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IV. Das Versprechen.
ОглавлениеWenn das gebräuchliche Material unserer Rede in der Muttersprache gegen das Vergessen geschützt erscheint, so unterliegt dessen Anwendung um so häufiger einer anderen Störung, die als »Versprechen« bekannt ist. Das beim normalen Menschen beobachtete Versprechen macht den Eindruck der Vorstufe für die unter pathologischen Bedingungen auftretenden sogen. »Paraphasien«.
Ich befinde mich hier in der ausnahmsweisen Lage, eine Vorarbeit würdigen zu können. Im Jahre 1895 haben Meringer und C. Mayer eine Studie über »Versprechen und Verlesen« publiziert, an deren Gesichtspunkte die meinigen nicht heranreichen. Der eine der Autoren, der im Texte das Wort führt, ist nämlich Sprachforscher und ist von linguistischen Interessen zur Untersuchung veranlasst worden, den Regeln nachzugehen, nach denen man sich verspricht. Er hoffte aus diesen Regeln auf das Vorhandensein »eines gewissen geistigen Mechanismus« schliessen zu können, »in welchem die Laute eines Wortes, eines Satzes, und auch die Worte untereinander in ganz eigentümlicher Weise verbunden und verknüpft sind« ( p. 10).
Die Autoren gruppieren die von ihnen gesammelten Beispiele des »Versprechens« zunächst nach rein deskriptiven Gesichtspunkten als Vertauschungen (z. B. die Milo von Venus anstatt Venus von Milo). Vorklänge oder Antizipationen (z. B. es war mir auf der Schwest… auf der Brust so schwer), Nachklänge, Postpositionen (z. B. ›Ich fordere Sie auf, auf das Wohl unseres Chefs aufzustossen‹ für anzustossen), Kontaminationen (z. B. ›Er setzt sich auf den Hinterkopf‹ aus: ›Er setzt sich einen Kopf auf‹ und: ›Er stellt sich auf die Hinterbeine‹), Substitutionen (z. B. ›Ich gebe die Präparate in den Briefkasten‹ statt Brütkasten), zu welchen Hauptkategorien noch einige minder wichtige (oder für unsere Zwecke minder bedeutsame) hinzugefügt werden. Es macht bei dieser Gruppierung keinen Unterschied, ob die Umstellung, Entstellung, Verschmelzung etc. einzelne Laute des Wortes, Silben oder ganze Worte des intendierten Satzes betrifft.
Zur Erklärung der beobachteten Arten des Versprechens stellt Meringer eine verschiedene psychische Wertigkeit der Sprachlaute auf. Wenn wir den ersten Laut eines Wortes, das erste Wort eines Satzes innervieren, wendet sich bereits der Erregungsvorgang den späteren Lauten, den folgenden Worten zu, und soweit diese Innervationen mit einander gleichzeitig sind, können sie einander abändernd beeinflussen. Die Erregung des psychisch intensiveren Lautes klingt vor oder hallt nach und stört so den minderwertigen Innervationsvorgang. Es handelt sich nun darum, zu bestimmen, welche die höchstwertigen Laute eines Wortes sind. Meringer meint: ›Wenn man wissen will, welchem Laute eines Wortes die höchste Intensität zukommt, so beobachte man sich beim Suchen nach einem vergessenen Wort, z. B. einem Namen. Was zuerst wieder ins Bewusstsein kommt, hatte jedenfalls die grösste Intensität vor dem Vergessen ( p. 160). Die hochwertigen Laute sind also der Anlaut der Wurzelsilbe und der Wortanlaut und der oder die betonten Vokale‹ ( p. 162).
Ich kann nicht umhin, hier einen Widerspruch zu erheben. Ob der Anlaut des Namens zu den höchstwertigen Elementen des Wortes gehöre oder nicht, es ist gewiss nicht richtig, dass er im Falle des Wortvergessens zuerst wieder ins Bewusstsein tritt; die obige Regel ist also unbrauchbar. Wenn man sich bei der Suche nach einem vergessenen Namen beobachtet, so wird man verhältnismässig häufig die Überzeugung äussern müssen, er fange mit einem bestimmten Buchstaben an. Diese Überzeugung erweist sich nun ebenso oft als unbegründet wie als begründet. Ja, ich möchte behaupten, man proklamiert in der Mehrzahl der Fälle einen falschen Anlaut. Auch in unserem Beispiel: Signorelli ist bei dem Ersatznamen der Anlaut und sind die wesentlichen Silben verloren gegangen; gerade das minderwertige Silbenpaar elli ist im Ersatznamen Botti celli dem Bewusstsein wiedergekehrt.
