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Kapitel 1

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03. März 2019, Denver, Colorado

Ein kühler Frühlingswind fegte über die Wolkenkratzer der Denver Innenstadt, während sich die ersten Vögel Material für ihre Nester suchten. Es war 7 Uhr am Dienstagmorgen und es herrschte reger Verkehr. Mütter brachten ihre Kinder zur Schule und hetzten anschließend zu ihrer Arbeit, während der Mann schon im Büro saß und Zeitung ließ und der Bäcker von neben an gerade ins Schwitzen kam, weil alle noch schnell ein

Brötchen wollten. Die Läden öffneten gerade und die Bauarbeiter starteten ihre Schicht, die Polizisten verteilten die ersten Strafzettel und die Jugendlichen schrieben mit ihren Freunden SMS, obwohl sie direkt nebeneinander standen. Die Krankenschwester beendete ihre Nachtschicht und machte schnell noch die Visite, bevor sie übermüdet in ihr Bett viel. Die U-Bahn verspätete sich mal wieder und ließ hunderte Pendler in ihren Anzügen warten.

Mitten in dem alltäglichen Getümmel stand eine junge Frau und wärmte ihre Finger an einem Becher Milchkaffe mit Sahne von Starbucks. Sie war 28 Jahre alt und hatte lange, blonde Haare, die leicht gewellt über ihre Schultern fielen. Ihre strahlend blauen Augen waren heller, als die jedes Babys und ihr zartes Gesicht fror in der kalten Märzluft. Ihr Name war Rose Davis und sie wartete nun schon seit 15 Minuten auf ihre Bahn. Sie musste um 8 Uhr in ihrer Firma sein. Sie arbeitete für ein großes Unternehmen, dass anderen Firmen und reichen Privatleuten die Steuererklärung und Buchhaltung machte oder Steuerprüfer zu ihnen schickte, um sicher zu gehen, dass sie sich auch an die Regeln hielte. Sie selbst machte wiederum die Buchhaltung für diese Firma und kümmerte sich mit ihren anderen beiden Kolleginnen um 1000 Mitarbeiter. Fünf Tage die Woche war Rose völlig überarbeitet und die restlichen zwei ging sie mit ihren beiden besten Freundinnen im Club feiern oder traf sich mit ihrem Freund. Die Bahn rollte in den Bahnhof und Rose stieg ein. Sie wollte sich auf einen Sitz setzten, doch eine alte Dame kam ihr entgegen und sie ließ ihr den Vortritt. So musste sie die 17 Stationen durch ganz Denver stehen. Als sie schließlich ausstieg konnte sie kaum noch stehen. Schnell lief sie über die Straße und holte sich an dem Bäcker gegenüber ihrer Firma ein Brötchen.

Als sie den Laden betrat blickte die Chefin, eine etwa 50jährige Frau mit rot-grauem Haar, auf und lächelte: „Guten Morgen Ms. Davis. Schön sie zu sehen. Ich nehme an, das Gleiche wie immer?“ Rose nickte und stellte sich an den Tresen. Die Bäckerei war klein, aber sie gefiel Rose, da sie gemütlich war und die Besitzerin einfach der Wahnsinn. Als die Frau hinter dem Tresen ihr Brötchen mit Käse und Salat eingepackt hatte reichte sie es über den Tresen und meinte: „Heute gebe ich es ihnen mal umsonst! Wir sehen uns morgen.“ Sie wollte sich umdrehen, aber Rose hielt sie zurück: „Wissen sie, ich… ich…ich werde nicht wieder kommen…ich ziehe zu Adrian…nach New York. Es… es tut mir wahnsinnig leid, aber ich reise morgen um 11 Uhr ab.“ Die Bäckerin sah sie zunächst überrascht und dann traurig an. „Sind sie sicher, dass er der Richtige ist?“, fragte sie ernst. Rose überlegte. Ehrlich gesagt war sie sich da nicht so sicher, aber sie wollte raus aus Denver und Adrian war gut zu ihr. Sie hatten schöne Dinge erlebt und aus irgendeinem Grund wollte Rose ihn nicht verlieren. Statt zu antworten zog sie etwas aus ihrer Handtasche. „Das ist für sie, Melody“, meinte Rose und reichte es ihr. Es war eine

Kette mit einem kleinen, silbernen Anhänger, der einen

Donut abbildete. Hinter dem Donut war ein kleines

Kärtchen, auf dem in einer geschwungenen Handschrift Melody, die beste Bäckerin Amerikas stand. Melody lächelte und steckte sich das Namensschild an ihre Bluse. Danach legte sie sich die Kette um den Hals und umrundete den Tresen. „Viel Glück, Ms. Davis“, sagte sie traurig und umarmte Rose, „ich werde sie vermissen.“ „Ich sie auch. Grüßen sie ihre Familie von mir“, mit diesen Worten drehte Rose sich um und verließ die Bäckerei. Sie überquerte die Straße und betrat das Gebäude auf der anderen Straßenseite. Sie ging in den Fahrstuhl und stieg im fünften Stock wieder aus.

