Читать книгу Wir sind nicht allein - Shino Tenshi - Страница 10

Zu real?

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„So, hier sind wir nun.“ Sie landete wie immer recht sanft, ehe wir dann beide von dem Greifen abstiegen und ich mich kurz umsah. „Das ist doch das Startgebiet von den Werwölfen. Was wollen wir hier?“

Ich fand mich in den Nadelwald wieder und nahm die bekannten Gerüche in mich auf. Die Höhle verströmte ihre eigene Note von Wolf und gab der Mischung etwas Animalisches. Vereinzelt sah ich das Moos an den Bäumen und auch Spinnweben darin. Tautropfen benetzten sie und machten sie sichtbar und zeugten von der scheinbar harmlosen Gefahr.

„Das habe ich doch gerade schon gesagt. Wir questen ein wenig“, erklärten sie erneut, wodurch sie mich etwas vorwurfsvoll ansah, bevor sie mir dann zuwinkte ihr zu folgen. „Den ersten Quest hast du ja schon angenommen, als du mit dem Werwolf am Anfang gesprochen hast, oder?“

„Nun ja, er hat nur von der Suche nach neuen Höhlen geredet. War das etwa das erste Quest?“, meinte ich, als ich ihr ruhig folgte. Die gebückte Haltung ließ den Troll kleiner aussehen, als er wirklich war. Denn immer wenn er sich einmal streckte, dann überragte er mich um gut eine Kopflänge, während er mir so gerade einmal bis zur Schnauze ging.

„Jap, scheint so zu sein.“ Ruhig schritt sie zunächst weiter voran, doch dann hielt sie plötzlich inne, drehte sich zu mir um und gesellte sich alsbald darauf zu mir. „Zeig mal deine Karte, damit ich weiß, wo wir hin müssen. Einfach mit Steuerung und M. Dann kann ich sie auch sehen. Oder du denkst einfach daran sie mir zu zeigen, wenn du tippfaul bist.“

Ich musste immer wieder über das Spiel staunen. Die Technik war wirklich hoch entwickelt, wobei ich auch kurz zu meinem Rechnergehäuse sah, dass er diese Leistung erbrachte, war wirklich erstaunlich.

„Du siehst grad zu deinem Rechner, habe ich Recht?“ Sie lachte kurz auf, als ich mich wieder zu ihr wandte „Das musst du nicht. Dein Rechner schickt die Daten nur an den Server, wo sie verarbeitet werden. Die ganze Arbeit macht der Server des Spiels. So können auch Menschen mit geringer Computerleistung das Spiel spielen. Selbst die Grafik passt sich an die Leistung des Rechners an. Also ich will nicht wissen, wie sie das gemacht haben, aber einige Spieleentwickler würden sich danach wahrscheinlich die Finger lecken.“

„Das ist echt unglaublich“, kam es nur über meine Lippen, bevor ich dann wieder auf meine Karte sah. Das Questgebiet war eingezeichnet, wodurch auch Terrivon schließlich nickte. „Gut, ich weiß nun, wo wir hin müssen. Folge mir einfach. Es kann sein, dass uns ein paar Monster in die Quere kommen, aber so kannst du gleich mal das Kämpfen üben.“

Sie schritt erneut voran und ich folgte ihr, wobei ich mich kurz umsah. Der Wald war immer noch so ausladend, wie ich ihn am Anfang empfunden hatte. Daran wird sich wohl auch nichts ändern. Werwölfe waren einfach Kreaturen des Schattens, wodurch sie auch in solch einer Welt lebten.

„Wie willst du kämpfen? Über die Tastatur oder über die Gedanken? Viele Spieler machen es über die Gedanken, weil es schneller geht. Vor allem wenn sie im Nahkampf sind“, sprach sie mich erneut an, wobei ich kurz überlegte und dann meinen Blick über die Befehle auf meinen Aktionsleisten wandern ließ. Es waren nur Angriffe, wodurch ich sie irritiert ansah. „Wo liegt da der Unterschied?“

„Nun ja, du musst es in deinem Interface einstellen. Wenn du über deine Tastatur kämpfst, dann weicht dein Charakter nach Zufallsprinzip selbst den Attacken aus oder blockt sie. Aber wenn du die Gedanken wählst, dann musst du das auch tun. Viele fangen mit der Tastatur an und gehen dann auf die Gedanken über. Manche bleiben immer auf der Tastatur. Es gibt selten Spieler, die sofort mit den Gedanken anfangen“, erklärte sie mir auch dieses System, wodurch ich meinen Blick kurz auf die Tastatur gleiten ließ. Eigentlich waren meine Hände schon lange nicht mehr auf ihr gelegen. Ich steuerte meine Figur schon eine geraume Weile nur mit meinen Gedanken, vor allem ohne es zu bemerken.