Wenn man der Vermutung Raum gibt, dass ein ähnlicher Mechanismus wie der fürs Namenvergessen nachgewiesene auch an den Erscheinungen des Versprechens Anteil haben könne, so wird man zu einer tiefer begründeten Beurteilung der Fälle von Versprechen geführt. Die Störung in der Rede, welche sich als Versprechen kundgibt, kann erstens verursacht sein durch den Einfluss eines anderen Bestandteils derselben Rede, also durch das Vorklingen oder Nachhallen, oder durch eine zweite Fassung innerhalb des Satzes oder des Zusammenhanges, den auszusprechen man intendiert – hierher gehören alle oben Meringer und Mayer entlehnten Beispiele –; zweitens aber könnte die Störung analog dem Vorgang im Falle: Signorelli zustande kommen durch Einflüsse ausserhalb dieses Wortes, Satzes oder Zusammenhanges, von Elementen her, die auszusprechen man nicht intendiert, und von deren Erregung man erst durch eben die Störung Kenntnis erhält. In der Gleichzeitigkeit der Erregung läge das Gemeinsame, in der Stellung innerhalb oder ausserhalb desselben Satzes oder Zusammenhanges das Unterscheidende für die beiden Entstehungsarten des Versprechens. Der Unterschied erscheint zunächst nicht so gross, als er für gewisse Folgerungen aus der Symptomatologie des Versprechens in Betracht kommt. Es ist aber klar, dass man nur im ersteren Falle Aussicht hat, aus den Erscheinungen des Versprechens Schlüsse auf einen Mechanismus zu ziehen, der Laute und Worte zur gegenseitigen Beeinflussung ihrer Artikulation mit einander verknüpft, also Schlüsse, wie sie der Sprachforscher aus dem Studium des Versprechens zu gewinnen hoffte. Im Falle der Störung durch Einflüsse ausserhalb des nämlichen Satzes oder Redezusammenhanges würde es sich vor allem darum handeln, die störenden Elemente kennen zu lernen, und dann entstände die Frage, ob auch der Mechanismus dieser Störung die zu vermutenden Gesetze der Sprachbildung verraten kann.
Man darf nicht behaupten, dass Meringer und Mayer die Möglichkeit der Sprechstörung durch »kompliziertere psychische Einflüsse«, durch Elemente ausserhalb desselben Wortes, Satzes oder derselben Redefolge übersehen haben. Sie mussten ja bemerken, dass die Theorie der psychischen Ungleichwertigkeit der Laute strenge genommen nur für die Aufklärung der Lautstörungen, sowie der Vor-und Nachklänge ausreicht. Wo sich die Wortstörungen nicht auf Lautstörungen reduzieren lassen, z. B. bei den Substitutionen und Kontaminationen von Worten, haben auch sie unbedenklich die Ursache des Versprechens ausserhalb des intendierten Zusammenhanges gesucht und diesen Sachverhalt durch schöne Beispiele erwiesen. Ich zitiere folgende Stellen:
( p. 62.) »Ru. erzählt von Vorgängen, die er in seinem Innern für »Schweinereien« erklärt. Er sucht aber nach einer milden Form und beginnt: »Dann aber sind Tatsachen zum Vorschwein gekommen …« Mayer und ich waren anwesend und Ru. bestätigte, dass er »Schweinereien« gedacht hatte. Dass sich dieses gedachte Wort bei »Vorschein« verriet und plötzlich wirksam wurde, findet in der Ähnlichkeit der Wörter seine genügende Erklärung.« –
( p. 73.) »Auch bei den Substitutionen spielen wie bei den Kontaminationen und in wahrscheinlich viel höherem Grade die »schwebenden« oder »vagierenden« Sprachbilder eine grosse Rolle. Sie sind, wenn auch unter der Schwelle des Bewusstseins, so doch noch in wirksamer Nähe, können leicht durch eine Ähnlichkeit des zu sprechenden Komplexes herangezogen werden und führen dann eine Entgleisung herbei oder kreuzen den Zug der Wörter. Die »schwebenden« oder »vagierenden« Sprachbilder sind, wie gesagt, oft die Nachzügler von kürzlich abgelaufenen Sprachprozessen (Nachklänge).«
( p. 97.) »Eine Entgleisung ist auch durch Ähnlichkeit möglich, wenn ein anderes ähnliches Wort nahe unter der Bewusstseinsschwelle liegt, ohne dass es gesprochen zu werden bestimmt wäre. Das ist der Fall bei den Substitutionen. – So hoffe ich, dass man beim Nachprüfen meine Regeln wird bestätigen müssen. Aber dazu ist notwendig, dass man (wenn ein anderer spricht) sich Klarheit darüber verschafft, an was Alles der Sprecher gedacht hat Hier ein lehrreicher Fall. Klassendirektor Li. sagte in unserer Gesellschaft: »Die Frau würde mir Furcht ein lagen.« Ich wurde stutzig, denn das l schien mir unerklärlich. Ich erlaubte mir, den Sprecher auf seinen Fehler »ein lagen« für »ein jagen« aufmerksam zu machen, worauf er sofort antwortete: » Ja, das kommt daher, weil ich dachte: ich wäre nicht in der Lage u. s. f.«
›Ein anderer Fall. Ich frage R. v. Schid., wie es seinem kranken Pferde gehe. Er antwortet: ›Ja, das draut .. dauert vielleicht noch einen Monat.‹ Das ›draut‹ mit seinem r war mir unverständlich, denn das r von dauert konnte unmöglich so gewirkt haben. Ich machte also R. v. S. aufmerksam, worauf er erklärte, er habe gedacht, ›das ist eine traurige Geschichte.‹ Der Sprecher hatte also zwei Antworten im Sinne und diese vermengten sich.‹
Es ist wohl unverkennbar, wie nahe die Rücksichtnahme auf die ›vagierenden‹ Sprachbilder, die unter der Schwelle des Bewusstseins stehen und nicht zum Gesprochenwerden bestimmt sind, und die Forderung, sich zu erkundigen, an was der Sprecher alles gedacht habe, an die Verhältnisse bei unseren ›Analysen‹ herankommen. Auch wir suchen unbewusstes Material, und zwar auf dem nämlichen Wege, nur dass wir von den Einfällen des Befragten bis zur Auffindung des störenden Elementes einen längeren Weg durch eine komplexe Assoziationsreihe zurückzulegen haben.
