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Die Gäste kommen

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Am Samstag war es endlich so weit. Die fünf Gästezimmer waren fertig. Der Frühstücksraum hatte noch luftige freundliche Gardinen bekommen so, dass sie Gäste vom Frühstückstisch aus direkt auf die Pferde in ihren Boxen blicken konnten. Dirk hatte gerade noch rechtzeitig für jedes Pferd eine geräumige Box gebaut und auch die Selbsttränken waren funktionstüchtig.

Nach einem reichhaltigen Frühstück fuhr die gesamte Familie noch einmal an den nahegelegen Badesee um ein letztes Mal einen gemeinsamen Ausflug zu genießen. So bald würde sich sicherlich keine Gelegenheit mehr ergeben mit der gesamten Familie zusammen weg zu fahren. Willi hatte sich auch in das Auto gequetscht und genoss es jetzt in dieser für ihn vertrauten Umgebung den Menschen beim Schwimmen zu zusehen. Da er niemanden sah der ihm bekannt vorkam wendete er sich ganz seiner Familie, wie er die vier inzwischen nannte, zu und freute sich an der Ausgelassenheit der beiden Mädchen.

Als er noch gelebt hatte war sein Kontakt zu Mädchen eher spärlich. Mädchen fand er zu diesem Zeitpunkt ziemlich albern, aber seit er Isi und Madie kannte fand er Mädchen eigentlich ganz in Ordnung.

Nach einem frühen Mittag in Form eines Picknicks ging es gestärkt wieder nach Hause. Beinahe hätte Willi die Abfahrt der Familie verpasst, er war eingeschlafen und wenn Madie nicht zufällig über seine Beine gestolpert wäre! Willi wachte ruckartig auf und Madie sah sich suchend um. Worüber bin ich bloß gestolpert, fragte sie sich, hier liegt doch überhaupt nichts rum.

Um Punkt 15 Uhr fuhren die ersten Gäste auf den Hof. Willi hatte sich auf die Treppe im großen Stall gesetzt, die zum Heuboden hoch führte. Von hier aus hatte man einen guten Blick über den gesamten Hof.

Ein alter klappriger Mercedes fuhr donnernd auf den Hof und nachdem er mitten auf dem großen Platz vor dem Haupthaus gehalten hatte stolperten drei etwas fülligere Menschen aus dem Auto. Mein Gott wie hatten die sich den bloß in das Auto gefaltet fragte Willi sich das arme Auto.

„Man is det hier schön, “ tönte der Man lautstark, „hier wirst de dir wohlfühlen mein Sohn.“ Mit einem breiten Grinsen ging er auf Iris zu die lächelnd über den Hof auf das Auto zuging.

„Hallo ich bin Frau Schütte, herzlich willkommen auf dem Hof Schütte. Ich hoffe sie hatten eine schöne Fahrt.“ Zwei große Hände umschlossen Iris Hand und wurden geschüttelt bis Iris sie dem Mann resolut entzog.

„Det is Franzi, mein Sohn. Haben hier für zwe Wochen für ihn jebucht. Hoffe er lernt hier ordentlich Reiten, wa.“ Mit einem dröhnenden Lachen beendete der Man seinen Satz und schob seinen Sohn in Richtung Iris.

„Na, dann kommen sie mal rein ich zeige ihnen das Zimmer in dem Franz untergebracht ist.“

Iris ging mit zügigen schritten auf das Gästehaus zu sie schmunzelte, fragte sich aber ins geheimen welches Pferd ihr Man dem kleinen dicken Jungen wohl aussuchen würde. Haben wir überhaupt ein Tier das dieses Gewicht tragen kann?

Das Zimmer gefiel den drei Berlinern ausgesprochen gut und so wurde das Auto ausgeladen und Koffer geschleppt. In der Zwischenzeit war ein weiteres Auto eingetroffen und die beiden Mädchen hatten die Insassen begrüßt. Es war eine Familie aus Hamburg mit einem etwa 11 jährigen sehr zarten Mädchens.

Isi zeigte der Familie ihr Zimmer. Sie hatten den größten Raum im Gästehaus bekommen in dem es außer drei Betten noch ein hübsches Sofa gab das man bei Bedarf zum Schlafsofa umfunktionieren konnte. Das Sofa hatte denselben Bezug wie die Gardinen, kleine bunte Blumen auf einem beigen Hintergrund.

