Читать книгу Carringo und die Tage des Todes: Western-Roman - Squarra Heinz - Страница 7

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Dunkelheit lag über Bapispe, der nicht sehr großen Stadt am Südrand der Sierra de Espuela.

Mahon Tabor, fünfundvierzig Jahre alt, groß, drahtig, breitschultrig und muskulös, saß aufrecht und militärisch straff im Sattel und lenkte sein Pferd in das Dickicht am Stadtrand, gut zweihundert Yards von der Overlandstraße entfernt, die schnurgerade durch den Ort führte.

Er blieb zunächst im Sattel sitzen und beobachtete die Umgebung hinter den dunklen Lagerschuppen, den Gattern und den stinkenden Müllhaufen.

Nichts regte sich.

Tabor, der frühere Zahlmeister von Fort Calhoun und Verräter jenes Trecks, den Apachen im Halcon Canyon niedergemetzelt hatten, war der letzte Überlebende jener Schufte, die das alles und Carringos Verfolgung zu verantworten hatten.

Aber Mahon Tabor dachte jetzt nicht daran, sondern an das Haus der Rechtsanwälte Lopez und Dingo hier in der Stadt. Er kannte sich hier aus und wusste, wohin er sich wenden musste, um ungesehen dahin zu gelangen. Er wusste auch längst, dass er dort nur einen alten Wachmann antreffen würde, sozusagen den Nachtwächter, der auch den Schlüssel für den Tresor hatte.

Und in diesen Tresor wollte Mahon Tabor greifen. Dort lagen Akten, die er an sich bringen musste, Material, das seinen Komplicen Martinez belastete, und von Andrew Hilton, dessen Mitarbeiter sie beide einst gewesen waren, hier hinterlegt worden war.

Pedro Abogado, der Sachverwalter des Milton Vermögens, benutzte das Vorhandensein dieser Akten als Druckmittel gegen Martinez. Denn der wurde davon stark belastet. Er sollte das Mordkomplott gegen seinen früheren Boss, Andrew Hilton, geschmiedet haben. Martinez und Tabor, die das Erbe Hiltons irgendwie an sich bringen wollten, mussten also erst einmal Pedro Abogado ausschalten. Deswegen galt es zuerst, die gefährlichen Papiere zu finden.

Tabor musste lächeln. Natürlich erwartete Martinez von ihm, dass er ihm seinerseits diese Dokumente aushändigen würde, sobald er sie hatte. Aber daran dachte Tabor nicht. Denn Martinez hatte auch ihn schon einmal aus dem Wege räumen wollen. Vielleicht würde er das wieder versuchen. Zu trauen war ihm jedenfalls nicht.

„Alles klappt nur einmal“, murmelte Mahon Tabor. „Diesmal nehme ich dich in die Zange!“

Er war noch immer allein zwischen den Unrathaufen, Schuppen und Korrals inmitten von Buschwerk. Mahon Tabor stieg ab, führte das Pferd zu zwei Cottonwoods und band den Zügel an den stärksten Ast. Dann trat er aus dem Schutz der tiefhängenden Zweige und ging zum ersten Schuppen hinüber. An dessen Wand verschmolzen seine Konturen in der Dunkelheit mit dem dunklen Holz. Lautlos glitt er an den Brettern entlang und erreichte eine Gasse, in der ebenfalls Dunkelheit herrschte.

Tabor blieb wieder stehen. Er zog die doppelreihige Jacke seines dunklen Anzugs lang und über den Colt an seiner Hüfte, schob sich den Hut in die Stirn und griff nach dem Kampfmesser, das er stets bei sich trug.

Die breite Klinge funkelte unheimlich. Tabor wollte schon um die Ecke gleiten, als die Tür des nächsten Hauses geöffnet wurde.

Rasch trat er zurück und spähte um die Ecke.

Eine Lichtbahn fiel über die Gasse. Ein Mann trat heraus, schloss die Tür und ging die Straße hinunter.

Tabor atmete tief durch, glitt um die Ecke und folgte der bereits an der nächsten Straßenkreuzung verschwindenden Gestalt.

Die nächste Straße war breiter, die Häuser an ihr höher. Licht fiel aus vielen Fenstern und Türritzen. Menschen standen in einer Gruppe vor einer Bodega und debattierten. Auch auf den Verandas verschiedener anderer Gebäude erkannte der lauernde Beobachter Mexikaner mit großen Sombreros auf den Köpfen.

