Читать книгу Der Tempel der Venus - Sen & Elisa Tommes - Страница 9

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4. Die Jagd beginnt

Am Fuß des Berges liegt der idyllische Stadtpark mit seinen weiten Wiesen, den uralten Buchen, Kastanien und Eichenbäumen und natürlich dem romantischen See mit seinen Wildenten, der groß genug ist, um darauf mit einem Ruderboot umher zu paddeln, was auch einige heute begeistert machen. Der See ist nur halb so schön wie Cocos, dafür gibt es hier aber einen Biergarten mit Erlebnisspielplatz, der die großen und kleinen Leute immer wieder anzieht. Heute schlendert Coco allerdings lieber durch die saftig grünen Wiesen, schaut zu, wie Hunde sich darin verspielt balgen und lässt mit den wärmenden Strahlen der Sonne im Gesicht, die Seele baumeln.

Die meisten Bäume tragen wieder ihr saftig grünes Kleid, das sie im Herbst abgelegt hatten. Anderen erstrahlen in einer weißen oder rosanen Pracht, als wollen sie heute noch Hochzeit halten. Hinter ihnen erheben sich die felsigen Hänge, die nur auf einigen Vorsprüngen spärlich mit Sträuchern bewachsen sind.

Von oben kann man das ganze altertümliche verträumte Städtchen bewundern, das in diesem märchenhaften Flusstal seit Jahrhunderten schon Künstler wie Schriftsteller, Bildhauer oder Musiker hervorgebracht hat. Kein Wunder, denn in so einer Atmosphäre hat die Seele noch freien Lauf und man klatscht nicht gleich in die nächste Häusermauer. Den Kopf in den Wolken, aber die Füße immer schön auf der Erde lassen. So hatte es Cocos Vater bezeichnet, der es ja wissen sollte. Denn auch er war ein genialer Mann, der aus diesem Tal stammt.

Hier hat das Hamsterrad noch einen Ausgang. Genau deshalb hat Coco dieses Städtchen lieb und hofft, jetzt auch diesen Ausgang gefunden zu haben.

Zwei Wochen war sie unterwegs, um ihr neues Buch vorzustellen. Es handelt von einem Polizistenpärchen, das zusammen Verbrecher jagt und im Kontrast dazu, sich bei jeder Gelegenheit liebt. Das Buch hat alles, was ankommen sollte: Verbrechen, Liebe, Sex, Blut und Gier. In ihrer Geschichte ließ sie schlussendlich nur die Liebe siegen, weitab vom Trubel unserer Zeit.

Vielleicht wird sie jetzt ein zweites über die beiden ohne die Abgründe des Lebens schreiben, aber trotzdem voller Abenteuer. Wenn sie den Fuß im Verlagswesen erst einmal drin hat, kann sie schreiben, was sie will. Nur gut muss es sein und das wird es.

In ihrem Kopf stapeln sich die Ideen nur so und warten darauf, endlich erzählt zu werden. Vielleicht auch diese hier, die ihr langsam den Verstand raubt, wenn sie sich denn traut, sie niederzuschreiben. An ihren momentanen Träumen, die anfangen ihr Leben zu bestimmen, kann man sich ganz schön die Finger verbrennen - aber vielleicht auch was Besonderes daraus schaffen.

Auf der Burgmauer da oben, kann sie winzig kleine Leute erkennen. Dass die meisten von ihnen Touristen sind, kann man an den vielen Ferngläsern erahnen, in denen die Strahlen der Sonne wie kleine Explosionen von Vorderladern aufblitzen. Es sieht aus, als würde scharf geschossen.

Heute sind nicht nur das Städtchen im Visier oder die sich auf der anderen Flussseite erhebenden berühmten Weinberghänge. Eines der Visiere hat auch Coco erfasst. Nur entdecken musste man sie in ihrem gelben Kleidchen. Von oben sieht sie sicher aus, wie ein Osterglöckchen, erblüht inmitten dieser saftig grünen Wiese.