Als Herr Meier anfing das Auto auszupacken kam Iris auf den Hof zurück und begrüßte sie. „Hallo ich bin Frau Schütte ich hoffe ihnen gefällt ihr Zimmer?“

„Oh, ja es ist toll. Marie freut sich schon total aufs Reiten. Ich hoffe sie haben auch für meine Frau und mich ein passendes Pferd. Ich kann noch nicht ganz so gut Reiten aber die beiden Mädels!“

„Wir werden schon die passenden Tiere finden. Wenn alle da sind wird mein Mann ein Probereiten auf dem Platz machen. Da kann er dann sehen welches Pferd für wen am besten geeignet ist. Ich komme nachher noch einmal zu ihnen wegen der Essenszeiten und etwaigen anderen Fragen. Also ich wünsche ihnen auf alle Fälle erst mal einen schönen Urlaub bei uns.“

Mit lautem Poltern zog Herr Meier seine Koffer in das Gästehaus. Mein Gott haben die beiden Ziegelsteine eingepackt so schwer sind die Koffer und wer muss sie wieder rein-schleppen, natürlich ich. Schwungvoll stürmte er um die Ecke und hatte das Gefühl gegen eine unsichtbare Wand zu laufen. Da er aber nichts sehen konnte gegen das er gerannt war ging er kopfschüttelnd, etwas langsamer weiter.

Willi mit dem er zusammengestoßen war stand hinter Herrn Meier und schüttelte sich wie ein nasser Hund. Das tat er immer wenn er mal wieder durch jemanden durchgelaufen war, es war ein zu merkwürdiges Gefühl, so als ob man eine riesige Gänsehaut bekam und einem gleichzeitig eiskalt wurde. Den muss ich mir merken, dachte er, Rache ist Blutwurst.

Schon wieder hörte er wie ein Wagen auf den Hof fuhr und beeilte sich nach draußen zu kommen. Ein dunkelblauer Van blieb gerade vor der Terrasse stehen. Als die Türen sich öffneten kamen immer mehr Menschen aus dem inneren. Willi zählte 11 Personen. Oh Gott wo sollten die denn alle bleiben so viel Platz war doch gar nicht mehr da?

Iris war schon zur Stelle um die neuen Gäste zu begrüßen. „Sie sind sicherlich Familie Schirmacher aus Hamburg? Willkommen auf Hof Schütte.“ Mit einem breiten Lächeln streckte sie ihre Hand aus die sofort von einer Bären großen Tatze verschluckt wurde.

„Jawohl, Familie Schirmacher vollständig angetreten. Das sind Maike, Tobias und Eveline. Die drei die hier bleiben, der Rest fährt weiter zu Tante Johanna nach Travemünde. Die drei ziehen aber Reiterurlaub vor. Verstehe ich überhaupt nicht, wo Tante Johanna doch so lieb ist.“

Nachdem wie Herr Schirmacher lächelte als er von der lieben Tante Johanna sprach meinte Iris zu erkennen das Tante Johanna ziemlich nervig war.

„Na, dann werde ich euch einmal zeigen wo ihr wohnen werdet. Du Tobias wirst hier mit Franz zusammen wohnen und ihr beiden werdet entweder hier alleine oder wenn ihr wollt nebenan mit zwei anderen Mädchen schlafen.“

„Wie alt sind die beiden anderen denn?“ wollte Maike wissen. „Die eine ist 11 und kommt auch aus Hamburg, die andere ist 10 und kommt aus Paderborn.“

„Was meinst du Eveline alleine oder mit den anderen. Ich fände mit anderen zusammen ganz nett.“

Nachdem auch Eveline mit den anderen zusammen schlafen wollte war das geklärt und die beiden Mädchen zogen in das große 4 Bett Zimmer.

Als alle Familienangehörige wieder abgefahren waren erkundeten die Gastkinder erst einmal den Hof. Isi und Madie machten mit ihnen eine umfassende Hofführung und stellten ihnen alle Pferde vor.

„Habt ihr eigentlich gar keine Katzen und Hunde?“ fragte Marie die beiden.

