Читать книгу Es ist genug - Simone Lilly - Страница 3

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 2.

„Tut es sehr weh?“, vorsichtig strich seine Mutter über seinen krebsroten Sonnenbrand. Die Berührung brannte, doch Lair schüttelte verneinend den Kopf. „Nein, es geht schon.“

Noch einmal tauchte Kathrin ihre Finger in die kühlende Salbe und verteilte sie auf seinem Rücken. „Das denke ich nicht. Du hättest besser aufpassen sollen.“

„Das habe ich doch!“

„Weiß ich, deshalb kannst du dich jetzt auch nicht mehr bewegen.“

Es war Mitte des Sommers und die heißerste Zeit. Die Sonne strahlte unbarmherzig auf sie hinab und beinahe täglich musste die heilende Salbe bedient werden. Eigentlich wollte Lair mit seinen Freunden nach der Schule an die Küste gehen. Surfen, grillen und zugegeben, Alkohol trinken, doch schon nach wenigen Minuten war er mit einem schweren Sonnenstich zurückgekehrt.

„So, du bist fertig. Ruh dich jetzt aus.“, mahnend stellte sie die Schale in den Badezimmerschrank. „Solltest du noch einmal raus gehen wollen, denk an den Sonnenschutz.“

Er nickte, dann ging sie aus der Tür. „Ich mache jetzt Essen.“

Wieder nickte er, doch das konnte Kathrin nicht mehr sehen. Sein Hals wurde trocken und er musste Husten. Für einen Moment bereute er es sichtlich, sich im Gegensatz zu seinen Brüdern verjüngert zu haben. Immerhin war er erst sechzehn, während seine Geschwister die zwanzig schon erreicht hatten. Warum hatte er es getan? Weil er Veränderung wollte, wollte nicht immer mit ihnen gleichgestellt sein. Aber, war das eine gute Idee gewesen? Sie konnten frei entscheiden, wohin sie gingen, was sie taten, er hingegen hatte auf seine Eltern zu hören, musste zur Schule gehen. Der Husten wurde stärker und ihm wurde schwindelig. Der Juckreiz behinderte ihn zu atmen, sodass er sich rröchelnd über das Waschbecken beugte und kaltes Wasser seine Kehle hinabfließen ließ. Es tat gut, doch merkte Lair, dass ihm aufgrund des Sonnebrandes schnell übel wurde und weiße Sterne begannen, vor seinen Augen auf und ab zu tanzen. Rasch setzte er sich auf die Toilette und blickte umher. Das gesamte Bad war weiß gestrichen, die Dusche war weiß, der Duschvorhang, die Toilette, das Waschbecken, der Schrank, die Bademäntel, welche an der Tür hingen und auch ihre Zahnbürsten und deren Behälter.

Wieso hatte er sich bei seinem neuen Leben für Australien entschieden? Dem wärmsten Ort überhaupt. Er lebte in der Wildniss, fern ab vom zivilisierten Leben. Zwar waren hier die Preise für ein Grundstück billig und sie bewohnten ein dementsprechend geräumiges Haus mit großen, angrenzenden Feldern. Wehleidig und mit verzogenem Gesicht stapfte er hinunter in die Wohnstube und schaltete den Fernseher ein. Nicht lange danach, gesellte sich sein Vater mit einem kühlen Bier bewaffnet, dazu. „Geht’s dir besser?“

„Nein.“

„Kann ich was für dich tun?“

„Nein.“

Dann herrschte wieder Schweigen. Im Fernsehen liefen die Nachrichten. Sie zeigten Überschwämmungen im Süden des Landes. Auch gestrandete Tiere an der Küste Australiens. Lair musste sofort an Leau denken. Die Menschen konnte nur wenige retten und töteten die übriggebliebenen. Angeekelt biss er sich auf die Lippen.

Ein Reporter, in einen Schutzanzug gehüllt, präsentierte ein neu eröffnetes Atomkraftwerk, sein Vater fluchte und er stimmte ihm in Gedanken zu. Ein Vogel stob gegen das geschlossene Fenster, was sie beide aufschreckte. „Nicht schon wieder.“, sein Vater schüttelte den Kopf. „Wir sollten wirklich mal etwas dagegen tun. Es werden immer mehr.“

Natürlich werden es mehr, sie finden sich in dieser Welt auch nicht mehr zurecht! „Ich seh mal nach ihm.“

Aus der Küche drangen die ersten wohlriechenden Düfte zu ihnen und lautes Gebruzel war zu hören. „Ja tu das, aber beeil dich, es gibt bald essen.“

Er nickte zusichernd und trat ins Freie. Sofort war eine undurchdringbare Wand glimmernde Hitze vor ihm und jagte ihm beinahe eine warme Gänsehaut über den Körper. „Da bist du ja.“, fürsorglich ging Lair in die Knie und nahm das verletzte Tier auf seine Hand. „Sch, ist schon gut.“ Das kleine Herz schlug rasend schnell, doch der Vogel schien sich auf seine Worte hin zu beruhigen. „Alles wird gut.“, tröstend stand er auf und entfernte sich so weit es ging von seinem Elternhaus, bis er eines ihrer Felder erreicht hatte. Wieder musste er husten und spuckte Unmengen von zähflüssigem Speichel auf die Erde. Hier waren sie allein. Zärtlich strich er dem Tier über die weichen Federn, erst dann legte er seine andere Hand über ihn, richtete ihn auf und gab ihm eine feste Starthilfe. Das Tier strauchelte im ersten Moment und Lair dachte, er würde wieder hinunterstürtzen. Aber er schaffte es, sich wankend in der Luft zu halten und war schon bald nicht mehr zu sehen.

Es ist genug

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