Nachdem ihr langsam die Beine vom Rumlaufen müde werden, überlegt Coco, ob sie sich mit einem Buch in der Hand in den Biergarten setzen oder lieber einen kleinen Ausflug zu Roberto machen sollte. Der hat ein köstliches Eis und wenn es noch von einem rassigen Italiener serviert wird, schmeckt es besonders gut - Eis und Feuer zugleich.

Eigentlich ist das die richtige Mischung für Coco. Ihm schöne Augen zu machen, hat sie sich jedoch bisher nicht getraut. Der Temperaturunterschied, war ihr wohl doch zu heftig. Heute könnte das jedoch anders werden. Ich sollte vorher lieber Isabell anrufen, damit sie mich vor mir selbst beschützt.

Aron und Zoltan streiften schon über eine Stunde hoffnungsvoll im Park herum. Jetzt sitzen sie hier oben, fast am Aufgeben und dass an einem so herrlichen Tag wie heute. Sechs Eurostücke hat das Fernrohr bereits geschluckt. Bisher hat keine ihren hochtrabenden Vorstellungen genügt. Sie soll süß sein, sexy und vor allem was ganz Besonderes. Das muss man selbst von hier oben spüren.

Viele Mädels flanieren heute im Park, aber sie, die Eine, ist bisher nicht dabei gewesen. Die von vorhin, die mit dem kurzen Röckchen, die war schon recht sexy. Da hat man den Frühling gespürt. Aber sie hat ihnen nicht den Kopf verdreht. Irgendetwas hat gefehlt, etwas was sonst da ist, wenn sie die Richtige gefunden haben. Das Aussehen ist nun mal nicht alles, sondern auch das, was man daraus macht.

„He Zoltan, siehst du diesen gelben Punkt da unten?“ Dieser beugt sich daraufhin weit über die Brüstung und sucht nach Arons Entdeckung. Dann sieht er ihn und meint gelassen: „Der macht sich gut auf dieser saftig grünen Wiese.“

„Vielleicht wäre das was!“ Aron nimmt seine letzte Euro Münze und wirft sie nach oben, um sie mit der anderen Hand wieder aufzufangen. Er schaut nochmal in den schwindelerregenden Abgrund runter und fragt: „Kopf oder Zahl?“

„OK, wenn Kopf gewinnt gehen wir runter“, meint Zoltan immer noch gleichgültig. „Aber seit wann lässt du eine Münze entscheiden?“

Aron wirft und klatscht die Münze auf seinen Handrücken. Der Kopf liegt oben. Aron ist erleichtert. „Also lass uns endlich von hier verschwinden!“

„Da bist du aber froh, was? Irgendwie siehst du ganz grau aus.“ Zoltan nutzt die Gelegenheit, sich über seinen Freund lustig zu machen. Er hat ja nicht oft Gelegenheit dazu. Hier oben hat sich Aron nur vorsichtig der Brüstung genähert und sich dann schnell wieder mit wackligen Beinen zurückgezogen. „Höhenangst?“

„Nein, aber fester Boden unter den Füßen ist mir lieber.“

„Also doch!“ Zoltan grinst, nimmt die Münze von Arons Handrücken und steckt sie in den Schlitz vom Fernrohr.

„Nur um sicherzugehen, dass wir unsere Zeit nicht noch mehr verschwenden!“

„Wir gehen auf jeden Fall runter, ob sie dir gefällt oder nicht!“

„Ist ja gut. Aber lass mich trotzdem nochmal einen letzten Blick hier durchwerfen!“ Zoltan richtet das Fernrohr aus. Als Coco im Fadenkreuz erscheint, verschwindet sein hämisches Grinsen. Es folgt ein „Wow!“. Er winkt Aron heran, der schon gehen wollte. „Hast du sie dir wirklich genau angeschaut?“

Widerspenstig schaut Aron durch das Fernrohr, um seine Entdeckung etwas genauer zu betrachten, denn ein „Wow!“, hätte er nicht gleich erwartet. Und urplötzlich ist seine ganze Höhenangst verschwunden und macht einem anderen Gefühl Platz, auf das er die ganze Zeit gewartet hat. „Sie oder keine!“

Der Weg ist um einiges weiter, als die Luftlinie erahnen ließ. Je länger sie brauchen, umso schneller werden ihre Beine. Sie haben Angst, sie könnte bereits gegangen sein. Nach einer viertel Stunde haben sie es geschafft, aber das gelbe Kleidchen ist wie befürchtet, verschwunden.

