Читать книгу Tödlicher Whisky - Simone Häberli Mlinar - Страница 8
Kapitel 5
ОглавлениеDonnerstag
„Da ist einer abgemurkst worden! Das ist voll krass.“ Paul sprach schon seit einer Viertelstunde von nichts anderem. Christina hatte langsam die Nase voll davon. „Unglaublich, was diese Frau im Pub gestern da erzählt hat. Laut Reiseführer sollte dieser Ort hier angeblich so ruhig und friedlich sein. Und jetzt sind wir mitten in einer Mordermittlung.“ Sie blickte anklagend ihren Mann an. „Ich hatte ja gleich gesagt, wir sollten aus dem Pub raus. Jetzt werden die Jungs nur noch an diese grässliche Geschichte denken, und unser Urlaub ist im Eimer!“
Mark sah das gelassener. „Sei doch froh, dass die Jungs genügend interessiert sind, dass sie sich das ganze Kauderwelsch hier angehört haben. Ich habe noch nie einen so fürchterlichen schottischen Akzent gehört, wie von dieser alten Frau. Dass die Jungs überhaupt etwas verstanden haben, wundert mich eigentlich. Aber so kommt es wenigstens ihren Sprachkenntnissen zugute. Und sie haben eine ganze Stunde lang still gesessen und zugehört, ohne auf ihren Handys rumzuhacken.“
Obwohl all diese Beobachtungen zweifellos zutrafen, konnte Christina der Sache doch keine positive Seite abgewinnen. „Und was ist, wenn der Mörder noch frei hier herumläuft? Müssen wir jetzt immer die Türe abschliessen und können nachts nicht mehr rausgehen?“
„Jetzt mach mal halblang. Die ganze Sache hat doch nichts mit uns zu tun. Da wird wohl einfach ein Streit aus dem Ruder gelaufen sein. Die Polizei wird den Täter schon finden. Ich nehme an, übermorgen beherrscht ein anderer Dorfskandal das Gespräch.“
Stefan und Paul protestierten beide. „Wir werden uns im Pub weiter herumhören. Toll, was wir dann in der Schule erzählen können. Vielleicht entdecken wir ja einen wichtigen Hinweis und können so zur Aufklärung beitragen.“
„Untersteht euch, an so was auch nur zu denken. Wir sind hier fremd. Fehlt noch, dass sie euch beide als mögliche Tatverdächtige verhaften, wenn ihr zu viele Fragen stellt.“ Christina hatte ihren Humor wieder gefunden. Immerhin war es doch recht unwahrscheinlich, dass die Geschichte noch weitere Kreise ziehen würde. Man kannte ja niemanden der Beteiligten. Ausserdem hatte sie für den Tag bereits einen Ausflug nach Ullapool geplant, und so hätten die Jungs auch keine Gelegenheit mehr, ihre Nase in Angelegenheiten zu stecken, die sie nichts angingen. „Keiner von euch ist volljährig, so kommt ihr allein sowieso nicht in das Pub rein. – Wer hilft mir beim Abwasch?“
Stefan hatte gar nicht zugehört. „Weiss jemand, wo genau der Mord stattgefunden hat? Die Frau hat, glaub ich, ein Cottage erwähnt. Mam, du hast doch eine Foto gemacht – kann ich die noch mal sehen?“
„Was für eine Foto?“ Einen Moment lang hatte Christina den verrückten Gedanken, er meine, sie hätte den Mord fotografiert. Dann fiel ihr das weisse Häuschen ein, von dem sie am Vortag auf ihrem Morgenspaziergang ein Bild für Stefan gemacht hatte. Er hatte sich dieses gestern ohne Kommentar angeschaut. Woher dieses plötzliche Interesse? Trotzdem holte sie ihren Fotoapparat und klickte zu dem Bild zurück. Es zeigte, durch Bäume über den Fluss hinweg aufgenommen, ein kleines, weissgestrichenes typisches Cottage. Davor grasten Schafe, jedenfalls wenn man die kleinen weissen Punkte auf dem Bild als Schafe interpretieren konnte.
