mich gerade heute hängen lässt!
Ich hatte ihn gebeten mich anzurufen weil ich gerade heute gern was mit ihm unternommen hätte, so wie früher. Natürlich hat er nicht angerufen um was zu vereinbaren, ist ja auch zu viel verlangt. Jetzt weiß ich was ich für ihn bin - sein persönliches Spielzeug. Ich habe wirklich keine Lust mir das gefallen zu lassen. Bin ich dafür nicht zu gut? Habe ich nicht auch das Recht glücklich zu sein?
Ich fühle mich irgendwie überflüssig. Ich habe mich voll gefressen bis zum Rand und jetzt bin ich zu faul um mich überhaupt zu bewegen. Dabei wäre es wirklich nötig wie die Wohnung aussieht, kaum zu glauben wie viel ein einzelner Mensch Dreck macht. Seit zwei Wochen hänge ich nur so rum, völlig untätig.
Zu meiner Einsamkeit ist ein neues Gefühl dazu gekommen. Scham.
Ich schäme mich dafür einsam zu sein. Niemand soll es merken, weder Freunde noch Familie oder Nachbarn.
Überall habe ich das Licht ausgemacht und mich ganz still in meine Hängematte verzogen. Wie ein verletztes Tier das sich im Unterholz verkriecht.
Irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten. Ich rief bei Richard an und erreichte ihn wunderbarer Weise sogar. Lange unterhielten wir uns.
Ich beschimpfte ihn weil er mich so ignoriert. Einen Grund konnte er nicht nennen (natürlich nicht, es gibt ja keinen). Jedenfalls vertrugen wir uns am Ende und trafen uns am Abend wieder mal am Lagerfeuer. Ich liebe solche kleinen spontanen Feiern, es gibt nichts Romantischeres als ein Lagerfeuer in einer warmen Sommernacht.
Richard und ich verbrachten den ganzen Abend zusammen. Wir haben uns eine Decke geteilt und er hat mich fest im Arm gehalten. Es war urgemütlich und ich schwebte irgendwo auf Wolke sieben. Gemeinsam brachen wir nach Hause auf, beschlossen nur gute Freunde zu sein und schliefen miteinander. Still, sanft, selbstverständlich.
Ob die Beziehung so funktioniert bleibt abzuwarten aber es ist gut für mich meinen Freund wieder zu haben. Ich kann einfach nicht ohne ihn leben, auch wenn völlig unklar ist ob es eine Zukunft für uns beide gibt.
All meine Hoffnung ist möglichst viel Zeit mit ihm zu verbringen. Ich weiß noch gar nicht wie ich zehn Tage ohne ihn auskommen soll. Aber ich werde es müssen - er fährt in Urlaub, ohne mich.
Schön für Dich dass Du so wahnsinnig unabhängig bist…Du musst weder Rücksicht auf mich noch auf dein Bankkonto nehmen…
Ich werde vor Sehnsucht vergehen, ich hoffe er hält sein Versprechen sich gleich bei mir zu melden wenn er zurück ist. Wenn er es tut bekommt er eine Wiedersehensfeier die er so bald nicht vergisst!
Es wäre schön Dir wieder vertrauen zu können, ich vermisse unsere Freundschaft.
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Der fünfzehnte August, ein Feiertag, ein langes Wochenende.
Ich gammle so richtig. Ich bin erst um halb zwei Uhr nachmittags aufgestanden, habe ein schönes Schaumbad genommen und ein wenig Schönheitspflege betrieben. Jetzt liege ich gemütlich in der Hängematte auf dem Balkon und denke darüber nach was ich noch anstellen soll. Ohne Richard habe ich eigentlich zu gar nichts Lust.
Dann endlich! Er ist zurück! Beide sind wir auf einer Überdosis Gefühl. Ich bin wie ein Schwamm der jedes seiner Worte und Gesten gierig aufsaugt. Ohne ihn wäre ich ausgetrocknet und gestorben. Richard genießt das Zusammensein ohne Zweifel genauso aber ich glaube zu wissen dass es ihm nicht wirklich etwas bedeutet, nicht so wie er mir.
Unsere Treffen sind so selten, viel zu selten, doch ich will ihn nicht zu sehr bedrängen, glaube ihn schon genug zu nerven.
Es ist doch nicht normal wenn ich zweidrittel meiner Zeit damit verbringe über ihn nachzudenken. Ihn, den ich so sehr liebe dass mir der Gedanke an ihn die Tränen in die Augen treibt.
