Читать книгу 12 Jahre als Sklave - Solomon Northup - Страница 8
ОглавлениеKAPITEL IV.
ELIZAS KUMMER – VORBEREITUNGEN ZUM AUFBRUCH – DURCH DIE STRASSEN WASHINGTONS GETRIEBEN – HEIL, COLUMBIA – DIE GRUFT WASHINGTONS – CLEM RAY – FRÜHSTÜCK AUF DEM DAMPFER – DIE GLÜCKLICHEN VÖGEL – AQUIA CREEK – FREDERICKSBURG – ANKUNFT IN RICHMOND – GOODIN UND SEIN SKLAVENPFERCH – ROBERT AUS CINCINNATI – DAVID UND SEINE FRAU – MARY UND LETHE – CLEM’S RÜCKKEHR – DIE NACHFOLGENDE FLUCHT NACH KANADA – DIE BRIGG ORLEANS – JAMES H. BURCH.
Wiederholt beklagte sich Eliza während der ersten Nacht ihrer Gefangenschaft im Pferch bitterlich über Jacob Brooks, den Ehemann ihrer jungen Herrin. Sie erklärte, wäre sie sich des Betruges bewusst gewesen, den er ihr gegenüber beabsichtigte, so hätte er sie niemals lebendig hierher gebracht. Man hatte die Gelegenheit genutzt, sie aus dem Weg zu schaffen, als Master Berry nicht auf der Plantage weilte. Er war immer freundlich zu ihr gewesen. Sie wünschte, sie könne ihn sehen; doch sie wusste, dass selbst er sie nun nicht mehr retten konnte. Dann begann sie erneut zu weinen – die schlafenden Kinder zu küssen – zuerst mit dem einen, dann dem anderen sprechend, während diese in ihrem tiefen Schlummer lagen, die Köpfe auf ihrem Schoß. So verstrich diese lange Nacht; und als der Morgen dämmerte, und die Nacht erneut hereinbrach, trauerte sie immer noch, und konnte nicht getröstet werden.
Ungefähr zur nachfolgenden Mitternacht öffnete sich die Zellentür und Burch und Radburn traten ein, mit Laternen in der Hand. Burch befahl uns fluchend, unverzüglich unsere Decken zusammenzurollen, und uns bereit zu machen, an Bord des Schiffes zu gehen. Er schwor, uns zurückzulassen, wenn wir uns nicht beeilten. Mit einem groben Schütteln weckte er die Kinder aus ihrem Schlaf und sagte, wie es scheine, wären sie verdammt schläfrig. Dann ging er in den Hof und rief Clem Ray, befahl ihm den Dachboden zu verlassen und in die Zelle zu kommen, sowie seine Decke mitzubringen. Als Clem erschien, stellte er uns nebeneinander hin und fesselte uns mit Handschellen aneinander – meine linke Hand an seiner rechten. John Williams war ein oder zwei Tage zuvor fortgebracht worden, nachdem ihn sein Herr zu seiner größten Freude wieder zurückgekauft hatte. Clem und mir wurde befohlen loszumarschieren, Eliza und die Kinder folgten nach. Wir wurden in den Hof geführt, von dort in die überdachte Passage, dann über eine Treppenflucht hinauf durch eine Seitentür in das obere Zimmer, von wo ich die Schritte hatte hin und her gehen hören. Es war mit einem Ofen, einigen alten Stühlen und einem langen Tisch, bedeckt mit Papieren, eingerichtet. Der Raum war weißgetüncht, ohne einen Teppich auf dem Boden, und schien eine Art Büro zu sein. Neben einem der Fenster hing, wie ich mich erinnere, ein rostiges Schwert, das meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Burchs Koffer befand sich dort. Seinen Anweisungen gehorchend ergriff ich mit meiner ungefesselten Hand einen der Griffe, während er den andern nahm, dann schritten wir durch die Vordertür hinaus auf die Straße, in derselben Reihenfolge, in der wir die Zelle verlassen hatten.
Es war eine dunkle Nacht. Alles war ruhig. Ich konnte Lichter oder deren Reflektion drüben in Richtung Pennsylvania Avenue sehen, doch es war niemand, nicht einmal ein Spätheimkehrer zu sehen. Ich beschloss beinahe, zu versuchen davonzulaufen. Ohne die Handschellen hätte ich den Versuch sicherlich unternommen, welche Konsequenzen sich auch daraus hätten ergeben mögen. Radburn bildete das Schlusslicht, einen großen Knüppel tragend, und die Kinder zur Eile antreibend, so schnell die Kleinen nur vermochten. So zogen wir, schweigend und in Handschellen, durch die Straßen Washingtons, die Hauptstadt einer Nation, deren Theorie der Staatsführung, wie man uns sagt, auf der Grundlage des unveräußerlichen Rechts des Menschen auf Leben, FREIHEIT, und dem Streben nach Glück ruht! Heil dir, Columbia, glücklich Land, wahrhaftig!