Ich verweile noch bei einem anderen interessanten Verhalten, für das die Beispiele Meringers Zeugnis ablegen. Nach der Einsicht des Autors selbst ist es irgend eine Ähnlichkeit eines Wortes im intendierten Satz mit einem anderen nicht intendierten, welche dem letzteren gestattet, sich durch die Verursachung einer Entstellung, Mischbildung, Kompromissbildung (Kontamination) im Bewusstsein zur Geltung zu bringen.
lagen, dauert, Vorschein.
jagen, traurig, …schwein.
Nun habe ich in meiner Schrift über die ›Traumdeutung‹ dargetan, welchen Anteil die Verdichtungsarbeit an der Entstehung des sog. manifesten Trauminhaltes aus den latenten Traumgedanken hat. Irgend eine Ähnlichkeit der Dinge oder der Wortvorstellungen zwischen zwei Elementen des unbewussten Materials wird da zum Anlass genommen, um ein Drittes, eine Misch-oder Kompromissvorstellung zu schaffen, welche im Trauminhalt ihre beiden Komponenten vertritt, und die infolge dieses Ursprungs so häufig mit widersprechenden Einzelbestimmungen ausgestattet ist. Die Bildung von Substitutionen und Kontaminationen beim Versprechen ist somit ein Beginn jener Verdichtungsarbeit, die wir in eifrigster Tätigkeit am Aufbau des Traumes beteiligt finden.
In einem kleinen für weitere Kreise bestimmten Aufsatz ( Neue freie Presse vom 23. Aug. 1900: ›Wie man sich versprechen kann‹) hat Meringer eine besondere praktische Bedeutung für gewisse Fälle von Wortvertauschungen in Anspruch genommen, für solche nämlich, in denen man ein Wort durch sein Gegenteil dem Sinne nach ersetzt. ›Man erinnert sich wohl noch der Art, wie vor einiger Zeit der Präsident des österreichischen Abgeordnetenhauses die Sitzung eröffnete:»Hohes Haus! Ich konstatiere die Anwesenheit von so und soviel Herren und erkläre somit die Sitzung für geschlossen!« Die allgemeine Heiterkeit machte ihn erst aufmerksam, und er verbesserte den Fehler. Im vorliegenden Falle wird die Erklärung wohl diese sein, dass der Präsident sich wünschte, er wäre schon in der Lage, die Sitzung, von der wenig Gutes zu erwarten stand, zu schliessen, aber – eine häufige Erscheinung – der Nebengedanke setzte sich wenigstens teilweise durch, und das Resultat war »geschlossen« für »eröffnet«, also das Gegenteil dessen, was zu sprechen beabsichtigt war. Aber vielfältige Beobachtung hat mich belehrt, dass man gegensätzliche Worte überhaupt sehr häufig mit einander vertauscht; sie sind eben schon in unserem Sprachbewusstsein assoziiert, liegen hart nebeneinander und werden leicht irrtümlich aufgerufen.‹
Nicht in allen Fällen von Gegensatzvertauschung wird es so leicht, wie hier im Beispiel des Präsidenten, wahrscheinlich zu machen, dass das Versprechen in Folge eines Widerspruchs geschieht, der sich im Innern des Redners gegen den geäusserten Satz erhebt. Wir haben den analogen Mechanismus in der Analyse des Beispiels: aliquis gefunden; dort äusserte sich der innere Widerspruch im Vergessen eines Wortes anstatt seiner Ersetzung durch das Gegenteil. Wir wollen aber zur Ausgleichung des Unterschiedes bemerken, dass das Wörtchen aliquis eines ähnlichen Gegensatzes, wie ihn »schliessen« zu »eröffnen« ergibt, eigentlich nicht fähig ist, und das »eröffnen« als gebräuchlicher Bestandteil des Redeschatzes dem Vergessen nicht unterworfen sein kann.