„Einen Hund haben wir, aber der ist noch ein Welpe und Katzen werden wir demnächst bekommen. Der Nachbar Bauer hat welche für uns aber die saugen noch bei der Mutter. Wenn die groß genug sind bringt er sie uns rüber. Hühner kriegen wir übermorgen dann kommt der Hühnerzüchter ins Dorf unser Vater hat das in der Zeitung gelesen. Einmal im Monat fährt er hier vorbei und verkauft Hühner, Enten und Gänse.“

„Ja“, ergänzte Isi ihre Schwester, “ einen Hühnerstall hat mein Vater da vorne schon gebaut seht ihr. Sogar mit einem großen Netz über dem Auslauf, sonst müssten die Hühner ein paar Monate im Jahr im Stall bleiben, wegen der Geflügelgrippe das ist so Vorschrift.“

Weiter ging die Führung auf den riesigen Heuboden. „Man hier is ja noch allet leer, hab ihr ja ken Stroh?“

„Das kommt morgen“, erklärte Isi den Kindern, “da könnt ihr gleich mal zeigen ob ihr Mumm in den Knochen habt. Der Bauer der uns das Stroh bringt fährt vom Feld direkt zu uns, dann braucht er es nirgends zwischen lagern. Das wird billiger und geht auch schneller. Er lagert natürlich noch einen Teil für uns ein. Hier passt für so viele Pferde ja nicht genug rauf und Heu muss auch noch kommen.“

Auf dem Hof wurde es plötzlich laut und die Kinder raunten in Windeseile die steile Treppe runter. Fallt bloß nicht, dachte Willi der die ganze Zeit dicht neben den Kindern war, das kann böse enden, ha, ha, ha.

Gerade fuhr ein altes Auto laut knatternd auf den Hof. Es hatte ein Paderborner kennzeichnen und brachte Lara wie die Kinder bereits wussten.

Lara war ein lustiges Mädchen 11 Jahre alt Rothaarig und hatte das ganze Gesicht voller Sommersprossen. Die ist bestimmt lustig dachten Isi und Madie, mit der werden wir viel Spaß haben. Auch Willi fand das neue Mädchen auf Anhieb nett. Mal sehen was man mit der anfangen kann, dachte er,

Am späten Nachmittag versammelten sich alle Gäste auf der Terrasse. Hier standen zwei runde Tische und jede Menge Gartenstühle. Auf den Tischen flatterten bunte Tischdecken. Die Terrasse war vor Regen durch ein großes Überdach geschützt. Ursprünglich waren hier die Erntewagen untergestellt. Die Terrasse wurde eingebunden durch das Haupthaus und das Gästehaus so dass sie nur zu zwei Seiten hin offen war. Dirk hatte sie noch mit einem Holzfußboden und einem Holzgeländer ausgestattet so, dass es ein wenig Westernatmosphäre hatte. Willi fand die neue Terrasse toll. Er fand Western schon immer super und hätte gern im Wilden Westen gelebt. Als er noch ein Mensch war hatten er und seine Freunde immer Cowboy und Indianer gespielt. Er war immer der große Häuptling gewesen, weise und edel.

Dirk hatte sich zu seinen Gästen in die Runde gesetzt. Er hatte einen Block dabei und fragte jeden nach seiner Erfahrung mit Pferden und beim Reiten.

Franzi und Lara konnten noch überhaupt nicht reiten und sollten daher erst einmal an die Longe. Maike und Eveline nahmen seit drei Jahren Reitunterricht in Bad Segeberg und ihr Bruder seit zwei Jahren.

Maries Eltern hatten Iris erzählt sie wäre die perfekte Reiterin, sie würde an Turnieren teilnehmen und wäre das Talent schlechthin. Frau Meier die Mutter von Marie, teilte Dirk mit sie wäre auch eine ganz passable Reiterin und ihrem Man würde nur noch ein wenig Schliff fehlen.

Dirk betrachtete diese Aussage eher skeptisch. Er hatte schon genügend Unfälle gesehen von Reitern die sich einfach überschätzten. Auf dem Hof auf dem sie vorher Ihre Pferde stehen hatten war erst vor kurzem eine Reiterin so schwer gestürzt, dass sie für immer im Rollstuhl sitzen musste.

Nachdem Dirk alle Pferde zugeteilt hatte gingen Isi und Madie mit den beiden Longen Kindern und holten Odett aus dem Stall um sie zu putzen.