Stefan schaute sich das Bild an und dachte laut nach. „So ähnlich muss wohl auch der Tatort sein. Die Frau hat gesagt, das Haus sei ziemlich abgelegen. Wäre schon eine Sensation, wenn du zufällig das richtige Haus fotografiert hättest, Mam. Dann wär das ja ein Beweisstück.“
„Blödsinn.“ Christina nahm ihrem Sohn die Kamera unwirsch weg, warf aber doch noch einen Blick auf das Bild. „Wenn dir nicht was Gescheiteres einfällt, nimm das Abtrock-Tuch und hilf mir. Sobald wir mit dem Frühstücksgeschirr fertig sind, wollen wir nach Ullapool. Heute ist wieder ein schöner Tag, und wir könnten Delfine beobachten.“
Mark kam zur Tür herein, als sie gerade mit dem Abwasch fertig waren. Er hatte inzwischen das Auto vollgetankt und im Dorfladen einen kleinen Imbiss für unterwegs geholt. Auch er hatte Neuigkeiten von dem verflixten Mordfall.
„Im Laden sprechen sie von nichts anderem. Der Inhaber, ein Mr. Fraser, hat den Verstorbenen offenbar gekannt. War ein alter Knabe, der ganz für sich allein gelebt hat. Scheint ein anständiger Kerl gewesen zu sein, alle sprechen nur in den höchsten Tönen von ihm. Und alle rätseln, wieso ausgerechnet ein solcher Mann, der zudem noch regelmässig in die Kirche ging, ermordet worden ist.“
„Wie wenn ein Kirchgänger nicht ermordet werden könnte…“ Christina wollte nicht zynisch klingen, aber der Zusammenhang erschloss sich ihr nicht ganz.
„Weiss man, wie der Mann umgebracht worden ist?“ Das kam von Paul. Christina blickte ihn aufmerksam an. Der Junge war nicht mehr wiederzuerkennen. Die pubertäre Tristesse und No-Bock-Haltung, die ihn im letzten halben Jahr geprägt hatten, waren komplett von ihm abgefallen. Er interessierte sich tatsächlich mal für irgendwas, das nicht nach einem komplizierten Regelset in der Cyber-Welt um sich ballerte. Traurig nur, dass ihn offenbar auch in der realen Welt vor allem der Aspekt der Gewalt faszinierte. Christina hätte es viel lieber gesehen, wenn er sich für den bevorstehenden Ausflug hätte begeistern können.
„Nun, offenbar ist er erschlagen worden, das hat ja gestern die Frau erzählt. Die Polizei scheint aber mit ihren Ermittlungen noch nicht sehr weit gekommen zu sein. Offenbar suchen sie nach der Tatwaffe.“
„Mam hat den Tatort auf einer Foto festgehalten.“ Stefan wollte ebenfalls seinen Teil beisteuern.
Mark blickte entsetzt drein. „Was hast du?“
“Das ist blanker Unsinn. Stefan, hör sofort damit auf. Das Cottage, das ich fotografiert habe – rein zu Illustrationszwecken und weil es so hübsch ist! – hat nichts, aber auch gar nichts mit diesem unerfreulichen Vorfall zu tun. Das entspringt nur deiner unermesslichen Fantasie. Und ich möchte kein weiteres Wort mehr darüber hören. Wenn dieser arme Mann umgebracht worden ist, ist das sehr traurig und es tut mir wirklich leid für ihn. Aber die Polizei wird ihr Möglichstes tun und den Täter finden. Und das ist jetzt auch wirklich alles. – Zieht euch endlich fertig an, damit wir gehen können.“
Die Jungs begriffen, dass ihre Mutter ernstlich aufgebracht war und schwiegen wohlweislich. Auf das, was in ihren Köpfen vor sich ging, hatte Christina allerdings keinen Einfluss. Sie war aber zufrieden, dass nach weiteren fünf Minuten die ganze Familie im Auto sass und man starten konnte.
Der Tag war herrlich. Kein Wölkchen stand am Himmel, die Sonne wärmte angenehm durch die Windschutzscheibe hindurch und die Fahrt in den Norden entlang der Küste versprach ein schönes Erlebnis. Zur linken Hand konnte man zwischendurch immer wieder das Meer glitzern sehen, und die vorgelagerten Inselchen mit den weiten Sandstränden boten den Augen ein absolutes Traumbild.