Als wir das Dampfschiff erreichten, wurden wir schnell in den Laderaum getrieben, zwischen Fässer und Kisten mit Fracht. Ein farbiger Diener brachte ein Licht, die Glocke wurde geläutet und bald darauf war das Schiff auf dem Weg den Potomac hinab, uns zu einem unbekannten Ziel tragend. Die Glocke schlug erneut, als wir die Gruft Washingtons passierten! Zweifelsfrei verneigte sich Burch ehrfurchtsvoll mit entblößtem Kopf vor der heiligen Asche des Mannes, der sein glanzvolles Leben der Befreiung seines Landes gewidmet hatte.
Keiner von uns schlief in jener Nacht außer Randall und der kleinen Emmy. Zum ersten Mal war Clem Ray völlig überwältigt. Für ihn war die Vorstellung, in den Süden zu gehen, überaus schrecklich. Er ließ die Freunde und Bekannten seiner Jugend zurück – alles, was seinem Herzen lieb und teuer war – um aller Wahrscheinlichkeit nach nie mehr wiederzukehren. Er und Eliza vermischten ihre Tränen, ihr grausames Schicksal beklagend. Was mich angeht, so schwierig es auch war, war ich dennoch bestrebt, meinen Mut nicht zu verlieren. In meinen Gedanken formte ich hundert Fluchtpläne und war vollkommen entschlossen, das Wagnis bei der erstbesten verzweifelten Gelegenheit einzugehen. Zu dieser Zeit jedoch war ich schon zufrieden, dass ich meine Richtlinie einhielt, nichts weiter zu dem Thema zu sagen, dass ich als Freier geboren worden war. Es würde mich nur Misshandlungen aussetzen und die Chancen meiner Befreiung vermindern.
Am Morgen wurden wir nach Sonnenaufgang zum Frühstück auf das Deck gerufen. Burch nahm uns die Handschellen ab und wir setzten uns an den Tisch. Er fragte Eliza, ob sie sich ein Schlückchen genehmigen wolle. Sie lehnte ab, ihm höflich dankend. Während der Mahlzeit schwiegen wir alle – kein Wort wurde zwischen uns gewechselt. Eine Mulattin, die am Tisch bediente, schien Anteil an unserem Schicksal zu nehmen – sie forderte uns auf, guten Mutes zu sein und nicht so niedergeschlagen. Nach dem Frühstück wurden uns die Handschellen wieder angelegt, und Burch befahl uns, zum Achterdeck zu gehen. Wir saßen zusammen auf ein paar Kisten und sagten immer noch nichts in Burchs Gegenwart. Gelegentlich kam ein Passagier dahin herüber, wo wir saßen, blickte uns eine Weile an, dann kehrte er schweigend zurück.
Es war ein sehr schöner Morgen. Die Felder entlang des Flusses waren mit Grün bedeckt, weit über das Maß hinaus, wie ich es zu dieser Jahreszeit erwartet hätte. Die Sonne schien warm herab; die Vögel sangen in den Bäumen. Die glücklichen Vögel – ich beneidete sie. Ich wünschte mir Flügel, so wie sie, auf dass ich die Lüfte zerteilen könne, dahin, wo meine Küken im kühleren Norden vergeblich auf das Kommen ihres Vaters warteten.
Am Vormittag erreichte der Dampfer Aquia Creek. Dort stiegen die Passagiere in Kutschen um – Burch und seine fünf Sklaven nahmen eine allein in Beschlag. Er lachte mit den Kindern, und bei einem Halt ging er sogar soweit aus sich heraus, dass er ihnen ein Stück Pfefferkuchen kaufte. Er sagte mir, ich solle meinen Kopf hochhalten und schlau aussehen. Auf diese Weise mochte ich vielleicht einen guten Herrn erwischen, wenn ich mich benähme. Ich erwiderte darauf nichts. Sein Gesicht war mir verhasst, und ich konnte nicht ertragen, es anzublicken. Ich saß in der Ecke, in meinem Herzen die Hoffnung nährend, die noch nicht völlig erloschen war, dem Tyrannen eines Tages auf dem Boden meines Heimatstaates zu begegnen.