Enttäuscht schauen sie sich in alle Richtungen um.

„Tja, dann müssen wir eben suchen“, meint Aron kurzentschlossen.

„Keine leichte Aufgabe bei dem Betrieb heut Morgen“, ergänzt Zoltan etwas missmutig, aber verdammt begierig, damit loszulegen.

„Leicht zu erkennen ist sie wenigstens!“, versucht Aron, ihnen Mut zu machen. Und schon ist er unterwegs und Zoltan hat sich an seine Fersen geheftet.

Nach einer halben Stunde sehen sie ihr Osterglöckchen wieder, wie sie ein paar wilden Hunden beim Balgen zusieht. Nach weiteren 5 Minute wissen sie, wie sie es anstellen werden.

Jäh wird Coco aus ihren Gedanken gerissen. Einer der Hunde hält plötzlich inne, reißt seinen Kopf in Cocos Richtung, fixiert sie, als hätte er sie als sein Frauchen erkannt, um dann auf sie los zu hetzen.

Nur dass Coco das nicht ist und daher in einem kurzen Anflug von Panik, die Flucht ergreifen möchte. Doch bis es ihr gelingt, sich in Bewegung zu setzen, springt er schon verspielt an ihr hoch und versucht ihr ins Gesicht zu sabbern.

Erschrocken kann Coco sich gerade noch wegdrehen, so dass er an ihr abgleitet, statt sie umzustoßen. Sie sah sich schon auf dem Rücken liegend, mit dem geifernden Pinscher auf ihr hockend.

Der landet neben ihren Füßen, zieht einen großen Kreis, um dann erneut Anlauf zu nehmen. Sie scheint es ihm angetan zu haben, aber nicht nur dem Pinscher.

Zwei Typen eilen ihr zu Hilfe. Dass sie nicht das erste Mal an ihr vorübergegangen sind, ist ihr entgangen. Jetzt haben sie jedoch ihre Aufmerksamkeit und nicht mehr dieser knackige Italiener, an den sie die ganze Zeit denken musste.

Als Erstes kommt der blonde Wuschelkopf in ihre Richtung gelaufen. „Ist das deiner?“, ruft Coco fast kreischend, während sie den Pinscher nicht aus den Augen lässt.

„Nein, der wäre sicher besser erzogen“, ruft er ihr entgegen. Der Hund schlägt einen Haken und nimmt geradewegs erneut Anlauf. „Platz!“, brüllt der blonde Surfer Typ, der sich inzwischen vor Coco schützend aufgebaut hat. Eingeschüchtert hört der Pinscher aufs Wort und sitzt sogleich mit wedelndem Schwanz vor ihnen.

Ihr Retter dreht sich zu ihr. Mit seinen stechend blauen Augen fixiert er sie, bevor sein verschmitzter Blick auf ihrer Oberweite landet. Unwillkürlich muss sie denken, hoffentlich will er es dem Hund nicht gleichtun.

Coco schaut an sich runter, um festzustellen, was ihn so amüsieren könnte. Dann sagt er es ihr. „Nicht so schlimm! Die Hundetatzen zieren dein gelbes Kleidchen genau an der richtigen Stelle, als wären da kleine hübsche Blümchen zur Zierde drauf.“

Coco hat die Tatzen nun auch bemerkt. „Danke für deine Aufmunterung. Bis jetzt war es für mich nur Dreck!“ Sie betrachtet die Schmutzflecke und ist gar nicht begeistert. Sie versucht sofort, daran rum zu wischen, aber sie beginnt das Ganze nur zu verschmieren.

