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1. Wer war Sallust?

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Wir Kinder fanden es immer merkwürdig, dass wir als unsere Adresse Piazza Sallustio angeben sollten. In unseren Augen war das nämlich überhaupt keine Piazza, sondern lediglich drei oder vier Straßen rund um die antiken Gärten des Sallust, des römischen Politikers und Historikers. Sallust muss über viel Geld verfügt haben, wenn er sich die Horti Sallustiani leisten konnte, eine 20 bis 30 Hektar große Anlage, die zu seiner Zeit an der Peripherie des damaligen Roms lag, sich heute allerdings im Zentrum der Stadt befindet.

Der Teil der Horti Sallustiani, der noch heute sichtbar ist, war – und ist immer noch – von einem Mäuerchen umgeben (Abb. 1). Diese „Ummauerung“ der restlichen Antiquitäten wurde um 1880 vollzogen, als das „sallustianische Tal“ für die intensive Bebauung freigegeben wurde. Das Mäuerchen war das Resultat der Kämpfe zwischen der Stadtverwaltung und dem ehemaligen Besitzer, dem westfalischen Buchhändler Josef Spithöver, der das neue Viertel nach seinen Vorstellungen gestalten wollte. Die Kompromisslösung lautete wie folgt:

.die Gruppe der Denkmäler, die sich quasi in der Mitte des Tals befinden, wird von Herrn Spithöver mit einer unregelmäßigen, achteckigen [letztlich wohl eher fünfeckigen] Stützmauer geschützt.2

Von dem Mäuerchen aus kann man auf die circa zehn Meter tiefer liegenden imposanten Reste von Gebäuden hinunterblicken, die an die Caracalla-Thermen erinnern. Diese Ruinen waren das Paradies der Katzen: sie boten der verhätschelten Kaste der römischen Katzen unzählige Unterschlupfmöglichkeiten und unser Interesse galt ausschließlich diesen Tieren.


Abb. 1 – Das Mäuerchen der Piazza Sallustio

Aber wer war dieser Sallust, nach dessen Namen ein ganzes Viertel benannt wurde? Geboren im Jahre 86 v. Chr. in einem kleinen Städtchen in der Nähe von LʼAquila in den Abruzzen, entstammte Gaius Sallustius Crispus einer Familie von Gutsbesitzern, die in Rom jedoch unbekannt waren. Wie viele andere Erfolg versprechende Söhne von ehrgeizigen Eltern wurde Sallust als junger Mann nach Rom geschickt, um seine Ausbildung zu vervollständigen, in der Hoffnung, dass er sich auf dieser Grundlage einen Platz in der gehobenen römischen Gesellschaft würde erarbeiten können. In seinen Schriften ist nachzulesen, dass er sehr früh aus einer inneren Neigung heraus in die Politik einstieg, dort aber vor allem auf Dinge stieß, die er widerwärtig fand: Anstelle von Anstand, Zurückhaltung und Tugend herrschten Unverschämtheit, Bestechlichkeit und Habsucht vor.3 Offensichtlich haben sich die Zeiten nicht geändert!

Spätere Historiker haben bemerkt, dass Sallusts Sitten nicht immer seinen hehren Worten entsprachen aber das Lamento über den Sittenverfall in der römischen Gesellschaft zieht sich wie ein Leitmotiv durch die gesamte Geschichtsschreibung – von den Anfängen bis hin zum Kollaps der römischen Vorherrschaft. Für die römischen Historiker bildete die moralische Integrität des öffentlichen Lebens in Rom die prägende Kraft der römischen Expansion. Rom konnte sein Weltreich nur deshalb begründen und halten, weil die Tugenden der Väter weitergelebt wurden. Jede Niederlage, die die Barbaren den römischen Legionen zufügten, wurde als ein Zeichen der Ungnade der Götter infolge des Sittenverfalls der Römer interpretiert.

Sallust lebte in einer Zeit großer Umwälzungen, die zum Aufstieg des Augustus und damit einhergehend zum Verfall der republikanischen Institutionen führten. Irgendwann waren die Römer und die Italiker müde von den immer neuen Intrigen auf höherer Ebene und den nicht enden wollenden Bürgerkriegen und sehnten sich nach einem fürsorglichen Herrscher. Damals stellte sich, wie auch heute in vielen Ländern, die Frage: politische Stabilität oder Freiheit?

Die Katzen des Sallust

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