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Die Küche Friaul-Julisch Venetiens

Als Treffpunkt für Feinschmecker und Weinkenner ist Friaul-Julisch Venetien eine Welt für sich. Die Küche der norditalienischen Region verrät viel über die Seele dieses außergewöhnlichen Landstriches. Die kulinarischen Entdeckungen reichen hier von deftig bis luftig, es duftet nach brauner Butter, nach mild-gewürztem Prosciutto, nach der Holzkohle im Fogolar, nach feuchten Weinkellern, nach selbst gebackenem Brot, nach Lavendel und Rosmarin, nach süßer Vanille und Nüssen, nach geräuchertem Käse, nach frischem Fisch und Meeresfrüchten.

In den Gerichten schmeckt man die Kraft der Berge und die mediterrane Leichtigkeit des adriatischen Meeres. Köche, Winzer, Bäcker, Fischer, Metzger und Landwirte verstehen sich nicht nur bestens auf ihr Handwerk und ihr Tun, sondern sie halten mit großem Stolz und Wissen die kulinarischen Traditionen hoch. So lassen historische Speisen wie »Toç in braide« und »Brovada e muset« den Menschen in Friaul-Julisch Venetien heute noch das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Die Küchenstile in Friaul-Julisch Venetien waren und sind immer schon eng mit den geografischen Bedingungen und den historischen sowie gesellschaftlichen Ereignissen verbunden. Es ist schwierig, ja, fast unmöglich, hier von der italienischen Küche per se zu sprechen. Denn Friaul-Julisch Venetien steht als Region »autonom« da und hat sich in jeder Weise, so auch in der Kulinarik, selbstständig entwickelt.

Exotische Lebensmittel aus fernen Ländern beeindrucken die Menschen im Friaul nicht. Hier hat auch niemand Lust auf Erdbeeren im Jänner oder Steinpilze im April. Man genießt Gemüse und Obst der eigenen Hügel und Täler und schätzt die Produkte der jeweiligen Saison: Radicchio, Artischocken, Spargel, Kirschen, Tomaten, Pilze, Feigen, Trauben, Kürbis, Kaki, Kastanien. Alles braucht seine Zeit und findet zum richtigen Zeitpunkt seinen Platz auf den Speisekarten.

Die ursprüngliche Küche zeigt sich als eine sehr sparsame. Nämlich in Bezug auf die Summe der Zutaten derer es braucht, diese traditionellen, einfachen Gerichte zu zaubern. »Frico coccante« zum Beispiel. Die knusprigen Käsenester bestehen rein aus geschmolzenem Käse. Oder die Polenta, das Grundnahrungsmittel der Friulaner. In Wasser gerührt, mit Salz abgeschmeckt, darüber ein Hauch geräucherter Käse – fertig! Auch das Fleisch, das am Fogolar gebraten wird, benötigt nur ein wenig Olivenöl und Salz für den so typischen, unverfälschten Geschmack. Und überhaupt: Was wäre eine friaulische Osteria ohne Fogolar? Auf dieser offenen Feuer- und Kochstelle, meist mitten im Lokal, werden vor allem Fleischstücke gegrillt und das Ganze gibt einem das Gefühl einer wahren Festtagsküche.


A tavola! Friaul-Julisch Venetien als Feinkostladen Italiens.

Der Geschmack von heute basiert auf jahrhundertelangen Einflüssen vonseiten der österreichischen, slowenischen und venezianischen Nachbarn. So findet man die verschiedensten Geschmacksrichtungen und Zubereitungsarten aus der österreichisch-ungarischen Monarchie, den Traditionen des Balkans und Küchenstilen Venedigs. Man unterscheidet aber auch ganz generell zwischen der alpinen Bergküche im Norden und der mediterranen Küche an der Adria.

