Читать книгу Knowing a Superhero - Sarah Bartel - Страница 8
3. Missverständnisse
Оглавление„Na, wie war die Schule heute?“, fragte meine Mum beim Abendessen. Sie war einige Stunden nach mir nach Hause gekommen. Währenddessen hatte ich einen Gemüseauflauf gemacht.
„Es war okay. Ich habe einige neue Leute kennen gelernt und mit ihnen gegessen“, antwortete ich zwischen zwei Happen.
„Auch mit Damien?“, grinste sie und ihre Stimme hatte einen neckenden Unterton. Dass sie damit einen Nerv getroffen hatte, konnte sie ja nicht ahnen.
„Nein. Er meinte, es wäre nicht gut für mich, wenn wir befreundet sind“, antwortete ich tonlos und blickte auf meinen Teller.
„Wieso das?“ Mums Augen wurden groß.
„Er hat Bedenken, dass die anderen mich sonst nicht mögen würden“, wich ich aus und benutzte damit seine erste Antwort.
„Das ist doch Schwachsinn. Wieso sollten dich die anderen denn dann nicht mögen?“
„Keine Ahnung, Mum. Können wir über etwas anderes reden? Wie war denn dein erster Tag?“, wechselte ich das Thema.
„Na gut. Es war in Ordnung. Ich habe im Büro auch neue Leute kennen gelernt. Noch muss ich ja erst einmal eingearbeitet werden, aber ich denke, es wird bald“, erzählte sie. Wir redeten noch etwas über die Arbeit und Schule, bevor wir abräumten und ich nach oben in mein Zimmer ging.
Die ersten Wochen vergingen recht schnell. Damien hielt allerdings weiterhin Abstand zu mir genau wie zu allen anderen. Dafür verstand ich mich mit Teresa, Beverly, Brooke und Nate immer besser. Sie hatten mich für nächsten Samstag zu einem DVD-Abend bei Nate eingeladen.
Ich freute mich wirklich schon darauf, auch wenn ich befürchtete, dass das ziemlich chaotisch werden würde. Beverly und Brooke waren Cousinen und unzertrennlich. Trotzdem diskutierten sie ständig über alles Mögliche, meistens jedoch über unwichtige Sachen und nie ernsthaft. Nate und Teresa verdrehten in diesen Fällen meistens die Augen und beschäftigten sich mit etwas anderem.
Teresa war sehr bodenständig und hatte nur gute Noten, sie wollte später Ärztin werden. Daher wurde sie von den anderen liebevoll „Streberin“ genannt, doch sie nahm es ihnen nicht übel. Sie wusste, dass ihre Freunde stolz auf sie waren. Sie und Nate kannten Beverly und Brooke schon seit der Grundschule.
Und Nate war ... Na ja, einfach Nate. Er konnte extrem gut zuhören und sein Beschützerinstinkt war stark ausgeprägt. Er wirkte wie der große Bruder in einer Familie mit drei Schwestern. Teresa hatte mir mit einem Augenzwinkern erzählt, dass er jedes männliche Wesen, das sich einer von ihnen näherte, kritisch beäugte.
Ich lachte, doch sie meinte: „Nein ehrlich, du glaubst gar nicht, wie nervig das ist, wenn du auf einer Party einen Jungen kennen lernst und er sich dazwischen stellt und ihn über mögliche Freundinnen, Absichten und sonst was ausfragt.“ Dabei knuffte sie ihn liebevoll in die Seite - so liebevoll, dass er laut „Autsch!“ rief.
Jess und Laura genauso wie Daniel und Tom waren seit dem ersten Tag nicht mehr zu uns an den Tisch gekommen. Anfangs hatte ich ein schlechtes Gewissen. Schließlich wollte ich mich auch nicht zwischen meine neuen Freunde und deren Freunde drängen. Aber Teresa beruhigte mich.