Sie erklärten den beiden genau worauf es ankam damit dem Pferd beim Reiten nichts passierte. „Wenn du nicht ordentlich putzt, dann scheuert es beim Reiten und im schlimmsten Fall wirft das Pferd dich dann ab oder das Tier bekommt Satteldruck. Das ist sehr schmerzhaft und das Pferd kann dann lange nicht mehr geritten werden.“

Beim Satteln und Trensen zeigte Isi ihnen dann wie die Trense geschlossen wurde und wo der Sattel zu liegen hatte. „Und immer daran denken, den Sattel nie gegen den Strich verrücken sonst seid ihr eher wieder unten wie ihr aufgestiegen seid. In der ersten Zeit werden wir euch noch helfen denn man kann das nicht alles auf Anhieb behalten.“

Franzi und Lara nickten dankbar, flößte ihnen das große Tier von so nahem doch einen gewaltigen Respekt ein.

Nachdem Odett fertig gesattelt war ging Dirk mit den beiden Kindern auf den Reitplatz. Vorher hatte er den anderen Reitern gesagt er würde 40 Minuten brauchen und sie sollten selber sehen wann sie anfingen ihre Pferde fertig zu machen.

„Wieso fertig machen“, fragte Frau Meier mit lauter, nörgelnder Stimme, “bei uns im Stall bekommen wir die Pferde fix und fertig hingestellt. Das sind wir so gewohnt.“

„Bei uns wird geritten“, antwortete Dirk ihr, „und Reiten beinhaltet auch die Pflege der Tiere, sonst kann man keinen intensiven Kontakt zu Ihnen aufbauen und das braucht man um ein guter Reiter zu werden. Wer das nicht will kann hier nicht Reiten. Isi und Madie helfen gerne bei denen die nicht wissen wie es geht. Aber Pferde fertig machen müsst ihr selbst.“

Auf der Terrasse nörgelten Frau Meier und ihre Tochter noch eine ganze Weile vor sich hin, Herr Meier versuchte zwar die Wogen zu glätten aber irgendwie machte er alles nur noch schlimmer.

Als es ans Putzen ging schafften es die drei noch nicht einmal den Pferden ein Halfter anzulegen. Bei Frau Meier war der Nasenriemen unten und Herr Meier hatte das Halfter von vorne herein verkehrt herum. Marie versuchte es gar nicht erst sondern stellte sich weinend neben die Box. Na das kann ja noch was werden dachte Isi und half Marie beim herausholen des Pferdes. Madie hatte unterdessen Herrn und Frau Meier geholfen und ihnen das Putzzeug in die Hand gedrückt. „Von oben nach unten und von vorne nach hinten putzen. Hufe-auskratzen nicht vergessen, “ erklärte sie gerade als Iris dazu kam. Hinter dem Rücken von Frau Meier verdrehte Madie die Augen und ihre Mutter musste sich auf die Zunge beißen um nicht laut loszulachen.

Gerade als alle Pferde fertig waren kam Dirk zurück von der Bahn. „So, dann wollen wir mal. Sind alle fertig oder braucht noch jemand Hilfe.“ Als alle bestätigt hatten dass sie fertig seien gingen sie gemeinsam auf die Reitbahn. Dirk schickte Eveline noch einmal zurück damit sie ihre Reitkappe holen konnte, die sie auf der Terrasse liegen gelassen hatte.

In der Zwischenzeit nahmen die anderen Reiter Aufstellung und stiegen auf ihre Pferde.

„Noch einmal ein wenig Nachgurten, den Rest Gurten wir dann in ein paar Minuten nach. So und jetzt durcheinander Reiten, aber vorsichtig die Pferde kennen sich noch nicht so gut untereinander.“ Beim durcheinander Reiten beobachtete Dirk die Reiter genau. Konnte er doch hierbei schon Stärken und Schwächen jedes einzelnen sehen.

Willi hatte sich auf die Umzäunung der Reitbahn gesetzt. Neben ihm standen Isi und Madie und sahen angestrengt auf die Reiter. Sie fanden, dass die drei Schirmmacher Kinder gar keine so schlechte Figur machten. Bei den Meiers konnte man noch nicht viel sagen, durcheinander Reiten im Schritt war ja noch recht einfach.

Als es jedoch ans Traben ging hoppelte Herr Meier wie ein Flummiball auf dem Pferd herum. Er zappelte mit den Händen und Geronimo, auf dem er saß, fing an mit dem Kopf zu Schütteln. Dadurch wurde die Sache nicht besser. Herr Meier fing an von rechts nach links zu hüpfen und als Geronimo abrupt stehen blieb wäre er fast herunter gefallen. Gerade noch rechtzeitig klammerte er sich an der Mähne fest und hing nun seitlich am Pferd. Dirk, der den beiden am nächsten stand half ihm wieder hoch. Da Herr Meier der letzte in der Reihe war waren alle anderen weiter getrabt und blieben jetzt direkt hinter Geronimo stehen. „Warum stehst du denn da so dusselig rum, “ fauchte seine Frau, “ Trab doch weiter.“

Herr Meier machte ein überaus zerknirschtes Gesicht und Dirk schickte ihn wieder nach hinten in die Reihe.

