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Richtig überzeugen mit Sympathie: Guter Freund Promifaktor
// Von Reiner Neumann

Auch Prominente leben vom Faktor Nähe, ohne ihren Bewunderern gleich so nahe oder zu nahe kommen zu wollen. Presseberichte, Fernsehsendungen, Internet und mehr sorgen allerdings dafür, dass wir alles von ihnen wissen.

Beim Prominenten im Wohnzimmer

Wir fühlen uns den Prominenten nahe. Medien platzieren sie beinahe täglich in unserem Wohnzimmer. Sport- und Showstars lassen die Öffentlichkeit an ihrem Privatleben teilhaben, Sucht und Ehescheidung inklusive.

Dank Twitter gibt es sogar die Möglichkeit, an ihrem Tag nahezu in Echtzeit teilzunehmen. Prominente werden deswegen von vielen Mitmenschen wie gute Bekannte oder sogar Freunde erlebt. Der wahrgenommene Abstand hat sich noch mehr verringert. Prominente sind uns damit oft so nahe wie mancher Verwandter oder sogar näher.

Die Imitation von Alltagsleben

Da Prominente wichtiger sind und dementsprechend im Alltag mehr Aufmerksamkeit bekommen, orientieren wir uns gerne an ihrem Verhalten. Wir ahmen die Verhaltensweisen von Prominenten nach.

Durch diese Imitation stellt sich im Alltagsleben das Gefühl von Nähe her. Menschen besuchen Lokale, in denen sie Prominente zu treffen hoffen, sie kaufen von ihnen entworfene Kleidung, sie geben viel Geld für Konzertkarten aus oder wandern mit ihrem Idol.

Menschen orientieren sich an Prominenten als Modell für Erfolg. Deutschland sucht den Superstar und andere ähnliche Formate bieten die Chance, dem bewunderten Star nahe zu sein. Wenn ich mich in meinem Verhalten an diesen Modellen orientiere, mache ich sicher vieles richtig. So die – oft unbewusste – Logik.

Soziales Lernen

Soziales Lernen wurde vom amerikanischen Psychologen Albert Bandura untersucht. Er wies nach, dass wir nicht nur aus den Konsequenzen des eigenen Verhaltens lernen, sondern auch durch die Beobachtung von Modellen.

In einer Reihe von Versuchen wies er nach, dass die Verstärkung des Verhaltens beim Modell Einfluss auf die Ausführung dieses Verhaltens auch beim bloßen Beobachter hatte. Je näher mir das Modell steht oder je größer die Wichtigkeit des Modells, desto höher die Wahrscheinlichkeit zur Übernahme des Verhaltens.

Warnehmung und Realität

Prominente sind wegen ihrer Breitenwirkung zunehmend häufig aufgerufen, sich einfach nur deswegen zu wichtigen Themen zu äußern, weil sie prominent sind. „Der Klimawandel ist die größte Herausforderung der Menschheit und keinerlei politische Angelegenheit. Sondern es geht dabei um unser Überleben.“ Leonardo Di Caprio wendet sich mit diesen ergreifenden Worten am 23. September 2014 auf dem UN-Klimagipfel an die versammelten Politiker und an die Medien.

Das schafft international Aufmerksamkeit in allen Medien und da ist es dann auch unwichtig, dass Leonardo privat einen ziemlich großen CO2-Fußabdruck hinterlässt. Im Sommer machte er Urlaub auf einer der größten Jachten der Welt mit einem geschätzten Spritverbrauch von deutlich über 10.000 Litern auf hundert Seemeilen.

Wohltätitgkeit von Stars gekonnt inszeniert

Ex-Hermine Emma Watson kämpft als Betroffene mit einer engagierten Rede gegen die weltweite Unterdrückung von Frauen, sie ist sogar UN-Sonderbotschafterin für Frauen. Und die Stilikone Victoria Beckham wird durch das Schicksal aidskranker Frauen so stark bewegt, dass sie sich entschließt, ein Zeichen zu setzen: „It was a life-changing experience, I wanted to do all I could.“ (Es war eine Erfahrung, die mein Leben verändert hat. Ich wollte alles tun, was ich nur konnte.)

Nein, falsch, einen spürbaren Teil ihres geschätzten 185-Millionen-Dollar-Vermögens wollte sie dann doch nicht spenden. Aber immerhin bestand ›do all I could‹ dann doch daraus, 600 Kleidungsstücke und Accessoires aus ihrem Besitz zu versteigern. Das brachte zwar weniger, als sie für den ersten Geburtstag ihrer Tochter Harper Sevens ausgab, aber jeder Euro zählt, oder etwa nicht? Es gibt sogar eine eigene Website auf der die Wohltätigkeit von Prominenten gekonnt inszeniert wird.

Private Themen aus geschäftlichem Interesse

Manche eigentlich privaten Themen werden dabei aus primär geschäftlichen Interessen kommuniziert. So informierte beispielsweise James Dixon, der Chairman von J. P. Morgan, die Öffentlichkeit über seine Krebserkrankung. Chef und Firma behielten die Informationshoheit über die Krankheit. Spekulationen wurde die Grundlage entzogen. Der Aktienkurs litt kaum. Gut für den Menschen und gut für das Unternehmen.

Die Köpfe sind damit zum Ersatz für den Inhalt geworden. Die herausragenden Eigenschaften des Chefs stärken das Image des Unternehmens, private Erfolge wie der zweimalige Gewinn des America’s Cup durch Larry Ellison übertragen sich auf Oracle. Jedes Wirtschaftsmagazin hat inzwischen eine Rubrik, in der wichtige Menschen bevorzugt auch mit privaten Inhalten dargestellt werden.

Jeder kann prominent sein

Menschen wie Dagi Bee zeigen uns, dass jeder prominent sein kann. Dagi Bee sieht laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung (FAZ) aus „wie das Mädchen von nebenan, in das alle Jungs in der Schule verknallt sind. Sie ist klein, hat blond gefärbte Haare und blaue Augen, ist immer gut gelaunt und lächelt ein bezauberndes Fotolächeln.“ Dagi Bee (ihr Alias) ist deswegen ein Star, weil sie auf YouTube regelmäßig Videos online stellt, in denen sie Schminktipps gibt und ihre neuesten Einkäufe vorstellt und über Privates plaudert.

Sie hat nahezu eine Million Abonnenten, eine Million Facebook-Fans und 150.00 Follower auf Twitter. Tendenz steigend. Wenn Dagi Bee öffentlich auftritt, ist sie von kreischenden Fans umgeben. Für ihre Gemeinde ist sie ein absolutes Vorbild und doch so nahe – das Mädchen von nebenan, nur viel bekannter.

Text stammt aus: Sag doch JA!: Wie Sie Menschen überzeugen und gewinnen (2015) von Reiner Neumann, erschienen bei BusinessVillage Verlag, Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

Knigge Gutes Benehmen & Stil im Berufsalltag

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