Dies fand auch McKenzie, die dieselbe Strecke etwa eine halbe Stunde nach der Familie befuhr. Sie war glänzender Stimmung. An Tagen wie diesen war sie einfach nur froh, dass sie ihren Dienst in dieser grandiosen Landschaft leisten durfte. Und sie hatte gestern Abend noch einiges abgearbeitet. Nicht nur hatte sie mit Dr. Murray, der die erste Untersuchung bei dem Toten vorgenommen hatte, sprechen können, sie hatte auch Smith und Purdy einen eisig höflichen Abrieb verpasst. Purdy war zuerst völlig fassungslos gewesen, als McKenzie ihr von der Verwicklung McDougals in die Schlägerei im Pub erzählt hatte, hatte dann aber in ihren Notizen gewühlt und war tatsächlich ganz zuunterst in ihrem Büchlein auf den Namen gestossen. Sie hatte sich tausendmal für ihre Nachlässigkeit entschuldigt und ihrer Chefin den fertigen Bericht für den kommenden Morgen versprochen. Als McKenzie heute um acht Uhr in ihr Büro gekommen war, hatte dieser auf ihrem Pult gelegen. Purdy musste die halbe Nacht durchgearbeitet haben.
Allerdings war der Bericht mit Blick auf den Mord nicht sehr ergiebig gewesen. In den Grundzügen hatte er nur die Aussagen von Malcolm Bligh zum Hergang des Streits bestätigt. Demnach hatte McDougal damit nichts zu tun gehabt, er hatte lediglich geschlichtet und danach eine Runde Bier ausgegeben. Der Abend hatte in Minne geendet, die Camper – die sich inzwischen wieder zurück in den Süden verschoben haben dürften – waren genauso friedlich abgezogen, wie die drei Gärtner und Fraser vom Laden. Von der Touristengruppe und den Golfern war nichts Bemerkenswertes festgehalten worden. Vermutlich hatte der Streit im Pub mit dem Mord in Heather Cottage nichts zu tun.
McKenzie war trotzdem optimistisch. Sie versprach sich viel vom bevorstehenden Gespräch mit McDougals Arbeitgeber. Irgendein Motiv für den Mord musste es doch gegeben haben. Vielleicht wusste John Bothwell, der diese angeblich kleinste Destillerie Schottlands betrieb, was sein Angestellter auf dem Kerbholz gehabt hatte, was mit seinem Tod durch Erschlagen geendet hatte.
Die Anzugträger hatten sich nicht mehr bei ihr gemeldet. Sie hatten sich damit begnügt, bei Gilchrist eine telefonische Nachricht zu hinterlassen und ihr eine Kopie des vorläufigen Berichts in Aussicht zu stellen. Letzteren natürlich erst, nachdem er von den hohen Herren in Inverness abgesegnet worden wäre. McKenzie verzog angewidert das Gesicht. Diese arroganten Arschlöcher. Vermutlich würde die Untersuchung im Sand verlaufen. Das Hauptziel war wohl, dass nichts in die Presse geriet, was Touristen abschrecken konnte. Wenn sie aber Stephen Light richtig einschätzte, wäre das Thema für die nächsten fünf Ausgaben der Gairloch Weekly News garantiert auf die Frontseite gesetzt. Nicht dass dies ein globales Blatt gewesen wäre. McKenzie grinste bei dem Gedanken. Es wäre den Anzugträgern trotzdem nicht recht, die dachten meistens sehr eingleisig. Sie selbst hatte immer gute Beziehungen zur Presse gepflegt. In einem so kleinen Ort war es wichtig, sich mit allen einigermassen gut zu stellen. Arroganz kam da sehr schlecht an und würde sie nur daran hindern, einen guten Job zu machen.