„Die vier sind normalerweise nicht oft bei uns. Sie sind etwas eigen und, wenn ich ehrlich bin, kann ich auch nicht sonderlich viel mit ihnen anfangen. Nate und Tom sind über ein paar Ecken miteinander verwandt, deswegen haben wir als Kinder ab und zu alle gemeinsam gespielt und wir hatten damals auch viel Spaß zusammen, aber im Laufe der Zeit sind sie ... Na ja, so geworden, wie du sie eben kennen gelernt hast.“
Das entspannte mich tatsächlich etwas. Inzwischen saß ich jeden Mittag bei meinen neuen Freunden am Tisch. Ausschau nach Damien hielt ich dennoch weiterhin jeden Tag. Ich wusste, dass es armselig war, hatte er doch ziemlich deutlich gemacht, dass unsere Freundschaft aus irgendeinem Grund nicht möglich wäre.
In der Cafeteria mied er meinen Blick, gemeinsamen Unterricht hatten wir auch nicht und nach der Schule verschwand er zu schnell, als dass ich noch einmal die Möglichkeit gehabt hätte, mit ihm zu reden. Ich hatte sogar am Nachmittag bei ihm geklingelt, doch es hatte niemand aufgemacht.
Am nächsten Morgen hatten wir wieder Chemieunterricht. Dieser begann mit einer Ankündigung, die die allgemeine Stimmung aufhellte.
„Wir werden morgen eine Art Experiment machen. Genauer gesagt werden wir uns mit dem anderen Kurs zusammentun und in einer der Küchen im Erdgeschoss Karamellbonbons herstellen.“
Begeisterung breitete sich im Kurs aus. Nicht nur wäre es eine Abwechslung zu dem normalen stumpfen Zuhören und Abschreiben, sondern wir bekamen dafür auch noch Süßigkeiten.
In meinem Fall kam auch noch Nervosität dazu, die ich jedoch zu unterdrücken versuchte. Schließlich war Damien in dem anderen Kurs, doch es war lächerlich zu glauben, dass eine gemeinsame Doppelstunde etwas an seinem Verhalten ändern würde. Er würde mich vermutlich einfach weiter ignorieren, so wie er es sowieso schon täglich tat. Zu meinem Besten natürlich.
Langsam wurde ich sogar wirklich wütend auf ihn! Er könnte mir wenigstens erklären, was das Problem war, damit ich es verstand. Doch dafür müsste er natürlich mit mir reden.
In der nächsten Chemiestunde fanden wir uns also alle in einer der riesigen Schulküchen ein. Dort erwarteten uns die beiden Lehrer Mr. Garner und Mrs. McLaughlin, die Lehrerin der anderen Gruppe.
Auch die restlichen Schüler waren bereits da. Damien stand abseits und sah aus dem Fenster. Ich schalt mich innerlich dafür, dass mir das sofort auffiel.
„Komm, dort ist noch Platz“, sagte Teresa und zog Brooke und mich in die Ecke, sodass nur noch ein paar Schüler zwischen dem Fenster - und Damien - und uns waren. Beverly hatte leider Fieber und war zu Hause geblieben. Nate stand bei ein paar der anderen Jungs aus der Parallelklasse.
„Wir würden euch nun bitten, euch jeweils zu zweit zusammen zu tun und euch zu einem der vorbereiteten Tische zu begeben“, richtete Mrs. McLaughlin das Wort an uns.
„Ist es in Ordnung, wenn Teresa und ich zusammen arbeiten?“, fragte Beverly. „Nate kommt sowieso schon rüber.“ Sie grinste und ich nickte, bevor ich mich zu Nate umdrehte, der tatsächlich schon auf uns zukam.
Doch bevor er mich erreichte, fiel mein Blick auf Damien, ich war einfach zu neugierig, mit wem er arbeiten wollte. Dabei bemerkte ich, dass er ebenso wie ich zuvor zu Nate sah, jedoch war sein Blick sehr finster.
Dann sah er zu mir und unsere Blicke trafen sich, dabei wirkte er immer noch wütend, aber auch entschlossen. Dann setzte er sich in Bewegung und ging auf mich zu.
Direkt vor mir blieb er stehen, genau zwischen Nate und mir. Er hatte ihm den Weg abgeschnitten, doch er sagte nichts, sah mich nur weiterhin mit diesem düsteren Blick an.