Es war noch sehr früh. Kaum jemand dachte daran, bereits zu Bett zu gehen. Tabor musste damit rechnen, bei seiner Aktion durch ein Fenster beobachtet zu werden. Er beschloss, noch etwas zu warten.

Wieder fiel sein Blick auf die Gruppe vor der Bodega. Am liebsten hätte er da drüben etwas gegessen und getrunken. Allein der Gedanke daran ließ seinen Magen knurren.

Doch er kämpfte das Gefühl nieder und zwang sich, an etwas anderes zu denken. Er wollte ungesehen bleiben. Das ließ ihn auch zurückgehen, da weitere Menschen aus der letzten Gasse kommen konnten.

Mahon Tabor erreichte unbemerkt sein Pferd, setzte sich auf den Boden, lehnte den Rücken gegen den Stamm des einen Baumes und wartete.

Nach einer guten Stunde brach er wieder auf. Schon bei den Schuppen vermisste er die Geräuschkulisse, die einem Raunen gleich vorher über der Stadt gelegen hatte.

Es war sehr still. Er glitt unhörbar am Schuppen entlang, um die Ecke und durch die schwarze Gasse. In der größeren Straße war niemand mehr zu sehen. Nur vereinzelt fiel noch Lichtschein aus ein paar Fenstern.

Er nickte zufrieden, ging zurück und schob sich zwischen zwei Häuser. So erreichte er die Rückfront der Straße und bald darauf auch das Bürogebäude der Rechtsanwälte, in dem er den Nachtwächter jetzt wusste.

Mahon Tabor schlich an der Wand entlang unter ein Fenster und schaute noch einmal sichernd nach rechts und links.

Nichts bewegte sich. Völlige Stille umgab ihn.

Die Hand mit dem Messer glitt zum unteren Rahmen des Fensters, zwängte sich in den Spalt und hebelte die Verriegelung mit einem starken Ruck aus. Er drückte die untere Fensterhälfte mit der Linken nach oben.

Wieder wunderte sein Blick von rechts nach links und erforschte jede Kleinigkeit. Er war sicher, unbemerkt geblieben zu sein. Das Messer in der Hand behaltend schob er eine herumliegende Kiste unter das Fenster, stieg darauf und kletterte über den Sims.

Er stand in einem Küchenraum, was er an den Gerüchen bemerkte. Zu sehen war kaum etwas, nur die vordere Kante des Herds und die Schrankecke auf seiner anderen Seite.

Mahon Tabor ging durch den Raum. Eine Diele knarrte laut unter seinem linken Stiefel. Er blieb stehen und lauschte.

Gebälk knackte über seinem Kopf.

Er erreichte die Tür, bewegte ganz langsam die Klinke nach unten und schob die Tür mit einem schnellen Ruck auf. Er wusste, dass Geräusche der Angeln so am besten zu vermeiden waren. In der Tat gab die Tür nicht das leiseste Geräusch von sich.

Mahon Tabor stand in einem Flur und hörte einen lauten Schnarchton von rechts. Aber dort war alles dunkel. Er tastete sich weiter und fand eine nur angelehnte Tür. Da ertönte das Schnarchen laut und abgerissen noch einmal. Der Schläfer musste sich hinter der Tür befinden.

Mahon Tabor schob sie weiter auf, trat über die Schwelle und verharrte. Seine Augen hatten sich inzwischen so weit an das Dunkel im Haus gewöhnt, dass er neben dem Fenster ein Bett zu erkennen glaubte. Er wartete, bis der Mann wieder schnarchte, dann erst bewegte er sich auf das Bett zu, zog die Maske aus der Tasche und band sie um.

Die Gestalt war unschwer zu erkennen, da sie auf dem Rücken lag. Das Gesicht sah wie ein heller Fleck in der Dunkelheit aus.

Tabor nahm das Kampfmesser in die Linke und tastete mit der anderen Hand um sich herum alles ab. Er fand den Nachttisch und darauf eine Lampe. Er nahm ihren Zylinder vorsichtig ab, legte ihn neben den Vorratsbehälter, suchte in seiner Hosentasche ein Schwefelholz und rieb es an der Wand des Nachttischs an. Die aufspringende Flamme warf grelles Licht und scharfe, zuckende Schatten in den Raum und über den Schläfer. Es war ein alter, grauhaariger Mexikaner mit einem spitzen Gesicht und scharf hervorspringender Nase. Seine Lider zuckten, hoben sich jedoch noch nicht.