In Fredericksburgh wurden wir von der Kutsche in einen Eisenbahnwaggon verladen, und vor Einbruch der Dunkelheit kamen wir in Richmond, der wichtigsten Stadt Virginias an. In dieser Stadt wurden wir aus dem Waggon geholt, und durch die Straße zu einem Sklavenpferch getrieben, zwischen dem Eisenbahndepot und dem Fluss gelegen, von einem Mr. Goodin geführt. Dieser Pferch ähnelte dem von Williams in Washington, außer dass er etwas größer war; außerdem standen zwei kleine Hütten in gegenüberliegenden Ecken des Hofes. Diese Hütten findet man gewöhnlich in Sklavenpferchen, wo sie zur Untersuchung des menschlichen Viehs durch den Käufer genutzt werden, bevor der Handel besiegelt wird. Schwächlichkeit bei einem Sklaven sorgt ebenso wie bei einem Pferd für einen beträchtlichen Wertverlust. Wenn keine Garantie gewährleistet wird, ist eine genaue Untersuchung für einen „Negerjockey“ (Anm. d. Übers.: eine abwertende Bezeichnung für Sklavenhändler, die trotz ihrer Bedeutung für die Wirtschaft der Südstaaten auch innerhalb dieser Staaten ausgegrenzt wurden. Diese Schizophrenie wird durch die ebenfalls übliche Bezeichnung „Südstaaten-Shylock“ noch deutlicher.) ganz besonders wichtig.
Wir wurden an der Tür von Goodins Hof von diesem Gentleman persönlich begrüßt – ein kleiner, fetter Mann mit einem runden, feisten Gesicht, schwarzem Haar und Schnurrbart, und einem Teint, der fast so dunkel war wie der von einigen seiner eigenen Schwarzen. Ihm war ein hartes, strenges Aussehen zu eigen, und er war vielleicht fünfzig Jahre alt. Burch und er begrüßten sich mit größter Herzlichkeit. Sie waren offensichtlich alte Freunde. Einander wärmstens die Hände schüttelnd, bemerkte Burch, dass er etwas Gesellschaft mitgebracht hätte, erkundigte sich, um welche Uhrzeit die Brigg losfahren würde, und bekam zur Antwort, dass sie vermutlich am nächsten Tag um die und die Zeit losmachen würde. Dann wandte sich Goodin mir zu, nahm mich am Arm, drehte mich ein Stück herum, blickte mich scharf an mit dem Auftreten eines Mannes, der sich selbst für einen guten Kenner von Waren hält, und als ob er im Geiste abschätzte, wie viel ich wert sein mochte.
„Nun, Junge, wo bist du her?“ Mich einen Augenblick vergessend, antwortete ich: „Aus New York.“
„New York! Hölle! Was hast du denn da oben gemacht?“, war seine erstaunte Frage.
Als ich Burch in diesem Augenblick beobachtete, wie er mich mit einem zornigen Ausdruck ansah, dessen Bedeutung nicht schwer zu verstehen war, antwortete ich sofort: „O, ich war nur kurz dort oben gewesen“, auf eine Weise, die andeuten sollte, dass auch wenn ich schon bis nach New York gekommen war, ich doch eindeutig zu verstehen geben wollte, dass ich nicht zu jenem freien Staat gehörte, wie auch zu keinem anderen.
Goodin wandte sich dann Clem zu, und danach Eliza und den Kindern, untersuchte sie gründlich und stellte verschiedene Fragen. Er war mit Emily sehr zufrieden, wie jeder, der das liebenswerte Antlitz des Mädchens sah. Sie war nicht mehr so sauber wie damals, als ich sie das erste Mal sah; ihr Haar war nun etwas in Unordnung; aber durch seine zerzauste und weiche Fülle strahlte immer noch ein kleines Gesicht von höchst überragender Lieblichkeit. „Insgesamt ein hübscher Posten – ein teuflisch guter Posten“, sagte er, diese Meinung mit mehr als einem einfühlsamen Adjektiv verstärkend, die man in keinem christlichen Vokabular finden konnte. Daraufhin gingen wir in den Hof. Eine ansehnliche Zahl von Sklaven, etwa dreißig möchte ich meinen, bewegten sich dort umher, oder saßen auf Bänken unter dem Schuppendach. Sie waren alle sauber angezogen – die Männer trugen Hüte, die Frauen Taschentücher um ihre Köpfe geknotet.