„Was?“, fragte ich. Es sollte sauer klingen, doch meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
„Arbeite mit mir“, sagte er leise und seine Stimme klang gepresst. Ich war verwirrt. Erst mied er mich und jetzt kam sowas? Es war nicht einmal eine Bitte, sondern eine Art Befehl. Nach ein paar Sekunden sah ich zu Nate, der irritiert zwischen uns hin und her sah.
„Ich schätze mal, Damien will dich als Partner, ist das in Ordnung für dich, Sora?“, erkundigte er sich und seine Stimme hatte einen besorgten Unterton. Doch ich hatte keine Angst vor Damien, auch wenn er sich seltsam verhielt. Ich nickte langsam, nachdem Damien nicht widersprochen hatte, und Nate suchte sich jemand anderen, mit dem er arbeiten konnte.
Doch ich wollte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, vielleicht mit Damien zu sprechen. Vielleicht würde ich ja jetzt endlich herausfinden, was mit ihm los war.
Ich folgte Damien zu einem der Tische mit Arbeitsfläche, Waschbecken und Kochfeld, auf dem schon eine Pfanne, ein Backblech, eine Waage, eine Schüssel und ein Messbecher sowie die Zutaten bereitstanden. Das Rezept wurde mithilfe des Projektors vorne an die Wand projiziert.
Ich sah mir die Zutaten an - Zucker, Sahne, Vanillezucker, Margarine und Honig - während ich darauf wartete, dass Damien sich erklärte. Doch er blieb stumm, wich sogar meinem Blick aus. Er kratzte sich am Hinterkopf und sah stur auf die Projektion.
„Erklärst du mir, was das eben sollte?“, fragte ich vorsichtig und biss mir im selben Moment auf die Lippe. Er sah auf seine Hände und seufzte. Eine Antwort blieb er mir jedoch schuldig. „Na schön, dann lass es eben.“ Mein Tonfall war schärfer als beabsichtigt.
Ich wandte mich ab, um mir das Rezept durchzulesen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass er zum Sprechen ansetzte, den Mund aber dann doch wieder schloss. Ich schüttelte nur den Kopf und nahm mir das Päckchen Zucker sowie die Schüssel und die Waage.
„Es tut mir leid“, murmelte Damien, „Wenn du willst, kannst du auch wieder zu Donovan ... Ich meine, zu Nathaniel gehen.“ In seiner Stimme schwang Enttäuschung mit, was mir sogleich ein schlechtes Gewissen machte.
Ich räusperte mich. „Nein, ich bleibe. Es wäre nur zur Abwechslung mal schön, dich zu verstehen.“ Darauf ging er wieder nicht ein. Ich würde noch verrückt werden!
„Wie kann ich dir helfen?“, fragte er zaghaft. Offenbar merkte er, dass ich genervt war.
„Du kannst den Zucker mit der Sahne in der Pfanne zum Kochen bringen“, antwortete ich mit Blick aufs Rezept und reichte ihm die Schüssel.
Dabei berührten sich unsere Hände und ein elektrischer Schlag durchfuhr mich. Wir zuckten beide erschrocken zurück und ich ließ die Schüssel los, die - natürlich - zu Boden fiel und zerbrach. Hitze stieg mir in die Wangen, während mir bewusst wurde, dass uns alle anstarrten. So ging ich in die Knie, um die Scherben aufzusammeln, und ließ mir die Haare vors Gesicht fallen.
„So, jetzt alle wieder weiter machen. Sora, Damien, räumt bitte auf. Ich versuche, Schaufel und Besen aufzutreiben.“ Mrs. McLaughlin eilte aus dem Raum.
Auch Damien hatte sich hingehockt. Ich atmete seinen herben Duft ein und das lenkte mich so ab, dass ich nicht aufpasste und mich an der Scherbe schnitt. „Autsch!“, rief ich aus und sah mir den Finger an. Ein Tropfen Blut quoll heraus.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Damien sofort und noch ehe ich etwas entgegnen konnte, hielt er meine Hand in seiner. Es fühlte sich an, als würden sich Stromschläge von meiner Hand in meinen ganzen Körper ausbreiten. Das Blut rauschte in meinen Ohren.