Aron ist nun auch bei ihnen angekommen. „Ich würde es lieber so lassen. Außerdem hat Zoltan recht!“

„Schöner Mist!“, brummelt Coco vor sich hin.

Zoltan hat inzwischen den Pinscher am Halsband geschnappt. „Dem Hund kann man das nicht mal verübeln.“

Coco schaut böse auf den Vierbeiner runter. „Den Anstand eines braven Hundes hat er jedenfalls nicht. Nimm ihn bloß an die kurze Leine!

Aron ist inzwischen an sie herangetreten und reicht ihr seine Hand. „Ich bin Aron und wer bist du schöne Unbekannte?“

„Die schöne Unbekannte heißt Coco und die muss jetzt erst mal nach Hause verschwinden, dank deines wilden Tieres hier.“

Aron versucht sie aufzumuntern. „Das wird nicht nötig sein. Sieht hübsch aus!“

„Hübsch ist was anderes!“, meint Coco schon nicht mehr ganz so gereizt.

„Schau, wie lieb und brav er dasitzt!“ Aron imitiert den Hundeblick.

„Wie der Hund so sein Herrchen!“

„In diesem Fall nicht, denn das ist nicht meiner!“

„Wie, gehört der nicht zu Dir?“

Aron schüttelt den Kopf.

„Na dann, vielen Dank an euch!“ Coco nimmt Arons Hand, die er ihr immer noch entgegenstreckt.

Erst da bemerkt Coco, wie hübsch dieser Kerl eigentlich ist. Ihr Italiener, den sie nachher besuchen wollte, ist jetzt ganz aus dem Rennen gefallen. Die hübschen schwarzen Augen, in die sie blickt, werfen ein zärtliches Lächeln zu ihr rüber. Coco fühlt sich sofort von ihm angezogen, als wäre er nur für sie gemacht.

Brav stellt sich ihr nun auch Zoltan vor, der wie ein Gentleman wirkt – nur, dass ihm der Designeranzug fehlt. Der würde ihm auch nicht stehen, denkt Coco und stellt ihn sich lieber im muskelbetonten Neoprenanzug vor, wie er auf den Wellen reitet. Zoltan ist eher der Draufgänger-Typ, der sich nimmt, was er will und das meistens auch bekommen sollte. Den Gentleman nimmt sie ihm sicher nicht ab.

Zu Arons eleganter Art würde ein Anzug schon eher passen. Aber heute trägt er blaue Jeans und ein T-Shirt, in denen er immer noch teuflisch gut aussieht. Coco ist hin und weg von ihrem Gegenüber mit dem glatten schulterlangen dunklen Haar, in dessen tiefschwarzen Augen ein Feuer lodert. Das gibt seinem sanftmütigen Aussehen eine gefährliche Note. Seine Haut ist glatt und braungebrannt, als wäre er erst gestern aus der Karibik zurückgekommen. Das Kribbeln in ihrer Magengegend lässt nicht lange auf sich warten. Hilfe, sieht der gut aus!

Und aus den Gedanken werden Worte. „Aron klingt schön und ist vor allem selten. Wer hat den Namen bloß für dich ausgesucht?“ Coco beißt sich auf die Lippen und versucht ihre aufkeimende Lust zurückzudrängen. Als Antwort bekommt sie sein strahlendes Lächeln.

Coco hat sich sofort in diese schwarzen intelligenten Augen verschossen; ja in den ganzen Mann. Man sieht der scharf aus und ist genau mein Geschmack. Gut trainiert, extrem gepflegt und wohl Dauergast im hiesigen Solarium. Das sollte ich öfters aufsuchen, dann wäre mir sowas nicht entgangen.

Coco betrachtet ihre Blässe, die man zumindest im Vergleich zu seinem Teint, so bezeichnen könnte und dann einmal mehr die grauen Tatzen auf ihrer Oberweite, die sie inzwischen als gar nicht mehr so schlimm empfindet, nur unverschämt platziert, mitten auf ihre Knospen.

