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Ratlosigkeit

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«Meine liebste Viola!

Wenn du mir doch einen Rat erteilen könntest, was ich tun soll! Endlich, nach vielen qualvollen Wochen, funktioniert mein Körper wieder wie er soll, aber dennoch ist nichts in Ordnung. Die Zeit lässt sich nicht einfach zurückdrehen, nichts ist mehr wie früher. Ich bin völlig ratlos. Mein Leib verbrennt vor Glut und meine Seele rennt sinnlos gegen die Wände ihres starren Kopfgefängnisses an. Wenn das so weitergeht, ich glaube, dann drehe ich völlig durch!»

Seufzend betrachtete Daphne die letzten Zeilen, die sie geschrieben hatte, eine klare, schwungvolle Handschrift, blaue Tinte auf schneeweißem Papier, und schaute dann eine Weile grübelnd aus dem Fenster. Die ersten Herbstblätter färbten sich gelb, braun oder rot, manche rollten sich dabei an den Rändern ein, andere wurden einfach nur spröde und zerbröselten bei der geringsten Berührung. Die bereits herabgefallenen wurden von einem leichten Wirbel erfasst und über Wiesen und Straßen verweht, aber Daphne war, als ob der Frühling zu ihr zurückgekehrt wäre. In ihrem Bauch tanzten unentwegt nervöse Schmetterlinge und auf ihrer Haut lag eine prickelnde Anspannung.

«Verstehst du, in welchen Gewissenskonflikten ich mich befinde? Ich liebe meinen Mann über alles. Und ich bin mir sicher, dass Jesper mich genauso intensiv liebt. Aber an manchen Tagen fühle ich mich schrecklich alleine …»

Von ihren lüsternen, verhärteten Knospen ausgehend, verspürte sie ein zartes Ziehen in ihren Brüsten, wenn sie an ihren Mann dachte. Auch bei nüchterner, unsentimentaler Betrachtung sah er verdammt attraktiv aus. Die ersten grauen Haare in seiner kurz geschnittenen Frisur standen ihm gut und unterstrichen das Markante, Unverwechselbare seines Gesichts. Wenn seine dunkelbraunen Augen auf ihr ruhten, umrahmt von wenigen dezenten Lachfältchen, dann fühlte sie sich in ihrer Seele gewärmt wie an jenem Tag, als er sie nach ihrem ersten gemeinsamen Abend nach Hause gebracht hatte.

Seither durchschritten sie das Leben im Gleichtakt, meistens harmonisch, selten uneins. Sie verstanden sich hervorragend mit und ohne Worte – zumindest hatte Daphne das immer geglaubt. Oftmals dachten sie beide dasselbe, was sie feststellten, sobald einer seine Gedanken aussprach. Sie mochten dieselbe Musik, dieselbe Kunst, dieselben Filme, dasselbe Essen … Daphne fiel noch manches ein, was sie und ihren Mann beinahe zu so etwas wie eineiigen Zwillingen machte, und sie hätte jedem, der sie danach gefragt hätte, unumwunden bestätigt, dass sich zwei seelenverwandte Menschen im Laufe ihres Zusammenlebens immer ähnlicher werden.

Aber es gab da diese eine Sache, über die zu sprechen ihnen beiden doch immens schwerfiel, die jeder mit sich alleine ausmachte, und da waren sie vermutlich nicht das einzige Paar, dem es so erging.

Das Unglück begann etwa vor einem Jahr. Daphne fühlte sich unwohl. Sie verspürte immer seltener Lust auf Sex, aber es lag nicht an Jesper. Sie wollte, aber seine Berührungen machten sie nicht heiß und sie brachte es nicht über sich, mit ihm über ihr Problem zu sprechen, da sie es selbst nicht in Worte fassen konnte.

Anlässlich eines Routinetermins bei ihrem Frauenarzt sprach sie das Problem an. Es fiel ihr leichter, mit ihm darüber zu reden als mit ihrem Mann. Er war für sie wie ein Neutrum und gleichzeitig fachkompetent. Wenn einer erklären konnte, was mit ihr los war, dann er.

Sie hatte Recht. Eine Hormonanalyse brachte zu Tage, dass Daphnes Eierstöcke eine Entzündung hatten. Doch auch nach der erfolgten Behandlung produzierten sie zu wenige Hormone. Aber der Arzt beruhigte sie. Mit einer Hormonbehandlung würde alles wieder in Ordnung kommen. Daphne setzte ihre ganze Hoffnung darauf. Denn sie verzehrte sich danach, von Jesper berührt und geliebt zu werden.

Nur allmählich begriff Jesper, dass sich etwas geändert hatte. Plötzlich kam es vor, dass Daphne sich an ihn kuschelte und anfing, ihn zu streicheln. Es war schon eine Weile her, dass sie die Initiative ergriffen hatte. Doch es gab noch weitere Veränderungen. Daphne zeigte mehr Bedürfnis nach Sex als in den bisherigen acht Jahren ihrer Ehe. Er konnte nicht nachvollziehen, wann und warum dieser Prozess eingesetzt hatte, aber inzwischen war es offensichtlich. Daphne war fast ständig geil.

Von dieser unerwarteten, schleichenden Wende fühlte er sich anfangs ein wenig überfordert. Wenn er Daphne fragte, was denn auf einmal mit ihr los sei, wich sie ihm verlegen aus.

Der Gedanke an Sex mit ihm ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Tag und Nacht wurde ihr Kopfkino davon beherrscht und übernahm mehr und mehr die Kontrolle über ihren Körper. Sie hätte ihn ständig anspringen können, über seine Haut streicheln, sein bestes Stück in die Hand oder noch lieber in den Mund nehmen oder seinen weichen sexy Po genussvoll kneten. Sie wollte sich nackt an ihn schmiegen, seinen Mund und seine Hände auf ihrem Körper spüren, gierig, erobernd, verlangend, kompromisslos. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als sich mit ihm zu vereinen und seinen Steifen möglichst groß und tief in ihrem Inneren zu spüren, hart und fordernd, gleichgültig in welcher Stellung oder an welchem Ort.