Ich betrachtete Damien, während er mir mit einem Taschentuch über die Wunde strich. Seine Augenbrauen waren konzentriert zusammen geschoben, die Augen fokussierten meine Hand. Seine Lippen bewegten sich. Oh, er redete mit mir.
„...zu sehr. Vielleicht sollte ich dich zur Krankenschwester bringen.“ Ich nickte nur und ließ mir von ihm aufhelfen.
„Mr. Garner, Miss Bailey hat sich geschnitten. Sie muss ins Krankenzimmer.“ Alle Köpfe drehten sich zu uns. Ich spürte förmlich, wie ich rot anlief und senkte den Kopf, sodass meine Haare mein Gesicht verdeckten. Mein Blick fiel auf meine blutverschmierte Hand und nun spürte ich auch das Brennen, das von der Wunde ausging. Ich verzog das Gesicht.
„Komm mit“, murmelte Damien mir zu. Ich folgte ihm, wobei ich versuchte, mich darauf zu konzentrieren, nicht über die Rucksäcke zu stolpern, und nicht darauf, dass ich gleich mit ihm allein sein würde - wenn auch nur den kurzen Weg zur Schulkrankenschwester.
Damien hielt mir die Tür auf und schloss sie hinter mir wieder. Wir liefen schweigend nebeneinander her, bis ich es nicht mehr aushielt.
„Kannst du mir bitte erklären, was das soll?“, platzte es aus mir heraus. Ich blieb stehen und sah ihn abwartend an. Er runzelte die Stirn und sah mich verwirrt an.
„Ich denke, ich bringe dich zur Krankenschwester“, antwortete er irritiert.
„Das meinte ich nicht. Ich meinte die ganze Sache hier, erst redest du wochenlang nicht mit mir und jetzt tust du alles, um mit mir bei so einer dämlichen Chemieaufgabe zusammen zu arbeiten. Dann redest du wieder kaum mit mir, aber kümmerst dich anschließend so nett um mich. Ich weiß einfach nicht, woran ich bei dir bin und wie ich reagieren soll.“
Nun war er es, der verlegen den Blick senkte und sich mit der Hand durch die Haare fuhr. „Hör zu, ich... Ich kann es auch nicht erklären. Es ist alles kompliziert, ich will dich da nicht mit reinziehen.“
„Was meinst du? Wo willst du mich nicht mit reinziehen?“, hakte ich nach. Er wich meinem Blick aus.
„Das würdest du nicht verstehen. Hör zu, ich habe es dir schon mal gesagt, es ist wirklich besser für dich, wenn wir uns voneinander fernhalten, es ist sicherer.“
„Wieso ist es sicherer, was meinst du damit?“
„Bitte versteh doch, ich kann es dir nicht erklären. Es war eine dumme Idee, ich hätte nie mit dir zusammen arbeiten sollen.“ Die letzten Worte sprach er eher zu sich selbst als zu mir.
„Schön. Du kannst wieder zurückgehen, ich finde den Weg selbst.“ Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging in Richtung Krankenzimmer.
„Jetzt sei doch nicht albern. Ich bringe dich hin.“ Er lief mir hinterher und legte mir eine Hand auf die Schulter. Ich schüttelte ihn ab und beschleunigte meine Schritte. Den restlichen Weg über schwiegen wir.
Am ersten arbeitsfreien Wochenende ließen Mum und ich es uns gut gehen. Wir schliefen aus - was bei mir bis 9 Uhr hieß, bei meiner Mum bis 12 Uhr - und machten einen Mädels-Wellness-Tag. Wir legten Gesichtsmasken auf und machten eine Mani- und Pediküre.
Nach einem kritischen Blick in den Spiegel befand meine Mum, dass es für sie mal wieder Zeit sei, sich die Haare zu färben. Also fuhren wir noch zum nächsten Friseur. Nachdem sie sich für eine Farbe entschieden hatte - ein flammendes Rot - verließ ich den Salon, da ich noch Lebensmittel einkaufen gehen wollte, um später noch Brownies zu backen. Auf dem Rückweg würde ich Mum wieder abholen.