Verdammt, heut Morgen war ich so scharf, dass ich auf einen BH verzichtet habe. Und jetzt klotzen die frech auf meine hart werdenden Nippel. Coco wird rot und hätte sich fast an ihren Busen gefasst, um die gefühlte Blöße zu verdecken. Aber wie hätte das erst ausgesehen. Also versucht sie, es zu ignorieren und weiß dabei genau, wie heiß sie heute aussehen muss. Nicht nur der Hund ist darauf abgefahren.

Ein Schauer erfasst sie wie eine warme Sommerdusche. Statt Regen, sind es ihre unverschämten Blicke, die durch ihr Kleidchen dringen und ihr tief unter die Haut gehen. Und das treibt sie weiter in Richtung Abgrund, in den sie bald fallen wird. Zu aufreizend steht sie da, als dass die Kerle sie widerstandslos gehen lassen werden. Das will Coco auch gar nicht, denn um sie ist es bereits geschehen.

Aron und Zoltan ziehen sie aus, allein schon mit ihren Blicken. Coco lässt es zu, als wäre sie bereits ihre Geliebte, schiebt nur schnell den Träger des Kleidchens zurück, der ihr in dem Gerangel von der Schulter gerutscht ist. Das Hüpfen von Zoltan und Arons Adamsapfel verrät, dass das auch nötig wurde. Das sinnliche Ziehen in ihrer Leistengegend, warnt indes vor den Dummheiten, die sie jetzt am liebsten machen würde.

Cocos Augen strahlen bestechend. Die goldenen Funken um ihren Pupillen scheinen zu tanzen. Schon im nächsten Moment werden sie überspringen, um einen Flächenbrand zu entfachend. Niemand hat den Brandschutz eingehalten. Das Feuer wird wüten und alle verschlingen.

Danke lieber Hund, gut gemacht! Zoltan und Aron betrachten verliebt ihre heißen Kurven, an die sich das gelbe Kleidchen sanft anschmiegt, so wie sie es jetzt gern machen würden.

Genau das ist sie! Sie denken beide dasselbe: Süß, sexy, ein bisschen frech und sie hat einen Ausdruck in ihren Augen, der alles zum Schmelzen bringt. Aron und Zoltan nicken einander zu. Wie so oft sind sie mal wieder einer Meinung.

Coco hat das bemerkt. Sie weiß zwar nicht, was das zu bedeuten hat, aber es liegt eigentlich auf der Hand. Nur zugeben will sie es nicht. Dabei weiß sie, dass es jetzt geschieht - vielleicht.

Und schon macht sich Panik in ihr breit - Panik, dass der Traum gleich vorüber sein könnte. Zu schön, um wahr zu sein. Sicherlich ziehen sie im nächsten Moment weiter und ich gehe nach Hause, entledige mich meines dreckigen Kleidchens, setzte mich einsam und allein mit einem Piccolo in die Badewanne und male mir aus, was wäre gewesen, wenn…

Coco betrachtet diesen knackigen süßen vor Selbstbewusstsein strotzenden Typen. Dann blickt sie auf Zoltan, der Aron in nichts nachsteht und auf seine Art genauso sexy wirkt. Erfolglos versucht sie sich, zur Räson zu bringen, denn ihr Verlangen schreit so laut nach den beiden, dass es der anständigen Seite in ihr einen heftigen Tritt verpasst.

Frech kommt weiter, hätte Isabell jetzt geraten; die, die mich beschützen sollte, aber sich nicht mal selber beschützen kann. Sie würde die Beiden sofort um ihren kleinen Finger wickeln. Und ich wäre mal wieder ganz schnell raus aus dem Rennen, was wohl das Beste wäre.

Aber Isabell ist nicht da. Was soll‘s! Und plötzlich hört Coco sich sagen: „Da hättest Du wohl auch gern Deine Pfoten drauf?“ Darauf folgt eine heftige Klatsche, die sie sich augenblicklich selber innerlich verpasst.