Zeigen uns die letzten Beispiele von Meringer und Mayer, dass die Sprechstörung ebensowohl durch den Einfluss vor-und nachklingender Laute und Worte desselben Satzes entstehen kann, die zum Ausgesprochenwerden bestimmt sind, wie durch die Einwirkung von Worten ausserhalb des intendierten Satzes, deren Erregung sich sonst nicht verraten hätte, so werden wir zunächst erfahren wollen, ob man die beiden Klassen von Versprechen scharf sondern, und wie man ein Beispiel der einen von einem Fall der anderen Klasse unterscheiden kann. An dieser Stelle der Erörterung muss man aber der Äusserungen Wundts gedenken, der in seiner eben erscheinenden umfassenden Bearbeitung der Entwicklungsgesetze der Sprache ( Völkerpsychologie, I. Band, I. Teil p. 371 u. ff., 1900) auch die Erscheinungen des Versprechens behandelt. Was bei diesen Erscheinungen und anderen, ihnen verwandten, niemals fehlt, das sind nach Wundt gewisse psychische Einflüsse. ›Dahin gehört zunächst als positive Bedingung der ungehemmte Fluss der von den gesprochenen Lauten angeregten Laut- und Wortassoziationen. Ihm tritt der Wegfall oder der Nachlass der diesen Lauf hemmenden Wirkungen des Willens und der auch hier als Willensfunktion sich betätigenden Aufmerksamkeit als negatives Moment zur Seite. Ob jenes Spiel der Assoziation darin sich äussert, das ein kommender Laut antizipiert oder die vorausgegangenen reproduziert, oder ein gewohnheitsmässig eingeübter zwischen andere eingeschaltet wird, oder endlich darin, dass ganz andere Worte, die mit den gesprochenen Lauten in assoziativer Beziehung stehen, auf diese herüberwirken – alles dies bezeichnet nur Unterschiede in der Richtung und allenfalls in dem Spielraum der stattfindenden Assoziationen, nicht in der allgemeinen Natur derselben. Auch kann es in manchen Fällen zweifelhaft sein, welcher Form man eine bestimmte Störung zuzurechnen, oder ob man sie nicht mit grösserem Rechte nach dem Prinzip der Komplikation der Ursachen auf ein Zusammentreffen mehrerer Motive zurückzuführen habe.‹ ( p. 380 und 381.)
Ich halte diese Bemerkungen Wundts für vollberechtigt und sehr instruktiv. Vielleicht könnte man mit grösserer Entschiedenheit als Wundt betonen, dass das positiv begünstigende Moment der Sprechfehler – der ungehemmte Fluss der Assoziationen – und das negative – der Nachlass der hemmenden Aufmerksamkeit – regelmässig miteinander zur Wirkung gelangen, so dass beide Momente nur zu verschiedenen Bestimmungen des nämlichen Vorganges werden. Mit dem Nachlass der hemmenden Aufmerksamkeit tritt eben der ungehemmte Fluss der Assoziationen in Tätigkeit; noch unzweifelhafter ausgedrückt: durch diesen Nachlass.
Unter den Beispielen von Versprechen, die ich selbst gesammelt, finde ich kaum eines, bei dem ich die Sprechstörung einzig und allein auf das, was Wundt »Kontaktwirkung der Laute« nennt, zurückführen müsste. Fast regelmässig entdecke ich überdies einen störenden Einfluss von etwas ausserhalb der intendierten Rede, und das Störende ist entweder ein einzelner, unbewusst gebliebener Gedanke, der sich durch das Versprechen kundgibt und oft erst durch eingehende Analyse zum Bewusstsein gefördert werden kann, oder es ist ein allgemeineres psychisches Motiv, welches sich gegen die ganze Rede richtet.
1 Beispiel: Ich will gegen meine Tochter, die beim Einbeissen in einen Apfel ein garstiges Gesicht geschnitten hat, zitieren:Der Affe gar possierlich ist, Zumal wenn er vom Apfel frisst.
Ich beginne aber: Der Apfe… Dies scheint eine Kontamination von » Affe« und » Apfel« (Kompromissbildung) oder kann auch als Antizipation des vorbereiteten »Apfel« aufgefasst werden. Der genauere Sachverhalt ist aber der: Ich hatte das Zitat schon einmal begonnen und mich das erstemal dabei nicht versprochen. Ich versprach mich erst bei der Wiederholung, die sich als notwendig ergab, weil die Angesprochene, von anderer Seite mit Beschlag belegt, nicht zuhörte. Diese Wiederholung, die mit ihr verbundene Ungeduld, des Satzes ledig zu werden, muss ich in die Motivierung des Sprechfehlers, der sich als eine Verdichtungsleistung darstellt, mit einrechnen.
1 Meine Tochter sagt: Ich schreibe der Frau Schresinger … Die Frau heisst Schlesinger. Dieser Sprechfehler hängt wohl mit einer Tendenz zur Erleichterung der Artikulation zusammen, denn das l ist nach wiederholtem r schwer auszusprechen. Ich muss aber hinzufügen, dass sich dieses Versprechen bei meiner Tochter ereignete, nachdem ich ihr wenige Minuten zuvor »Apfe« anstatt »Affe« vorgesagt hatte. Nun ist das Versprechen in hohem Grade ansteckend, ähnlich wie das Namenvergessen, bei dem Meringer und Mayer diese Eigentümlichkeit bemerkt haben. Einen Grund für diese psychische Kontagiosität weiss ich nicht anzugeben.