In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, dass man das Gebiet des »Friauls« und das Gebiet »Julisch Venetiens« getrennt sieht. Das Friaul nimmt den Großteil der Region ein, nämlich die Provinzen Udine und Pordenone, die Provinzen Görz und Triest hingegen gehören zu Julisch Venetien. Dieser Landschaftsteil reicht übrigens historisch betrachtet noch weiter: von der Halbinsel Istriens bis nach Dalmatien.

Während das Friaul von der furlanischen Sprache und Kultur gekennzeichnet ist, sind in Julisch Venetien venezianische Einflüsse vorherrschend. Das zeigt sich auch in den nebeneinander existierenden Küchenstilen. So steht auf dem Speiseplan im Landesinneren eine deftige Bauernküche, in der Polenta, Rollgerste, Bohnen, Buchweizen, kräftige Suppen, Rüben und Kraut dominieren. Zu dieser »Küche der Armen« kommen Innereien wie Kutteln, Leber, Nieren sowie Wild und Schweinefleisch hinzu.


Die friaulische Küche – einfach, ursprünglich, mit besten Grundzutaten. Beliebtes Gericht: Gnocchi mit Kürbis und Ricotta.

Typisch Friaul

In der alpinen – karnischen – Küche im Norden Friauls findet man zum Beispiel die berühmten »Cjarsons« (gefüllte Teigtaschen), den kräftig geräucherten »Prosciutto di Sauris« (Rohschinken) oder den »Radic di mont« (Bergradicchio). Zudem entdeckt man überall in den Alm- und Berggegenden kleine Käsereien. Zu den Aushängeschildern zählt unumstritten der strohgelbe Montasio aus Kuhmilch. Der aromatische und würzige Hartkäse hat seinen Ursprung auf der Montasch-Alm. Der Berg Montasch selbst thront als zweithöchster in den Julischen Alpen.

Im sanft hügeligen Friaul rund um San Daniele bei Udine wird der weltbekannte »Prosciutto di San Daniele« hergestellt. Es ist das ganz spezielle Mikroklima zwischen der kühlen Alpenluft und der feuchten Meeresluft, das den Schinken so perfekt reifen lässt. Als eine weitere Spezialität möchte ich die geräucherte Königsforelle nennen. Nur wenige Kilomater weiter, aus Tavagnacco, stammt der delikate Spargel, der im Frühling mit viel Freude zubereitet und serviert wird.

In der Langobardenstadt Cividale locken Gaumenfreuden wie die »Gubana« (Nuss-Rosinen-Kuchen), »Muset e brovada« (gekochte Wurst mit gesäuerten Rüben), »Menestra« (Eintopf mit Bohnen) und Kräuteromeletts.

Typische Gerichte und Produkte in der Provinz Pordenone im westlichen Friaul sind der »Asìno«-Käse, die dunklen Feigen von Caneva sowie die vielgeschätzte »Pitìna«, eine geräucherte Wurst-Spezialität aus mehreren Fleischsorten und Kräutern, die aussieht aus wie ein zusammengedrückter Salami-Knödel.


Köstliche Küste: Fisch und Meeresfrüchte stehen täglich frisch auf den Speisekarten.

Die Küche des friaulischen Südens steht ganz im Zeichen des Meeres. So muss man auf der Sonneninsel Grado unbedingt den »Boreto alla gradese« probieren, die legendäre Fischsuppe der Fischerfamilien, die in den strohbedeckten Hütten, den Casoni, wohnten. Als Klassiker wird der Boreto aus mehreren Fischsorten zubereitet. Weitere Köstlichkeiten: Venusmuscheln, Sardellen oder Flunder. Im bedeutenden Fischerhafen von Marano Lagunare sollte man nicht verpassen, »Brodetto« zu kosten, eine dicke Suppe mit Fischstücken, Meeresfrüchten und Tomaten. Oder auch »Bisato in speo«, Aal vom Spieß. Grandios: Heuschreckenkrebse und kleine Krabben.

