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Der Pfefferhandel machte sie reich

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Die Entdeckungen, die auf der Schwelle zur Neuzeit stattfanden, machten einige Familien unendlich reich. In der Stadt Augsburg wetteiferten die Fugger mit den Welsern, wer wohl das meiste Gold in den Schatztruhen verbarg.

Der Reichtum der Welser konnte sich in jeder Hinsicht mit dem der Fugger messen, wenngleich ihr Einfluss auf die kaiserliche Politik von geringerer Bedeutung war, denn die Habsburger standen mehr bei den Fuggern in der Kreide, obwohl auch die Welser Schuldscheine in ihren Tresoren lagern hatten. Schon früh hatten die Welser auf das Überseegeschäft gesetzt und ein Vermögen mit dem einträglichen Pfefferhandel verdient. Sie hatten geahnt, dass die gewaltige Wirtschaftsmacht der Republik Venedig dem Untergang zusteuerte, und hatten selbst eine Flotte bauen lassen, die die neuen unbekannten Meere befahren sollte. Man hatte sich mit dem spanischen und portugiesischen König arrangiert und überall von Barcelona über Casablanca, von Teneriffa bis Madeira Faktoreien gegründet. Phantastische Dinge erzählte man sich vom Reichtum der neuen Welt in den Handelskontoren in Augsburg, wo Anton Welser durch eine reiche Heirat mit Katharina Voehlin 1498 zu Gold und Pfeffer gekommen war. Denn das von den fernen Molukken importierte Gewürz war im wahrsten Sinne des Wortes Goldes wert. Es durfte auf keiner Tafel der Reichen fehlen, und wer etwas auf sich hielt, der pfefferte seine Speisen, bis sie schwarz waren.

Aber nicht nur der Pfeffer hatte es den Europäern angetan, auch andere Gewürze und Düfte und natürlich die sagenhaften Gold- und Silberschätze der neuentdeckten Gebiete lockten Abenteurer und ihre Geldgeber. Auch die Welser wollten an dem Reichtum teilhaben, wenngleich ein Familienzwist ihre Überseepläne gefährdete. Denn es gelang der Familie niemals, über längere Zeit eine straffe, einheitliche Führung zustande zu bringen. Zu weitreichend und zu selbstherrlich waren die hochfliegenden Pläne jedes einzelnen Familienmitglieds. So konnte es leicht geschehen, dass in fernen Kontoren Geld verprasst wurde und man im heimischen Augsburg keine Ahnung davon hatte und erst davon erfuhr, als es für ein rettendes Eingreifen zu spät war.

Zu allem Überfluss hatte Anton Welser eine seltsame Affäre mit einer stadtbekannten berüchtigten, ja unheimlichen Person, mit Anna Laminit. Diese Frau, der man obskure Wunderheilungen nachsagte, wurde von den Menschen, die sie geheilt hatte – wie könnte es anders sein – als Engel gepriesen, während die Ärzte und vor allem die Geistlichen sie mit scheelen Augen ansahen. Diese Frau musste mit dem Teufel im Bunde sein. Aber sie war nicht mit dem Satan, sondern bloß mit Anton Welser liiert. Er war so in ihren Bann geraten, dass er ihr ein uneheliches Kind – vielleicht ihr eigenes – zur Erziehung anvertraute. Natürlich wollte er ihren Dienst nicht umsonst, und so übersandte er Anna, die vorgab, nur vom »Brot des Himmels« zu leben, jahrelang beträchtliche Summen Geldes.

Schließlich gelang es der Kirche, Anna so zu verdächtigen, dass sie aus der Stadt gewiesen wurde. Aber auch dann noch hielt Anton Welser schützend seine Hand über sie, forderte allerdings sein Kind zurück. Und jetzt erst gingen ihm die Augen auf: Anna musste eingestehen, dass es schon Jahre zuvor verstorben war und sie das Geld für sich selbst verwendet hatte. Voller Enttäuschung und Zorn wurde nun Anton Welser zum Hauptankläger der Anna Laminit. Auf seine Forderung hin wurde die Frau in Freiburg als Hexe ertränkt.

Der Ruf Anton Welsers war allerdings durch diese Affäre so stark angeschlagen, dass er sich nie mehr davon erholte. 1518 starb er, bedeutungslos geworden, und hinterließ das, was von seinem einst glänzenden Haus übrig geblieben war, dem fähigsten seiner Söhne, Bartholomäus V. Welser. Es war ein neuer, letzter Höhepunkt des alten Handelshauses, das unter der Führung des jungen, geschickten Kaufmannes weltweite Bedeutung erlangte. Kaiser Karl V., der finanziell vor allem von den reichen Fuggern abhängig war und auch finanzielle Unterstützung durch die Welser benötigte, verpachtete ihnen im Jahre 1526 Venezuela und machte damit die Familie zu Herren über den gesamten Norden Südamerikas. Viele unglückliche Zufälle, aber auch Unvermögen, Korruption und Illusion vernichteten den Plan des Bartholomäus Welser und kosteten seinem Sohn und Nachfolger das Leben. Bartholomäus, der Sohn, wurde mit einigen Getreuen, nachdem sie lange erfolglos nach dem phantastischen Goldland im Amazonasgebiet gesucht hatten, in einen Hinterhalt gelockt und dort einer nach dem anderen geköpft. Die lange schon brodelnde Wut der Eingeborenen über die brutalen Ausbeutungsmethoden, der sich nicht nur die Spanier, sondern auch die Welser und ihre Mannen bedienten, hatte sich endlich Luft gemacht.