Das Büro war groß und geräumig mit vielen Türen und

Gängen. Rose ging vorbei an drei Büros, die mit Glasscheiben umrundet waren und betrat ihren eigenen Glaskasten. Gegenüber von ihr saß ihre Kollegin, Sally. Sie war an die 70 Jahre alt, aber sie liebte ihren Beruf und Rose liebte sie. „Hi, Sally!“, begrüßte Rose sie, als sie eintrat. „Guten Morgen, Rose! Ich wünsche dir einen wundervollen letzten Arbeitstag!“, rief Sally und stand auf, „mögest du in der Zukunft sehr viel mehr Geld verdienen, als nur unseren Hungerslohn!“ Rose lachte und meinte:

„Also erstens ist das hier definitiv mehr als ein Hungerslohn und zweitens, werde ich diesen Job unglaublich vermissen. Und mit diesem Job meine ich eigentlich dich!“ Sie redeten noch eine Weile und machten sich dann an die Arbeit. Rose musste noch einige Abrechnungen machen und ständig kamen Kollegen herein, um sie zu verabschieden oder einfach, um mit ihr zu reden. Aus irgendeinem Grund taten das viele Menschen gerne.

Heute machte Rose schon um 14 Uhr Schluss, da sie sich noch mit ihren Freundinnen treffen wollte und einige Besorgungen machen musste. Sie verabschiedete sich erst von Sally und dann von allen anderen Kollegen, egal, ob sie sie kannte oder nicht. Dann verließ sie das Gebäude und wurde dort bereits von ihren Freundinnen erwartet. Die eine, Julia, hatte lange braune Haare und trug eine Brille. Sie war 30 Jahre alt und Rose kannte sie seit der fünften Klasse. Jetzt arbeitete sie als Tierärztin in einer Klinik und kümmerte sich um alle möglichen Tiere. Neben Julia stand Brooklyn. Sie hatte ebenfalls braune Haare, doch sie reichten nur bis zu ihren Schultern und sie trug auch keine Brille. Sie war 29 Jahre alt und Rose kannte sie seitdem sie in den Kindergarten gegangen war. Sie arbeitete als Zahnärztin in ihrer eigenen Praxis und hatte genauso wie Julia ihren größten Traum verwirklicht. Nur Rose war sich immer noch nicht sicher, was überhaupt ihr Wunsch war. Die Buchhaltung und Gehälter hatten ihr zwar Spaß gemacht, aber wollte sie das wirklich für den Rest ihres Lebens? Sie wusste es nicht. „Rosie!“, schrie Brooklyn, als Rose auf sie zuging. Brooklyn warf sich um ihren Hals und küsste sie auf die Wange, „bereit für den geilsten Abend der Welt?“ „Yeah!“, antwortete Rose glücklich und umarmte auch Julia. „Okay, wo wollen wir hin?“, fragte Rose und Brooklyn und Julia blickten sich verstohlen an. “Überraschung zum letzten Tag in Denver! Erstmal Shoppen!“, meinte Julia und hackte sich bei Rose ein. Ja, der letzte Tag in Denver. Rose wusste nicht ganz, ob sie sich freuen oder weinend in der Ecke sitzen sollte. Schon morgen würde sie mit Adrian in seinem schicken Apartment wohnen und sich neue Freunde suchen müssen. Sicher, sie hatte es sich gewünscht und nach all den Jahren wurde es auch Zeit, aber trotzdem war sich Rose nach allem, was sie erlebt hatte, immer noch nicht sicher. „Gut, Taxi!“, rief Brooklyn und zog Rose in das nächste Taxi.

Sie fuhren zu einer Shoppingmall ganz in der Nähe. Brooklyn zog Rose hinter sich her und in einen Laden hinein. Es war ein großer Klamottenladen, dessen große Schilder in den Schaufenstern seine Kleider, Schuhe, T-Shirts und Angebote zur Schau stellten. Doch es war kein gewöhnlicher Laden. Er war bekannt für seine auf Wunsch angefertigten Kleidungsstücke und Accessoires.