„Wie komme ich in das Interface?“, fragte ich dann ruhig nach, wodurch Terrivon auflachte. „Drücke einfach Escape. Dadurch öffnet sich das Menü und du kannst den Button Interface anwählen. Dort in der Kampfeinstellung kannst du zwischen den zwei Versionen wählen.“

Ich tat sofort, was sie mir sagte und blickte überrascht auf den Haken, der in dem Feld war. „Sag mal, Lau-“ „Terrivon bitte“, unterbrach sie mich sofort, wodurch ich kurz schluckte und nickte. „Okay, Terrivon. Wo ist der Haken denn am Anfang normalerweise drinnen?“

„Bei der Tastatursteuerung. Wieso fragst du?“ Sie sah mich irritiert an und ich schluckte den dicken Kloß in meinem Hals herunter, bevor ich dann mit zitternder Stimme antwortete: „Bei mir ist er auf Gedankensteuerung.“

Laura hatte nun schon eine geraume Weile nichts mehr gesagt. Sie ging einfach weiter und sah sich hin und wieder um. Die Wölfe um uns herum wurden immer weniger und ich spürte, wie die Gefahr stetig zunahm, wodurch ich mich instinktiv anspannte.

„Wir sind gleich da. Ich kann schon das Getrappel ihrer Spinnenbeine spüren.“ Sie durchbrach endlich das Schweigen, wodurch ich sie irritiert ansah, doch dann schließlich nickte.

„Wir müssen in die Höhle und dort ihre Königin töten. Mit mir an deiner Seite wird das keine schwierige Aufgabe sein. Ich werde dir ein Schild geben, das eine Weile deinen Schaden prozentual verringern wird. Das ist alles was ich für dich tun kann. Außer dir noch ein paar Spinnen vom Hals zu halten. Leider bin ich kein Heiler. Also behalte dein Leben gut im Auge, okay?“, erklärte sie mir den Schlachtplan und nur nach wenigen Schritten, war der Wald plötzlich von Spinnweben überzogen. In ihnen krabbelten riesige Spinnen, die nur darauf warteten, dass sie jemanden zum Fressen bekamen.

Ohne mein Zutun legte sich meine Hand instinktiv um den Griff meines Schwertes, wobei sich Terrivon noch einmal zu mir umwandte. „Hier der Schild. Denk daran: Du hast im Moment nur die Fähigkeit, dass du deine Klinge mit Schatten überziehst, was deinen Schaden für eine gewisse Zeit erhöht. Die Schattenmagie selbst wirst du erst später erlernen. Im Moment bist du nur ein schwarzer Krieger. Mehr nicht.“

Ich nickte erneut und spürte das Schild um mich herum, wobei ich nicht verhindern konnte, dass die Spannung in meinem Körper immer mehr anstieg. „Pass auf dich auf, Kleiner.“ Sie legte ihre Hand auf meine Schulter und ich konnte nicht anders, als zu grinsen. „Hey, ich bin gut einen Kopf größer als du.“

„Ja, das behauptest du jetzt.“ Der Troll streckte sich und ich musste laut lachen. „Ich meine im echten Leben.“ „Das zählt hier nicht.“ Sie zwinkerte mir zu, bevor sie sich dann umwandte und aus dem Gebüsch trat.

Die Spinnen reagierten nicht auf sie, wodurch ich ebenfalls den Mut sammelte und in das Schlachtfeld trat. Sofort schienen sie sich alle in meine Richtung zu drehen. Ich konnte direkt ihre acht ekelhaften Augen auf mir spüren und das Zischen aus ihren widerlichen Kiefern drang an mein Ohr. Oh mein Gott!

Irgendwie konnte ich mich nicht bewegen, sondern starrte nur auf die Spinnen, die sich auf mich stürzten. Jetzt erkannte ich den Nachteil der Egoperspektive. Ich verlor die Distanz zu meinen Charakter und irgendwie hatte ich nur noch den Wunsch wegzulaufen, doch ich rührte mich nicht.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich schon den Geifer aus den Kiefer der vordersten Spinne tropfen sah, als diese von einem Blitzschlag getroffen wurde, der sich über die nächstliegenden Spinnen ausbreitete und sie alle zu Boden schickte. Sie waren tot.

Fassungslos sah ich auf Terrivon, der seinen kleinen Streitkolben in den Himmel gestreckt hatte und auch in seinen Augen sah ich das, was ich gerade eben noch gefühlt habe: Puren Schrecken.

„Und das ist das Anfangsgebiet?“ Meine Stimme war nur ein Krächzen und ich spürte, wie ich irgendwie immer noch am ganzen Körper zitterte, wobei sich Terrivon kurz umwandte und dann auf einen Weg deutete. „Nun ja, eigentlich läuft man da entlang, wodurch man nach und nach auf die Spinnen trifft. Wir sind von der anderen Seite gekommen und somit direkt in die Meute gelaufen. Tut mir Leid. Aber hey, du hast zwei Level dadurch bekommen. Das ist doch gut.“

Sie grinste breit und irgendwie konnte ich nicht anders und es erwidern. Ich fühlte mich so erleichtert, dass ich diese Begegnung überlebt hatte, dass ich irgendwie gar nicht böse sein konnte. Schließlich hatte sie mich ja auch gerettet.