„Da ihr ja alle im Gelände Reiten wollt müsst ihr Leicht traben können. Kann einer nicht Leicht-traben.“ Dirk sah die Reiter der Reihe nach an. Nur Herr Meier hob zaghaft seinen Arm. „Gut, Herr Meier dann werden wir beide das ein wenig üben. Sie müssen beim Traben immer wenn das innere Bein des Pferdes nach vorne geht aufstehen und wenn es nach hinten geht wieder hinsetzen. Aber nicht Plumpsen lassen. Das innere Bein ist in diesem Fall das Rechte, weil es zur Mitte der Reitbahn zeigt. Im Gelände nehmen sie dann abwechselnd mal das rechte, mal das linke Bein, damit beim Pferd keine Überbelastung an einem Bein entsteht. So jetzt traben wir alle noch einmal an und damit sie sich zuerst nur auf das Aufstehen konzentrieren können werde ich immer eins sagen wenn sie aufstehen sollen. Alles verstanden.“ Nachdem Herr Meier genickt hatte gab Dirk das Kommando zum Leicht-traben.

Dirk konzentrierte sich auf Herrn Meier hatte aber die anderen Reiter in den Augenwinkeln. Frau Meier versuchte krampfhaft aufzustehen und sich wieder hinzusetzten. Da sie aber immer dann aufstand wenn Dirk eins sagte und ihr Pferd eine andere Trittfolge hatte als Geronimo, konnte das natürlich nicht klappen. Die Folge war sie plumpste in den Sattel, stieß sich an der Sattelkammer und kam dadurch ins Rutschen. Dirk schaffte es nicht mehr rechtzeitig die Gruppe anzuhalten und Frau Meier fiel unsanft vom Pferd. „Dämliches Vieh, “ kreischte sie, “ es hat mich bösartig abgeworfen.“ Laut fluchend stand sie wieder auf ergriff die Zügel und wollte gerade daran herum reißen als Dirk dazwischen trat.

„Halt, so nicht, “ Dirk sah Frau Meier mit blitzenden Augen an, “erstens: bei uns werden keine Pferde bestraft oder geschlagen. Zweitens: nicht das Pferd war schuld sondern Sie. Sie sind überhaupt nicht im Takt gewesen. Sie können nicht leicht traben. Reiten ist nicht ungefährlich und selbst Überschätzung kann schnell böse enden. Ich denke wir werden doch noch die eine oder andere Einzelstunde nehmen müssen. So und jetzt steigen sie bitte wieder auf, damit wir weiter machen könne.“

„Ich denke gar nicht daran wieder auf diesen Gaul zu steigen. Ich kann Reiten. Ihre Mähre hat mich abgeworfen:“ Zornesrot ließ sie die Zügel fallen und rannte mit erhobenen Kopf von der Reitbahn. Ihr Pferd ließ sie einfach mitten auf der Bahn stehen.

„So sollte sich kein Reiter verhalten, man lässt seine Wut nicht an einem Tier aus und man überlässt auch kein Tier seinem Schicksal. Es gehört sich nicht sein Pferd einfach stehen zu lassen. Egal was passiert ist.“ Dirk war sauer und zeigte das auch. „Isi komm her, steig auf und übernehme bitte die Tete.“

Nach dem Isi aufgestiegen war wurde die Reitstunde fortgesetzt. Es kamen noch mehrere Übungen zum Leichttraben und langsam bekam Herr Meier den Rhythmus raus. Anschließend fragte Dirk ob alle Galoppieren wollten und als alle nickten ließ er jeden einzelnen ein paar Runden drehen. Dabei musste man immer darauf achten, dass das Pferd nicht hinten wieder anschloss sondern, dass man an der Gruppe vorbei kam. Hierbei konnte Dirk erkennen wer sein Pferd beherrschte und wer nicht. Bei den beiden verbliebenen Meiers klappte das nicht aber beim Rest der Truppe ging es mehr oder weniger gut. Am Ende der Reitstunde ließ Dirk die gesamte Gruppe noch einmal zusammen Galoppieren und nun sollten alle in den leichten Sitz gehen weil der beim Reiten im Gelände sehr wichtig war.