Rose hatte früher immer geglaubt, dass so etwas nur im

Internet ging, doch vor wenigen Jahren hatte dieser Laden eröffnet und sie hatte auch das Schild für Melody hier machen lassen. Allerdings wusste sie nicht, was sie hier wollten. „Komm, Rose!“, rief Brooklyn, die nun schon fünf Meter weiter stand. Sie winkte aufgeregt mit den Armen und auch Julia kam kaum hinterher. „Ist ja gut,

Brooks! Ganz ruhig, was wollen wir denn hier?“, fragte Rose irritiert. „Julia und ich haben da mal was vorbereitet“, meinte Brooklyn mit einem wissenden Grinsen und ging nun etwas langsamer weiter. Julia ging neben Rose her und lächelte ebenfalls. Sie gingen zu einer Kasse, an der gerade keiner stand und die von einem jungen Mann geführt wurde. Seine kurzen, schwarzen Haare waren zerzaust und wirkten völlig fehlgeschlagen. „Guten Tag, wie kann ich ihnen helfen?“, fragte der Verkäufer freundlich. „Hi“, begrüßte ihn Brooklyn kurz und kam direkt zur Sache, „meine Freundinnen und ich hatten letzten Montag etwas bestellt. Wir würden es jetzt gerne abholen.“ „Natürlich, wenn sie mir bitte einmal ihren Abholschein geben würden“, erklärte der Mann und Julia gab ihm einen kleinen Papierschein. Er verschwand hinter einer Tür und ließ die drei Frauen allein.

Rose lehnte sich an den Tresen an und fragte sich, was es wohl war. „Also, was habt ihr gemacht?“, wollte sie neugierig wissen. Ihre Finger schlugen unaufhörlich auf das Holz und auf ihre Füße standen nicht still. „Es ist nur eine Kleinigkeit, aber wir wollten dich nicht einfach so gehen lassen. Nur ein kleiner Scherz“, meinte Julia lächelnd und Brooklyn lachte: „Ich hoffe so, so sehr, dass es dir gefällt.“ „Das wird es bestimmt“, bekräftigte Rose und sie warteten noch einige Minuten, bis der junge Verkäufer zurückkam. Er schob eine Tüte über den Tresen und Brooklyn nahm sie sogleich an sich. „Wie ich sehe, haben sie bereits bezahlt. Dann wünsche ich ihnen viel Spaß damit und noch einen schönen Tag“, verabschiedete sie der Mann. „Den werden wir ganz sicher haben, vielen Dank und gleichfalls“, entgegnete Brooklyn und zu dritt verließen sie wieder den Laden.

Julia führte sie durch die Mall und zu einem kleinen Café, das sich nur wenige Meter weiter befand. „Also, ich weiß ja nicht, wie es mit euch ist, aber ich brauche jetzt erstmal einen Kaffee“, entschied Julia und Rose stimmte ihr zu. Sie setzten sich an einen Tisch in der Ecke und Brooklyn reichte Rose die Tüte. Gespannt öffnete sie die Tüte und zog drei Kapuzenpullover hervor. Sie alle waren unterschiedlich beschriftet. Als Rose die Texte las konnte sie sich ein Lachen nicht verkneifen. Auf dem einen, der für Julia vorgesehen war stand in Großbuchstaben: FÜR IMMER NR. 3! Bei Brooklyn stand: FÜR IMMER NR. 1 und für Rose stand dort: FÜR IMMER NR. 2. Wenn man es so las, dann hätte man vielleicht denken können, dass es beleidigend oder gar verletzend war, doch für Rose war es alles andere als das. Als sie Teenager gewesen waren, hatten sie ihrer kleinen Gruppe einen Namen gegeben und jeder hatte seine Nummer bekommen. Brooklyn war immer die, die dafür sorgte, dass sie Spaß hatten und eigentlich war sie auch auf die Idee gekommen. Deshalb war sie die Nummer eins und Julia war als letztes gekommen. Bis zu fünften Klasse waren Brooklyn und Rose immer nur zu zweit gewesen und deshalb war Julia nun einmal die Nummer drei. Rose wusste gar nicht genau, was sie war, doch da es nur Sinn gemacht hatte, war sie seit der sechsten Klasse die Nummer zwei. Keiner kannte die Geschichte, doch sie drei wussten ganz genau Bescheid und Rose freute sich riesig über dieses Geschenk.