Als die Flamme auf den Docht der Lampe übersprang, vervielfachte sich der Lichtschein, und die Schatten wurden weicher. Mahon Tabor ließ das brennende Holz fallen. Die Flamme erlosch noch vor dem Boden.

Der Schläfer wollte sich auf die andere Seite wälzen, doch Mahon Tabor hielt seinen Arm fest. Da schlug der Mexikaner die Augen auf und sah die funkelnde Klinge direkt vor seinem Gesicht. Er stieß einen entsetzten Schrei aus, fuhr in die Höhe und blickte auf die glimmenden Augen Mahon Tabors in den Schlitzen der schwarzen Maske.

„Steh auf!“, herrschte Tabor ihn auf spanisch an.

Der Nachtwächter zitterte und starrte auf die blitzende Klinge in der Hand des Maskenmannes. Er war vollständig angekleidet. Nur der alte Strohhut mit der breiten Krempe lag an der hinteren Bettkante. Er schien ihm während des Schlafs vom Kopf gefallen zu sein.

„Hast du nicht verstanden?“, fragte Mahon Tabor beinahe sanft und freundlich.

„Was, was wollen Sie von mir?“

Da war es Tabor genug. Er packte den Mann an der Schulter und beförderte ihn mit einem jähen Ruck aus dem Bett. Der Nachtwächter schrie gellend auf, stürzte auf die knarrenden Dielen und rollte einmal um seine Achse. Als er auf dem Rücken liegenblieb, stand Tabor riesig über ihm und hielt die Spitze des Messers nach unten gerichtet.

Der Mexikaner kroch auf dem Boden rückwärts, ständig verfolgt von dem Maskierten. Dann erreichte er die Wand und setzte sich. Schweiß lief über das runzlige Gesicht.

„Du sollst mir den Tresor öffnen.“

„Den Tresor?“

„Ja, den Tresor.“

„Ich habe keinen Schlüssel zum Tresor. Señor Lopez steckt ihn ein, wenn er das Haus verlässt. Oder Señor Dingo, wenn der als letzter nach Hause geht.“

„Dass Señor Lopez oder Señor Dingo den Tresor abschließen, wenn sie das Haus verlassen, kann gut möglich sein. Aber dass du keinen Schlüssel hast, ist gelogen.“ Mahon Tabor beugte sich nach unten.

Wieder sah der zitternde Nachtwächter das unheimliche Glimmen hinter den schwarzen Schlitzen der Maske. Er konnte die Hände nicht mehr still halten. Das Herz schlug ihm zum Zerspringen. Immer neue Schweißbäche rannen über sein Gesicht.

Bedrohlich näherte sich die Spitze des Messers in einer ungewöhnlich ruhigen Hand. Die Klinge berührte sein Kinn. Der Mexikaner wagte kaum noch zu atmen.

„Also?“, fragte Mahon Tabor.

„Ja. Señor.“ Der Nachtwächter wollte zurückkriechen, konnte es aber nicht.

„Du hast den Schlüssel?“ Die Spitze des Kampfmessers rutschte vom Kinn des Mannes an dessen Hals.

„Ich habe ihn“, hauchte der Mexikaner.

„Du wirst den Tresor aufschließen und mir keine weiteren Lügen auftischen. Und keine Tricks, alter Mann, sonst fährst du in den Himmel!“ Tabor trat etwas zurück, damit der Mexikaner Luft bekam.

Der Nachtwächter stützte die Hände auf den Boden und schob sich an der Wand Zoll um Zoll in die Höhe, bis er mit schlotternden Knien stand.

„Gehen wir!“ Der Maskierte winkte mit dem Messer zur Tür, bewegte sich etwas zurück und ergriff mit der linken Hand die Lampe.