Die Meiers und Tobias konnten das noch nicht aber Dirk versprach ihnen das lernt ihr ganz schnell. So jetzt loben wir unsere Pferde und Reiten sie im Schritt trocken.

Als alle Pferde abgesattelt waren wurden sie von ihren Reitern auf die große Koppel gebracht. Madie hatte am Morgen schon kontrolliert ob hier alles in Ordnung und auch noch genügend Wasser im Wasserwagen war. Anschließend ging es zum Essen. Alle Reiter hatten einen bären Hunger. Weil es den ganzen Tag warm war hatte Iris Tomaten, Gurkenscheiben und Möhrenspalten mit frischem Kräuterquark zusätzlich zum normalen Abendbrot auf den Tisch gestellt.

Als Iris den Tisch anschließend abräumte stellte sie fest, dass ein Teller unbenutzt war. Sie schüttelte den Kopf und nahm sich vor rauszufinden wer da gefehlt hatte. Vielleicht ging es ja einem der Kinder nicht gut. Sofort ging sie nach draußen um die Kinder zu suchen. Sie fand sie in der Stallgasse des kleinen Stalles wo sie auf Strohballen saßen und laut sangen.

„Hallo, geht es euch gut? Wer von euch hat denn nichts gegessen?“

Die Kinder sahen sich an und schließlich sage Franzi „Die Frau Meier war gar nicht da. Na vielleicht hat ihr Po weh getan, dann kann man vorne nicht essen.“ Alle Kinder fingen an zu lachen außer Marie, die saß mit versteinertem Blick dabei.

„Meiner Mutter geht es nicht gut, sie hat sich den Steiß geprellt. Das Pferd war einfach zu wild, unerzogen.“

„Na dann werde ich mal nach ihr sehen, “ sagte Iris und ging zurück in die Küche. Hier suchte sie erst mal ihren Mann.

„Was ist denn da nun wirklich passiert beim Reiten? Die Meier soll sich den Steiß geprellt haben? Ich denke sie ist in den weichen Sand gefallen und nicht außerhalb des Reitplatzes?“

Dirk sah seine Frau verdutzt an, „Sie kann sich den Steiß nicht geprellt haben der Sand ist so tief und weich, da gibt es noch nicht einmal einen blauen Fleck wenn du da reinfällst. Die spinnt wenn du mich fragst.“

„Gut, dann werde ich jetzt einmal nach ihr sehen. Holst du bitte mit den Kindern die Pferde rein und fütterst.“

Schnurstracks ging Iris ins Gästehaus und klopfte an Meiers Zimmertür. Nachdem Herr Meier geöffnet hatte fragte sie ihn nach dem Befinden seiner Frau.

Herr Meier kam vor die Tür und schloss diese sanft. „Ich glaube der Schreck war größer als der Schmerz. Sie wird sich schon wieder beruhigen. Vielleicht wird sie hier nicht mehr Reiten wollen, aber machen sie sich da mal keine Sorgen. Nur Drängen sie, sie bitte nicht zum Reiten, dass verschlimmert die Lage dann nur noch.“

„Na dann wünsche ich ihnen eine gute Nacht bis morgen früh dann.“

Nachdem Iris gegangen war ging Herr Meier mit hängendem Kopf wieder in das Zimmer. Hätte er der netten Wirtin sagen sollen, dass das nicht das erste Mal war, dass so etwas passiert ist und, dass jedes Mal das Pferd, der Reitlehrer oder die anderen Reiter Schuld waren aber nie seine Katja.

Am nächsten Morgen erschien Familie Meier wieder komplett am Frühstückstisch. Herr Meier kam kurz in die Küche um Bescheid zu sagen, dass heute nur Marie zum Mittag da wäre weil er und seine Frau nach Lüneburg ein bisschen Schoppen wollten.

Gleich nach dem Frühstück ging es wieder ans Reiten und diesmal verlief alles Problemlos. Es wurde wieder leicht Traben und leichter Sitz geübt und Dirk lobte die Kinder. Bald würde er mit ihnen ins Gelände gehen können da war er sicher. Es gab hier sehr schöne Reitwege und er hatte sich auch schon ein paar Strecken ausgesucht. Der erste Ausritt würde noch ohne Galopp sein und wenn dabei alles gut verlief könnte man schon eine Strecke mit einem kleinen Galopp wählen.