Wie kann er nur ALLES für mich sein und ich bin für ihn gar nicht wichtig? Wenn er keine Zeit für mich hat fühle ich mich wie eine Tigerin, gefangen im Käfig meiner Gefühle. Ich laufe auf und ab, immer auf der Suche nach einem Ausweg.
Ab und zu habe ich auch ohne ihn Spaß, dann gehe ich bis zum Morgengrauen mit der Band aus. Ich fühle mich wohl und darum sehe ich auch gut aus und habe Energie.
Aber es ist nicht dasselbe.
Es ist merkwürdig aber immer sonntags vermisse ich ihn besonders. Vielleicht weil ich am Sonntag gewöhnlich meine Familie besuche. Meine Eltern sagen nichts zu meinem Lebensstil aber ich bilde mir ein sie sehen mich mitleidig an. Wenn es nach meinen Eltern gegangen wäre dann wäre ich schon lange verheiratet und hätte Kinder.
Enkelkinder; damit liegen sie mir schon Jahre in den Ohren. Inzwischen haben sie es wohl aufgegeben. Es ist gut dass sie mir die Fehler meines Lebens nicht vorhalten, dass würde ich nicht ertragen. Aber ich sehe dieses verdammte Mitleid in ihren Augen. Niemand kann mir die Verantwortung für mein Leben abnehmen. Falsche Entscheidungen, falsche Männer, unnütz vertane Zeit.
Es ist mein Leben, meine Bestimmung. Irgendwann wird alles einen Sinn ergeben. Zufälle gibt es nicht. Alles was geschieht passiert nur weil vorher etwas anderes geschehen ist. Alles im Leben hat eine Ursache und eine Wirkung. Wieso bin ich Richard begegnet? Was ist der höhere Grund dafür?
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Ich hatte nie ein starkes Bedürfnis meinen Geburtstag zu feiern, diesmal schon. In drei Wochen begehe ich meinen 29. Es kommt mir so vor als wäre ich gestern erst 16 gewesen. Doch ich habe Lust alle meine Freunde um mich zu versammeln. Ich will das Gefühl bekämpfen allein zu sein.
Wenn ich Richard sehe ist es immer das gleiche. Heiße Küsse - kaltes Herz. Der Gedanke an Ihn kribbelt wie tausend Ameisen an meinem ganzen Körper. Er versetzt mich immer in elektrische Hochspannung. Wenn ich ihn nur berühre werden Funken aus mir schlagen!
Es ist halb zehn, er ist nicht gekommen und ich bin gerade beim dreißigsten Pfund Süßigkeiten, ich werde davon weder ruhiger noch glücklicher, kriege höchstens Pickel. Wieder mal hat er mich versetzt, wie nett.
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Es kann nicht so weitergehen. Ich werde die Entscheidung erzwingen - entweder er liebt mich oder er muss gehen. Als ich bei ihm war um mit ihm zu reden habe ich wie üblich kein Wort herausgebracht. Es war das Übliche, erst Distanz dann Knutscherei. Aber offenbar hat er das gleiche gedacht wie ich und schließlich redeten wir doch.
Er ist mit mir einer Meinung. Es muss aufhören, wir können nicht ewig so weitermachen. Also muss es enden. Mein Herz muss aufhören schneller zu schlagen bei seinem Anblick. Ich muss aufhören jede Stunde des Tages an ihn zu denken, aufhören von ihm zu träumen, aufhören mir seine Nähe zu wünschen.
Scheiße! Morgen ist mein Geburtstag, der einsamste meines Lebens.
Schließlich und endlich war es doch nicht so schlimm. Abends kamen ein paar Freunde, wir nahmen einen Drink bei mir in der Wohnung dann ging ich mit der ganzen Bande schön essen und wir spielten Billard. Eigentlich habe ich mich gut amüsiert. Ich war auch gar nicht depressiv, eher im Gegenteil, schon fast albern. Selten so gelacht.
Ha, ha, es geht ja doch!
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Es ist der 30. September, endlich Urlaub!
Ich kann die dummen Gesichter im Büro nicht mehr ertragen. Wie überall gibt es auch bei mir im Büro so eine linke Ziege die einem freundlich ins Gesicht lacht und einem dann einen gemeinen Tritt in den Hintern verpasst. So was kotzt mich an. Aber jetzt habe ich drei Wochen meine Ruhe, großer Jahresurlaub.
Ich werde mit meinen Eltern nach Fuerteventura fliegen, der Heimat meiner Mutter. Ich werde die Großeltern besuchen und ich freue mich sehr darauf. Die beiden alten Leute sind vernarrt in ihr Enkelkind und verwöhnen mich jedes Mal maßlos.