Im Supermarkt fand ich mich ohne Umstände zurecht und hatte schnell alle Zutaten zusammen. Nur in die Getränkeabteilung musste ich noch.
„Sora!“, hörte ich da eine Stimme. Ich drehte mich um und Nate kam auf mich zu.
„Nate, hi. Was machst du denn hier?“, begrüßte ich ihn. Er hielt als Antwort eine Packung Schokoriegel hoch und deutete auf einen Einkaufswagen hinter ihm. Dieser war voll mit Süßkram, Chips und die Getränke wollte er offensichtlich gerade besorgen.
„Für den DVD-Abend. Ich möchte ja nicht, dass es den Damen an irgendetwas mangelt.“ Ich machte große Augen.
„Das soll alles für Samstag sein? Wir sind aber schon nur zu fünft, oder?“ Er lachte.
„Du hast noch nie darauf geachtet, was Beverly isst, oder? Und Brooke nimmt ihr auch nicht mehr viel, was die Menge angeht.“
„Aber ... aber sie sind doch so dünn. Das schaffen wir doch im Leben nicht, das alles aufzuessen.“
Lachend meinte er: „Du wirst schon sehen. Und was machst du hier?“
„Ich muss warten, bis meine Mum beim Friseur fertig ist und ich wollte heute Brownies backen.“
„Hmmm, Brownies hatte ich schon ewig nicht mehr.“
„Magst du vorbeikommen? Es ist bestimmt genug da. Na ja, außer du isst wirklich so viel“, meinte ich mit Blick auf seinen Einkaufswagen. Er lachte wieder, dann blickte er skeptisch.
„Kommt darauf an. Wie gut backst du?“ Ich verdrehte die Augen.
„Gut genug. Außer du bist eine 5-Sterne Küche gewöhnt, dann könnte es etwas schwierig werden.“
„Na gut, du hast mich überzeugt. Ich bringe nur schnell die Einkäufe nach Hause, dann komm ich vorbei.“
„Ok, dann bis gleich.“
Als ich die Einkäufe in den Kofferraum lud, klingelte mein Handy. Meine Mum rief an.
„Hey Mum.“
„Hallo Sora. Ich habe hier eine Arbeitskollegin getroffen und gehe mit ihr noch einen Kaffee trinken. Sie fährt mich dann nach Hause. Ich hoffe, das ist in Ordnung für dich?“
„Ja klar, es kommt sowieso noch ein Freund vorbei.“
„Ein Freund? Was für ein Freund?“
„Nate Donovan, ich hab dir von ihm erzählt. Am Samstag nächste Woche gehe ich zu ihm zu einem DVD-Abend.“
„Ist es was Ernstes? Vielleicht sollte ich doch lieber gleich nach Hause kommen?“ Ich verdrehte die Augen.
„Wir sind nur Freunde, Mum. Es wird nichts passieren, versprochen.“
„Na gut, ich vertraue dir, Schatz. Und sollte doch etwas passieren, dann verhütet bitte. Ich bin noch zu jung, um Oma zu werden.“
„Mum!“
„Schon gut, Liebling. Ich wünsche euch viel Spaß. Ich werde nicht lange bleiben“, versprach sie, doch ihr Tonfall klang warnend.
„Ok gut. Hab dich lieb.“
„Ich dich auch.“
Eine halbe Stunde später klingelte es. Ich öffnete die Tür und sah Nate, der mir allerdings den Rücken zugekehrt hatte. Als ich an ihm vorbei sah, entdeckte ich Damien, der im Schatten des Vordachs mit verschränkten Armen dastand und uns finster anstarrte. Als er bemerkte, dass er entdeckt worden war, drehte er sich um und verschwand im Haus, wobei er die Haustür zuknallte.
Nate drehte sich zu mir und fragte: „Was läuft da eigentlich zwischen euch?“
„Keine Ahnung, das wüsste ich selber gerne“, erwiderte ich seufzend und bat ihn dann herein. Er staunte nicht schlecht, als er die Küche sah.