Nach dem Reiten wurden die Pferde wieder auf die Koppel gebracht und dann war auch schon Zeit für das Mittagessen.

Es gab Schnitzel mit Kartoffelsalat und als Nachtisch einen großen Schokopudding. Weil es schon recht warm war hatte Iris Eistee zubereitet und diesen in Glaskrügen auf den Tisch gestellt.

In der Küche war begeistertes Raunen während des Essens zu hören. „Es scheint ihnen zu Schmecken“, Iris Augen strahlten.

Nach dem Mittag beschlossen alle Kinder in das nahe gelegene Freibad zu gehen. Es lag mitten im Wald und hatte noch den Charme der 70er Jahre. Zu Fuß waren die Kinder in 10 Minuten da und so machten sie sich gut gelaunt auf den Weg.

Willi beschloss ein wenig zu schlafen denn eigentlich schlief ein Geist den ganzen Tag und kam erst nachts raus. Na, ja bei ihm war das ein bisschen anders und seitdem die Gäste da waren hatte sich alles noch mehr verändert. Ob ihm diese Veränderungen gefielen oder nicht wusste er noch nicht so genau.

Gesine hatte am Vormittag die Zimmer aufgeräumt und saubergemacht so, dass Iris nach dem Mittag nur noch einmal mit prüfendem Blick durch die Zimmer gehen musste. Aber alles war in Ordnung sogar der Kühlschrank war wieder aufgefüllt. Da habe ich wohl einen guten Griff getan, dachte sie sich. Als sie das Gästehaus verließ kam ein Auto auf den Hof gefahren. Das werden die fehlenden Kinder sein, dachte sie als zwei Kinder auf dem Auto sprangen. Die Fahrertür entließ einen sehr dicken Mann der sich schnaubend empor schraubte. „Hallo wir sind die Wichels“, stöhnte er mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.

„Bianca und Thore Wichel aus Hamburg.“ Mit einem kräftigen Handschlag begrüßte er Iris. „Na, dann kommt mal mit rein ich möchte euch eure Zimmer zeigen. Die anderen Kinder sind alle im Schwimmbad, aber meine beiden Mädchen werden euch dann auf dem Hof rumführen. Die füttern gerade unseren Baby Hund.“

Bianca freute sich darüber in einem vier Bett Zimmer zu sein und auch ihr Bruder fand es toll mit zwei anderen Jungens zusammen in einem Zimmer zu schlafen. Nachdem ihre Sachen verstaut waren fuhr ihr Vater mit lautem Hupkonzert wieder ab und die beiden Kinder hatten kaum Zeit ihm zu zuwinken. Waren doch so viele neue Eindrücke zu verarbeiten. Isi und Madie waren in der Zwischenzeit rausgekommen und führten die beiden jetzt über den Hof.

Wieder in der Küche angekommen Telefonierte Dirk gerade und nachdem er aufgelegt hatte sagte er zu Iris, „Das war der Pferdehändler er hat noch zwei tolle Pferde für uns. Bei der Gästemenge brauchen wir die unbedingt. Es geht ja auch nicht dass wir ständig die Ponys der Mädchen einsetzten. Ab und zu ist das im Moment noch ok aber auf Dauer sollen es doch ihre Pferde sein. Der Dirksen kommt in einer Stunde dann kann ich noch schnell die Boxen herrichten.“

Nach gut einer Stunde knatterte der Pferdehändler mit seinen uralt Transporter dann tatsächlich auf den Hof. Auf den ist immerhin Verlass dachte Dirk. Der Pferdehändler hatte wie immer einen kalten Zigarrenstumpen im Mundwinkel klemmen und begrüßte Dirk mit seiner knorrigen Stimme. Nachdem er die Transportertür geöffnet hatte konnte Dirk die beiden Pferde sehen. Es waren ein dickerer Haflinger und ein sehr schlanker Fliegenschimmel.

„Der dicke ist Xaver und die hübsche Kaja“, raunzte er, „zwei sehr liebe Tiere. Xaver geht auch vor der Kutsche und ist Longe gewöhnt. Kaja ist Turniere gegangen und springt sehr schön. Beide sind 10 Jahre alt, also in den besten Jahren.“

Dirk war sofort von beiden Tieren begeistert und so luden sie die Pferde aus und brachten sie in die Boxen. Heute sollten die Tiere erst einmal ihren Stall kennen lernen und Morgen würde für sie dann der Ernst des Lebens beginnen.

Gerade als der Pferdehändler wieder vom Hof fuhr kam ein junges Paar die Hofeinfahrt herauf.