2 ›Ich klappe zusammen wie ein Tassenmescher – Taschenmesser‹, sagt eine Patientin zu Beginn der Stunde, die Laute vertauschend, wobei ihr wieder die Artikulationsschwierigkeit (›Wiener Weiber Wäscherinnen waschen weisse Wäsche – Fischflosse‹ und ähnliche Prüfworte) zur Entschuldigung dienen kann. Auf den Sprechfehler aufmerksam gemacht, erwidert sie prompt: ›Ja, das ist nur, weil Sie heute »Ernscht« gesagt haben.‹ Ich hatte sie wirklich mit der Rede empfangen: ›Heute wird es also Ernst‹ (weil es die letzte Stunde vor dem Urlaub werden sollte) und hatte das »Ernst« scherzhaft zu »Ernscht« verbreitert. Im Laufe der Stunde verspricht sie sich immer wieder von neuem, und ich merke endlich, dass sie mich nicht bloss imitiert, sondern dass sie einen besonderen Grund hat, im Unbewussten bei dem Worte Ernst als Namen zu verweilen.
3 ›Ich bin so verschnupft, ich kann nicht durch die Ase natmen – Nase atmen‹ passiert derselben Patientin ein anderes Mal. Sie weiss sofort, wie sie zu diesem Sprechfehler kommt. ›Ich steige jeden Tag in der Hasenauergasse in die Tramway, und heute früh ist mir während des Wartens auf den Wagen eingefallen, wenn ich eine Französin wäre, würde ich Asenauer aussprechen, denn die Franzosen lassen das H im Anlaut immer weg.‹ Sie bringt dann eine Reihe von Reminiszenzen an Franzosen, die sie kennen gelernt hat, und langt nach weitläufigen Umwegen bei der Erinnerung an, dass sie als 14jähriges Mädchen in dem kleinen Stück ›Kurmärker und Picarde‹ die Picarde gespielt und damals gebrochen Deutsch gesprochen hat. Die Zufälligkeit, dass in ihrem Logierhaus ein Gast aus Paris angekommen ist, hat die ganze Reihe von Erinnerungen wachgerufen. Die Lautvertauschung ist also Folge der Störung durch einen unbewussten Gedanken aus einem ganz fremden Zusammenhang.
4 Ähnlich ist der Mechanismus des Versprechens bei einer anderen Patientin, die mitten in der Reproduktion einer längst verschollenen Kindererinnerung von ihrem Gedächtnis verlassen wird. An welche Körperstelle die vorwitzige und lüsterne Hand des Anderen gegriffen hat, will ihr das Gedächtnis nicht mitteilen. Sie macht unmittelbar darauf einen Besuch bei einer Freundin und unterhält sich mit ihr über Sommerwohnungen. Gefragt, wo denn ihr Häuschen in M. gelegen sei, antwortet sie: an der Berglende anstatt Berglehne.
5 Eine andere Patientin, die ich nach Abbruch der Stunde frage, wie es ihrem Onkel geht, antwortet: ›Ich weiss nicht, ich sehe ihn jetzt nur in flagranti‹. Am nächsten Tage beginnt sie: ›Ich habe mich recht geschämt, Ihnen eine so dumme Antwort gegeben zu haben. Sie müssen mich natürlich für eine ganz ungebildete Person halten, die beständig Fremdwörter verwechselt. Ich wollte sagen: en passant.‹ Wir wussten damals noch nicht, woher sie die unrichtig angewendeten Fremdworte genommen hatte. In derselben Sitzung aber brachte sie als Fortsetzung des vortägigen Themas eine Reminiszenz, in welcher das Ertapptwerden in flagranti die Hauptrolle spielte. Der Sprechfehler am Tage vorher hatte also die damals noch nicht bewusst gewordene Erinnerung antizipiert.
6 Gegen eine Andere muss ich an einer gewissen Stelle der Analyse die Vermutung aussprechen, dass sie sich zu der Zeit, von welcher wir eben handeln, ihrer Familie geschämt und ihrem Vater einen uns noch unbekannten Vorwurf gemacht habe. Sie erinnert sich nicht daran, erklärt es übrigens für unwahrscheinlich. Sie setzt aber das Gespräch mit Bemerkungen über ihre Familie fort: ›Man muss ihnen das eine lassen: Es sind doch besondere Menschen, sie haben alle Geiz – ich wollte sagen Geist.‹ Das war denn auch wirklich der Vorwurf, den sie aus ihrem Gedächtnis verdrängt hatte. Dass sich in dem Versprechen gerade jene Idee durchdrängt, die man zurückhalten will, ist ein häufiges Vorkommnis (Vgl. den Fall von Meringer: zum Vorschwein gekommen). Der Unterschied liegt nur darin, dass die Person bei Meringer etwas zurückhalten will, was ihr bewusst ist, während meine Patientin das Zurückgehaltene nicht weiss, oder wie man auch sagen kann, nicht weiss, dass sie etwas und was sie zurückhält.