McKenzie war in diese philosophischen Gedanken so versunken, dass sie in Aultbea beinahe die Abzweigung nach Drumchork verpasst hätte. Ein winziger Wegweiser – wie konnten die Touristen den Weg überhaupt finden? – wies auf die Richtung zum Hotel hin. McKenzie bog mit ihrem Fiat auf den geschotterten Weg ab und rumpelte die nächste halbe Meile mehr schlecht als recht dahin, bis sie unversehens vor einer länglichen Garage zu stehen kam. An der Frontseite war in riesigen roten Buchstaben Lochewe Distillery aufgemalt. Das ganze Anwesen sah ziemlich verlassen aus, aber es hatte Parkfelder für mehrere Fahrzeuge – zurzeit allerdings leer – und ein Schild, auf welchem Hotel stand und das optimistisch auf einen grasüberwucherten Weg zeigte.
McKenzie zog den Zündschlüssel ab und stieg aus. Der Weg führte zum Hintereingang eines weissen, einst herrschaftlichen, inzwischen aber doch ziemlich heruntergekommenen Gebäudes. Die schwere Holztür, von der die rote Farbe abblätterte, war nicht abgeschlossen. McKenzie drückte die Klinke herunter und fand sich in einem engen dunklen Gang wieder, der zu einem riesigen Schankraum führte. An der Wand hinter der polierten Schanktheke waren unzählige Whiskyflaschen aufgereiht. McKenzie betrachtete die Flaschen mit Interesse. Offenbar verstand hier jemand sein Metier, sie sah die meisten gängigen Marken, es hatte aber auch mehrere seltene Jahrgänge darunter. Vermutlich war das McDougals Arbeitsplatz gewesen.
„Hallo, ist hier jemand?“ Ihre Worte hallten hohl in dem Raum wieder. Sie blickte sich um. Der Schankraum war viel besser unterhalten als die Gebäudehülle, er war hell und freundlich eingerichtet, mit grossen Panoramafenstern, die auf die Heide hinausgingen und an diesem freundlichen Tag einen grandiosen Ausblick auf die Hügel in der Ferne boten. Kleinere Salontischchen waren über den ganzen Raum verteilt, und in der Mitte beherrschte ein riesiger Snooker-Tisch den Raum. Der Boden bestand aus gewachstem Parkett, Vorhänge und Sitzbeläge aus rotem Samt. Es sah alles sehr vornehm und edel aus.
McKenzie hörte hinter sich ein Geräusch und drehte sich um. Ein etwa sechzigjähriger Mann, grossgewachsen, mit weissem lockigem Haar und überraschend hellblauen Augen, stand vor ihr.
„Guten Tag, wie kann ich helfen?“
„Sind Sie Mr. Bothwell?“ McKenzie zückte ihre ID und wedelte damit vor der Nase des Mannes herum. „DI McKenzie, Schottische Polizei, Wache in Gairloch. Ich bin hier, um Ihnen ein paar Fragen zu Ihrem Mitarbeiter zu stellen.“
Die Stirn des Hoteliers umwölkte sich. „Ruaridh McDougal? Ich bin von Ihrer Dienststelle über seinen Tod informiert worden. Ein PS Gilchrist, glaub ich, hat mich angerufen und mir von dem schrecklichen Ereignis berichtet. Wenn ich helfen kann, gerne. Ruaridh war ein feiner Kerl, und er verstand wirklich etwas von Whisky. Die Gäste haben seine Tipps geschätzt.“
„Seit wann arbeitete er hier bei Ihnen?“
„Lassen Sie mich nachdenken. Das müssen inzwischen sicher fünfzehn Jahre sein. Ich hatte das Hotel und die Destillerie etwa zwei Jahre zuvor aufgemacht. Nach einem etwas harzigen Beginn lief das Geschäft dann so gut, dass ich Hilfe brauchte. Ich habe die Stelle als Barmann ausgeschrieben. Ruaridh war der fähigste Kandidat, der sich darauf gemeldet hat. Er hatte zuvor einige Jahre in einer der grösseren Firmen gearbeitet, ich glaube Glenmorangie. Ich könnte das für Sie nachsehen, wenn es wichtig ist.“
„Danke, im Moment genügt mir diese Angabe. Sie waren also zufrieden mit seiner Arbeit?“
„Ja, wie gesagt, er hat sehr viel vom Geschäft verstanden.“
„Hat er auch in der Destillerie gearbeitet? Oder nur an der Bar?“
Bothwell lachte amüsiert. „Ruaridh hat sich immer über meine Versuche, Whisky zu brennen, lustig gemacht. Hat das auf meine amerikanischen Wurzeln zurückgeführt. Alle Amerikaner seien Spinner, das war sein Lieblingsspruch. Na ja, das Konzept war wohl nicht seins.“
„Welches Konzept?“
„Wollen Sie sich nicht setzen?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, zog Bothwell einen Stuhl unter dem ihm am nächsten stehenden Salontischchen hervor und bot McKenzie die Sitzgelegenheit an. Ein Gentleman alter Schule. Gegen ihren Willen war McKenzie angenehm berührt.