„Guten Tag, wir haben gesehen hier ist ein Reiterhof, vermieten sie auch Zimmer?“

„In der Regel schon, aber ich weiß nicht ob noch etwas frei ist. Warten sie doch bitte einen Moment ich hole gleich meine Frau. Hier auf der Terrasse können sie sich setzten bis sie kommt.“

Als Iris aus der Tür trat saßen die beiden mit Blick auf die Pferdeställe auf der Terrasse.

„Hallo, mein Mann sagte sie suchen ein Zimmer? Ich habe im Augenblick gerade noch ein Doppelzimmer frei. Wenn sie es sich anschauen wollen.“

Die beiden wollten und fanden das Zimmer gut, nachdem auch die Preisfrage geklärt war sagten sie, dass sie gerne zwei Wochen bleiben würden und ob sie wohl auch ohne Reiten dieses Zimmer bekämen. Iris war ganz froh über Nichtreiter, hatten die Pferde doch auch so für den Anfang schon genug zu tun.

Als um 15.00 Uhr die erste Ladung Stroh kam standen die vier Schüttes in Arbeitsklamotten und mit Handschuhen ausgerüstet auf dem Hof. Gerade war der Bauer mit dem Stroh gekommen. Bianca und Thore wollten beim Strohabladen helfen mussten sich aber noch rasch ein paar lange Hosen anziehen, damit sie nicht hinterher mit total zerkratzten Beinen rumlaufen mussten. Nachdem die Ladeluke am Strohboden geöffnet war konnte es losgehen. Nach 15 Minuten war das erste Fuder verstaut. „Ich bring gleich noch zwei Fuder und heut Abend kommen dann noch einmal zwei. Der Rest kommt dann so in 14 Tagen dann ist der Sommerweizen auch so weit. Heu holen wir wahrscheinlich nächste Woche rein, wenn es nicht regnet.“ Kaum ausgesprochen knatterte er auch schon vom Hof.

„Man das war aber für den Schneider eine lange Rede“, Dirk staunte über den hastigen Aufbruch seines Nachbarn.

Als die Kinder aus dem Freibad zurück waren halfen sie beim Strohabladen und auch beim letzten Fuder nach dem Reiten halfen sie wieder. Dirk war froh so viele eifrige Helfer zu haben denn mit jedem Ballen wurde der Strohboden voller und das Stapeln des Strohs anstrengender.

An diesem Abend fielen alle wie Steine in ihre Betten und schliefen sofort ein. Nur Willi strich noch eine Weile über den Strohboden, erinnerte ihn der volle Boden doch an die Zeit als sein Vater den Hof noch bewirtschaftet hatte und wie froh sie immer waren das Stroh trocken auf den Boden bekommen zu haben. Gerade als Willi beschloss sich jetzt auch schlafen zu legen bemerkte er eine Bewegung auf dem Hof.

Wer schleicht denn da nachts rum, dachte er, mal sehen ob das kein Einbrecher ist. Völlig lautlos schwebte Willi auf die schleichende Gestalt zu und wäre beinahe mit einer zweiten Person zusammen gestoßen. Jetzt erkannte er das junge Pärchen das heute Nachmittag angekommen war. Was machen die denn so spät in der Nacht noch hier draußen, wunderte er sich. Das Pärchen verließ zielstrebig den Hof und Willi folgte ihnen.

Direkt neben dem Hof standen zwei Fahrräder die sich die beiden jetzt griffen. Willi konnte sich gerade noch auf den Gepäckträger des Mannes setzen und dann ging die Fahrt auch schon los.

Die beiden fuhren in das nächstgelegene Dorf, stellten ihre Fahrräder an eine Hauswand und gingen von Haus zu Haus. Sie blieben vor jedem Haus einen Moment stehen und manchmal umrundeten sie auch eines der Häuser. merkwürdiges Treiben, dachte Willi und folgte ihnen stets auf dem Fuß. Dann ging es weiter in das nächste Dorf. Hier wiederholte sich die Prozedur. Weitere drei Dörfer folgten und dann war man wieder in Weiler. Zurück ging es auf den Hof, diesmal wurden die Fahrräder mit genommen und an der Terrasse abgestellt.

Nachdem die beiden im Gästehaus verschwunden waren, ging Willi auch endlich schlafen. Er lag noch lange wach und dachte über das merkwürdige Verhalten der beiden nach.

Willi

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