„Oh mein Gott! Danke, danke, danke!“, rief Rose und umarmte Julia und Brooklyn überschwänglich, „ich werde diesen Pulli definitiv tragen!“ Julia grinste und nahm sich ihren Pulli. Auch Brooklyn nahm sich ihren und lachte über all die lustigen Erinnerungen, die sie mit diesem Satz verband. Sie tranken schnell ihren Kaffee aus und stiegen wieder in ein Taxi.

Als nächstes stiegen sie bei einem Restaurant aus. Es war erst 17 Uhr, doch sie wollten heute früh essen, da sie noch mit anderen Freunden verabredet waren. Sie gingen in einen Italiener, der sich am Ende der Fußgängerzone befand. Von außen war das Restaurant unscheinbar und wirkte fast schon lächerlich neben all den Wolkenkratzern und teuren Läden, die direkt neben an waren. Sie betraten das Restaurant und sahen sich um. Von Innen war es alles andere als unscheinbar. Die Wände waren mit großen Gemälden geschmückt und der Boden war mit hellen Fliesen ausgelegt. Die Tische waren aus dunklem Kirschholz und gaben der ganzen Einrichtung etwas Edles. Die Fenster wurden mit

Gardinen in Beige geschmückt, die fließend bis auf den Boden reichten und an jeder Ecke des Hauptraumes hingen edle Kerzenständer. Die Deckenlampen waren schlicht und bestanden jeweils aus drei kleinen Glühbirnen, die im Retrostyle gestalten waren. Alles in einem war perfekt auf einander abgestimmt und verlieh dem Raum eine gewisse Gemütlichkeit.

Rose, Brooklyn und Julia gingen durch den

Eingangsbereich und stellten sich an ein kleines Pult, hinter dem eine Frau mittleren Alters mit schwarzen Haaren und strenger Kleidung stand. „Guten Abend, haben sie eine Reservierung?“, fragte die Frau höflich. Brooklyn machte einen Schritt nach vorne und antwortete: „Ja, auf den Namen Clocks.“ Die Frau blätterte kurz in einem Buch, das vor ihr lag und meinte dann: „Ah ja, für drei Personen auf den Namen Brooklyn Clocks. Wenn sie mir einmal bitte folgen würden.“ Die Frau führte sie an mehreren Tischen vorbei, die fast alle bereits besetzt waren und blieb schließlich an einem Tisch mit drei Stühlen stehen. „Vielen Dank“, bedankten sich die drei und setzten sich. Der Tisch befand sich am linken Ende des Raumes und man konnte alle Gäste des Restaurants gut sehen und beobachten.

Brooklyn und Rose bestellten sich jeweils eine Pizza

Hawaii, und Julia bestellte sich Tagliatelle mit Pesto und Champions. Dazu bestellten sie eine Flasche Weißwein und nachdem der Kellner die Bestellung aufgenommen hatte begannen sie über Rose’ neues Zuhause zu sprechen. „Also, wie nah wohnt ihr an der Stadt? In welchem Teil war das auch noch?“, wollte Brooklyn interessiert wissen. „Ach Brooks, die Wohnung ist in Manhattan und es sind zwei Kilometer in den Teil der Stadt, den du meinst“, entgegnete Rose genervt, „Wann kommt ihr?“ „Wie geplant kommen wir am Freitag und helfen dir beim Einziehen. Unser Flieger landet Freitag um 16 Uhr. Ian hat uns vier Tickets gebucht und Logan hat sich um ein Hotel gekümmert“, erklärte Julia. Ian war Brooklyns Freund und Logan war Julias Verlobter. Sie wollten im Sommer irgendwann heiraten, aber es gab noch nichts Konkretes. „Ich habe doch gesagt, dass ihr bei uns wohnen könnt! Die Wohnung ist groß genug für uns alle!“, meinte Rose aufgebracht. Brooklyn legte ihr einen Arm auf die Schulter: „Das wissen wir, aber wir wollten euch nicht auf die Nerven gehen. Außerdem braucht ihr ein bisschen Privatsphäre, jetzt da ihr endlich zusammenwohnt. Wir kommen schon zurecht, Rose.“ Rose nickte und sie wechselten das Thema.