7 ›Wenn Sie Teppiche kaufen wollen, so gehen Sie nur zu Kaufmann in der Mathäusgasse. Ich glaube, ich kann Sie dort auch empfehlen‹, sagt mir eine Dame. Ich wiederhole: ›Also bei Mathäus …. bei Kaufmann will ich sagen.‹ Es sieht aus wie Folge von Zerstreutheit, wenn ich den einen Namen an Stelle des anderen wiederhole. Die Rede der Dame hat mich auch wirklich zerstreut gemacht, denn sie hat meine Aufmerksamkeit auf anderes gelenkt, was mir weit wichtiger ist als Teppiche. In der Mathäusgasse steht nämlich das Haus, in dem meine Frau als Braut gewohnt hatte. Der Eingang des Hauses war in einer anderen Gasse, und nun merke ich, dass ich deren Namen vergessen habe und ihn mir erst auf einem Umweg bewusst machen muss. Der Name Mathäus, bei dem ich verweile, ist mir also ein Ersatzname für den vergessenen Namen der Strasse. Er eignet sich besser dazu als der Name Kaufmann, denn Mathäus ist ausschliesslich ein Personenname, was Kaufmann nicht ist, und die vergessene Strasse heisst auch nach einem Personennamen: Radetzky.
8 Folgenden Fall könnte ich ebenso gut bei den später zu besprechenden »Irrtümern« unterbringen, führe ihn aber hier an, weil die Lautbeziehungen, auf Grund deren die Wortersetzung erfolgt, ganz besonders deutlich sind. Eine Patientin erzählt mir ihren Traum: Ein Kind hat beschlossen, sich durch einen Schlangenbiss zu töten. Es führt den Entschluss aus. Sie sieht zu, wie es sich in Krämpfen windet usw. Sie soll nun die Tagesanknüpfung für diesen Traum finden. Sie erinnert sofort, dass sie gestern abends eine populäre Vorlesung über erste Hilfe bei Schlangenbissen mit angehört. Wenn ein Erwachsener und ein Kind gleichzeitig gebissen worden sind, so soll man zuerst die Wunde des Kindes behandeln. Sie erinnert auch, welche Vorschriften für die Behandlung der Vortragende gegeben hat. Es käme sehr viel darauf an, hat er auch geäussert, von welcher Art man gebissen worden ist. Hier unterbreche ich sie und frage: Hat er denn nicht gesagt, dass wir nur sehr wenig giftige Arten in unserer Gegend haben, und welche die gefürchteten sind? ›Ja, er hat die Klapperschlange hervorgehoben‹. Mein Lachen macht sie dann aufmerksam, dass sie etwas Unrichtiges gesagt hat. Sie korrigiert jetzt aber nicht etwa den Namen, sondern sie nimmt ihre Aussage zurück. ›Ja so, die kommt ja bei uns nicht vor; er hat von der Viper gesprochen. Wie gerate ich nur auf die Klapperschlange?‹ Ich vermutete, durch die Einmengung der Gedanken, die sich hinter ihrem Traum verborgen hatten. Der Selbstmord durch Schlangenbiss kann kaum etwas anderes sein als eine Anspielung auf die schöne Kleo pat ra. Die weitgehende Lautähnlichkeit der beiden Worte, die Übereinstimmung in den Buchstaben Kl..p..r in der nämlichen Reihenfolge und in dem betonten a sind nicht zu verkennen. Die gute Beziehung zwischen den Namen Klapperschlange und Kleopatra erzeugt bei ihr eine momentane Einschränkung des Urteils, derzufolge sie an der Behauptung, der Vortragende habe sein Publikum in Wien in der Behandlung von Klapperschlangenbissen unterwiesen, keinen Anstoss nimmt. Sie weiss sonst so gut wie ich, dass diese Schlange nicht zur Fauna unserer Heimat gehört. Wir wollen es ihr nicht verübeln, dass sie an die Versetzung der Klapperschlange nach Egypten ebensowenig Bedenken knüpfte, denn wir sind gewöhnt, alles Aussereuropäische, Exotische zusammenzuwerfen, und ich selbst musste mich einen Moment besinnen, ehe ich die Behauptung aufstellte, dass die Klapperschlange nur der neuen Welt angehört.
Weitere Bestätigungen ergeben sich bei Fortsetzung der Analyse. Die Träumerin hat gestern zum erstenmal die in der Nähe ihrer Wohnung aufgestellte Antoniusgruppe von Strasser besichtigt. Dies war also der zweite Traumanlass (der erste der Vortrag über Schlangenbisse). In der Fortsetzung ihres Traumes wiegte sie ein Kind in ihren Armen, zu welcher Szene ihr das Gretchen einfällt. Weitere Einfälle bringen Reminiszenzen an » Arria und Messalina«. Das Auftauchen so vieler Namen von Theaterstücken in den Traumgedanken lässt bereits vermuten, dass bei der Träumerin in früheren Jahren eine geheim gehaltene Schwärmerei für den Beruf der Schauspielerin bestand. Der Anfang des Traumes: ›Ein Kind hat beschlossen, sein Leben durch einen Schlangenbiss zu enden‹, bedeutet wirklich nichts anderes als: Sie hat sich als Kind vorgenommen, einst eine berühmte Schauspielerin zu werden. Von dem Namen Messalina zweigt endlich der Gedankenweg ab, der zu dem wesentlichen Inhalt dieses Traumes führt. Gewisse Vorfälle der letzten Zeit haben in ihr die Besorgnis erweckt, dass ihr einziger Bruder eine nicht standesgemässe Ehe mit einer Nicht— Arierin, eine Mésalliance eingehen könnte.