Bevor Nate gekommen war, hatte ich gerade die Einkäufe verstaut und die Zutaten für die Brownies bereitgestellt.
Nate setzte sich an die Theke, während ich den Ofen vorheizte und die Zutaten zusammen rührte. Danach gab er den Teig aufs Blech und stellte dieses in den Ofen. Als Dank durfte er die Schüssel auskratzen.
„Hmm, der Teig schmeckt schon mal gut“, meinte er grinsend.
„Danke. Also können die Brownies ja schon mal nicht so schlecht werden“, zog ich ihn auf.
„Außer er verbrennt dir“, neckte er mich.
„Ich werde aufpassen.“
„Gut. Also jetzt erzähl mal, was ist das mit dir und Damien?“, wechselte er das Thema. „Seit dem ersten Tag merke ich doch, dass da was ist.“
„Nate, komm schon, muss das sein?“, fragte ich. Ich wollte nicht über Damien reden. Es war schon schlimm genug, dass er mir seit dem ersten Tag hier nicht mehr aus dem Kopf ging.
„Ja, es muss sein. Sora, wir kennen uns wirklich noch nicht lange, aber ich merke, dass da mehr ist, als du uns allen sagst. Ich mache mir doch nur Sorgen.“ Er sah mich bittend an und ich seufzte.
„Ich weiß wirklich nicht, was da ist. Als ich hier eingezogen bin, hat er mir geholfen, die Möbel von meinem Zimmer aufzustellen. Wir haben geredet und gelacht und alles war ganz normal, aber am nächsten Tag ... Er hat mir gesagt, dass wir nicht befreundet sein können, und dann kam die Sache in der Chemiestunde. Da hat er wieder kaum mit mir gesprochen und dann haben wir uns gestritten.“ Ich spürte, wie ich rot wurde.
„Das war alles?“, hakte er nach.
„Ja.“
„Aber du magst ihn.“ Das war eine Feststellung, keine Frage, also machte ich mir nicht die Mühe, zu antworten. In dem Moment klingelte der Timer. Die Brownies mussten raus.
Nach diesem ernsten Gespräch hatten wir etwas von dem Kuchen gegessen - er hatte Nate übrigens sehr gut geschmeckt - und sonst nur noch über den bevorstehenden DVD-Abend geredet. Nate riet mir, mich auf keine Art von Film festzulegen - es würden sowieso alle Pläne umgeworfen werden.
Irgendwann hörten wir die Haustür. Meine Mum kam in die Küche, wo wir immer noch saßen.
„Hallo, ihr Lieben“, begrüßte sie uns.
„Nate, das ist meine Mum. Mum, das ist Nate“, machte ich sie miteinander bekannt. Sie musterte ihn und gab ihm dann die Hand. Offensichtlich war sie einverstanden. Ich zog es jedoch vor, das Gesicht in den Händen zu vergraben, als der peinlichen Musterung weiter zuzusehen.
„Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mrs. Bailey“, hörte ich Nates Stimme.
„Die Freude ist ganz meinerseits. Oh, Sora hat gebacken. Ich liebe es, wenn sie backt. Das Talent hat sie von ihrer Großmutter. Irgendwie hat es mich übersprungen, ich kann sowas überhaupt nicht. Da koche ich schon lieber“, plapperte sie. Nate sah mich irritiert an und ich seufzte.
„Mum, du quasselst“, ermahnte ich sie dann.
„Oh, ja tut mir leid. Ich hoffe, ihr Kinder habt nichts Unanständiges gemacht, während ich weg war.“ Dabei blickte sie Nate so streng an, dass dieser rot wurde. Ich seufzte abermals genervt.
„Mum, lass das. Nate und ich sind nur Freunde, du musst dir keine Sorgen machen.“
„Gut.“
„Eine tolle Frisur haben Sie übrigens, Mrs. Bailey.“
„Ja, die Farbe steht dir echt gut, Mum.“
„Oh, findet ihr? Danke, ihr Lieben. Aber jetzt gehe ich erst einmal ein warmes Bad nehmen.“ Mit diesen Worten verschwand sie.