Trotzdem musste Rose die ganze Zeit über an Adrian und ihre Beziehung denken. Sicher, das war normal, aber es war anders, als es wahrscheinlich die meisten Liebenden taten. Rose war nicht aufgeregt und sie zweifelte auch nicht an Adrians Liebe oder an ihrer Entscheidung. Aber etwas in ihr war verklemmt und traurig. Als wolle es nicht, dass Rose ihr Herz

verschenkte, wo es doch an einen anderen Ort gehörte… Zu einem anderen Menschen. Doch wie sollte Rose wissen, wann es endlich richtig ist? Sie war unsicher und fragte sich unentwegt, was sie nur tun sollte. Adrian war toll, süß und Rose hatte sich vor acht Jahren in ihn verliebt…Doch seitdem war viel Zeit vergangen. Rose hatte Adrians Seiten kennen gelernt und andere Männer. Adrian hatte ihr Vertrauen hunderte Male verletzt und hatte ihr das Sicherheitsgefühl wieder und wieder genommen. Zusammen hatten sie einiges durchgemacht, aber Rose fragte sich, ob das reichte. War es wirklich Liebe? Rose hatte zwar schon lange den Glauben an wahre Liebe verloren, aber man konnte nie aufhören zu träumen. Sie war nie fremdgegangen, doch sie hatte oft darüber nachgedacht, was wäre, wenn sie nicht mit Adrian, sondern mit einem anderen Mann in ihrem Bett liegen würde…Einem, den sie zu einhundert Prozent liebt und auf den sie sich verlassen konnte. Dem sie alles erzählen konnte und bei dem sie sich zuhause fühlte. All das glaubte sie nicht wirklich in Adrian zu finden, aber sie war es leid, zu warten. Sie wollte ein Zuhause und einen festen Platz finden. Einen Ort, an den sie sich zurückziehen konnte. Aber auch aus dem sie heraus konnte und andere dazu einladen konnte. An dem sie sich sicher fühlte und wusste, dass es für immer so sein würde. Rose war sich sicher, dass Adrian sie niemals fallenlassen würde und das beruhigte sie. Sie fühlte sich bei ihm wohl, doch eigentlich wusste sie gar nicht, wie sich Liebe wirklich anfühlte. Sie hatte nie wirklich gespürt, wie es sich anfühlte jemanden zu lieben und das ließ sie zögern…

„Rose?“, riss eine Stimme sie zurück in die Wirklichkeit. „Alles in Ordnung?“, fragte Julia besorgt. „Was?! Äh, ja, ja, alles okay“, antwortete Rose immer noch leicht verwirrt. Brooklyn und Julia warfen sich einen Blick zu und drehten sich dann beide zu Rose. Brooklyn nahm ihre linke und Julia ihre rechte Hand. „Rose…ich kenne dich fast mein ganzes Leben und ich habe dir noch nie etwas verschwiegen…ich sehe, wenn etwas bei dir nicht okay ist. Also würdest du uns nun bitte verraten, was los ist“, sagte Brooklyn sanft, aber es war trotzdem eher ein Befehl, als eine Bitte. Rose zögerte, aber dann holte sie tief Luft und erklärte es: „Wisst ihr, ich will mit Adrian zusammenziehen. Ich will es wirklich. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es tatsächlich Liebe ist. Ich weiß, ich weiß, dass jeder sich Sorgen macht, es könnte nicht richtig sein, dass es einem nicht gefällt und so, aber Leute, wirklich. Ich glaube nicht wirklich, dass ich ihn liebe…Er hat mein Vertrauen oft verletzt und ich fühle mich bei ihm nicht so geborgen, wie ich es tun sollte. Trotzdem weiß ich, dass er mich niemals allein lassen wird und ich glaube, das ist das einzige, was ich brauche. Die Sicherheit, nicht im Stich gelassen zu werden…“ Brooklyn dachte nach und strich Rose über die Hand: „Weißt du noch, wie wir früher immer den Jungs aus unserer Klasse und auch allen anderen die Herzen gebrochen haben? Oder als du mit diesem einen Typen zusammen warst? Du hast ihn überhaupt nicht geliebt, aber du hast es trotzdem gebraucht. Manchmal bist du echt komisch, aber ich glaube tatsächlich, dass du nicht auf der Suche nach wahrer Liebe bist. Warst du noch nie und wirst du auch nie sein, da du da überhaupt nicht dran glaubst. Du bist nur auf der Suche nach einem Zuhause und Geborgenheit…Ob du die Person, die es dir gibt nun liebst oder einfach nur magst…Adrian gibt dir ein Zuhause und deshalb denke ich, dass es die richtige Entscheidung ist… Es sei denn natürlich, du triffst noch deinen Traumprinzen!“. Sie lachten und Rose wischte sich eine Träne von der Wange.

