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Geschehen heute noch Wunder?
ОглавлениеIn der Bibel häufen sich Wunder in den Zeiten, in denen Gott die Geschichte in besonders machtvoller Weise auf ihr endgültiges Ziel zulenkt. „Gott verteilt die Wunder nicht zufällig, wie mit der Gießkanne. Sie treten bei den großen Ereignissen … der Heilsgeschichte auf, die der Mensch nicht vollständig verstehen kann …“ (C. S. Lewis). Da gibt es die dramatischen Ereignisse beim Auszug aus Ägypten und der Eroberung des verheißenen Landes. Jahrhundertelang finden sich nur äußerst selten wundersame Machttaten Gottes. Elia und Elisa, große Propheten Israels, wirken einzelne Wunder; Jesaja, Jeremia oder Hesekiel tun das überhaupt nicht. Über weite Strecken der Geschichte Israels kommen keinerlei Wunder vor. Geistliches Leben war nicht an die Fähigkeit gebunden, Wunder zu vollbringen, sondern sich „an das Recht zu halten, anderen mit Güte zu begegnen, und in Ehrfurcht vor Gott zu leben“ (Micha 6,8).
Das Neue Testament ruft die Christen nicht dazu auf, Wunder zu erwarten, um den alltäglichen Mühen des Lebens zu entgehen oder um Menschen zu überzeugen, die dem Evangelium nicht glauben. Wunder wie die Verwandlung von Wasser in Wein, die Speisung der Fünftausend und die Auferweckung des Lazarus waren besondere Zeichen, die das Wesen Jesu offenbarten und einen Vorgeschmack auf das Leben im anbrechenden Reich Gottes gaben. Die Gemeinde Jesu braucht heute keine derartigen Wunder zu erwarten. Sie sind als Vorwegnahme dessen gedacht, was Leben in der Fülle des Reiches Gottes sein wird, nicht als Normalfall des alltäglichen Lebens der Christen.
Wie steht es aber mit den auch heute noch vorkommenden Wundern, bei denen z. B. Menschen durch Gebet gesund werden? Wie erklärt es sich, dass zynische, dem Glauben verschlossene Menschen sich plötzlich für das Evangelium öffnen und seiner Botschaft glauben? Wie steht es mit den ungewöhnlichen Umständen, durch die jemand „zufällig“ vor großem Schaden bewahrt wird? Es gibt genügend solcher Berichte, die Christen Anlass geben, auch heute mit dem wunderhaften Eingreifen Gottes zu rechnen – besonders in den Bereichen Heilung, Befreiung von Bindungen aller Art und Bekehrung zum Glauben.
Die Bibel ermutigt dazu, mit der festen Erwartung zu beten, dass Gott auf unser Gebet antwortet. Die Vorstellung des Deismus (einer Philosophie, die annimmt, dass das Weltall einem großen Uhrwerk gleicht, das ein himmlischer Uhrmacher geschaffen und aufgezogen hat und das er dann völlig sich selbst überlassen hat) entspricht nicht der biblischen Sicht von Gott und der Welt. Es liegt nicht in unserer Hand, das Eingreifen Gottes zu irgendeinem Zeitpunkt auszuschließen.
Wer niemals ein Wunder erlebt, muss sich deshalb nicht als Christ zweiter Klasse fühlen. Die meisten Christen in den letzten 2000 Jahren haben keine Wunder erlebt. Ernste Gebete um Heilung oder Befreiung aus einer Gefahr blieben ohne direkte Antwort. Der Glaube, dass Gott frei ist, zu jeder Zeit in das irdische Geschehen einzugreifen, so wie er will, schließt ein, dass er auch frei von jeder Art von Zwang ist, den menschliche Interessen oder Wünsche auszuüben versuchen. Wir müssen die Wahrheit verinnerlichen, dass Gott frei ist, wann, wo und wie immer er will zu seiner Ehre zu handeln.
Allerdings darf das nicht zu einem untätigen oder distanzierten Glauben führen, der von dem verbreiteten Gottesverständnis geprägt ist, Gott habe sich zurückgezogen und mische sich nicht in seine Schöpfung ein. „Die Not unserer Tage liegt in einem verkürzten Gottesglauben. Wir denken von Gottes Macht, seiner Liebe und seiner Freiheit viel zu gering … Darum geht es in Jesu Wundern und seiner Botschaft vom Vertrauen auf Gott … Gott ist uns näher, wirklicher, mächtiger, liebevoller und uns gegenüber hilfsbereiter, als wir alle meinen. Das ist die nie verstummende Botschaft (der Wunder)“ (D. S. Cairns).