Burch und Goodin stiegen, nachdem sie sich von uns abgesondert hatten, die Treppe hinauf zum hinteren Teil des Hauptgebäudes und setzten sich auf die Türschwelle. Sie begannen eine Unterhaltung, doch das Thema davon konnte ich nicht hören. Schließlich kam Burch in den Hof hinab, kettete mich los und führte mich in eine der kleinen Hütten.
„Du hast dem Mann gesagt, du kämst aus New York“, sagte er.
Ich antwortete: „Ich sagte ihm, dass ich bis in New York gewesen sei, das stimmt, aber ich sagte ihm nicht, dass ich dort hingehörte, noch dass ich ein freier Mann wäre. Ich dachte mir überhaupt nichts dabei, Master Burch. Ich hätte es nicht gesagt, wenn ich nachgedacht hätte.“
Er sah mich einen Augenblick an, als wäre er bereit mich zu verschlingen, dann drehte er sich um und ging raus. Nach wenigen Minuten kehrte er zurück. „Wenn ich jemals höre, wie du nur ein Wort über New York verlierst, oder über deine Freiheit, dann werde ich dein Tod sein – ich werde dich töten; darauf kannst du dich verlassen“, stieß er wütend hervor.
Ich bezweifle nicht, dass er damals besser noch als ich die Gefahr und die Strafe verstand, einen freien Mann in die Sklaverei zu verkaufen. Er spürte die Notwendigkeit, meinen Mund vor dem Verbrechen zu schließen, das er wissentlich beging. Natürlich hätte mein Leben noch nicht einmal soviel wie eine Feder gewogen, hätte ein Notfall ein solches Opfer erfordert. Zweifelsfrei meinte er genau das, was er sagte.
Unter dem Schuppendach auf einer Seite des Hofes war eine grobe Tafel aufgebaut worden, während darüber auf dem Boden geschlafen wurde – so wie in dem Pferch in Washington. Nachdem wir an diesem Tisch unser Abendessen aus Schweinefleisch und Brot zu uns genommen hatten, wurde ich mit der Handschelle an einen großen, gelben Mann gekettet, der recht kräftig und fleischig war, mit einer Miene, die äußerste Schwermut zur Schau trug. Er war ein Mann von Intelligenz und voller Informationen. Zusammengekettet dauerte es nicht lange, bis wir uns mit unserer Geschichte bekannt gemacht hatten. Sein Name war Robert. Wie ich, war auch er frei geboren, und besaß eine Frau und zwei Kinder in Cincinnati. Er sagte, er wäre mit zwei Männern nach Süden gekommen, die ihn an seinem Wohnort angeworben hätten. Ohne Freiennachweis war er in Fredericksburgh aufgegriffen worden, in Gefangenschaft genommen und geschlagen worden, bis er, so wie ich auch, die Notwendigkeit und Klugheit des Schweigens gelernt hatte. Er war seit etwa drei Wochen in Goodins Pferch. Diesem Mann fühlte ich mich sehr nahe. Wir brachten füreinander Mitleid auf und verstanden uns. Und es war mit Tränen und schwerem Herzen, dass ich ihn nicht viele Tage danach sterben sah und ein letztes Mal seine leblose Gestalt anblickte!
Robert und ich, sowie Clem, Eliza und ihre Kinder schliefen in dieser Nacht auf unseren Decken, in einer der kleinen Hütten auf dem Hof. Es gab noch vier andere, die ebenfalls die Hütte mit uns belegten, alle von derselben Plantage, die man verkauft hatte und die nun auf dem Weg nach Süden waren. David und seine Frau Caroline, beides Mulatten, waren außerordentlich bestürzt. Allein die Vorstellung, auf die Zuckerrohr- und Baumwollfelder gesteckt zu werden, erschreckte sie; doch die größte Quelle der Furcht war es, voneinander getrennt zu werden. Mary, ein großes, schlankes Mädchen, von einem höchst tiefen Schwarz, war teilnahmslos und offenbar allem gegenüber gleichgültig. Wie viele unserer Klasse, wusste sie kaum, dass es überhaupt so ein Wort wie Freiheit gab. In der Unwissenheit von Vieh aufgezogen, besaß sie wenig mehr Intelligenz als ein Stück Vieh. Sie war eine von denjenigen, und davon gibt es sehr viele, die nichts fürchten außer der Peitsche ihres Herrn, und keine andere Pflicht kennen, außer seiner Stimme zu gehorchen. Die andere war Lethe. Sie war von einem völlig anderen Charakter. Sie hatte langes, gerades Haar, und besaß eher das Erscheinungsbild eines Indianers als einer Schwarzen. Sie besaß scharfe und boshafte Augen und äußerte sich unablässig in der Sprache von Hass und Rache. Ihr Ehemann war verkauft worden. Sie wusste nicht, wo sie war. Ein Wechsel ihrer Herren, da war sie sich sicher, konnte nicht zum Schlechteren sein. Sie kümmerte es nicht, wohin man sie bringen mochte. Auf die Narben auf ihrem Gesicht deutend, gab die verzweifelte Kreatur ihren Wunsch kund, dass sie den Tag erleben wollte, wo sie sie im Blut eines Mannes abwaschen konnte!