Der Kellner kam mit der Pizza wieder und sie aßen. Sie redeten über alles Mögliche und nach einer Weile begann Rose einfach so zu grinsen. „Was?“, fragte Julia.

„Ich musste nur gerade an den Typen aus der sechsten Klasse denken…“ Auch Julia und Brooklyn lachten wieder und Rose vergaß ihre Sorgen für den Rest des Abends. Nachdem sie gegessen hatten verließen sie das Restaurant und gingen stattdessen in einen Club direkt um die Ecke. Sie gingen am Türsteher vorbei und setzten sich an die Bar. Es war bereits 21 Uhr, aber es waren noch nicht sehr viele Leute da. Sie bestellten sich einen Piña Colada und redeten noch eine Weile.

Um 21:30 Uhr kamen noch zwei Männer und zwei Frauen zu ihnen. Sie waren ebenfalls alte Freunde aus der Schule. Einer der Männer hieß Tommy Willis. Er war 30 Jahre alt und hatte hellbraune Haare. Im Allgemeinen hatte er ziemlich viel Ähnlichkeit mit Julia, denn er war ihr Zwillingsbruder. Neben ihm stand Jacob Jonas. Er war 29 Jahre alt und hatte braun-blonde Haare, die er, wie auch Tommy, nach oben gegelt hatte. Die beiden Frauen hießen Katherine McColl und Annabeth Flyther. Katherine war 28 Jahre alt und Annabeth 29. Sie hatten beide helles Haar, doch Katherines war eher blond und Annabeths eher bräunlich. Sie waren alle auf die gleiche Schule gegangen. Zwar hatten Julia, Brooklyn und Rose irgendwann den Kontakt zu ihnen verloren, doch vor einigen Jahren hatten sie sich durch einen Zufall wiedergesehen und seitdem verbrachten sie oft Zeit zusammen. „Da seid ihr ja! Hi Tommy!“, rief Brooklyn laut und umarmte erst Tommy und dann die anderen drei. Auch Rose begrüßte die vier und bestellte dann für alle eine Runde Schnaps. Sie tranken ihn und bestellten sich dann alle andere Getränke. „Rose, herzlichen Glückwunsch noch mal. Ich hatte schon fast nicht mehr daran geglaubt, du könntest diese Stadt noch mal verlassen. Ich will doch hoffen, dass du uns mal zu dir einlädst“, meinte Jacob und Rose lachte. „Ich glaube auch nicht, dass du überhaupt jemals jemanden kennen lernst mit dem du zusammenziehen könntest“, konterte Rose und Jacob wusste nicht, was er antworten sollte.

Die anderen lachten und verbrachten den Rest der Nacht damit, sich ihr Leben zu erzählen.

Tommy war gerade zum Abteilungsleiter eines großen Autoherstellers befördert worden und Katherine hatte sich mit ihrem Freund ein Haus in Florida gekauft. Annabeth war schwanger und würde ebenfalls bald heiraten, während Jacob gerade seinen Job verloren hatte. Nach etwa einer Stunde gingen sie auf die Tanzfläche und tanzten vier Stunden am Stück, während der Club erst immer voller und dann immer leerer wurde. Um vier Uhr waren nur noch halb so viele Menschen da und der Clubbesitzer begann sie rauszuschmeißen. Auch Rose und ihre Freunde mussten irgendwann gehen und trennten sich voneinander. Brooklyn und Julia begleiteten Rose bis zu ihrer Wohnung und

verabschiedeten sich von ihr. „Wir sehen uns morgen am Flughafen“, meinte Julia und Brooklyn und sie gingen davon. Rose öffnete ihre Wohnungstür und fiel erschöpft auf ihr Bett. Übermüdet fielen ihre Augen zu und sie schlief sofort ein.

Als sie am nächsten Morgen aufwachte war es bereits 09:30 Uhr. Noch eine Stunde und dreißig Minuten bis zum Start. Schnell zog Rose sich an und packte die letzten Sachen zusammen. Die Wohnung war leer, denn Adrian hatte das meiste mitgenommen oder verkauft. Rose hatte nur noch etwas Kleidung und ein Bett, das auch da bleiben würde. Sie würde es in New York nicht brauchen.