Nur die Arbeit lenkte Daphne tagsüber ausreichend ab. Zu jedem anderen Zeitpunkt aber wünschte sie, ihm zu gehören, am liebsten noch intensiver als bisher und ein wenig anders – sie fühlte eine ihr bis dahin unbekannte Sehnsucht nach Unterwerfung, die ihr zugleich Angst machte.

Während Daphne seufzend ihre Gedanken zurückschweifen ließ, um sie Viola mitzuteilen, und dabei gleichzeitig überlegte, wie sie ihr immer stärker werdendes Bedürfnis nach sexueller Befriedigung stillen könnte, hatte sie vollkommen selbstvergessen ihre Hand unter ihre Bluse geschoben, die rechte Brust so weit über das Körbchen des BHs gehoben, dass ihre Brustwarze herausragte, und angefangen, sie kräftig zu reiben.

Auch das war etwas Neues für sie. Seit sie mit Jesper zusammen war, hatte sie kaum Lust verspürt, sich selbst zu berühren – außer beim Einseifen unter der Dusche oder dem Auftragen der Bodylotion danach. Selten aber fand sie es besonders erregend. Jetzt jedoch verursachten ihre eigenen Finger, dass ihre Knospen sich aufrichteten und gestreichelt, manchmal auch hart geknetet und gezwickt sein wollten, und es kam vor, wenn sie alleine an seinem geerbten Sekretär saß und an Viola schrieb, dass sie diesem Verlangen nicht widerstehen konnte. Dabei presste sie ihre Schenkel und Knie fest aneinander, kniff die Pobacken zusammen und löste sie wieder, rutschte unruhig auf dem Stuhlkissen hin und her, versuchte sich – meist erfolglos – durch die Reibung Befriedigung zu verschaffen.

Daphne seufzte. Allmählich breitete sich eine warme Feuchtigkeit in ihrem Slip aus, und sie war sich fast sicher, wenn sie jetzt auf Toilette gehen und einen Blick in ihren Slip werfen würde, hätte sich darin ein nach ihrer Lust duftender Schleim gesammelt. Sogar das war neu. Sie hatte ihren eigenen Geruch niemals als angenehm empfunden. Das hatte sich grundlegend geändert.

Sie runzelte die Stirn und schaute sich ratlos um. Wenn sie nur wüsste, was sie sich ersatzweise hineinschieben könnte, um genauso viel Befriedigung wie mit Jesper zu empfinden. Natürlich gab es professionelle Mittel. Aber sie traute sich nicht, einen Dildo oder Vibrator zu kaufen, aus Angst, Jesper würde ihn finden, würde herausfinden, was sie in seiner Abwesenheit trieb, und sie würde damit seine Gefühle verletzen. Nein, das kam überhaupt nicht in Frage!

Entschlossen, es sich hier und jetzt selbst zu machen, rieb Daphne eine Brustwarze fester denn je zwischen zwei Fingern. Früher hatte sie das als unangenehm und schmerzhaft empfunden. Ihre Brustwarzen waren schnell beleidigt und entzündet gewesen, wenn Jesper mal zu lange daran gesaugt oder zu heftig gerieben hatte. Jetzt empfand sie gerade dies als besonders lustvoll, diesen leichten ziehenden Schmerz, den sie damit gleichsetzte, dass sie ihm gehörte. Ihm und keinem anderen.

Daphne räkelte sich auf dem Schreibtischstuhl und schob ihre andere Hand in die Hose, tastete über ihre geschwollene Lustspitze, erst sanft, dann fester und schneller. Alles war warm, feucht und glitschig. Sie stellte sich dabei vor, auf dem Rücken zu liegen, die Beine leicht gespreizt senkrecht nach oben gereckt, von Jespers Händen gehalten. Sie erwiderte seinen Blick, von seinen dunklen Augen magisch gefesselt, und er stieß sich wieder und wieder in sie hinein, tief und kraftvoll, besitzergreifend und erobernd, und sie jauchzte …

Es klappte jedoch diesmal nicht. Außer einem schönen wonnigen Gefühl, das Daphne noch heißer machte, wollte sich weiter nichts einstellen, und schon gar nicht ihr ersehnter Höhepunkt. Sie gab frustriert auf, leckte ihren Finger sorgfältig ab, roch daran und nahm aufmerksam ihren eigenen Geschmack und Duft auf.

Leise kichernd setzte sie ihr Schreiben an Viola fort. Noch vor wenigen Monaten wäre sie überhaupt nicht auf die Idee gekommen, solche Sachen zu machen, mitten am Tag und dann noch ihren eigenen Schleim auflecken und es toll finden – welch ein absurder Gedanke.

«… alleine in meinem Bett, alleine in unserem Schlafzimmer, obwohl ich ihn neben mir leise schnarchen höre. Alles ist so vertraut, Viola, zum Wohlfühlen und gerne zuhause sein. Aber ich habe ein seltsames Bedürfnis danach, seine Nähe viel stärker zu spüren. Ich sollte mich glücklich schätzen, dass Jesper mich gleichberechtigt behandelt, dass wir eine harmonische Ehe führen. Stattdessen sehne ich mich neuerdings danach, von ihm – ich wage es kaum, dir zu schreiben – Befehle zu erhalten und bestraft zu werden, gezüchtigt, wenn ich nicht funktioniere. Huch. Was soll ich bloß tun?»

Viola

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