Es ist Vollmond, wieder mal. Ich reiße mich sehr am Riemen, versuche mich zu beschäftigen um ja nicht zu viel nachzudenken.
Fuerteventura ist so ziemlich das Ödeste was man sich vorstellen kann. Die Landschaft ist karg und einsam und ich bin ungefähr zum vierzigsten Mal hier.
Trotzdem geht es mir ganz gut. Wenn ich nicht bei den Großeltern bin genieße ich die Insel wie jede andere Urlauberin auch. Ich bin entweder auf Achse oder schlafe. Erst am vierten Urlaubstag habe ich die obligatorischen Postkarten geschrieben.
Auch an Richard ist eine dabei, nicht viele Worte, nur Gruß und Kuss und Schluss. Es gibt nichts mehr zu sagen. Seinetwegen habe ich mir so viele Nächte um die Ohren geschlagen - jetzt ist Schluss damit. Ich muss es eben überwinden, ich habe schon ganz andere Dinge gemeistert. Ein Mann sollte mich nicht so aus der Bahn des Lebens werfen. Ich muss aufhören zu denken die Zeit würde gegen mich arbeiten, vielleicht arbeitet die Zeit ja im Gegenteil für mich.
Ich denke trotzdem an Richard. Träume mir eine nette Geschichte von aufflammender Leidenschaft am Lagerfeuer zusammen. Alles Blödsinn! Zu Hause ist es dafür schon viel zu kalt, außerdem - ich will ihn doch vergessen! Aber ich muss an ihn denken obwohl ich weiß wie schlecht es für mich ist.
In meinen Träumen ist eben alles möglich. Ich stecke immer noch in dieser emotionalen Sackgasse. Es fällt mir schon leichter damit umzugehen doch ich bin noch immer auf diesen einen Mann fixiert.
Ich fahre durch Steinwüsten und an Sanddünen vorbei und denke an Winter. An Schnee, an eine Hütte in den Bergen. Ich fahre mit Richard Ski. Ich sehe uns beide in einem Pferdeschlitten durch die Winterlandschaft fahren. Der Kutscher macht ein Foto von uns und bemerkt was für ein schönes Paar wir doch sind.
Ich versinke in diesen Tagträumen, leide unter dem Zärtlichkeitsentzug. Ich bin so voller Wünsche.
Schlaflos, schlaflos in Fuerteventura. Irgendwie habe ich das Bedürfnis durch sämtliche Clubs und Kneipen der Stadt zu ziehen. Draußen spielt irgendwo ein Saxophon. Es weht ein laues Lüftchen. Es könnte so schön sein.
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Der nächste Tag ist der letzte auf dieser Insel. Noch ein bisschen Strand, etwas Shopping und das war´s dann. Eins steht fest, das tolle Klima hier werde ich vermissen. Von den Großeltern habe ich mich schon verabschiedet. Wie immer tränenreich. Zum Flughafen fahren die Eltern und ich alleine. Meine Oma hat eine kaputte Hüfte und wir wollen ihr die Anstrengung nicht zumuten. Ich freue mich auch auf Zuhause. Ob mich dort als Ausgleich ein paar Küsse und Umarmungen erwarten?
Gott - ich kann einfach nicht aufhören an Richard zu denken, kann nicht aufgeben. Ich habe so viel Energie investiert, für nichts? Por nada?
Wieder zu Hause. Irgendwie bin ich deprimiert. Es ist schon lange Zeit zu Bett zu gehen, ich warte auf die Müdigkeit. Habe kein Bedürfnis nach Schlaf, nur nach Liebe.
Liebe gibt mir die Band nicht. Ich gehe mit ihnen aus bis ich vor Müdigkeit umfalle oder es mir zu anstrengend ist heiter zu sein. Meine Gedanken sind ebenso trübe wie das Wetter, es kalt ist und regnet in Strömen.
Ein paar Textzeilen aus der coolen CD von Tic Tac Toe spiegeln genau meine Stimmung wieder:
Ich will nen Mann, ist das zu viel verlangt? / Leck mich am A, B, C und dann geh wohin du willst! / Warum hast du mich verlassen, warum hast du das gemacht? / Du hast nur gelacht und gesagt "war doch alles nur ein Spiel", ohne Regeln ohne Ziel. / Verpiss dich, ich weiß genau du vermisst mich!