Nachdem Rose all ihre Sachen hatte, verließ sie die

Wohnung und warf den Schlüssel in den Briefkasten. So hatte sie es mit ihrem Vermieter abgemacht. Rose lief die Treppe runter und aus dem großen Wohnblock heraus. Er war grau und sah eigentlich ziemlich hässlich aus, so wie er als riesiger Quader aus dem Boden ragte, doch Rose hatte sich dort wohl gefühlt…Also so wohl, wie es in einem Betonquader mit Nachbarn, die jeden Abend feierten, eben ging. Rose wollte gerade in ein Taxi steigen, als ein schwarzer Range Rover vorfuhr. Brooklyn saß am Steuer und Julia saß neben ihr. Rose lächelte und ging auf sie zu, während Julia die Tür öffnete und ihr den Koffer abnahm. Rose stieg ein und Brooklyn fuhr los. „Bist du sicher, dass du schon wieder nüchtern bist?“, fragte Rose skeptisch. Brooklyn grinste und meinte: „Ach, das passt schon. Ich darf mir nur nichts anmerken lassen.“ Sie lachten und Brooklyn brachte sie tatsächlich heile bis zum Flughafen. Dort stiegen sie aus und Julia und Brooklyn begleiteten Rose zur Gepäckabgabe. Nachdem sie ihren Koffer aufgegeben hatte, musste sie zur Sicherheitsschleuse. „Danke Leute“, verabschiedete sich Rose und umarmte Julia und Brooklyn, „es tut mir leid, dass ich euch verlasse…Echt…“ „Hey, Rosie. Wir werden immer beste Freunde bleiben und außerdem sehen wir uns Freitag doch schon wieder“, beruhigte sie Brooklyn und Rose durchquerte die Sicherheitsschleuse. Dann kaufte sie sich in einem Cafe, ein belegtes Brötchen und setzte sich an ihr Gate.

Es war 11:45 Uhr und es sah tatsächlich so aus, als würde das Flugzeug pünktlich starten. Nur wenige Minuten später hörte Rose die Ansage: „Der Flug von Denver nach New York, John F. Kennedy Flughafen ist jetzt zum Einsteigen bereit. Bitte beginnen sie bei Reihe 30 bis 25.“ Rose stand auf und stellte sich in die Schlange am Schalter. Es dauerte nicht lange, bis sie an der Reihe war. Die Frau am Schalter kontrollierte ihr Ticket und ließ Rose dann durch gehen. Rose lief durch den Tunnel und stieg dann in das Flugzeug. Ihr Platz war in Reihe 27 Platz C. Sie ging durch den Gang und fand schließlich ihre Reihe. Sie setzte sich, musste jedoch gleich wieder aufstehen, da ein Mann auf den Sitz neben ihr wollte. Kurz darauf kam eine weitere Frau, die sich neben den Mann ans Fenster setzte. Erst dann setzte sich Rose richtig hin und schlug eine Zeitschrift auf. Der Flug würde fast neun Stunden dauern und Rose wusste noch nicht, wie sie die Zeit rumkriegen sollte. Vor ihr im Sitz befand sich ein kleiner Bildschirm und Rose hatte auch extra Kopfhörer mitgenommen, doch sie wusste ja nicht, welche Filme es dort gab.

Nach zwanzig Minuten waren alle Passagiere im Flugzeug und der Pilot machte seine Ansage: „Sehr geehrte Damen und Herren, wir werden in Kürze abheben. Mein Name ist Pilot Jones. Ich bitte sie die Sicherheitseinweisung aufmerksam zu verfolgen und ihre Tische nun hochzuklappen und auch ihre Sitzlehnen wieder in die normale Position zu bringen. Bitte schnallen sie sich an. Der Flug von Denver nach New York wird voraussichtlich acht Stunden und 50 Minuten dauern. Genießen sie den Flug!“ Dann kam wie gewöhnlich die Sicherheitseinweisung der Stewardessen, aber niemand im Flugzeug achtete darauf…kurz darauf setzte sich das Flugzeug in Bewegung. Es rollte auf die Startbahn und wurde immer schneller. Schließlich hob es ab und Rose spürte den Druck auf ihren Ohren. Sie schluckte und das Flugzeug durchbrach die erste Wolkendecke. Es flog immer höher und hatte schließlich seine Zielhöhe erreicht. Rose blickte sich um und stellte fest, dass viele Menschen in dem Flugzeug Sicherheitskräfte waren und irgendwelche Passagiere zu bewachen schienen. Es waren keine Kinder an Bord und auch keine Familien. Tatsächlich erkannte Rose nun, dass das ganze