„Oookay“ - Nate zog das Wort sehr in die Länge - „das war seltsam.“
„Ist dir das bisher noch nie passiert?“, fragte ich. Immerhin traf er sich regelmäßig mit 3 Mädchen - wenn auch nur freundschaftlich.
„Nein, aber die Eltern der anderen kennen mich, seitdem ich laufen kann. Ich glaube, denen ist der Gedanke einfach noch nicht gekommen.“
„Ich glaube, es tut dir auch mal ganz gut, derjenige zu sein, der ausgefragt wird“, lachte ich.
Wir redeten noch etwas, dann meinte er mit Blick auf die Uhr, dass er gehen müsste. Ich hatte irgendwie den Verdacht, dass er weg sein wollte, bevor meine Mum aus der Badewanne kam und ihn weiter ins Kreuzverhör nehmen konnte. Allerdings sprach ich diese Vermutung nicht aus, sondern brachte ihn zur Tür.
„Also dann, bis Montag“, meinte ich und umarmte ihn zum Abschied.
„Bis Montag“, antwortete er, ließ mich jedoch nicht los.
„Was machst du da?“, fragte ich deshalb.
„Ich hoffe, dass ich die Sache dadurch etwas beschleunigen kann“, grinste er und löste dann doch die Umarmung. Er winkte nochmal und ging dann zu seinem Auto.
Ich blieb noch stehen, bis er weg war und wollte dann wieder reingehen, sah dann jedoch eine Gestalt auf mich zukommen. Zuerst dachte ich, ich würde es mir nur einbilden, doch dann erkannte ich Damien. Einen offenbar sehr wütenden Damien. Und er kam direkt auf mich zu. Oh-oh.
Doch kurz bevor er ankam, wurde sein Gesichtsausdruck zögerlicher. Als er vor mir stehen blieb, sah er so verletzlich aus, dass es mir das Herz zusammenzog. Ich trat auf ihn zu und hob langsam die Hand an seine Wange. Er schloss die Augen und atmete tief ein.
„Sora, ich ...“, begann er, brach dann jedoch ab und senkte den Blick.
„Was ist los, Damien?“, flüsterte ich. Er schüttelte den Kopf und trat einen Schritt zurück, außerhalb meiner Reichweite.
„Du und Donovan oder was?“, fragte er und seine Stimme klang hart. Er verschränkte die Arme und drehte den Kopf zur Seite, als würde er etwas ganz Interessantes an seinem Haus beobachten.
„Zwischen Nate und mir läuft nichts, wir sind nur Freunde“, antwortete ich.
„Ich hab euch doch gesehen, Sora. So umarmt man niemanden, mit dem man nur befreundet ist.“
„Doch, Damien, glaub mir. Aber warum sollte dich das interessieren? Du willst doch sowieso nicht ...“, meine Stimme brach und ich drehte mich von ihm weg.
„Was will ich nicht?“ Ich spürte, wie er hinter mich trat, auch wenn ich ihn nicht gehört hatte.
„Du hast doch gesagt, du willst nicht mit mir befreundet sein.“
„Ich habe gesagt, dass es nicht geht. Es ist zu gefährlich für dich.“
„Warum?“
Er schloss die Augen und griff sich mit der rechten Hand an den Nasenrücken. „Ich kann es dir nicht erklären. Aber glaub mir einfach.“
„Und wenn ich das nicht kann? Du kannst mir nicht sagen, dass es nicht geht und dann keine Erklärung dafür haben.“
„Hör zu, ich ...“
„Nein, Damien. Gib mir eine Erklärung oder lass es bleiben. Aber wenn du nicht mein Freund sein willst, dann reg dich auch nicht so auf, wenn andere es wollen.“ Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging auf meine Haustür zu, doch er hielt mich an der Schulter fest und drehte mich zu ihm um.
„Vielleicht können wir es versuchen.“ Ich lächelte und sah zu ihm hoch. „Du hast Glück, dass ich zu egoistisch bin, um mich von dir fernzuhalten.“, grummelte er.