Bei dem psychotherapeutischen Verfahren, dessen ich mich zur Auflösung und Beseitigung neurotischer Symptome bediene, ist sehr häufig die Aufgabe gestellt, aus den wie zufällig vorgebrachten Reden und Einfällen des Patienten einen Gedankeninhalt aufzuspüren, der zwar sich zu verbergen bemüht ist, aber doch nicht umhin kann, sich in mannigfaltigster Weise unabsichtlich zu verraten. Dabei leistet oft das Versprechen die wertvollsten Dienste, wie ich an den überzeugendsten und andererseits sonderbarsten Beispielen dartun könnte. Die Patienten sprechen z. B. von ihrer Tante und nennen sie konsequent, ohne das Versprechen zu merken, »meine Mutter«, oder bezeichnen ihren Mann als ihren »Bruder«. Sie machen mich auf diese Weise aufmerksam, dass sie diese Personen miteinander »identifiziert«, in eine Reihe gebracht haben, welche für ihr Gefühlsleben die Wiederkehr desselben Typus bedeutet. Andere Male reicht eine ungewöhnlich klingende Wortfügung, eine gezwungen erscheinende Ausdrucksweise hin, um den Anteil eines verdrängten Gedankens an der anders motivierten Rede des Patienten aufzudecken.
In groben wie in solchen feineren Redestörungen, die sich eben noch dem »Versprechen« subsumieren lassen, finde ich also nicht den Einfluss von Kontaktwirkungen der Laute, sondern den von Gedanken ausserhalb der Redeintention massgebend für die Entstehung des Versprechens und hinreichend zur Aufhellung des zustande gekommenen Sprechfehlers. Die Gesetze, nach denen die Laute verändernd auf einander einwirken, möchte ich nicht anzweifeln; sie scheinen mir aber nicht wirksam genug, um für sich allein die korrekte Ausführung der Rede zu stören. In den Fällen, die ich genauer studiert und durchschaut habe, stellen sie bloss den vorgebildeten Mechanismus dar, dessen sich ein ferner gelegenes psychisches Motiv bequemerweise bedient, ohne sich aber an den Machtbereich dieser Beziehungen zu binden. In einer grossen Reihe von Substitutionen wird beim Versprechen von solchen Lautgesetzen völlig abgesehen. Ich befinde mich hierbei in voller Übereinstimmung mit Wundt, der gleichfalls die Bedingungen des Versprechens als zusammengesetzte und weit über die Kontaktwirkungen der Laute hinausgehende vermutet.
Wenn ich diese »entfernteren psychischen Einflüsse« nach Wundts Ausdruck für gesichert halte, so weiss ich andererseits von keiner Abhaltung, um auch zuzugeben, dass bei beschleunigter Rede und einigermassen abgelenkter Aufmerksamkeit die Bedingungen fürs Versprechen sich leicht auf das von Meringer und Mayer bestimmte Mass einschränken können. Bei einem Teil der von diesen Autoren gesammelten Beispiele ist wohl eine kompliziertere Auflösung wahrscheinlicher. Ich greife etwa den vorhin angeführten Fall heraus:
Es war mir auf der Schwest…
Brust so schwer.
Geht es hier wohl so einfach zu, dass das schwe das gleichwertige Bru als Vorklang verdrängt? Es ist kaum abzuweisen, dass die Laute schwe ausserdem durch eine besondere Relation zu dieser Vordringlichkeit befähigt werden. Diese könnte dann keine andere sein als die Assoziation: Schwester – Bruder, etwa noch: Brust der Schwester, die zu anderen Gedankenkreisen hinüberleitet. Dieser hinter der Szene unsichtbare Helfer verleiht dem sonst harmlosen schwe die Macht, deren Erfolg sich als Sprechfehler äussert.
Für anderes Versprechen lässt sich annehmen, dass der Anklang an obszöne Worte und Bedeutungen das eigentlich Störende ist. Die absichtliche Entstellung und Verzerrung der Worte und Redensarten, die bei unartigen Menschen so beliebt ist, bezweckt nichts anderes, als beim harmlosen Anlass an das Verpönte zu mahnen, und diese Spielerei ist so häufig, dass es nicht wunderbar wäre, wenn sie sich auch unabsichtlich und wider Willen durchsetzen sollte. Beispiele wie: Eischeissweibchen für Eiweissscheibchen, Apopos Fritz für Apropos, Lo kuskapitäl für Lotuskapitäl etc. vielleicht noch die Alab üsterb achse (Alabasterbüchse) der hl. Magdalena gehören wohl in diese Kategorie. – ›Ich fordere Sie auf, auf das Wohl unseres Chefs aufzustossen‹, ist kaum etwas anderes als eine unbeabsichtigte Parodie als Nachklang einer beabsichtigten. Wenn ich der Chef wäre, zu dessen Feierlichkeit der Festredner diesen Lapsus beigetragen hätte, würde ich wohl daran denken, wie klug die Römer gehandelt haben, als sie den Soldaten des triumphierenden Imperators gestatteten, den inneren Einspruch gegen den Gefeierten in Spottliedern laut zu äussern. – Meringer erzählt von sich selbst, dass er zu einer Person, die als die älteste der Gesellschaft mit dem vertraulichen Ehrennamen »Senexl« oder »altes Senexl« angesprochen wurde, einmal gesagt habe: ›Prost Senex altesl!‹ Er erschrak selbst über diesen Fehler ( p. 50). Wir können uns vielleicht seinen Affekt deuten, wenn wir daran mahnen, wie nahe »Altesl« an den Schimpf »alter Esel« kommt. Auf die Verletzung der Ehrfurcht vor dem Alter (d. i., auf die Kindheit reduziert, vor dem Vater) sind grosse innere Strafen gesetzt.