„Nun, ich baue auf die jahrhundertealte Tradition der Schwarzbrennerei hier in der Gegend. Als ich hier die Garage zu einer Destillerie umbaute, stiess ich auf ganz viel Widerstand, vor allem vonseiten der Behörden. Die wollten mir keine Lizenz erteilen. Aber viele Einheimische haben die Idee begrüsst, und sie haben mir auch ihre Rezepte verraten. Ich stelle hier meinen eigenen Whisky – ganz kleine Mengen – her und experimentiere damit. Sie können sich hinterher gerne die Brennerei anschauen. – Ruaridh dagegen kam halt von einer grösseren Brennerei. Er hatte für meine Bemühungen nur ein müdes Lächeln übrig.“
„Trotzdem haben Sie ihn hier als Mitarbeiter behalten?“
„Wir haben uns sonst sehr gut verstanden. Ich hatte einfach meine Leidenschaft und er die seinige.“
„Leidenschaft? Wofür?“
„Für edlen Whisky. Ruaridh war ein echter Kenner. Gab nicht viel, was er darüber nicht wusste. Und er hat auf den Auktionen und Märkten auch immer wieder gute Flaschen gefunden, die er dann hier ausgeschenkt hat. Die Gäste kommen deswegen sogar von Übersee her.“
„Sein Tod ist also ein grosser Verlust für Sie?“
„Ja, so kann man es auch sehen. Obwohl –“, hier zögerte Bothwell. Es schien McKenzie, als ob er sich nicht ganz schlüssig sei, ob er etwas sagen oder lieber schweigen sollte.
„Obwohl was?“ McKenzie insistierte. In einem Mordfall gab es nichts zu verschweigen.
Bothwell zuckte mit den Schultern. „Im letzten Monat hat sein Arbeitseifer merklich abgenommen. Es schien, als ob er mit seinen Gedanken ganz woanders war. Einmal hat er einem Gast sogar einen Lagavulin statt einen Laphroaig ausgeschenkt. Ein solcher Lapsus wäre für ihn vorher undenkbar gewesen. Und dann hat er ja auch vor einer Woche gekündigt.“
Das war nun tatsächlich eine Neuigkeit. „Er hat gekündigt? Mit welcher Begründung?“
„Gar keiner. Er hat nur gemeint, er habe jetzt lange genug für andere Leute gearbeitet, und er möchte sich selbständig machen. Aber wie er das schaffen wollte, darüber hat er sich ausgeschwiegen. Er hat ja kein Kapital gehabt. Sonst hätten wir über eine Partnerschaft sprechen können, er wäre mir sehr willkommen gewesen.“
McKenzie fuhr nachdenklich nach Gairloch zurück. Sie hatte sich von Bothwell die Destillerie zeigen lassen, an seinem Selbstgebrannten geschnuppert und sich danach in gutem Einvernehmen von ihm verabschiedet. Sie hatte keinen Anlass, an den Aussagen des Mannes zu zweifeln, trotzdem wollte sie den Geschäftsgang des Unternehmens überprüfen lassen. Vielleicht war Ruaridh McDougal irgendwie zu Geld gekommen, und falls die Destillerie und das Hotel nicht genug abwarfen – immerhin war das Äussere des Hauses ziemlich vernachlässigt –, könnte Bothwell vielleicht doch in Versuchung geführt worden sein. Der Mann und sein Anliegen waren ihr sympathisch, aber McKenzie war fest entschlossen, ihr Urteilsvermögen nicht durch die guten Manieren Bothwells und seinen zur Schau getragenen Idealismus trüben zu lassen.