Читать книгу Spuk im Gutshof - Silke Naujoks - Страница 3

Kapitel 1

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„Ihren Fahrausweis bitte.“ Der Zugkontrolleur musste seine Aufforderung wiederholen, bevor das junge Mädchen, das allein in dem Abteil saß, aus ihren Gedanken hochfuhr. Verwirrt zog Sandy ihren Reisepass aus der Handtasche und überreichte diesen dem uniformierten Mann.

„Können Sie mir sagen, wie lange die Fahrt noch dauert?“, fragte sie schüchtern.

„Ungefähr 60 Minuten müssen sie rechnen, Fräulein.“ Der Kontrolleur entnahm ihrem Reisepass, dass die hübsche Brünette gerade achtzehn Jahre alt war.

„Ich möchte ihre Fahrkarte sehen und nicht den Reisepass.“ Der Zugkontrolleur sah Sandy fragend an.

Mit zittrigen Händen kramte sie den Fahrschein aus ihrer Jackentasche und tauschte diesen gegen ihren Reisepass. Sandy war sichtlich nervös. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, da sie heimlich das Mädchenheim verlassen hatte.

Vater wird mir böse sein. Sie zog einen zerknitterten Brief aus der Tasche, den sie fast auswendig kannte.

Tante Susanne hatte ihr per Eilbrief mitgeteilt, dass ihre geliebte Großmutter nach einem schweren Sturz an das Bett gefesselt und auf Hilfe angewiesen ist.

Das war jedoch nicht die einzige Hiobsbotschaft: Der Grundstücksverwalter war einem Herzinfarkt erlegen, worauf seine Frau, die das Grundstück weiterleitete, vor Kummer erkrankte und ihren Dienst aufgab. Bis auf einen schwerhörigen Gärtner, hatten alle Bediensteten das Anwesen verlassen.

„Du bist meine einzige Hoffnung, liebes Kind“, schrieb ihre Tante mit krakeliger Schrift. „Deinem Vater schreibe ich ebenfalls, doch ich weiß nicht, wann und wo ihn mein Brief erreicht, da seine Geschäfte ihn oft ins Ausland rufen. Ich selbst wohne zu weit entfernt, um im Notfall rechtzeitig zur Stelle zu sein.

Da ich an einer schweren Arthritis leide, verlasse ich nur sehr selten das Haus, deshalb wende ich mich Hilfe suchend an Dich, liebste Nichte. Ich hoffe, du kannst Dein Studium unterbrechen.

Deine Dich liebende Tante“

Sandy seufzte. Wie konnte sie einen derartigen Hilferuf ignorieren? Sie liebte ihre Großmutter über alles, hatte sie doch ihre viel zu früh verstorbene Mutter ersetzt. Sandys Mutter - Maria – war eine gefeierte Opernsängerin an der Staatsoper.

Nach ihrer aufsehenerregenden Hochzeit mit dem steinreichen Großgrundbesitzer, hatte sie ihre Opernlaufbahn aufgegeben, um nur noch für ihre Familie da zu sein.

Leider währte das Glück nicht lange. Sandy war gerade drei Jahre alt, als ihre vergötterte Mutter bei einem Reitunfall ums Leben kam. Ein Schicksalsschlag, den der Vater nie verwinden konnte und aus einem lebenslustigen Mann, einen verbitterten Großgrundbesitzer machte, der voll in seinen Beruf aufging.

Sie wuchs erst bei ihrer Tante Susanne auf, später übernahm die Großmutter die Erziehung ihrer Enkelin. Man bewohnte eine große Wohnung in einer großen Stadt, wo das kleine Mädchen unter fröhlichen Gleichaltrigen aus der Nachbarschaft aufwuchs. Als ihre Oma dann das Erbe der Ahnen antrat und auf den Gutshof übersiedelte, besuchte Sandy das Internat.

Sandys Blick glitt aus dem Fenster. Sie beobachtete die vorbeihuschenden Bäume.

Spuk im Gutshof

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