Ich singe mit, schreie mir meinen Frust raus. Ich kann nicht schlafen, liege jede Nacht stundenlang wach, am nächsten Morgen sehe ich dann aus wie ausgespuckt. Mehr als fünf Stunden habe ich keine Nacht geschlafen seit ich vom Urlaub zurück bin. Mein Lebensrhythmus ist total gestört, mein Seelenrhythmus genauso.
Ich glaube ich war schon immer etwas schizophren. Sprach mit Personen die gar nicht da waren, lebte in einer imaginären Welt. Es mochte mir über vieles hinweg geholfen haben aber jetzt ängstigt es mich.
Jeder hat irgendeine Macke doch wenn nicht bald etwas Durchgreifendes geschieht werde ich wirklich irre. Krank.
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Ich warte endlos, versuche Richard zu erreichen, zwecklos. Mir ist kalt, nicht weil es wirklich kalt ist, mehr von innen heraus.
Ich versuche mir einzureden wie stark ich bin, überzeuge mich selbst davon dass er mir auf keinen Fall nochmal das Herz brechen wird.
Ich schaukle mich auf an dem Gedanken ihm stark gegenüber zu treten und zu sagen "Du spielt keine Spielchen mehr mit mir". Also fahre ich zu ihm. Es brennt Licht, sein Auto steht vor der Tür. Er hat nicht aufgemacht.
Was hätten Sie gedacht? Mich hat es nieder geschmettert; vernichtet. Ich hätte alles getan um diese Kälte die mein Herz erfroren hat loszuwerden.
Gestern war ich noch die Königin der Nacht, sexy, sinnlich. Jetzt bin ich das arme verängstigte Mäuschen mit der Angst vor der Katze die vor dem Loch sitzt.
Ich bin das Hoffen, Bangen und Warten so müde. Ich will einfach nicht mehr. Mich nervt das alles so. Ewiger Liebeskummer, ständig Ärger mit den blöden Weibern und dem anstrengenden Chef im Büro.
Ich möchte das nicht mehr, ich will endlich wieder ich selbst sein, der Phönix. Frei sein. Spaß haben.
Allerheiligen war ich auf dem Friedhof. Ich war beim Grab von Richards Eltern, ich habe zwei Rosen niedergelegt und Richards Eltern gebeten auf ihren Sohn achten zu dürfen. Seine Eltern sind vor ein paar Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Gerade an einem solchen Tag hätte er mich sicher gebraucht. Ich könnte seine Stütze sein.
Könnte, wenn er das wollen würde. Ich bin völlig hoffnungslos. Um mich herum ist ein Vakuum. Ich rede mit den Toten, den Lebenden habe ich nichts mehr zu sagen.
Du glaubst ich bin dumm deshalb liebst du mich nicht. Das ist es, du glaubst eine dumme Frau brauchst du nicht zu lieben. Aber ich bin nicht dumm, ich war nur blind. Ich habe dich so sehr geliebt dass ich aufgehört habe Mensch zu sein. Ich war nur noch dein Spielzeug. Ich habe dich so sehr geliebt, ich wäre mit Freuden für dich gestorben. Ich hörte auf zu existieren als ich dir erlaubte mein Herz zu berühren.
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Manchmal bin ich ausgehfertig, angezogen, geschminkt, bereit. Aber für wen? Es wird niemand kommen um ich abzuholen und ich werde nirgendwo erwartet. Meist schlafe ich dann irgendwann auf dem Sofa ein, flüchte in einen Traum.
Einmal war ich sogar mit dem kleinen Michi aus; die pure Verzweiflung. Ich wollte einfach nicht allein sein.
Der arme Junge ist immer noch in mich verliebt. Ich bemühe mich ihn nicht darin zu bestätigen.
Wir passen wirklich nicht zusammen. Ruhig und langweilig bin ich selber, ich brauche einen Mann mit Power.
Die Zeit fliegt. Ich vergehe vor Angst er könnte mich völlig vergessen, ich könnte Richard für immer verlieren. Scheiße, ich fühle mich so allein!
Ich werde halb wahnsinnig, versuche dreimal täglich ihn zu erreichen, wenigstens seine Stimme zu hören. Um mich abzulenken gehe ich jetzt öfter mit Andy aus. Wir sind uns sehr ähnlich, verstehen uns gut, haben Spaß zusammen. Wer uns nicht kennt könnte denken wir sind ein Paar. Andy ist wie mein männliches Gegenstück; so wie ich die Gesellschaft von Männern vorziehe zieht es ihn zu den Frauen. Er hilft mir sehr. Wir gehen in Diskotheken, wir singen, tanzen, lachen.