In der Familie übrig geblieben waren lediglich die Söhne von Bartholomäus’ Bruder Franz, auf die der Chef der Familie seine ganzen Hoffnungen setzte. Wie viele Kinder Franz Welser wirklich besaß, wusste er wahrscheinlich selber nicht. Die ehelichen Söhne aber hatten die geschäftliche Untüchtigkeit und den Hang zum süßen Leben von ihrem Vater geerbt und waren in keiner Weise geeignet, das Handelshaus weiterzuführen, denn ernsthaftes Planen, Rechnen, Kalkulieren und Verhandeln waren nicht ihre Stärken. Zwar hatten Franz und seine Gemahlin Anna auch eine Tochter, Philippine, die der Liebling ihres Onkels Bartholomäus war, als seine Nachfolgerin aber niemals in Frage gekommen wäre, obwohl sie schon als Kind ungewöhnliche Fähigkeiten erkennen ließ. Dass dieses Mädchen einmal als Gemahlin eines Kaisersohnes und »Mutter Tirols« in die Geschichte eingehen würde, konnte in Augsburg, als Philippine 1527 das Licht der Welt erblickte, niemand ahnen.

Bartholomäus Welser musste sehr rasch erkennen, dass der Abstieg des Hauses unter den leichtfertigen Söhnen seines Bruders nicht aufzuhalten war. Und trotzdem konnte er sich nicht entschließen, eine Frau an der Spitze des weltweit bekannten Handelshauses zu setzen, obwohl die Schwester seiner Schwägerin Katharina von Loxan als Witwe direkte Geschäfte mit dem Kaiserhaus machte.

Das Schicksal des Handelshauses der Welser nahm seinen verhängnisvollen Lauf unter der Führung von Karl Welser, dem Bruder Philippines, einem stadtbekannten Leichtfuß, der das ererbte Geld mit vollen Händen hinauswarf und nur ein schönes Leben im Sinn hatte. Was niemand für möglich gehalten hätte, war die Tatsache, dass er schon nach relativ kurzer Zeit genötigt war, seinen erzherzoglichen Schwager Ferdinand um Geld zu bitten. Anfangs erkannte Erzherzog Ferdinand die Verschwendungssucht Karls und seiner leichtfertigen Ehefrau Eva von Schumburg nicht, denn beide verstanden es meisterlich, den Gemahl Philippines zu umschmeicheln, sodass dieser Karl schließlich im Jahre 1567 sogar den Titel eines Erzherzoglichen Rates verlieh, dem andere Auszeichnungen folgten. Als Erzherzog Ferdinand endlich die Augen aufgingen, war er nahezu gezwungen, die Ehre des Hauses Welser zu retten. Immerhin war er mit der Schwester des Tunichtgutes verheiratet. Ferdinand beglich zwar die Schulden, die Karl und seine Frau bei den Fuggern gemacht hatten, achtete aber zu wenig darauf, dass der Schwager seinen Lebensstil änderte. Denn Karl begann im Laufe der Zeit, Dinge zu verkaufen, die ihm gar nicht gehörten, und verprasste das Geld bei pompösen Festen. Als die Welser Geldtruhen gähnend leer waren und auch die Unterstützungen durch den kaiserlichen Schwager aufhörten, verpfändeten Karl und Eva alles, was nicht niet- und nagelfest war. Selbst ein »gulden zanstocher« wurde zu Geld gemacht.

Aber einmal kam der Punkt, an dem die Geduld des Erzherzogs zu Ende war, zu lange schon hatte er über die Machenschaften der dubiosen Verwandtschaft hinweggesehen. In einem Schreiben forderte er daher eindringlich den Schwager auf, das liederliche Leben abzustellen, »weil es doch dergestalt nit angelegt wär«. Aber es war längst zu spät. Das Handelshaus der Welser, einst mächtig und einflussreich, hatte all seinen Glanz verloren. Mit Karl Welser, der am 24. Februar 1587 zu Grabe getragen wurde, war durch die Unfähigkeit eines einzigen Mannes zunichtegemacht worden, was Generationen vor ihm aufgebaut hatten.

Als die Sonne nicht unterging

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