Flugzeug voller Botschafter, Diplomaten und anderen Politikern war. Sie fragte sich unwillkürlich, welche wichtigen Personen wohl gerade in der ersten Klasse saßen. Sie würde es nie erfahren, also ließ sie es darauf beruhen und widmete sich dem Bildschirm vor sich. Sie fand einige gute Filme und schaute sie, bis es nur noch eine Stunde bis New York war. Rose stand auf und ging auf die Toilette. Auf dem Weg dorthin bemerkte sie einen Mann, der auf das Cockpit zuging. Er hielt einen Koffer in der Hand und versteckte seinen Kopf unter einer Kapuze. Er blieb stehen und stellte den Koffer wenige Meter vor dem Cockpit ab. Rose dachte sich nichts dabei und vergaß es auch sofort wieder. Nachdem sie sich wieder gesetzt hatte schloss sie kurz die Augen und wollte noch ein bisschen schlafen.

Plötzlich erschütterte eine Explosion das ganze

Flugzeug. Rose war sofort hellwach und blickte sich um.

Von vorne kam Rauch auf sie zu und sie spürte einen

Luftzug, der ganz offensichtlich von draußen kam. Die Passagiere schrien alle durcheinander und sprangen auf. „Bitte…beruhigen sie sich…setzten sie sich wieder!“, hustete der Pilot durch die Lautsprecher, doch keiner hörte ihn. „Sehr geehrte Damen und Herren, wir werden in Kürze eine Bruchlandung hinlegen! Bitte schnallen sie sich an, halten sie sich fest und beten sie einfach, dass wir alle überleben!“, rief der Pilot und Rose schnallte sich panisch an. Auch der Mann neben ihr war kreideweiß und zitterte am ganzen Körper. Draußen sah Rose den Rauch eines brennenden Treibwerks und sie spürte, wie sich das Flugzeug viel zu schnell in Richtung Boden richtete. Das Flugzeug raste in einem 70 Grad Winkel auf die Erde zu. Die Passagiere gerieten immer mehr in Panik und Rose konnte vor Angst kaum atmen. Das Flugzeug wurde schneller und schneller. Der Pilot hatte kaum eine Chance, doch er versuchte immer wieder das Flugzeug hochzuziehen und es so abzubremsen. Das Flugzeug war nun nicht einmal mehr 1000 Fuß hoch und Rose konnte durch das Fenster die Felder unter ihr sehen. Vor ihnen war eine große, freie Fläche, doch Rose bezweifelte, dass sie es schaffen würde. Sie schloss die Augen und verabschiedete sich in Gedanken von ihren Freundinnen. Sie hatte immer geglaubt, dass sie mal durch betrunken Autofahren oder so sterben würde, doch nun würde sie Brooklyn und Julia wahrscheinlich niemals wiedersehen und sie würde auch niemals mit Adrian zusammenziehen.

Ängstlich kauerte Rose sich zusammen als das Flugzeug auf den Boden aufsetzte. Das gesamte Flugzeug erschütterte und Rose wurde gegen den Sitz vor ihr geschleudert. Sie verlor nur knapp nicht das

Bewusstsein, doch das Flugzeug stand noch lange nicht. Es raste weiter über das Feld, während der Fußboden immer mehr abgeschürft wurde. Er verbrannte einfach so. Rose schaffte es gerade so ihre Füße weit genug zu heben, sodass sie nicht sofort weggerissen wurden.

Andere hatten nicht so viel Glück. Sie hörte vor sich mehrere Schreie und wusste, dass definitiv viele sterben würden… wenn nicht alle… Das Flugzeug wurde langsamer, doch es reichte lange noch nicht. Der eine Träger brach ab und das Flugzeug kippte auf die Seite.

Rose wurde hin und her geworfen und es war ein

Wunder, dass der Sicherheitsgurt das aushielt. Rose

Bein wurde eingeklemmt und ihr ganzer Körper schrie vor

Schmerz. Langsam, aber sicher, verlor sie das Bewusstsein und sank in sich zusammen. Das Flugzeug drehte sich ganz auf den Rücken und blieb schließlich stehen. Kurz darauf trafen die Sanitäter und Helikopter ein, doch für viele war es bereits zu spät…

Rache ohne Gnade

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