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AEIOU – rätselhafter Code eines seltsamen Kaisers
ОглавлениеWas Friedrich III. mit diesen fünf Vokalen wirklich meinte, die sich auf verschiedenen Dokumenten finden, ist bis heute nicht geklärt. Optimisten allerdings kamen zu der Erkenntnis, dass nur gemeint sein könne: » Alles Erdreich ist Österreich untertan.«
Nicht einmal in seinen kühnsten Träumen hätte der keineswegs zukunftsorientierte Kaiser Friedrich III. annehmen können, dass das österreichische Kaiserhaus wirklich einmal ein Weltreich beherrschen würde. Denn 1415, zum Zeitpunkt seiner Geburt in Innsbruck, waren die österreichischen Länder noch dreigeteilt und es war nicht abzusehen, dass ausgerechnet er, Friedrich, der unter der Vormundschaft seines Onkels aufgewachsen war, einmal die gesamten habsburgischen Länder regieren sollte. Nur ein Wunder konnte so etwas bewirken und an das glaubte der nüchterne Realist Friedrich am allerwenigsten. Er hatte jedoch nicht den Tod als Königsmacher einkalkuliert. Alle, die ihm das Leben schwer gemacht hatten, wie sein dynamischer Bruder Albrecht oder auch sein Mündel Ladislaus Postumus, sanken überraschend früh ins Grab, genauso wie die ungarische »Krähe« Matthias Corvinus, der ihn jahrelang in Atem gehalten hatte und der ganz plötzlich an einem Schlaganfall gestorben war. Vielleicht hatte der Kaiser einfach den Reiz der fünf Buchstaben entdeckt und sie ohne geheimnisvolle Absichten auf einzelne Zettel gekritzelt!
Friedrich hatte keine beneidenswerten Aufgaben übernommen, als ihn die Kurfürsten tatsächlich zum König gewählt hatten, da sie wussten, dass er sich kaum um die Angelegenheiten im Reich würde kümmern können. Es war bei dieser für die Habsburger entscheidenden Königwahl viel Geld im Spiel gewesen, denn mit leeren Händen war es aussichtslos, sich um die deutsche Königswürde zu bemühen. Woher allerdings Friedrich die Summen nahm, die unter der Hand gefordert wurden, ist bis heute ein Rätsel. Vielleicht hatten die zu Reichtum gekommenen Fugger schon damals ihre Geldtruhen geöffnet, denn auch später zeigten sie sich Friedrich III. und seinem Sohn Maximilian gegenüber nicht gerade kleinlich. Beide staffierten sie samt einem Gefolge von 2500 Mann prächtig aus, damit der Kaiser in goldenem Wams standesgemäß zu den Verhandlungen mit Karl dem Kühnen auf dem Reichstag von Trier erscheinen konnte.
Obwohl Friedrich zwar offiziell in den deutschen Landen das Heft nicht aus der Hand gab, verzichtete er zeitlebens auf große Entscheidungen die Reichspolitik betreffend. Als ein Mann der langsamen Entschlüsse ließ er meist alles laufen und vertraute darauf, dass die Zeit alle Probleme lösen würde. Nur selten zeigte er sich in der Öffentlichkeit, so dass man zwar wusste, man hatte einen Kaiser, aber niemand sah ihn je von Angesicht zu Angesicht.
Auch in den österreichischen Ländern war Friedrich unpopulär, obwohl er sich jahrelang redlich bemühte, die wirren Zustände in den Griff zu bekommen. Selbst seine Astrologen, unter denen sich auch Enea Silvio de Piccolomini, der spätere Papst Pius II. befand, deren Urteil er vor allen wichtigen Entscheidungen einholte, konnten dem Kaiser keine günstigen Ratschläge geben.
Friedrich hatte die 30 längst überschritten und war immer noch unvermählt, ja er erweckte den Eindruck, dass er nicht nur an Frauen höchst uninteressiert war, sondern dass er in weiblichen Wesen mit ihren Reizen direkte Werkzeuge des Teufels erblickte, die einen Mann vom rechten Wege abbringen und direkt in die Hölle führen würden. Entsetzt schlug er die Hände vors Gesicht, wenn sich ihm eine aufgeputzte schöne Dame näherte, die ihm gerne tiefe Einblicke gewährt hätte.
Große Verwunderung machte sich deshalb breit, als der eingefleischte Junggeselle schließlich in Rom 1452 die entzückende Eleonore von Portugal heiratete, für die er allerdings wahrscheinlich herzlich wenig empfand. Ihre beiden Charaktere waren zu grundverschieden, als dass Friedrich erkennen konnte, welch wirklichen Goldschatz er in seiner Burg in Wiener Neustadt beherbergte, während er in seinen dunklen Gemächern, die seine Frau nicht betreten durfte, unablässig versuchte, Gold herzustellen oder Lebenswasser zu brauen.