Typisch Julisch Venetien

Die kulinarische Traditionen der östlichen Provinzen Gorizia und Triest nähren sich aus der Zeit der k. u. k. Monarchie sowie aus seiner Nachbarschaft zu Slowenien. So wird in Gorizia zum Beispiel feines »Kaiserfleisch« serviert. Darunter versteht man eine Scheibe Geselchtes mit frisch geriebenem Kren und Sauerkraut. Oder die süßen Zwetschkenknödel. Mit zerlaufener Butter, Zimt und etwas Zucker. Mein Favorit unter all den Delikatessen ist der rosa bis tiefrote Radicchio, die »Rosa di Gorizia«. Gebraten im Risotto, als Salat mit Sardellen oder Speck, als knackige Beilage zum Fleisch oder über die Pasta – einfach ein Genuss! Der Radicchio wird nach dem ersten Frost geerntet, damit er an Bitterkeit verliert.

Eines der Gerichte der julischen Küche, das es unbedingt zu entdecken gilt, ist die »Jota«. Die schmackhafte Gemüsesuppe aus Bohnen, Kraut und Kartoffeln führte stets ein Dasein als Arme-Leute-Speise, heutzutage aber wird sie auch in den besten Restaurants angeboten. Weitere Köstlichkeiten in und um Triest sind Gulasch, gekochter Schinken und natürlich die Fische und Krustentiere: Scampi alla busara, Sarde in saor (marinierte Sardellen), Stockfisch nach Triestiner Art, Miesmuscheln, Venusmuscheln, Tintenfische.

Was die Mehlspeisenkultur betrifft, bedeutet Triest Verführung pur. Naschkatzen können ihr süßes Leben bei Apfelstrudel, Gugelhupf, Sacher-Torte, Dobos-Torte (ungarischen Ursprungs, mit mehreren Biskuit-Schichten und Schokoladecreme, darüber eine Glasur aus Karamell), Putizza, Presnitz (österlicher Festtagskuchen) und Krapfen voll auskosten. Einen »Nero« dazu? Triest zählt zu den Kaffee-Metropolen Italiens. Unglaubliche 1500 Tassen trinken die Triestiner pro Jahr. Schiffe aus aller Herren Länder bringen die rohen Bohnen von den Plantagen der Welt in die Adria-Hafenstadt. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts entstanden in Triest die ersten Kaffeehäuser und Röstereien.

Wer es lieber deftig mag, besucht eines der beliebten Triestiner Bufetts. Diese sind nicht nur charakteristische Imbisslokale, sie sind auch kulinarische Institutionen. Siedefleisch vom Schwein gart in den schweren Töpfen und Kesseln: Würstel, Geselchtes, Rippchen, Zunge, Cotechino, Kaiserfleisch, Schweinshaxen, Schweinskopf. Dazu gibt es Sauerkraut, Semmelknödel, Kren und Senf.

Eine kulinarischer Mikrokosmos ist wiederum der Karst rund um Triest. Aus der österreichischen Buschenschank-Tradition heraus entstanden die »Osmizze«. Hersteller von Wurst, Olivenöl, Käse und Wein öffnen während einer kurzen Zeit im Jahr ihre privaten Karsthäuser für ihre Gäste. Eine Einkehr ist ein Erlebnis für sich.


Wein, so fein

Der Weinbau in Friaul-Julisch Venetien geht historischen Funden zufolge bis auf die Bronzezeit zurück und umfasst neun Anbaugebiete. Die bekanntesten sind der »Collio«, die »Colli orientali del Friuli«, der Karst sowie das Mündungsgebiet des Isonzo. Die edlen Tropfen werden in einem Atemzug mit der Toskana und dem Piemont genannt, die Winzer genießen internationale Anerkennung. Vor allem die Weißweine zählen zu den besten in ganz Italien. Aushängeschild ist der Friulano sowie die alten, einheimischen Sorten. Dazu zählen im Weiß-, Rot- und Süßweinbereich: Ribolla Gialla, Schioppettino, Pignolo, Terrano, Refosco, Vitovska, Picolit, Ramandolo bzw. Verduzzo. In diesen autochthonen Sorten liegt das größte Qualitätspotenzial des Friauls.

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