Der Mexikaner schleppte sich zur Tür und ging zum Büro der beiden Anwälte. Es hatte eine unverschlossene Tür mit einer großen Milchglasscheibe. Der Nachtwächter schob sie auf und der Lichtschein glitt an ihm vorbei in den großen Raum, in dem der gewaltige, schwarze Tresor zwischen zwei klobigen Schreibtischen und einem halben Dutzend hoher Sessel stand. Ein kleines, poliertes Messinghandrad prangte auf der gewaltigen Tür des Safes, daneben das Schlüsselloch, um das herum die Farbe abgestoßen war.

„Vorwärts!“, befahl Tabor und trieb den zögernden Mann an.

Der Mexikaner zog den Schlüssel aus der Hosentasche, ging hinüber und steckte den doppelbärtigen Schlüssel in das Loch des schwarzen Ungetüms. Dann zögerte er wieder und schaute über die Schulter.

Tabor drückte ihm die Messerspitze gegen die Wirbelsäule. Das genügte.

Der Mexikaner schloss den Tresor auf und drehte das Handrad herum. Mit einem leise saugenden Geräusch bewegte sich die dicke Panzertür nach außen.

Der Maskierte stellte die Lampe ab, wechselte das Messer blitzschnell in die linke Hand und hieb dem Mexikaner von hinten die rechte Handkante gegen den Hals.

Der Mann stöhnte, taumelte gegen die Tür und brach zusammen.

Mahon Tabor zerrte ihn vom Tresor weg und schob die dicke Tür weiter auf. Er nahm die Ordner heraus, wie sie kamen, und warf alles hinter sich, was sein Interesse nicht fand. Nur eine Akte „Martinez“ war für ihn von Interesse. Sie musste sich hier befinden, hinterlegt von Pedro Abogado.

Immer mehr Ordner landeten rund um den bewusstlosen Nachtwächter auf dem Boden, bis Tabor endlich den richtigen in der Hand hielt. Er steckte das Messer weg, um beide Hände frei zu haben, öffnete die Akte und fand in ihr versiegelte Kuverts. Erst auf einem der Schreibtische gelang es ihm, sie einzeln zu öffnen und schnell durchzusehen. Auf einem Umschlag stand „Im Falle meines gewaltsamen Todes zu öffnen“.

Tabor riss den braunen Umschlag auf und fand in ihm das belastende Material, das sowohl Martinez als auch ihn selbst betraf. Es schien eine vollständige Zusammenfassung aller Unterlagen zu sein, die bewiesen, dass er selbst und Martinez vor einigen Jahren versucht hatten, Abogado mit falschen Spuren und gefälschten Schriftstücken in das illegale Waffengeschäft in Mexiko hineinzuziehen und ihn dadurch auszuschalten. Wesentlichster Bestandteil der Dokumente war ein von Martinez erpresstes Geständnis, das dieser schriftlich niedergelegt hatte. Mahon Tabor grinste, als er es in den Händen hielt.

Damals, als Martinez auf diese Art Abogado hatte ausschalten wollen, um selbst das Amt eines Sachverwalters der Hilton Company zu übernehmen, hatte er auch ihn, Tabor, für immer zum Schweigen bringen wollen. Beides war ihm missglückt. Abogado hatte ihn zu diesem vollen Geständnis gezwungen. Und er, Mahon Tabor, besaß es nun. Er hatte es nur für Martinez hier herausholen und diesem dann geben sollen.

„Darauf kannst du lange warten, alter Gauner“, murmelte er.

Er steckte das Geständnis in den Umschlag zurück und schob ihn unter seine Jacke. Den Rest der Akte warf er auf den Boden vor dem offenen Tresor. Dann hob er den Bewusstlosen unter den Schultern an. schleifte ihn durch den Flur in den Küchenraum, holte die Lampe und sperrte den Mexikaner in einen geräumigen Besenschrank, der fast leer stand. Er schloss die dünne Holztür ab, ging zurück und nahm die Maske vom Gesicht. Danach schleuderte er die Lampe kraftvoll mitten in den wüsten Aktenberg.

Der Behälter barst auseinander. Petroleum lief stinkend über die Dielen und das Papier. Die Flamme leckte daran und schoss nach allen Seiten auseinander.

Tabor lief durch das Haus, sprang hinten aus dem noch offenen Küchenfenster und entfernte sich schnell in der Dunkelheit. Dabei dachte er an das Geständnis von Martinez in seiner Tasche. Ohne einen Peso oder Dollar in der Tasche hatte er damals fluchtartig Mexiko verlassen müssen, um dem Mordanschlag des Kumpans zu entgehen. Sie arbeiteten heute wieder zusammen. Aber ab dieser Stunde, so hoffte Tabor. würde sich vieles ändern.