„Zwei Level sind ja auch das mindeste, was ich erwarten kann, oder?“, ging ich sofort auf das Gespräch ein und schritt schließlich wieder neben sie, „aber starker Angriff.“

„Nicht wirklich. Er geht nur auf die meisten Gegner und nachdem sie alle sehr schwach sind, musste kein starker Angriff her“, meinte sie ruhig und ging dann weiter voraus, „das nächste Mal wäre es aber gut, wenn du auch kämpfen würdest. Das bringt mehr Erfahrung.“

Ich nickte nur kurz und schritt weiter voran. Wir betraten schließlich die Höhle, wo erneut drei Spinnen auf uns warteten. Dieses Mal zog ich mein Schwert, als die Monster auf uns zustürmten. Terrivon erledigte zwei davon, sodass ich nur noch einen Gegner hatte, der sich, ohne zurückzusehen, auf mich stürzte.

Meine Klinge wehrte die Kiefer ab. Stieß sie von mir. Sprang ihr nach und ließ mein Schwert nach vorne schnellen. Die Klinge durchtrennte drei Gliedmaßen und ließ sie aufschreien, wobei sie sich erneut auf mich stürzte. Der Geifer tropfte auf mich herab. Wie konnte das Spiel nur so real sein? Ich begriff es nicht.

Ein gezielter Hieb trennte den kleinen Kopf von dem Körper und sie rollte sich sterbend zusammen, wobei ich schwer atmend zu Terrivon sah. „Das Spiel ist der Hammer. Warum ist das so real? Die hat sogar Beine verloren, wo ich sie getroffen habe. Wie ist das möglich? Das kann doch kein anderes Spiel.“

Terrivon legte den Kopf ein wenig schief und sah mich besorgt an. „Sie hat keine Beine verloren. Nur Schaden genommen. So wie es sich gehört. Ich weiß nicht, was du gesehen hast.“

„Aber ihr Kopf müsste-“ Ich wandte mich zu der Stelle, wo das kleine Gebilde liegen sollte, doch dort war nichts mehr, wodurch ich stockte und mich irritiert umsah. „Wo ist er?“

„An ihrem Rumpf, wo er hingehört“, drang ihre Stimme zu mir durch und als mein Blick zu dem Monster glitt, sah ich, wie es wirklich noch ganz war. Derweil habe ich es doch zerstückelt. Was geht hier vor?

Sie sah mich besorgt an, wobei ich versuchte zu verstehen. Was machte das Spiel gerade mit mir? Meine Hand zitterte und bevor ich es verlor, steckte ich das Schwert wieder in die Scheide, ehe ich noch einmal zu meinem Gegner sah. Warum war die Spinne ganz? Ich habe sie doch zerstückelt.

„Was passiert hier mit mir?“ Ich sah auf meine Hände und die Kleidung, wo der Geifer hätte entlang laufen müssen, doch dort war nichts. Ich war staubtrocken. So wie es sein sollte in einem Spiel.

„Ich weiß es nicht.“ Lauras Blick wurde nicht besser und ich selbst spürte, wie ich mich immer mehr in meinen Gedanken verlor.

„Ich muss hier raus! Laura bring mich aus der Höhle raus, sodass ich mich ausloggen kann!“ Alles in mir schrie danach, mich von dem Spiel zu entfernen, wodurch sich der Troll erhob und sich vorsichtig mit erhobenen Händen mir näherte. „Jetzt beruhige dich erst einmal, Shujo. Dafür gibt es bestimmt eine Erklärung. Du hattest schon immer eine sehr ausgeprägte Fantasie. Vielleicht geht sie gerade nur mit dir durch. Komm, lass uns den Quest noch beenden und dann bring ich dich zurück zu den Höhlen, wo du dich gefahrlos ausloggen kannst. Wir haben es nicht mehr weit.“

Ich wollte jetzt raus aus dem Spiel. Weg von dieser Figur, die mich Dinge sehen ließ, die nicht da waren. Nein, ich wollte nicht anfangen an meinem Verstand zu zweifeln. Ich wollte hier raus.

Sanft berührten mich die großen Hände des Trolls an meinen Schultern und sie sah mich besorgt an, wobei sie leicht lächelte. „Komm… die paar Minuten bringen dich dann auch nicht um, oder?“

Ich rang mich zu einem Nicken durch und folgte Terrivon dann weiter in die Höhle. Sie vermied es, mich kämpfen zu lassen und erledigte die Gegner noch bevor sie uns sahen. Genauso wie die Spinnenkönigin, die diese Höhle behauste.

Es war unspektakulär, redete ich mir ein, wodurch ich auch den Geruch von verbrannten Chitin ignorierte. Das war alles nicht real. Es war nur ein Spiel. Nur ein Spiel…

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