Ich hoffe, die Leser werden den Wertunterschied dieser Deutungen, die sich durch nichts beweisen lassen, und der Beispiele, die ich selbst gesammelt und durch Analysen erläutert habe, nicht vernachlässigen. Wenn ich aber im stillen immer noch an der Erwartung festhalte, auch die scheinbar einfachen Fälle von Versprechen würden sich auf Störung durch eine halb unterdrückte Idee ausserhalb des intendierten Zusammenhanges zurückführen lassen, so verlockt mich dazu eine sehr beachtenswerte Bemerkung von Meringer. Dieser Autor sagt, es ist merkwürdig, dass niemand sich versprochen haben will. Es gibt sehr gescheute und ehrliche Menschen, welche beleidigt sind, wenn man ihnen sagt, sie hätten sich versprochen. Ich getraue mich nicht, diese Behauptung so allgemein zu nehmen, wie sie durch das »niemand« von Meringer hingestellt wird. Die Spur Affekt aber, die am Nachweis des Versprechens hängt und offenbar von der Natur des Schämens ist, hat ihre Bedeutung. Sie ist gleichzusetzen dem Ärger, wenn wir einen vergessenen Namen nicht erinnern, und der Verwunderung über die Haltbarkeit einer scheinbar belanglosen Erinnerung, und weist allemale auf die Beteiligung eines Motivs am Zustandekommen der Störung hin.
Das Verdrehen von Namen entspricht einer Schmähung, wenn es absichtlich geschieht, und dürfte in einer ganzen Reihe von Fällen, wo es als unabsichtliches Versprechen auftritt, dieselbe Bedeutung haben. Jene Person, die nach Mayers Bericht einmal » Freuder« sagte anstatt Freud, weil sie kurz darauf den Namen » Breuer« vorbrachte ( p. 38), ein andermal von einer Freuer-Breudschen Methode ( p. 28) sprach, war wohl ein Fachgenosse und von dieser Methode nicht sonderlich entzückt. Einen gewiss nicht anders aufzuklärenden Fall von Namensentstellung werde ich weiter unten beim Verschreiben mitteilen. In diesen Fällen mengt sich als störendes Moment eine Kritik ein, welche bei Seite gelassen werden soll, weil sie gerade in dem Zeitpunkte der Intention des Redners nicht entspricht. In anderen und weit bedeutsameren Fällen ist es Selbstkritik, innerer Widerspruch gegen die eigene Äusserung, was zum Versprechen, ja zum Ersatz des Intendierten durch seinen Gegensatz nötigt. Man merkt dann mit Erstaunen, wie der Wortlaut einer Beteuerung die Absicht derselben aufhebt, und wie der Sprechfehler die innere Unaufrichtigkeit blossgelegt hat. Das Versprechen wird hier zu einem mimischen Ausdrucksmittel.
Man gelangt von hier aus zu jenen Redestörungen, die nicht mehr als Versprechen beschrieben werden, weil sie nicht das einzelne Wort, sondern Rhythmus und Ausführung der ganzen Rede beeinträchtigen, wie z. B. das Stammeln und Stottern der Verlegenheit. Aber hier wie dort ist es der innere Konflikt, der uns durch die Störung der Rede verraten wird. Ich glaube wirklich nicht, dass jemand sich versprechen würde in der Audienz bei Seiner Majestät, in einer ernstgemeinten Liebeswerbung, in einer Verteidigungsrede um Ehre und Namen vor den Geschworenen, kurz in all den Fällen, in denen man ganz dabei ist, wie wir so bezeichnend sagen. Selbst bis in die Schätzung des Stils, den ein Autor schreibt, dürfen wir und sind wir gewöhnt, das Erklärungsprinzip zu tragen, welches wir bei der Ableitung des einzelnen Sprechfehlers nicht entbehren können. Eine klare und unzweideutige Schreibweise belehrt uns, dass der Autor hier mit sich einig ist, und wo wir gezwungenen und gewundenen Ausdruck finden, der, wie so richtig gesagt wird, nach mehr als einem Scheine schielt, da können wir den Anteil eines nicht genugsam erledigten, komplizierenden Gedankens erkennen, oder die erstickte Stimme der Selbstkritik des Autors heraushören.