Während wir auf diese Weise unsere gegenseitigen Geschichten des Elends erfuhren, setzte sich Eliza alleine in eine Ecke, sang Kirchenlieder und betete für ihre Kinder. Erschöpft vom Mangel an Schlaf, konnte ich nicht länger den Avancen des „süßen Wiederherstellers“ widerstehen, und legte mich an die Seite Roberts auf den Boden, vergaß bald meine Sorgen und schlief bis zur Dämmerung des Tages.
Am Morgen, nachdem wir unter Goodins Beaufsichtigung den Hof gefegt und uns gewaschen hatten, wurde uns befohlen, unsere Decken zusammenzurollen und uns bereitzumachen für die Fortsetzung unserer Reise. Clem Ray wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass er nicht weiter mitkommen würde. Burch hatte aus irgendeinem Grund beschlossen, ihn wieder zurück nach Washington zu bringen. Clem war höchst erleichtert. Nachdem wir uns die Hände geschüttelt hatten, trennten wir uns im Sklavenpferch von Richmond, und ich habe ihn seitdem nicht mehr getroffen. Aber ich habe nach meiner Rückkehr zu meiner größten Überraschung erfahren, dass er aus der Knechtschaft geflohen und auf dem Weg zum freien Boden von Kanada war, wobei er eine Nacht im Haus meines Schwagers in Saratoga logierte, und dabei meine Familie über meinen Aufenthaltsort und meinen Zustand informierte, als er mich zuletzt gesehen hatte.
Am Nachmittag wurden wir in Zweierreihen aufgestellt, Robert und ich vorneweg, und in dieser Aufstellung von Burch und Goodin vom Hof aus durch die Straßen Richmonds zur Brigg Orleans getrieben. Diese war ein Schiff von achtbarer Größe, voll aufgetakelt und zum größten Teil mit Tabak beladen. Bis fünf Uhr waren wir alle an Bord. Burch brachte jedem von uns eine Blechtasse und einen Löffel. Wir waren etwa zu vierzig auf der Brigg, alle bis auf Clem, die sich im Sklavenpferch aufgehalten hatten.
Ich begann mit einem kleinen Taschenmesser, das mir nicht weggenommen worden war, meinen Namen in die Blechtasse zu ritzen. Die anderen versammelten sich augenblicklich um mich herum und baten mich, die ihren auf ähnliche Weise zu markieren. Nach einiger Zeit hatte ich alle zufrieden gestellt, was sie sicher nicht so schnell vergessen würden.
In der Nacht wurden wir alle im Laderaum untergebracht und die Luke verriegelt. Wir lagen auf Kisten oder wo auch immer genügend Platz war, die Decken auf dem Boden auszubreiten.
Burch begleitete uns nicht weiter als bis Richmond, von wo er mit Clem in die Hauptstadt zurückkehrte. Es mussten zwölf Jahre verstreichen, bis zum letzten Januar, um genau zu sein, ehe ich im Washingtoner Polizeirevier meinen Blick wieder auf sein Gesicht richtete.
James H. Burch war ein Sklavenhändler – einer der Männer, Frauen und Kinder zu niedrigen Preisen kaufte und sie mit Gewinn wieder verkaufte. Er war ein Spekulant in Sachen menschlichen Fleisches – ein anrüchiger Beruf – und wurde als solcher im Süden betrachtet. Vorläufig verschwindet er aus den Szenen, die in diesem Bericht wiedergegeben werden, doch er wird vor dem Ende erneut auftauchen, nicht in der Rolle eines Menschen auspeitschenden Tyrannen, sondern als verhafteter, unterwürfiger Verbrecher vor einem Gericht, welches ihm keine Gerechtigkeit zukommen ließ.