Selbst in den schwierigsten Zeiten, als die Kaiserfamilie von den Wienern gefangen genommen worden war und man gezwungen war, Hunde, Katzen und sogar Ratten zu verspeisen, machte Eleonore nicht nur den Kindern, sondern auch ihrem niedergeschlagenen, untätigen Gemahl Mut. Aber Friedrich war nicht der Mann, dem eine Familie etwas bedeutete, obwohl ihn dies nicht hinderte, in die Kindererziehung stets tadelnd einzugreifen. Spartanisch sollten Maximilian und seine Schwester Kunigunde erzogen werden, derb und vor allem einfach sollte die Kost der beiden sein. Gemüse und Obst aus den eigenen Gärten, die der Kaiser selber pflegte, standen auf dem Speiseplan, zum Trinken gab es ausschließlich Wasser.
Friedrich war in jeder Hinsicht asketisch veranlagt, die Mönchskutte hätte ihm besser gepasst als der pompöse, mit funkelnden Edelsteinen besetzte Kaisermantel, über dessen tatsächlichen Wert die Schätzungen auseinandergingen. Aber es gab wenige Dinge im Leben, die Friedrich III. magisch anzogen wie der Glanz der Edelsteine. Als er als junger Mann nach Jerusalem zog, um Ritter des Hl. Grabes zu werden, verkleidete er sich wie ein armer Mann und erwarb auf diese Weise zu äußerst günstigen Preisen die schönsten Edelsteine. Obwohl man über diese Kostbarkeiten munkelte, durfte sie niemand in Augenschein nehmen. Selbst der eigene Sohn musste lange nach dem Tod des Vaters nach den Steinen suchen lassen, bevor er die Schätze hinter den Wandvertäfelungen einer Kirche in Nürnberg und auf Burg Strechau fand.
Die Beziehung zwischen Friedrich III. und seinem Sohn Maximilian war von Kindheit an ausgesprochen frostig, aber in entscheidenden Situationen beeinflusste der Kaiser die Zukunft Maximilians positiv. So war er auf die Idee gekommen, dass der Sohn die Erbin Burgunds heiraten sollte, und vermochte auf dem Reichstag von Trier die Vorgespräche mit dem Vater der Braut, Karl dem Kühnen, so zu führen, dass dieser einer verwandtschaftlichen Zukunft, die beiden Seiten Vorteile bringen sollte, hoffnungsfroh entgegensah. Auch als Maximilian von der Genter Bevölkerung nach dem frühen Tod Marias in einen Zwinger gesperrt worden war, eilte der Vater mit einem Reichsheer als Retter in höchster Not herbei.
Nur ganz selten trat Friedrich offiziell auf den Plan, wobei er die Wahl seines Sohnes Maximilian zum römischen König im Jahre 1486 bei den Kurfürsten durchsetzte, obwohl sich seine politischen Vorstellungen grundsätzlich von denen des Sohnes unterschieden. Für Friedrich bedeutete Tradition alles, während Maximilian mit Elan in eine neue Zeit schritt. Erst kurz vor seinem Tode in Linz kam es zu längeren Gesprächen zwischen den beiden Männern und Maximilian erkannte, dass der Vater wohl ein Leben lang eigentümlich gewesen war, aber doch in vielem recht hatte.
Der letzte in Rom gekrönte Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation regierte 58 Jahre – eine Ewigkeit. In den letzten Jahren hatte er sich nach Linz zurückgezogen, wo niemand mehr so richtig Notiz von ihm nahm. Erst als das Gerücht publik wurde, dass der Herrscher an Brand erkrankt war, registrierte man erstaunt, dass der Kaiser noch lebte. Die Ärzte sahen keine andere Möglichkeit, das Leben des Kaisers zu retten, als die Amputation des Beines. Da Friedrich als Abstinenzler eine Betäubung durch Alkohol abgelehnt hatte, sägten ihm Meister Hans Suff von Göttingen und Hilarius von Passau das Bein ab, während drei Wundärzte versuchten, den sich gegen die grausame Prozedur wehrenden Greis festzuhalten.
Wie durch ein Wunder überlebte der Kaiser diese barbarischen Methoden, als er aber schon fast genesen war, verlangte er nach reifen Melonen, von denen er gierig eine große Menge aß. Anschließend trank er mehrere Becher eiskalten Wassers, was zu schweren Koliken führte, gegen die die Ärzte kein Mittel kannten. Kaum hatte Friedrich III. im August 1493 die Augen für immer geschlossen, glorifizierte man den seltsamen Kaiser und riet seinem Sohn, kein aufwändiges Leben zu führen. Denn: »Das hat dein reicher vater nit getan. Des chluegheit soltu sehen an …«