Die Worte hallen in ihrem Kopf nach, als wären sie nicht die ihren. Die sehnsüchtigen Blicke der beiden hatte sie einfach nicht mehr ertragen. Sie haben ihr den Kopf verdreht, sie wuschig gemacht und die Tatzen haben ihr anscheinend dazu noch den Stempel verpasst: NEHMT MICH!

Die Zeit vergeht so langsam, als wäre der Sekundenzeiger angeklebt. Anstatt sich wilden Phantasien hoffnungsvoll zu ergeben, sollte sich Coco lieber erst einmal bei ihren Rettern bedanken. Denn das waren sie offenbar. Doch ihr Verstand war das, was er jetzt nicht sein sollte: „Out of Order“. Sie schaut sie an und denkt nur: Scheißkerle!

Nachdem sie das ein paar Mal in sich rein gebrüllt hat, schafft es Coco irgendwie. „Danke für Eure Hilfe!“, sagt sie kleinlaut.

„Hilfe …“ schreit indes ihre vernünftigere Seite.

Ihr habt den Hund ganz schön eingeschüchtert. Plötzlich ist er ganz lieb, im Gegensatz zu euch. Aber verziehen!“

Von wegen…!

Wollen wir einen neuen Anlauf wagen?“, fragt Aron, als wäre alles nur halb so wild, als würde kein Sturm in ihr wüten, der sie wegzureißen droht. Coco schaut ihn misstrauisch an (so hofft sie zumindest) und dann Zoltan und dann wieder ihn.

Plötzlich ist er da. Der Traum von letzter Nacht überfällt sie - der, den sie immer noch nicht vergessen hat und es wohl auch nie tun wird. Er ist so verdammt real, als wäre er nicht einfach nur einer ihrer wilden Phantasien. Und mit ihm kommt zeitgleich die Frage: Die zwei Typen, verdammt, sind sie‘s?

Eine böse Vorahnung befällt sie, eine die sie jedoch sofort beflügelt und ihr Herz rasen lässt, aber lieber nicht wahr sein sollte, zumindest nicht, wenn sie die vernünftige Coco fragen würde. Aber das würde sie heute eh nicht machen. Heute würde die vernünftigere Seite nichts zu sagen haben. Sie hält ihr vorsorglich den Mund zu.

Aus dem Augenwinkel heraus, sieht Zoltan einen Mann mit einer Leine in der Hand auf sie zulaufen. „Das dort könnte sein Herrchen sein!“

Keine Reaktion, weder von Aron, noch von Coco, die sich nur verloren anschauen.

„Da könnte man ja glatt neidisch werden!“, brummelt Zoltan säuerlich vor sich hin.

Immer noch nichts.

Er hebt seine Stimme: „Den habe ich gemeint!“, und zeigt dabei auf einen dicken Mann, der mit hochrotem Kopf schwitzend angerannt kommt.

Jäh werden Coco und Aron aus ihren Gedanken gerissen oder worin auch immer sie stecken mögen. Jetzt hat Zoltan ihre Aufmerksamkeit bekommen, wenn auch nicht gerade viel davon.

„Entschuldigung, der ist mir ausgebüxt. Es tut mir leid“, bittet der stämmige Mann Mitte fünfzig schon aus weiter Ferne um Verzeihung.

„Das muss es nicht. Es ist ja nichts Schlimmeres passiert!“, ruft Coco ihm ihrerseits beruhigend entgegen. Über das: „Nichts Schlimmeres passiert“, muss sie allerdings schmunzeln.

Ein paar Sekunden später hat er es geschafft und steht mit der schuldigsten Mine vor ihr, die er aufsetzen konnte. Er schaut sich den Dreck an, den sein Hund auf ihrem Kleidchen hinterlassen hat.

Mit der Luft kommt auch seine Sehfähigkeit wieder, was sich aber auf seine Fähigkeit zum Artikulieren, negativ auswirkt. Er stammelt nur noch vor sich hin, während er verlegene Blicke auf Coco wirft, oder genauer gesagt, auf ihre beschmutzte Oberweite. Schließlich hält er ihr einen zehn Euroschein hin.