Es ist in Ordnung aber wenn Richards Musik läuft muss ich bei jedem Song an ihn denken. Ich denke dann ich muss ihm erzählen wie gut die Musik in dem Laden ist vielleicht kommt er dann das nächste Mal mit mir. Doch ich treffe ihn nie und er meldet sich auch nicht.
Ich zittere, habe fast körperliche Schmerzen. Das ist Entzug, Sehnsucht. Oh Gott - nie wünschte ich mir etwas so sehr wie diesen Mann. Wenn ich an seine Küsse denke, an seine Berührungen. Ich bitte Gott wenn es ihn gibt dann soll er das Wunder geschehen lassen!
Ich flehe zum Himmel und versuche ihn zum hundertsten Mal an diesem Tag anzurufen. Jedes Klingeln klingt wie ein verzweifelter Hilferuf. Ich muss mich wohl damit abfinden ihn verloren zu haben. Wenn ich auch nicht glaube mich je von ihm lösen zu können. Jetzt gehe ich erst mal aus, unter Leute, feiern, lachen. Vergessen was mein Leben so unerträglich macht.
Ich kann nicht aufhören. Nicht aufhören an ihn zu denken, nicht aufhören mich selbst zu bedauern. Kann nicht aufhören mir seine Nähe zu wünschen.
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Mann - ist das ein höllischer Muskelkater! Am Dienstag war ich zu ersten Mal Eis laufen, mit den Arbeitskollegen (also hauptsächlich mit Marco). Ich war gar nicht so schlecht und bin auch auf meinen Füßen stehen geblieben. Dank der Bande im Eisstadium.
Es war schön Marcos Blicke zu spüren, mit ihm heiße Schokolade zu trinken, ihn wie zufällig zu berühren. Doch auch solche Ablenkungen sind immer nur kurzfristig. Eine kurze Zeit in der ich meinen Kummer vergesse.
Dafür trifft es mich dann wieder umso härter sobald ich dann wieder allein zu Hause bin. Der große Knaller wird die Einweihungsparty eines Bekannten wahrscheinlich auch nicht, ich gehe trotzdem hin, es ist eine ganz nette Abwechslung. Vor allem werde ich voraussichtlich die einzige Frau sein und das werde ich auf jeden Fall genießen.
Herbstdepression. Es ist der 17. November.
Ich habe versucht ihn anzurufen (zum millionsten Mal). Er ist aber nicht daheim oder er geht nicht ran, Mistkerl!
Ich muss eine kleine Notlüge begehen. Der kleine Michi gibt nicht auf, ruft immer wieder an und versucht in meine Nähe zu kommen. Mir ist jedoch nicht danach Distanz zu halten daher muss ich ihn abwimmeln. Ich lüge nicht gern, es ist aber immer noch besser als ihn zu verletzen.
Ich will einen Mann, ist das so schwer verdammt? Nur stelle ich halt auch Ansprüche. Der den ich will, will mich nicht.
Es ist so kalt und total ekliges Wetter, Zeit für den Winterschlaf. Ob aber auch ein Prinz kommen wird der mich wach küsst?
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Eine Woche später.
Ich bin sehr stolz auf mich. Zu meinem üblichen Spieleabend mit der Band tauchte Richard plötzlich und unerwartet auf. Ich dachte mich hätte der Blitz getroffen, das war ja noch nie da!
Er hat es so eingerichtet dass er der letzte auf meiner "Heimfahrtour" war. Meistens fahre ich ja alle nach Hause weil ich als einzige nichts trinke. Natürlich lief es wie immer...
Nein, diesmal war ich viel stärker als sonst und blieb relativ gelassen. Ich zeigte ihm dass er mit mir nicht mehr machen kann was er will. Es lief so wie ICH es wollte.
Obwohl er sich sehr bemüht hat schlief ich diesmal nicht mit ihm. Zum ersten Mal habe ich meine Bedürfnisse in den Vordergrund gestellt. Ich habe nun wirklich keine Lust morgens um sieben völlig übermüdet bei ihm raus zu fliegen und mit einem vereisten Wagen nach Hause zu fahren. Also ging ich nicht mit ihm rein auch wenn er schmollte. Sein Pech!
Oh, ich bin so stolz auf mich. Jetzt kann ich es schaffen. Entweder ich löse mich aus meiner Abhängigkeit oder er zappelt künftig an meiner Angel. Ich halte den Kopf triumphierend ein Stück höher.