Das Feuer im Büro der Anwälte würde alle Spuren vernichten. Später konnte niemand mehr feststellen, nach was der Einbrecher wirklich gesucht und was er mitgenommen hatte.

Ungesehen erreichte Mahon Tabor sein Pferd, band es los, führte es aus dem Schutz der Cottonwoods und saß auf.

Ohne Hast ritt er durch die Nacht und tauchte unter.

Der Brandgeruch kroch durch das ganze Haus. Im Besenschrank kam der Nachtwächter zu sich, öffnete die Augen, sah das Dunkel um sich und roch den Rauch, der durch sämtliche Ritzen zu ihm drang.

Ein entferntes Fauchen ließ ihn hellwach werden. In der Enge richtete er sich auf und drückte gegen die Tür. Jedoch erreichte er lediglich, dass sich die Bretter etwas bogen.

Fluchend warf sich der Mann mit der Schulter gegen das Hindernis. Die Querleisten barsten, die Bretter flogen auseinander, und der Nachtwächter fiel in die Küche.

Feuerschein zuckte durch die offenstehenden Türen vom Büro bis in die Küche.

Der Mexikaner raffte sich auf, hastete weiter und sah vom Flur aus den Zimmerbrand vor dem Tresor.

„Hilfe, Hilfe!“, schrie er.

Taumelnd lief er weiter dem Feuer entgegen, stolperte über einen Sessel, fing sich, erreichte das Fenster und stieß es auf.

Draußen liefen schon Menschen auf der Straße zusammen und schauten neugierig zum Haus.

„Feuer!“, ächzte der Nachtwächter. „Steht nicht so dumm herum. Los, los, helft mir!“

Er drehte sich um, lief in die Küche zurück und stellte einen Eimer unter die Wasserpumpe.

Ein paar beherzte Männer wagten sich durch die Fenster ins Haus.

„Lopez und Dingo brennen!“, schrie die schrille Stimme einer Frau auf der Straße.

Die Männer im Büro warfen auf einem Sofa liegende Decken auf das Feuer, um es zu ersticken.

„Weg da!“, brüllte der Nachtwächter.

Er war wieder richtig bei Bewusstsein, kam mit einem Eimer voll Wasser und goss ihn ins Feuer. Die Flammen sprühten zischend aus. Eine beißende Qualmwolke wurde entfesselt. Erstickend husteten die Helfer.

„Hör auf, du Narr!“, schimpfte einer. „Wir müssen die Flammen ersticken!“

Sie schlugen mit den Decken und ein paar Kissen nach den Feuerherden und rissen sämtliche Fenster und Türen auf, um Durchzug zu schaffen und sich vor dem Erstickungstod zu bewahren.

Als sie fertig waren, hatten sie das Haus gerettet, aber nichts von den inzwischen verkohlten Akten, die im Luftzug über den Boden flatterten, als könnten sie fliegen.

„Holt doch endlich Señor Lopez und Mister Dingo“, sagte jemand auf der Straße. „Und wo steckt denn nur der Alkalde?“

Die Helfer im Büro blickten auf den Nachtwächter, der mit hängenden Schultern auf der Türschwelle verharrte.

„Das wird eine Menge Fragen geben“, sagte einer. „Und du wirst antworten müssen.“

„Ich weiß doch nichts“, erwiderte der Mexikaner flach.

„Wer hat denn das Feuer gelegt?“

„Ein maskierter Mann.“

„Und warum?“

„Ich sage doch, ich weiß nichts. Er zwang mich, den Tresor zu öffnen und schlug mich nieder. Als ich zu mir kam, steckte ich in der Besenkammer.“ Der Nachtwächter blickte auf die flatternden schwarzen Reste, die einmal Papier waren.

„Er hat etwas gesucht“, stellte ein Mann fest. „Aber was?“

Wieder trafen die Blicke der Männer den Nachtwächter. Doch der zuckte nur mit den Schultern. „Ich weiß bestimmt nichts. Er hat nichts davon gesagt.“

Carringo und die Tage des Todes: Western-Roman

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