„Mehmehr hab ich ich nicht. Bittette nehmen sie dadadas für die Reireinigung. Es wird hoffhoffentlich reichen.“

Das wird nicht nötig sein, den beiden hier scheint es so zu gefallen!“, antwortet ihm Coco, ohne ihre eigene Freude darüber verbergen zu können.

Der Mann schaut erstaunt und scheint erst langsam zu begreifen. Es hat also geklappt, wie es aussieht? Er schaut Zoltan und Aron fragend an, um vielleicht auch bei ihnen irgendeine Bestätigung in den Gesichtern ablesen zu können.

„Wenn sie es sagt?“, meint Zoltan schließlich und wirft noch hinterher: „Ein begabtes Tier!“

Stolz, was natürlich niemand merken darf, nimmt der Mann seinen Pinscher an die Leine, der Coco immer noch anhimmelt und beeilt sich schnellstens wegzukommen.

„Dann will ich nicht mehr stören. Es ist wohl Zeit, dass ich verschwinde!“, meint er kleinlaut.

Racer hat alles getan, was nötig war! Er beugt sich zu seinem Pinscher mit den mahnenden Worten: „Das macht man doch nicht, du Stromer!“ und „Schau, was du angerichtet hast!“. Dann gibt er ihm heimlich ein Stück Schokolade, nimmt ihn schnell an die kurze Leine und macht sich mit seinem Vierbeiner schleunigst aus dem Staub.

Coco merkt nicht wirklich, dass die Sache abgekartet ist, aber irgendwie kommt sie ihr doch komisch vor.

Ob das wirklich Zufall war? Spaßeshalber fragt sie: „Wieviel hat’s gekostet?“

Zoltan schaut Coco fasziniert an und überlegt, ob sie vielleicht zu unvorsichtig waren, so dass sie ihnen auf die Schliche kommen konnte. Er kann es sich aber nicht vorstellen und entscheidet, erst gar nicht darauf einzugehen, sondern gleich zum Frontalangriff überzugehen. „Ich weiß nicht, was Du gerade denkst. Aber wenn Du heute nichts weiter vorhast, würden wir jetzt gern ebenfalls verschwinden, allerdings mit Dir!“

Coco schluckt, denn so direkt hätte sie nicht erwartet, gefragt zu werden. Normalerweise versucht „Mann“ mir das vorher schmackhaft zu machen und lädt mich zu einem Kaffee, Eis oder was anderem Leckeren ein oder plaudert mit mir eine Weile. Coco schaut in zwei Gesichter, überaus hübsche sogar, die keine Widerrede erlauben werden. Trotzdem wird sie nicht einfach sagen: „OK, dann lasst uns verschwinden!“

„Ihr lasst mir erst gar keine Zeit zum Nachdenken, was? Ich will schon wissen, mit wem ich einen so schönen Nachmittag, wie diesen verbringe!“, versucht sie sich, künstlich aufzuregen.

„Wenn du das wissen möchtest, kommst du nicht drum herum, mit uns jetzt mitzugehen!“, ist die entsprechende Antwort der beiden.

Coco läuft ein angenehmer überaus prickelnder Schauer über den Rücken, als es ihr dämmert. Es „waaar“ schön mit den beiden! Verdammt, jetzt weiß ich‘s! Und mit der Dämmerung tauchen die Bilder der letzten Nacht vor ihr auf. Aus dem Schauer wird ein Gewitter, das mächtig in ihr tobt. Aus der Vorahnung springt sie mitten in dieses Abenteuer, aus dem sie erst heute Morgen schweißgebadet erwacht ist und das ihr jetzt droht, erneut den Atem zu nehmen. Ihre Umgebung verliert sie am helllichten Tage und sie findet sich mitten in diesem Traum wieder, dem mit diesen beiden irren Typen.

Der Tempel der Venus

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